Sie verlangen die Aufhebung der Altersgrenze nach oben. Nach unten haben Sie keinerlei Änderung vorgesehen. Das heißt, hier gelten nach wie vor 25 Jahre. In der Konsequenz bedeutet dies – jetzt komme ich zurück zum britischen Kö nigshaus –: Nach dem, was Sie beantragen, dürfte ein 24-Jäh riger nicht Bürgermeister oder Oberbürgermeister in BadenWürttemberg werden. Queen Elizabeth oder Prinz Philip mit seinen 94 Jahren dürfte dies.
Vielleicht, Herr Dr. Rülke, denken Sie vor diesem Hintergrund über Ihren Gesetzentwurf noch einmal nach. Jetzt heißt das ja, man darf – nach oben – so lange Bürgermeister werden, wie man das will. Nach unten hätten Sie dann aber konsequen
Deshalb werden wir nach dem jetzigen Stand der Dinge – wir müssen natürlich noch abwarten, welche Änderungsanträge kommen – den Gesetzentwurf ablehnen.
Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Ich wollte eigentlich sagen: Die De battenbeiträge haben schon deutlich gemacht, dass der von den Regierungsfraktionen geplante Kompromiss in Sachen Altersgrenze für Oberbürgermeisterinnen und Oberbürger meister, für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ein guter Weg ist. Nachdem der Kollege Heiler aber jetzt Prinz Charles ins Spiel gebracht hat, komme ich doch selbst ein bisschen ins Grübeln. Denn ich glaube, das ist nicht die Absicht, die hin ter dem Gesetzesvorhaben steckt.
Ich lege auch ausdrücklich Wert darauf, dass ich, Stand heu te, davon ausgehe, dass mit den geplanten Änderungen nicht davon Abstand genommen wird, dass es Voraussetzungen da für gibt, wenn man in Baden-Württemberg Bürgermeisterin oder Bürgermeister werden möchte, die schon im Grundge setz verankert sind und die Prinz Charles meines Erachtens nicht erfüllt.
Aber nun wirklich zum Kern der Sache. Meine Damen und Herren, eine mögliche Wiederwahl bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs gibt einer ganzen Reihe von Menschen, die auch das Glück haben, gesundheitlich und geistig dem regu lären Eintritt ins Pensionsalter oder in den Ruhestand zu trot zen, die Gelegenheit, sich in diesem etwas höheren Alter – das sage ich jetzt mit aller Vorsicht – um ein solches kommuna les Mandat zu bewerben. Es steht außer Frage, dass die Le benserfahrungen und in häufigen Fällen auch die kommunal politischen Erfahrungen, die diese Menschen mitbringen, ein gewichtiges Pfund sind, das diese Bewerberinnen oder Be werber in die Waagschale werfen können, wenn sie nochmals zur Wahl antreten möchten.
Aber ich denke auch, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr gut einschätzen können, wie dieses – im wahrsten Sinn des Wortes – Pfund zu werten ist. Denn machen wir uns nichts vor: Eine Amtszeit bis 73 Jahre – nach unseren Überlegungen – kann schon auch erhebliche Veränderungen bei einer Be werberin oder bei einem Bewerber mit sich bringen. Ich den ke, das darf man durchaus sagen.
Es ist richtig, dass es Menschen gibt – positive Beispiele wur den ja genannt –, die bis ins höhere Alter willens und in der Lage sind, eine außergewöhnliche Aufgabe zu übernehmen, eine geistig anspruchsvolle, aber auch körperlich fordernde Tätigkeit auszuüben. Das ist überhaupt keine Frage.
Ich denke, wir sprechen von verantwortungsvollen Aufgaben, wenn wir über die Aufgaben von Oberbürgermeisterinnen,
Oberbürgermeistern, Bürgermeisterinnen, Bürgermeistern re den. Denn da hat sich schon zu der Zeit, die Walter Heiler ge rade zitiert hat, etwas verändert. Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform in den Siebzigerjahren haben die Kom munen größere Aufgaben bekommen. Heute haben die Kom munen ein viel breiteres Spektrum an Aufgaben zu erledigen, und damit gehen auch viel komplexer werdende Problemstel lungen einher.
Diese Amtsträger sind nämlich nicht nur – neben dem Ge meinderat als Hauptorgan – selbstständige Verwaltungsorga ne. Ich glaube, das darf man bei dieser Diskussion nicht au ßer Acht lassen. Sie nehmen deshalb nicht nur ein kommunal politisches Mandat wahr. Ihr Amt ist heutzutage auch wesent lich geprägt von wirklich anspruchsvoller Verwaltungstätig keit. Sie tragen einerseits Verantwortung gegenüber ihrer Ge meinde, andererseits aber auch gegenüber dem Staat. Das soll ten wir dabei nicht vergessen.
Der Staat bedient sich in vielen Bereichen der Bürgermeiste rinnen und Bürgermeister. Deshalb verzichtet das Land auch auf einen eigenen Verwaltungsaufbau auf der kommunalen Ebene – das endet ja bei den kreisfreien Städten und den Land ratsämtern – und hat den Kommunen öffentliche Aufgaben, weisungsfreie Aufgaben genauso wie Pflichtaufgaben, über tragen, die von ihnen zu erledigen sind. Deshalb kann dieser Kompromiss, der hier jetzt gefunden wurde und der sich im Wesentlichen daran orientiert, so falsch nicht sein.
Was macht nun ein Großteil der anderen Länder? Ein Groß teil der anderen Länder bewegt sich genau in diesem Korri dor: vollendetes 67. Lebensjahr, was die Wählbarkeit anbe langt, und Beendigung der Amtsperiode mit 73 Jahren. Es gibt übrigens nur ein einziges Bundesland, das davon abweicht; das ist Nordrhein-Westfalen. Aber dort gibt es auch Regelun gen zu einer eventuellen Abwahl. Wenn man also darüber nachdenkt, diese Grenze mit 73 Jahren nicht einzuziehen, dann würde dies bedingen, dass man auch noch einmal über das Thema Abwahl neu nachdenkt.
Für die Landesregierung, für meine Person will ich sagen: Wir stehen hinter dem, was die Regierungsfraktionen als Kompro miss erarbeitet haben. Es bedarf jetzt noch – das wurde schon gesagt – intensiver Gespräche, der Feinabstimmung, was bei spielsweise Übergangsregelungen und Ähnliches anbelangt. Im Kern halte ich den Gesetzentwurf in der Ausweitung des sen, was bisher möglich ist, für ausgewogen. Deshalb bitte ich schon heute, sich in die Diskussionen, die anstehen, einzu bringen und noch einmal sauber das Für und das Wider abzu wägen. Dabei glaube ich allerdings, dass in dem Gesetzent wurf in der Fassung, in der wir ihn heute diskutiert haben, das Für überwiegt.
Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich dem Kol legen Heiler zu seiner intimen Kenntnis des britischen Kö nigshauses gratulieren – von Prinz Charles zu Prinz Philip.
Ich hatte in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten bis her nicht den Eindruck, dass sich die SPD derart royal auf stellt. Aber offensichtlich ist es beim Kollegen Heiler so, dass da irgendwo eine Sehnsucht
nach einer bestimmten monarchistischen Tradition herrscht, die er gern nach Baden-Württemberg übertragen hätte.
Also, meine Damen und Herren, die Beispiele vom britischen Königshaus sind ganz nett, aber sie sind nicht unbedingt das Vorbild für das, was diese Diskussion in Baden-Württemberg bestimmen dürfte.
Herr Kollege Schwarz, ich finde es sehr aufschlussreich, dass Sie mit dem Städtetag argumentiert haben und gesagt haben: „Der Städtetag will die Altersgrenze 73 Jahre, und wir folgen dem Städtetag.“ Mit dieser Linie waren Sie aber sehr inkon sequent. Der Städtetag will zwar die 73, aber er will auch die 65 behalten. Das Interessante ist, dass Sie dem Städtetag bei der Obergrenze, den 73 Jahren, folgen, aber die 65 Jahre, die der Städtetag vorgeschlagen hat, nicht wollen.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Sie fürchten nämlich ge nau die Diskussion, von der ich vorhin schon sprach: Wie passt es denn zusammen, einem Bürgermeister mit 65 Jahren die Wiederwahl zu verbieten, während ein Ministerpräsident mit 67 kandidiert?
Insofern weisen Sie die Richtigkeit unseres Vorwurfs, dass Sie sich bei dieser gesetzlichen Regelung, die Sie vorhaben, ganz genau an der Geburtsurkunde des Ministerpräsidenten orien tieren, selbst nach. Das ist nicht in Ordnung.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aus sprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/6893 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg und des Kinderta gesbetreuungsgesetzes – Drucksache 15/7061
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Unter dem etwas technisch klingenden Titel „Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für BadenWürttemberg und des Kindertagesbetreuungsgesetzes“ ver birgt sich eine Frage, die an den Schulen und den Kitas von hoher Bedeutung ist und auch im Landtag schon häufig dis kutiert worden ist. Es geht um die Frage, ob es Lehrerinnen und Erzieherinnen erlaubt ist, in der Schule oder im Kinder garten ein Kopftuch zu tragen.
Was ist der Hintergrund? Im März dieses Jahres hat das Bun desverfassungsgericht entschieden, dass ein pauschales Kopf tuchverbot für Lehrkräfte nicht mit dem Grundgesetz verein bar ist und gegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ver stößt. In Zukunft darf also das Tragen eines Kopftuchs nicht generell verboten werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich auf Nordrhein-Westfalen; aber auch in den gesetzlichen Grundla gen des Landes Baden-Württemberg haben wir ein sogenann tes christliches Privileg. Es ist das Ansinnen der Regierungs fraktionen, mit dem von ihnen eingebrachten Gesetzentwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch in BadenWürttemberg umzusetzen und damit möglichst rasch Rechts sicherheit in den Schulen und den Kinderbetreuungseinrich tungen in unserem Land zu schaffen.
Wir haben diesen Gesetzentwurf im Juni beschlossen und ihn noch am gleichen Tag an die Fraktionen von CDU und FDP/ DVP weitergegeben. Wir hoffen nach wie vor, bei der Frage der Schulgesetzänderung und bei der Frage, wie wir das Ur teil des Bundesverfassungsgerichts auch in Baden-Württem berg rasch umsetzen können, gemeinsam, interfraktionell zu einer Lösung zu kommen. Das haben wir Ihnen ausdrücklich angeboten.
Wir arbeiten auch daran, mit den Kirchen und den anderen Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg zu einer ein vernehmlichen Lösung zu kommen. Das ist unser gemeinsa mes Ziel; das möchte ich ausdrücklich betonen, meine Damen und Herren.
Wir haben auch dem Wunsch der Oppositionsfraktionen, die sen Gesetzentwurf nicht, wie ursprünglich geplant, am 17. Ju ni einzubringen, Folge geleistet und die Einbringung auf den heutigen Tag verschoben. Es wird bis zur endgültigen Verab schiedung einer Änderung noch ausreichend Zeit bleiben, so dass wir hier im Landtag, aber auch mit den Betroffenen da rüber diskutieren können.