Mit den Freiräumen und der Orientierung an der Qualität er möglicht die Lehrerbildungsreform genau dies. Wir geben Antwort auf die Herausforderungen, vor denen Baden-Würt temberg steht.
Neben dem ganz neuen selbstverständlichen Umgang mit der Heterogenität möchte ich aber zum Schluss noch ein Beispiel ansprechen: Ein digitales Baden-Württemberg lebt von digi tal kompetenten Menschen. Der neue Bildungsplan sieht da her die Leitperspektive Medienbildung vor. Deshalb muss den angehenden Lehrerinnen und Lehrern in dem Lehramtsstudi um mit neuer Qualität auch ein neuer Themenblock Medien bildung vermittelt werden. Gleiches gilt für die Fort- und Wei terbildung.
Fazit: Wo ich mich an den Hochschulen umhöre, hat unser Vorstoß eine Aufbruchstimmung ausgelöst. Wer gestern beim Parlamentarischen Abend des VDE dabei war, hat die klare Ansage mitbekommen: Wir müssen dringend etwas in der Lehrerbildung tun; so, wie es früher war, können wir es nicht lassen. Das habe ich gern mitgenommen und habe auch zuge sagt, dass wir genau an dieser Stelle arbeiten. Beim Umbau ruckelt es natürlich an einigen Stellen, wir bewegen da große Institutionen. Aber das ist völlig klar, und ich entnehme, dass mit großem Elan und Begeisterung an die Aufgabe herange gangen wird. Ich würde mich freuen, wenn wir denselben Elan auch hier im Plenum einmal wahrnehmen würden.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Kollege Schmidt-Eisenlohr hat den Bil dungsaufbruch angesprochen. Was ist die Ausgangslage für eine Reform der Lehrerbildung? Die Ausgangslage ist ein ra santer gesellschaftlicher Veränderungsprozess. Die Ausgangs lage ist ein immens veränderter Zugang zu Information und Wissen. Die Ausgangslage sind Erfordernisse, die sich aus Zu wanderung, Integration und Inklusion ergeben.
Die Zielsetzung unserer Reform muss deshalb sein, die zu künftige Lehrergeneration noch besser auf diese weit über die reine Wissensvermittlung hinausgehende Anforderung im Schulalltag vorzubereiten. Lehrerinnen und Lehrer müssen heute motivieren, sie müssen fördern, sie müssen fordern. Sie müssen Hochbegabte genauso unterstützen wie Kinder, die etwas länger brauchen und nicht so schnell mitkommen. Sie müssen auch die unterschiedlichsten Familiensituationen mit einbeziehen.
Sie sind oftmals wichtige Partner von alleinerziehenden El ternteilen. – Vielleicht kann die FDP noch ein bisschen zuhö ren,
Letztendlich geht es darum, mit den allerneuesten Lernme thoden Bildung zu vermitteln, und das in keineswegs homo genen Lerngruppen oder Schulklassen. Hier ist nämlich eine Vielzahl von Fähigkeiten gefragt und auf vielen Ebenen Ver netzung und die Nutzung vieler Kompetenzen unserer ver schiedenen Hochschularten angesagt, die wir erfreulicherwei se sehr hoch qualifiziert in unserem Land vorhalten.
Zusammen mit den Universitäten und Pädagogischen Hoch schulen haben wir deshalb folgende Überlegungen angestellt – ich verzichte darauf, dabei auf alles einzugehen, was Sie heute wiederholt und leider auch überholt hier vorgebracht haben –: Die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Pä dagogischen Hochschulen soll systematischer werden. Bis lang gab es zwar auch schon eine Zusammenarbeit, aber die se hatte mehr unverbindlichen Charakter. Das heißt, die Uni versität soll von den fachdidaktischen und bildungswissen schaftlichen Kompetenzen der Pädagogischen Hochschulen profitieren, und umgekehrt sollen die Pädagogischen Hoch schulen von den Fachwissenschaften der Universitäten profi tieren.
Das Positive daran ist: Die Zusammenarbeit kann flexibel ge staltet werden. Es herrscht kein Zwang zur Zusammenarbeit, aber die Institutionalisierung von Kooperationen – z. B. von Schools of Education oder gemeinsam verantworteten Mas terstudiengängen usw. – wird unterstützt. Dabei ist es aus un serer Sicht wichtig, dass es individuelle Standortlösungen ge ben kann.
In diesem Zusammenhang setzen wir auf die gemeinsame „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern, die innovative Konzepte voranbringen soll. Hier investiert der Bund insgesamt 500 Millionen €. In der ersten Bewilligungs runde – das wurde schon erwähnt – waren bereits zwei Pro jekte aus Baden-Württemberg sehr erfolgreich. In der Nach rückerrunde – jetzt im Juni – haben weitere Projekte aus Ba den-Württemberg die Chance auf Projektgeld.
Gefördert wird ein gemeinsames Projekt der Universität Frei burg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg mit dem Titel „Freiburger Lehramtskooperation in Forschung und Leh re“. Gefördert wird außerdem ein gemeinsames Projekt der Universität Heidelberg und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg „heiEDUCATION – Gemeinsam besser! Exzel lente Lehrerbildung in Heidelberg“, wobei sich „hei“ von „Heidelberg“ ableitet, aber lautlich ganz gut klingt.
In beiden Projekten wird die Zukunftsfähigkeit kooperativer Ausbildungsmodelle bereits erprobt. Solche Modelle machen
doch zuversichtlich, meine Damen und Herren. Sie sind des halb erfolgreich, weil sie wissenschaftlich fundiert, praxis orientiert und mit einer ganz großen Portion Herzblut umge setzt werden. Da wird vor Ort bereits geschafft und Neues be gonnen.
Wir können uns über den Elan, mit welchem die Lehrerbil dung in unserem Land längst erneuert wird, in der Tat nur freuen. Der Ideenreichtum und die praktische Erprobung sind hier bereits um Meilen weiter als manche in diesem Haus ge führte Diskussion.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Herr Wacker, da hät ten Sie auch klatschen können!)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion liest sich wie eine Vor schau auf einen mit Spannung erwarteten Kinofilm.
Dem Leser wird geradezu der Mund wässrig gemacht mit dem Blick auf das, was da kommen soll: der Bericht der Experten kommission zur Lehrerbildung. Diese sei hochrangig besetzt, heißt es. Die Leiterin der Kommission, die ehemalige grüne Bildungssenatorin Sybille Volkholz, wird bei der Einsetzung von Wissenschaftsministerin Bauer als ausgewiesene Exper tin gelobt.
In einer Hinsicht hat die Expertenkommission die Erwartun gen nicht enttäuscht: Schockerpotenzial hatte der Bericht al lemal.
Da wird für den Einheitslehrer auf Gymnasialniveau schnell einmal die eigenständige Gymnasiallehrer- und die eigenstän dige Sonderschullehrerausbildung geopfert.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nichts haben wir geop fert! – Zurufe der Abg. Sandra Boser GRÜNE und Helen Heberer SPD)
Jeder, der auch nur ein kleines bisschen Sensibilität für unser Bildungswesen mitbringt, reibt sich da die Augen und sagt: Das kann doch nicht euer Ernst sein.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Herr Kern, schrei ben Sie doch einmal eine neue Rede, und packen Sie nicht immer die Rede von vor zwei Jahren aus!)
Wissenschaftsministerin Bauer setzt zur allgemeinen Beunru higung noch einen drauf: „Ich halte es für sehr unwahrschein lich, dass die Empfehlungen in der Schublade verschwinden.“ Dass die schlimmsten Giftzähne des Kommissionsberichts die Schublade bislang nicht verlassen haben, liegt allein am Pro teststurm der Fachwelt, insbesondere der Praktiker und der Opposition aus FDP/DVP und CDU
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Immer auf der Suche nach der Existenzberechtigung! Das eine Jahr werden wir noch schaffen!)
und – das muss man wirklich anerkennen – auch der SPD. Der damals neue Kultusminister sammelte die faktische Alleinzu ständigkeit für die Lehrerbildung wieder ein, die Frau Bauer in den Zeiten des Machtvakuums unter der Kultusministerin Warminski-Leitheußer an sich gerissen hatte.
Nun scheint die einvernehmliche Balance zwischen Kultus und Wissenschaft bei der Lehrerbildung wiederhergestellt, wie sie zu christlich-liberalen Regierungszeiten selbstverständlich bestand.
Dass die Hochschulen derzeit interessante Lehramtsstudien gänge entwickeln – in Kooperationen von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen oder auch als Schools of Educa tion –, ist zukunftweisend.
Seitens der FDP/DVP-Fraktion unterstützen wir dieses Vor gehen ausdrücklich. Doch, verehrtes Kultusministerium, auf gepasst: Auch die Belange der Schulen dürfen nicht zu kurz kommen.
Die Umstellung auf Bachelor und Master wird derzeit als rein hochschulpolitische Frage behandelt. Die Schule ist da außen vor. Das zeigt sich beispielsweise an der Frage des Praxisse mesters.