Man hätte auch, Frau Ministerin, auf die Idee kommen kön nen, die Rektorin zu stützen, wollte sie doch die Verfehlun gen der Vergangenheit aufarbeiten, bereinigen und einen Neu beginn in die Wege leiten. Aber die „Ministerin des Jahres“ wollte wohl lieber Ruhe als Aufklärung.
Das Ministerium wollte die Rektorin loswerden, denn es stell te wohl etwas bedauernd fest, dass es für ein neues Abwahl verfahren neuer Gründe bedarf. Um diese zu beschaffen, kam das Wissenschaftsministerium auf eine nahezu geniale Idee: „Installieren wir doch eine Kommission, die die Drecksarbeit abnimmt, eine Kommission, von der wir behaupten, sie sei unabhängig, und die uns in einem Bericht die Gründe zur Ab wahl der Rektorin liefert.“ So einfach haben Sie sich das vor gestellt.
Und wir Parlamentarier im Wissenschaftsausschuss erhalten passend dazu lediglich eine vertrauliche Zusammenfassung. So sollte nach Ansicht des Wissenschaftsministeriums nichts mehr schiefgehen; denn die Kommission befürwortet natür lich u. a. den Rücktritt der Rektorin. Sollte sie nicht zurück treten, bleibt jetzt die Abwahl.
Meine Damen und Herren, nun, es kommt zur Abwahl. Sie er folgt rechtswidrig, weil unter Ausschluss der Hochschulöf fentlichkeit. Schauen Sie einmal ins Gesetzblatt.
Nach dem also rechtswidrigen Verzicht auf die Aktenführung bei Ihnen im Haus, nach der rechtswidrigen Abwahl kommt nun der nächste rechtswidrige Akt des Wissenschaftsministe riums: die mangelnde Kontrolle der Abwahl. Das Ministeri um hat bei der Abwahl der Rektorin ein Kontrollrecht. Dieses hat es auch in Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, in diesem Fall der Rektorin, rechtmäßig auszuüben. Ich wieder hole: „hat... auszuüben“. Das Ministerium mit seiner Minis terin Bauer hat es aber vorgezogen, die rechtswidrige Abwahl durchzuwinken. Anders wäre man ja die Rektorin nicht los geworden. So weit, so gut; jedenfalls aus Ihrer Sicht – gäbe es da nicht den Rechtsweg und die FDP/DVP-Fraktion.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat zugunsten der Rektorin entschieden. Gegen diese Fakten, Frau Ministerin, hilft auch die von Ihnen gestern nachgeschobene Beschwerde nicht.
Ich wiederhole, was ich am Anfang gesagt habe: Das Wissen schaftsministerium mit der „Ministerin des Jahres“ hat mehr fach rechtswidrig gehandelt, einmal beim Verzicht auf die Ak tenführung, dann beim Durchwinken der zweiten Abwahl. An gesichts dieses Verhaltens scheut sich das Gericht – wichtig! – nicht, die Frage nach einer Manipulation des Verfahrens durch das Wissenschaftsministerium zum Nachteil der Rek torin zu stellen.
Damit wird das Gericht wesentlich deutlicher als ich. Ich ha be Ihnen in der Vergangenheit lediglich vorgeworfen, Ihrer aufsichtsrechtlichen Verantwortung nicht nachgekommen zu sein und Ihre Fürsorgepflicht nicht wahrgenommen zu haben. Jetzt deutet der Gesamtsachverhalt darauf hin, dass Sie sie ab sichtlich verletzt haben.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Die Causa Lud wigsburg ist eine Causa Bauer. Eine Ministerin täuscht den Landtag und die Öffentlichkeit. Sie schreckt vor der Verbrei tung der Unwahrheit nicht zurück. Sie und ihr Ministerium handeln rechtswidrig und zum Schaden der Hochschule Lud wigsburg.
Das Motiv ist klar zu erkennen: Eine Rektorin soll weg. Je des Mittel dazu ist recht. Sie wollten alles unter den Teppich kehren und Ruhe haben, anstatt aufzuklären und Licht ins Dunkel zu bringen. Ihr Fehlverhalten, Ihre Untätigkeit, Frau Ministerin, Ihre Mauscheleien und Tricksereien im Ministe rium, Ihre unterlassene Hilfeleistung gegenüber dem Rekto rat wären einen Untersuchungsausschuss wert. Wir behalten uns vor, gegebenenfalls auch in der nächsten Legislaturperi ode, einen solchen einzusetzen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Außer der FDP/DVP klatscht da im Mo ment niemand!)
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war ja eigentlich alles so schön ruhig in den letz ten Monaten – nicht wahr, Frau Ministerin, das werden Sie sich gedacht haben? –: keine böse Presse, keine öffentlich wahrnehmbare Störung; die geschasste Rektorin brütet privat zu Hause über ihren Akten,
ein Pensionär leitet die Geschicke der Hochschule in Ludwigs burg, und der Gatte der geschassten Rektorin hat die Partei der Grünen verlassen; da gab es dann auch keine unangeneh men Begegnungen und Vorhaltungen mehr.
Aber jetzt, denke ich, sind Sie doch ziemlich nervös gewor den. Denn jetzt haben wir einen Beschluss des Verwaltungs
gerichts Stuttgart vorliegen, und der bescheinigt Ihnen ernst zu nehmende Verstöße gegen eine ordentliche und rechtmä ßige Amtsführung. Herr Kollege Schmidt-Eisenlohr wurde jetzt vorgeschickt; er musste schnell einen Antrag einreichen, damit die Ministerin Gelegenheit bekommt, schön zu be schreiben, wie gut das in Ludwigsburg gerade läuft hinsicht lich Arbeitsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit. Es dürfte Ih nen aber ziemlich schwerfallen, das nachzuweisen.
In der „Stuttgarter Zeitung“ vom 1. Oktober hat sich der schei dende AStA-Vorsitzende zu Wort gemeldet. Wir haben da et was ganz anderes gelesen. Er bescheinigt, es herrsche ein Kli ma der Angst und der Unterdrückung in der Hochschule. Die se Äußerung machte er vorsichtshalber erst am Ende seines Studiums öffentlich, weil er dann nichts mehr zu befürchten hat.
Aber was für Eindrücke dieser junge Mensch während seines Studiums erfahren hat, ist bestimmt nicht geeignet, das Ver trauen in die öffentliche Verwaltung in Baden-Württemberg zu stärken. Sie haben hier, Frau Ministerin, schon bei den Stu dierenden ganz viel Porzellan zerschlagen, was nachwirken wird.
Ich glaube auch, dass Sie in die Professorenschaft hinein nicht gut gewirkt haben. Die Professoren haben erlebt, dass ihre Be soldung durch Leistungs- und Berufungszulagen erhöht wur de. Sie haben sich darüber gefreut, und sie haben das dann auch als selbstverständlich angesehen und für sich beansprucht. Aber diese Besoldungserhöhung geschah auf der Basis einer rechtswidrigen Richtlinie. Die Rektorin, die ihr Amt im Feb ruar 2012 neu angetreten hat, hat sich dann geweigert, auf der Basis dieser Richtlinie weiterzuarbeiten.
Daraufhin hat sich das Ministerium bemüht, diese Richtlinie noch irgendwie rechtskonform hinzubekommen. Da war die Rede von Umdeutung, Vertrauensschutz, dem Verstreichen ei ner Jahresfrist, und das gipfelte dann offensichtlich in der Aus sage, die Rektorin solle sich bemühen, dass die – ich zitiere – „Akten sauber sind“. So haben wir es in der „Stuttgarter Zei tung“ am 15. Januar gelesen. Hier wird dann auch nach außen hin sehr deutlich, dass im Ministerium schlampig, wirklich schlampig gearbeitet wurde.
Aber Ihnen war es ja vor allem wichtig, dass Ruhe herrschte. Deswegen haben Sie auch die Staatsanwaltschaft nicht einge schaltet, obwohl das, wie wir ja bei unserer Akteneinsicht le sen konnten, im Sommer 2012 durchaus eine Option gewe sen ist. Sie haben sich stattdessen dann für die sogenannte in terne Lösung entschieden. Aber zu dieser internen Lösung war offensichtlich die Rektorin nicht bereit, zumal sie das ja auch ganz allein und ohne Rückendeckung hätte bewerkstelligen müssen. Sie sollte für Sie die Kartoffeln aus dem Feuer ho len, damit Sie im Zweifelsfall Ihre Hände in Unschuld wa schen können. Deswegen haben Sie sie im Regen stehen las sen und letztlich geschasst.
Sie war ja – das hat der Kollege eben auch schon angespro chen – nach Ludwigsburg geholt worden, um dort Ordnung herbeizuführen. Da war einiges zu tun. Im Rechenzentrum
stimmte es nicht, der Brandschutz war nicht gewährleistet, die Verkehrssicherheit wurde nicht berücksichtigt. Neue Besen kehren gut; das werden Sie sich gedacht haben, und das hat sich auch der Hochschulrat gedacht.
Anfangs hat die resolute Rektorin ja auch Unterstützung bei ihren unerfreulichen Aufräumarbeiten erhalten. Aber als sie sich dann weigerte, die rechtswidrige Zulagenpraxis zu über nehmen und fortzuführen, fühlten sich 17 Professoren auf die Füße getreten, und da wollte sich die Ministerin keinesfalls die Finger verbrennen. Sie hat die Sache eigentlich schleifen lassen – die zog sich ziemlich dahin und hat sich immer wei ter verknotet. Letztlich sollte der gordische Knoten zerschla gen werden, indem man die Rektorin suspendierte.
Da hat Ihnen jetzt aber das Verwaltungsgericht einen Strich durch die Rechnung gemacht, und ich finde, Sie stehen ziem lich düpiert da. Es ist eine echte Blamage. Das Prozedere hat der Kollege eben schon beschrieben. Das Gericht bescheinigt also wirklich, dass bei der Entscheidung, die Rektorin abzu setzen, erhebliche Rechtsmängel vorliegen.
Es stellt sich tatsächlich die Frage – für uns ganz deutlich –: Wurde die Ministerin ihrer Aufgabe und ihrem Amt nicht ge recht? Sie verschanzen sich immer hinter dem großen Wort Hochschulautonomie, aber das ist hier fehl am Platz. Das sieht auch das Verwaltungsgericht so. Das können Sie nachlesen. Die Dienst- und Fachaufsicht wurde nicht wahrgenommen. Es ist wirklich besorgniserregend, wie in diesem Haus gear beitet wird. Es fehlt an Umsicht, Weitsicht und Fingerspitzen gefühl – um das einmal niedrig zu hängen –, aber auch an Ver antwortungsbewusstsein, sicherlich auch an Erfahrung und Routine, aber es fehlt in jedem Fall an juristischem Sachver stand sowohl bei der Ministerin als anscheinend auch im gan zen Haus.
Sie haben dann versucht, sich hinter einer Kommission zu ver schanzen. Diese hat ja dann im Ergebnis auch das erbracht, was Sie wollten,
Aber auch das Gericht bezweifelt, wie extern und autonom diese Kommission eigentlich gearbeitet hat. Das Dumme ist nur: Man kann es überhaupt nicht nachvollziehen.
Man kann überhaupt keine Akten einsehen. Das Gericht stellt fest: Es gab wohl gar keinen klaren Auftrag, es gab nicht ein mal einen Einsetzungsbeschluss, eine Einsetzungsverfügung, den bzw. die man nachlesen könnte. Es gab wohl einen allge mein gehaltenen Auftrag, man solle den Status quo beschrei ben und Empfehlungen für die Zukunft geben, aber es ist tat sächlich ein Verstoß gegen die Aktenführungspflicht, für den das Ministerium hier kritisiert wird. Und da muss ich sagen: Es gehört zum normalen Arbeitsablauf eines Ministeriums,
Dass Akten nachprüfbar sind, ist absolut notwendig, um Ver waltungshandeln zu kontrollieren. Es ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich, dass man so etwas nachlesen kann.
Wir stellen also fest: Nicht nur in Ludwigsburg herrscht ein heilloses Durcheinander; auch im Ministerium geht es offen sichtlich nicht mit rechten Dingen zu, und es ist kein seriöses Regierungshandeln, das hier bescheinigt wird. Frau Ministe rin, Sie haben ein gut geführtes Haus mit erfahrenen Beam ten übernommen; aber was sich hier zeigt, ist einer Verwal tung in Baden-Württemberg nicht würdig. Wir machen uns vor allem große Sorgen, dass dies gerade an einer Hochschu le sichtbar und spürbar wird, die die zukünftigen Beamten die ses Landes ausbilden soll.