Protocol of the Session on March 4, 2015

Ich rate Ihnen, einfach einmal einen konkreten Blick auf die Realität zu werfen und keine Nebelkerzen zu werfen. Dann werden Sie sehen: In Baden-Württemberg haben die Men schen heute alle Chancen, ein gutes Leben zu führen, und die werden sie auch in Zukunft haben. Diese Regierung sorgt da für, dass die Rahmenbedingungen stimmen, damit BadenWürttemberg weiter an der Spitze bleibt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Märchen!)

Für die Fraktion der CDU ertei le ich das Wort dem Kollegen Mack.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! „Schmiedel mit CDU auf einer Linie“ – jetzt haben wir heute aber immer noch nicht von ihm gehört, wie er hinsichtlich der MindestlohndokumentationspflichtenVerordnung von Frau Nahles weiter vorgehen will. In dieser Woche gab es Demonstrationen, etwa in Meckenbeuren. Vie le Hunderttausend Menschen im Land sind besorgt, wie es weitergehen kann. Neulich hat mir jemand, der einen land wirtschaftlichen Betrieb im Bereich Sonderanbau führt, ge sagt, seine Frau könne nicht mehr schlafen, weil sie nicht mehr weiß, wie sie das Ganze bewältigen soll, wie das alles gehen soll.

Sie haben Abhilfe versprochen – aber nichts passiert, gar nichts! Von Ihnen kommen nur Worte, aber keine Taten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Der Finanzminister hat von Reserven der Landesregierung ge sprochen – Reserven der Landesregierung! Der Nachtrags haushalt und alles in diesem Zusammenhang beruhen einzig und allein darauf, dass jetzt Kreditermächtigungen gezogen werden – in diesem Jahr 768 Millionen €; einschließlich der alten Kreditermächtigungen sind es 2,3 Milliarden €.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Ui!)

Schuldenaufnahmerechte sollen Reserven sein. Reserven sind das jedoch nicht, Herr Finanzminister.

Dann haben Sie davon gesprochen, Sie hätten strukturelle Ein sparungen vorgenommen. Wir haben uns neulich einmal die se Liste der strukturellen Einsparungen angeschaut. Da haben Sie ausgeführt, die Zinsbelastungen seien zurückgegangen; das seien strukturelle Haushaltseinnahmen. Was aber ist, wenn die Zinsen wieder steigen? Sie haben gesagt, die Gewinnaus schüttung der Landesbank Baden-Württemberg sei eine struk turelle Ausgabenkürzung, eine Einsparung. Wenn sich dies aber ändert, was ist dann?

Sie haben Hypotheken für die nächste Legislaturperiode. Im Jahr 2017 werden Ihnen 1,5 Milliarden €, im Jahr 2018 1,4 Milliarden €, im Jahr 2019 1,5 Milliarden € und im Jahr 2020 1,3 Milliarden € fehlen. Das sind strukturelle Defizite, die Sie selbst in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung ausweisen. Dann sprechen Sie davon, Sie würden seriös wirtschaften. Das geht doch überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Schmiedel, unsere CDU-Ministerpräsidenten haben im mer das Land zu einem neuen Aufbruch in die Zukunft ge führt.

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Claus Schmie del SPD: Mappus! Starker Aufbruch! – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Das ist für Sie ein Aufbruch? Da graut es mir vor der Zukunft! – Unruhe)

Lothar Späth war es, der dieses Land Baden-Württemberg zum Land der Innovationen gemacht hat, während damals Rau und Lafontaine im Vorgestern verhaftet waren. Erwin Teufel hat den Ausbau der Forschung betrieben. Sie haben ihn da mals dafür ausgelacht. Aber er hat es geschafft, dass wir heu te bei einer Quote von 5 % des Bruttosozialprodukts für For schung und Entwicklung sind.

Wir sind die Partei der sozialen Marktwirtschaft. Was ist mit Kretschmann und Co. in dieser Regierung? Ich bin einem kon kreten Fall nachgegangen. Da ging es um Fotonik bei Zeiss in Oberkochen, in meinem Wahlkreis. Ein Forschungspro gramm sollte gestoppt werden. Jetzt gibt es dieses Programm, weil sich der Wirtschaftsminister in der Tat dafür eingesetzt hat. Aber was hat der Ministerpräsident in einer Besprechung gesagt, als es darum ging, Fotonik, Optik, im Bereich der Grundlagenforschung zu fördern? Er hat gesagt: Das techni sche Zeugs wollen wir jetzt nicht mehr so. Das war die Visi on des Ministerpräsidenten in der Wirtschaftspolitik, in der Innovationspolitik.

Liebe Freundinnen und Freunde von Grün und Rot,

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

deswegen kann ich verstehen, warum Sie bei der Gemein schaftsschule das Durchfallen abgeschafft haben. Das ist pu rer Selbstschutz; Sie haben selbst Angst vor dem Durchfallen im nächsten Jahr.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Kollegin Lindlohr das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass viele der Rednerin nen und Redner heute zur Frage der Zukunft des Landes Ba den-Württemberg das Thema Zuwanderung angesprochen ha ben. Denn das ist tatsächlich etwas sehr Wichtiges. BadenWürttemberg ist ein Land hoher wirtschaftlicher Prosperität und des demografischen Wandels. Die Baden-Württemberge rinnen und Baden-Württemberger werden älter, und ohne Zu wanderung würden sie auch weniger. Deswegen ist es ein ho hes Anliegen Baden-Württembergs – sicherlich auch Bayerns, aber Bayern äußert es aus politischen Gründen leider nicht –, für ein gutes Zuwanderungsgesetz auf Bundesebene zu sor gen. Das ist ein wichtiger Ansatz, den wir im Bund verfolgen müssen. Das ist unser Landesinteresse.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie hören es, das Handwerk und alle Wirtschaftsverbände äu ßern sich. Sie sagen: Wir brauchen ein gutes Einwanderungs gesetz für Deutschland, und wir brauchen auch vernünftige Bleiberechtsregelungen für die Menschen, die schon hier sind. Kollege Schmiedel hat sich dazu geäußert, Kollege Rülke hat sich grundsätzlich positiv dazu geäußert. Doch von der CDU haben wir zu dieser Frage der Zukunft des Landes leider nichts gehört. Denn sie hat Hürden in sich, die sie daran hindern, sich dem Thema Zuwanderung zuzuwenden. Das ist nicht gut für unseren Wirtschaftsstandort.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mehrheitsmäßig spielt das im Land im Moment keine Rolle, nur im Bund ist es höchst relevant.

Ich bin sehr dankbar, dass unser Ministerpräsident Kretsch mann zusammen mit dem Ministerpräsidenten Bouffier in Hessen und mit der Ministerpräsidentin Dreyer aus Rhein land-Pfalz einen Brief an die Bundesregierung mit einem wichtigen Anliegen zum Bleiberecht geschrieben hat, und zwar so, wie es auch das Handwerk formuliert hat. Es kann nicht sein, dass der Bund das Bleiberecht so streng und so stark auf Abschreckung auslegt, dass Jugendliche, die in Aus bildung sind, abgeschoben werden. Das wollen wir nicht. Es wäre wichtig, dass sich die Schwarzen in Berlin bewegen und sich einen Ruck geben für unser Handwerk und für die jun gen Leute, die zu uns kommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Beim Thema Bildung können wir auch hier im Land etwas bewegen. Das machen wir. Wir wollen Ihnen im Nachtrags haushalt vorschlagen, dass wir, wenn der Bund dem schon nicht nachkommt, die Aufgabe in die Hand nehmen, die Flücht linge besser mit Sprachkursen zu versorgen. Nur ein bisschen Deutsch ist nicht gut. Viele Leute kommen mit hohem Poten zial hierher, und diejenigen, die bleiben können, sollen auch sehr schnell arbeiten dürfen. Dafür hat sich die Landesregie rung im Bundesrat eingesetzt, und das wollen wir jetzt im Land umsetzen. Wir sind sehr gespannt, ob Sie mitstimmen oder gegen den Nachtrag für mehr Deutschkurse für die Flücht linge, die zu uns kommen, sein werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Abschließend noch: Kollege Mack hatte sich über die G-Ko ordination, die Koordination der grünen Länder, mokiert, die vor den Bundesratsberatungen stattfindet. In Hamburg laufen gerade die rot-grünen Koalitionsverhandlungen. Im Erfolgs fall wäre es so, dass es neun grün mitregierte Länder in Deutsch land gibt sowie auf der schwarzen Seite ein CSU-Land und sechs CDU-Länder. Ich würde sagen, es ist sehr sinnvoll, ei ne G-Koordination zu machen, wenn man mehr grün- als schwarz-beteiligte Landesregierungen hat.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Minister Bonde sitzt in der Runde der Agrarminister und Minister für den Ländlichen Raum – ein Thema, das Ihnen an geblich so wichtig ist. Fragen Sie ihn, wie es ist, wenn sich die G-Koordination über die Belange der Landwirte und des Landbaus in Deutschland berät.

(Zurufe der Abg. Klaus Herrmann und Winfried Mack CDU)

Von den „grünen Ländern“ gibt es sechs. Dann treffen sich die Agrarminister der „schwarzen Länder“. Wie viele sind es da? Drei. Sie haben noch drei Minister für Landwirtschaft und Ländlichen Raum von den 13 Flächenländern in Deutschland. Sie sehen also, G-Koordination ist höchst sinnvoll. Grün mit regierte Länder wirken im Bund erfolgreich mit. Sie können sich leider noch nicht daran gewöhnen, aber es ist Fakt, und so wird Deutschland regiert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Jagdrechtspolitik am Landtag vorbei – unter Grün-Rot kommt die ganze Wahrheit stets durch die Hintertür im Wege der Verordnung – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Die Mitglieder der Regierung darf ich darum bitten, sich ebenfalls an diesen Redezeitrah men zu halten.

Für die FDP/DVP-Fraktion erhält Herr Kollege Dr. Bullinger das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst als Vorbe merkung eine Klarstellung: Das alte Jagdgesetz hätte man oh ne Weiteres fortschreiben und novellieren können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Trotz der Tatsache, dass der Natur- und der Tierschutz seit über zehn Jahren in der Verfassung stehen, gab es keine er folgreiche Verfassungsklage gegen das bewährte Landesjagd gesetz von Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es war praktikabel, anwendbar und hätte ohne Weiteres novel liert, also fortgeschrieben werden können. Nein, man macht bei Grün-Rot, wann immer es geht – und sei es durch die Hin tertür –, Klientelpolitik pur.

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Wir haben das neue Jagd- und Wildtiermanagementgesetz be wusst abgelehnt, weil es Eigeninitiative und Ehrenamt be straft, weil es bevormundet und gängelt bis hin zur Entmün digung, weil es der Sache und dem ländlichen Raum schadet, weil es Klientelbedingungen für die „Wahlhelfer“ NABU und BUND festschreibt, weil es die Eigentumsrechte mit Füßen tritt – wie es in vielen grün-roten Gesetzen der Fall ist –, weil es eine Öko-Bevormundung ist und den Artikel 14 des Grund gesetzes missachtet. Wir haben es abgelehnt, weil das grünrote Jagdrecht voller Ideologie und Klientelpolitik ist, weil es an der Praxis vorbeigeht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Debatte heute halte ich für hochaktuell. Es ist bedauerlicherweise kein bö ser Aprilscherz, sondern am 1. April treten dieses neue Jagd recht und die Durchführungsverordnung in Kraft. Unter GrünRot kommt die ganze Wahrheit stets durch die Hintertür im

Wege der Verordnung. Also: Jagdrechtspolitik am Landtag vorbei.