Herr Rülke, das haben Sie schon öfter probiert, insbesondere bei innenpolitischen Themen. Das hatten wir schon einmal bei den Themen Jugendgemeinderat und „Spekulationsverbot in den Kommunen“.
Die FDP/DVP hat festgestellt: Da wabert ein Thema, da gibt es ein spannendes Thema. Herr Rülke beauftragt seinen par lamentarischen Berater, einen Gesetzentwurf zu schreiben, um diesen möglichst schnell in den Landtag einzubringen. So machen Sie offenbar Politik.
(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist mehr, als Sie ma chen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und Sie machen gar nichts! – Weitere Zurufe)
Sie haben nämlich vergessen, dass wir neben der großen An zahl hauptamtlicher Bürgermeister in Baden-Württemberg auch ehrenamtlich tätige Bürgermeister haben.
Sie wollen die Altersgrenze aufheben, aber nur für hauptamt liche Bürgermeister. Die ehrenamtlich tätigen Bürgermeister haben Sie vergessen. § 41 Absatz 2 des Landesbeamtengeset zes wollen Sie für die ehrenamtlich tätigen Bürgermeister nicht ändern. Da wäre dann plötzlich Schluss. Können Sie mir einmal erklären, warum Sie das nicht zu Ende gedacht haben, warum Sie einen unvollständigen Gesetzentwurf einbringen?
Insofern ist für uns vollkommen klar: Unvollständigen Wer ken muss der Landtag bzw. muss die Koalition nicht zustim men, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir werden die Altersgrenze für Bürgermeister anheben, das Wahlalter auf das vollendete 67. Lebensjahr anheben und die Altersobergrenze auf das vollendete 73. Lebensjahr festset zen.
Mit der Festlegung auf das vollendete 73. Lebensjahr befin den wir uns im Einklang mit dem, was der Städtetag angeregt hat. Der Städtetag hat nämlich angeregt, die Altersobergren ze, also das Pensionseintrittsalter, auf 73 Jahre festzusetzen. Herr Kollege Klein, Ihren Worten habe ich entnommen, dass die CDU-Fraktion einer Pensionsaltersgrenze von 73 Jahren aufgeschlossen gegenübersteht.
Worüber gibt es dann eigentlich noch Streit? Der Streit be zieht sich dann nur noch auf das 65. bzw. 67. Lebensjahr. Da zu fordern wir, die Koalition, mehr Freiheit für die Bürgerin nen und Bürger und mehr Möglichkeiten, damit die Bürgerin nen und Bürger vor Ort entscheiden können.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist ein Betroffener! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Befangen! – Abg. Karl Klein CDU: Bei ihm müsste man auf 68 gehen!)
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man darf sicherlich über das Thema nachdenken. Herr Kollege Dr. Rülke, Sie haben bei manchen Punkten recht. Für die Bundes kanzlerin, den Bundespräsidenten, den Ministerpräsidenten, den Landtagspräsidenten, für Abgeordnete, für Minister und im kommunalen Bereich für Gemeinderäte und Kreisräte gibt es keinerlei Altersbeschränkung.
Prinz Charles dürfte nach der derzeitigen Rechtslage nicht kandidieren. Er ist zwar EU-Bürger, aber er ist 66 Jahre alt. Wenn wir das Gesetz in dem Sinn ändern würden, wie wir es vorschlagen, dann könnte Prinz Charles kandidieren – nur um Ihnen das einmal etwas anschaulich zu vermitteln.
Herr Dr. Rülke, Sie haben vorhin die Gesetzesänderung im Jahr 1972 erwähnt. Darauf komme ich nachher noch zurück. Da mals gab es einige ältere Bürgermeister, die nicht so ganz – – Auch dafür gibt es Gegenbeispiele. Ich zitiere aus den „Stutt garter Nachrichten“ vom 20. April 1953. Die Überschrift lau tete:
Aus Anlass des 80. Geburtstags von einem meiner Amtsvor gänger fand damals in Waghäusel eine Bürgermeisterver sammlung statt. Es hieß weiter:
Damit Hermann Endres seinen Geburtstag auch im Kreis seiner Kollegen feiern kann, hat der Bruchsaler Landrat Weiß an diesem Tag in Waghäusel eine Bürgermeisterver sammlung einberufen. Viele Hände wird Bürgermeister Endres schütteln. Er ist das feste Zupacken von seiner täglichen Gartenarbeit nach den Dienststunden gewohnt.
Die Zuckerfabrik mit ihren großen steuerlichen Abgaben und ihrem sozialen Wirken hat das Dorf Waghäusel zu ei nem kleinen Paradies gemacht. Mit der Weisheit des Al ters wacht Hermann Endres darüber, dass immer Frieden herrscht und dass die Steuergelder richtig verwendet wer den.
Über alles erst einmal eine Nacht zu schlafen, ist der pri vate und kommunalpolitische Standpunkt des Waghäuse ler Bürgermeisters, damit ein junges Mädchen an der Schreibmaschine alle im Amt anfallenden Arbeiten allein bewältigt.
Übrigens, ein Jahr später – ich komme gleich zum Thema – wurde Hermann Endres mit 81 Jahren wiedergewählt – dies mal für die Dauer von zwölf Jahren.
Das heißt, am Ende seiner Dienstzeit wäre er 93 Jahre alt ge wesen. Er ist dann allerdings mit 85 Jahren im Amt verstor ben.
Nun, es gibt allerdings auch Gegenbeispiele. Herr Dr. Rülke, Sie haben es vorhin erwähnt. Ich darf nur einmal den dama ligen OB von Baden-Baden – in den Sechziger-, Siebziger jahren – nennen, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Das kann man alles im Internet googeln. Aber es ist sicherlich nachvoll ziehbar, dass man damals die Gesetzeslage so schaffte, wie sie heute noch besteht.
Ich wollte mit diesen Beispielen einordnen, wo wir stehen. Sie verlangen die vollständige Abschaffung der Altersgrenze für Bürgermeister, Beigeordnete, Landräte und Amtsverwe ser. Wir stellen natürlich fest, dass wir dem demografischen Wandel Rechnung tragen müssen. In der Tat werden die Men schen immer älter, sie bleiben immer länger gesund. Deshalb haben wir uns – Herr Kollege Schwarz, ich will die Einzel heiten nicht wiederholen – auf diesen Kompromiss geeinigt, den wir allerdings mit den kommunalen Landesverbänden noch sehr, sehr intensiv besprechen werden; das will ich deut lich betonen. Wir sind da auch einigermaßen offen.
Aber wir wollen – das ist auch klar – den „ewigen“ Bürger meister verhindern. Deshalb die 73 Jahre als Obergrenze. Das ist ja auch der Vorschlag des Städtetags. Wir werden uns auch darüber unterhalten, ob dies für Beigeordnete, Landräte, Amts verweser usw. gelten soll.
Zum Schluss: Ich denke, dass die Gesetzesinitiative der FDP/ DVP allerdings auch etwas unausgegoren und eigentlich in konsequent ist. Das mache ich jetzt noch an einem Beispiel klar.
Sie verlangen die Aufhebung der Altersgrenze nach oben. Nach unten haben Sie keinerlei Änderung vorgesehen. Das heißt, hier gelten nach wie vor 25 Jahre. In der Konsequenz bedeutet dies – jetzt komme ich zurück zum britischen Kö nigshaus –: Nach dem, was Sie beantragen, dürfte ein 24-Jäh riger nicht Bürgermeister oder Oberbürgermeister in BadenWürttemberg werden. Queen Elizabeth oder Prinz Philip mit seinen 94 Jahren dürfte dies.