Schließen darf auch ich mit dem Dank an alle Mitarbeiterin nen und Mitarbeiter in der Justiz. Bis heute ist die baden-würt tembergische Justiz im Ländervergleich eine hervorragende Justiz geblieben, und so soll es auch bleiben. Das muss unser aller Ziel sein.
Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Justiz haushalt ist eine tragfähige Grundlage, damit die Justiz in die sem Land ihre Aufgabe in rechtsstaatlicher Weise erfüllen kann, und eine gute Grundlage dafür, dass wir die Reformen, die eingeleitet wurden und noch laufen, weiterführen können.
Ich hätte mich gefreut, sehr geehrter Herr Kollege Hitzler, wenn Sie im Kern einmal auf den Haushalt eingegangen wä ren. Die großen Umstrukturierungsprozesse, die die Justiz der zeit erfährt, sind an Ihnen offensichtlich völlig vorbeigegan gen. Sie haben sich einige Pressemitteilungen und einige Ver bandsnachrichten zusammengestückelt und daraus einen Kri tikkatalog formuliert. Mein Eindruck bei vielen Veranstaltun gen, Personalversammlungen vor Ort, die ich mehrfach pro Woche durchführe, vermittelt mir ein ganz anderes Bild.
Ich darf nur ein Beispiel nennen: Wir haben die Sicherheit in unseren Einrichtungen, in Gerichten und Staatsanwaltschaf ten, deutlich verbessert und mit erheblichen Mitteln große In vestitionen getätigt. Das kommt sehr gut an und dient den Mit arbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz und allen, die mit der Justiz zu tun haben, seien es Parteien, Sachverständige, Zeugen, Angeklagte oder Rechtsanwälte.
Lassen Sie mich kurz auf einige Kernthemen, die dieser Haus halt widerspiegelt, eingehen. Die Rechtsgrundlage für die Grundbuchamts- und Notariatsreform wurde in der Tat früher geschaffen. Aber wir haben nicht nur eine Baustelle übernom men, sondern ein Projekt, bei dem nicht einmal die Baugrube richtig ausgehoben war.
Das sollten wir berücksichtigen. Wir sind jetzt dabei, diese Reform Stück für Stück umzusetzen. Da ist auch schon viel passiert. Vielleicht, Herr Kollege Hitzler, ist Ihnen das auch entgangen. Wir haben 13 statt elf grundbuchführende Amts gerichte vorgesehen. Sie wollten, dass die Mannheimer nach Tauberbischofsheim gehen.
Wir haben mittlerweile sechs grundbuchführende Amtsgerich te im badischen Landesteil in Betrieb. Auch der Blick nach Baden lohnt sich einmal. Die sieben württembergischen grund buchführenden Amtsgerichte werden in den Jahren 2015 und 2016 folgen. Das ist ein riesiger Prozess. Wir schließen über 650 kommunale und staatliche Grundbuchämter; das ist ein Umbruch, wie ihn die Justiz in den letzten Jahrzehnten wohl kaum erlebt hat.
Sie haben die Notariatsreform angesprochen. Die Notariats reform betrifft ca. 3 000 bis 4 000 Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter. Sie wissen: Wir überführen das Notariat in ein freies Notariat. Die bundesgesetzlichen Vorgaben sehen das so vor. Wir sind jetzt dabei, die 246 Dienstposten, die hier zu verge ben sind, in einem ordentlichen Ausschreibungs- und Beru
fungsverfahren zu besetzen. Wir haben übrigens mehr Dienst posten ausgewiesen, als es die Vorgängerregierung in einem Rohkonzept zunächst vorgesehen hatte.
Diese Umstrukturierung der Notariate bringt natürlich viel fältige Veränderungen mit sich. Außer den Notaren gibt es zahlreiche Beschäftigte in der Justiz bei den Notariaten, um die wir uns ebenfalls kümmern müssen: Arbeitnehmer, Tarif beschäftigte, aber auch Beamtinnen und Beamte im mittleren und gehobenen Dienst. Für eine sozial verträgliche Umset zung der Notariatsreform hat die Landesregierung die entspre chenden Beschlüsse gefasst. Teilweise sind die entsprechen den gesetzlichen Vorhaben bereits umgesetzt worden. Auch das ist Ihnen vielleicht entgangen. Wir haben wie auch in an deren Bereichen zugelassen, dass Trennungsgeld gezahlt wird, um die betroffenen Beamtinnen und Beamten davor zu schüt zen, schnell umziehen zu müssen oder unzumutbare Verände rungen in Kauf nehmen zu müssen. Das haben wir gemacht.
Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. Wir bleiben mit den Notaren selbstverständlich im Gespräch. Übrigens: Die badischen Notare haben ihre Verbandsführung nicht aus gewechselt. Wir sind nach wie vor gesprächsbereit. Wir kön nen aber auch nicht alle Wünsche erfüllen. Auch das muss man sagen. Sie haben ja schon einen Punkt genannt, den auch Sie nicht erfüllen werden: Großzügige Vorruhestandsregelun gen wird es nicht geben. Inwieweit man hier mit Zulagen oder anderen Instrumenten arbeitet, bleibt abzuwarten. Eines muss gewährleistet sein: Da wir für die Umsetzung der Notariats reform ein Stichtagsprinzip haben, muss das bisherige Notar system bis Ende 2017 laufen und funktionieren wie bisher.
Das neue System, das über Nacht schlagartig in Kraft tritt, muss vom ersten Tag an funktionieren. Die Verfahren, die im alten System noch nicht abgeschlossen worden sind, müssen im neuen System dann zügig abgewickelt werden. Darauf sind wir vorbereitet. Wir suchen zusammen mit den Notaren Lö sungen; geprüft werden in diesem Zusammenhang beispiels weise Zuverdienstmöglichkeiten. All das ist vorgesehen. Wir sind da, glaube ich, auf einem guten Weg. Wir versuchen, möglichst viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit zunehmen. Wir bieten vor Ort Veranstaltungen an, und wenn der Württembergische Notarverein davon, wie jüngst ersicht lich, keinen Gebrauch macht und solche Veranstaltungen ab sagt, bedauern wir das außerordentlich.
Ferner wurde die Personalausstattung in der Justiz angespro chen. Wir haben ein mathematisch-analytisches Bedarfsent wicklungs- und Bewertungssystem, abgekürzt PEBB§Y – das wissen Sie –, und dieses System wird derzeit modernisiert. Die damals erhobenen Daten sind mittlerweile zehn Jahre alt und müssen angepasst werden. In der ordentlichen Gerichts barkeit – auch das ist an Ihnen offensichtlich vorbeigelaufen, lieber Kollege Hitzler – hat eine flächendeckende Erhebung stattgefunden, um die neuen Daten zu ermitteln. Die Auswer tung erfolgt derzeit. Die Zahlen, die wir jetzt erheben, sind Grundlage für die Bedarfsberechnungen, was das Personal an geht. Es gibt keine Luftnummern. Das wird nicht ins Blaue hinein gemacht, sondern mathematisch-analytisch orientiert nach dem Bedarf.
Vorhin haben Sie die Freilassung von Untersuchungsgefange nen angesprochen. Es ist zu Recht darauf hingewiesen wor den, dass diesen Vorgängen OLG-Entscheidungen zugrunde liegen, die ich nicht zu kritisieren habe. Aber wir können gern die Geschichte solcher Entscheidungen einmal aufrollen, und dann werden wir sehen, dass es in Baden-Württemberg im mer Fälle gegeben hat, in denen die Obergerichte anders ent schieden haben als die Landgerichte, die zuvor entschieden hatten.
Auch das ist Ihnen vielleicht entgangen: Wir haben in diesem Bereich im Haushalt – es lohnt sich immer einmal ein Blick in den Haushalt, wenn man eine Haushaltsrede hält, Herr Kol lege Hitzler –
Stellenhebungen vorgenommen, weil wir – so war es auch in der Vergangenheit – bei Bedarf, wenn er uns rechtzeitig an gezeigt wurde, personell nachsteuern und im Übrigen auch die Gerichte intern im Rahmen ihrer Geschäftsverteilung im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit das Personal ent sprechend verteilen müssen. Das funktioniert; aber, wie ge sagt, wir können da bei nicht steigenden Fallzahlen auch im Haushalt noch nachsteuern.
Ein Reformprojekt, das in der Öffentlichkeit vielleicht etwas unterschätzt wird und das Sie offenbar noch gar nicht auf dem Schirm haben, ist das Thema E-Justice, bestehend aus elek tronischem Rechtsverkehr und Einführung der elektronischen Akte. Der elektronische Rechtsverkehr ist seit über einem Jahr durch Bundesgesetz rechtsverbindlich geregelt. Es sind Etap pen vorgegeben, wie und wann elektronischer Rechtsverkehr eingeführt wird. Die Anwälte sind mit die Ersten, die das im Jahr 2016 mit einem elektronischen Postfach umsetzen müs sen.
Wir müssen den elektronischen Rechtsverkehr im Land ent sprechend gestalten, was erhebliche Mittel erfordert, und wir müssen Antworten finden, wie wir auf den elektronischen Rechtsverkehr reagieren. Das heißt: Schriftsätze, Anträge, Klagen kommen elektronisch in die Justiz, und wir werden dann nicht nach alter Väter Sitte oder Mütter Sitte wieder Ak tenbündel anhäufen können, wie wir das über 100 Jahre lang gemacht haben, sondern wir müssen dann eine Antwort dar auf finden, wie wir mit dem, was uns elektronisch zugegan gen ist, elektronisch weiterarbeiten.
Deshalb wird es in den nächsten Jahren darum gehen, die elek tronische Akte systematisch einzuführen. Es gibt zwei Mo dellprojekte, die wir im Jahr 2015 anschieben, eines in der Ar beitsgerichtsbarkeit – Arbeitsgericht Stuttgart –, eines in der ordentlichen Gerichtsbarkeit beim Landgericht Mannheim, wo wir die elektronische Akte ausprobieren und verbessern. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit der Praxis über einen Praxisbeirat, den wir gegründet haben. Auf diesem Weg wird die elektronische Akte in den nächsten Jahren peu à peu ent wickelt und eingeführt.
Das ist ein Projekt, das die Landesregierung auf den Weg ge bracht hat. Wir werben für dieses Projekt. Wir brauchen da bei unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; es ist wichtig, dass sie dieses Projekt positiv aufnehmen. Mein Eindruck ist nach vielen Besuchen vor Ort: Zunächst gab es Skepsis und wurde gefragt: Brauchen wir das? Wollen wir das? Ich kann
das nachvollziehen; auch ich gehöre einer Generation an, die ja nicht gerade zu den Digital Natives gehört – Sie auch nicht.
Ich kann das gut nachvollziehen, aber ich merke jetzt, dass wir nach einer Phase der anfänglichen Skepsis oder Funda mentalablehnung nun in einer Phase sind, in der sich die Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter dafür interessieren: Wie sieht denn mein Arbeitsplatz in drei, vier, fünf Jahren aus? Wie ar beite ich mit dieser elektronischen Akte? Welche Geräte ste hen mir zur Verfügung? Wie sind die Abläufe im Vergleich zu den bisherigen Prozessen? Wir demonstrieren das in ausge wählten Veranstaltungen mit unseren Fachleuten.
Meine Damen und Herren, ich habe vernommen, was Sie zum Justizvollzug gesagt haben. Es ist in der Tat so, Herr Dr. Goll – wir haben an anderer Stelle vor zwei Wochen ja ausführlich darüber diskutiert –: Wir werden dieses Thema auch in Zu kunft ausführlich bearbeiten. Es sind ja noch Anfragen zu be antworten und Stellungnahmen zu Anträgen zu erarbeiten. Das machen wir.
Eines ist klar: Solch ein schlimmer Vorfall wie in Bruchsal muss in Zukunft vermieden werden. Dafür müssen wir alles tun.
Dafür haben wir die entsprechenden Schritte eingeleitet. Die Kollegen Filius und Binder haben das ausführlich dargestellt. Wir haben die notwendigen personellen Konsequenzen gezo gen, und wir haben Sofortmaßnahmen eingeleitet, die im Ein zelnen schon erörtert wurden. Ich habe sie auch hier sowie an anderer Stelle bereits vorgestellt.
Am Montag wird die Kommission zum ersten Mal tagen, die uns beraten soll, wie wir mit psychisch auffälligen Kranken im Strafvollzug, mit Straftätern, die psychische Auffälligkei ten haben, in Zukunft besser umgehen. Wir erwarten uns von dieser Kommission auch personalwirtschaftliche Vorschläge, wir erwarten uns aber auch medizinisch-psychologische Hil fe. Damit in dieser Kommission der erforderliche Sachver stand vorhanden ist, werden in dieser Kommission auch Dis ziplinen außerhalb der Justiz vertreten sein: neben dem Jus tizvollzug auch die Medizin, die Psychologie, die Psychiatrie. Ich setze auch auf den Sachverstand unserer Strafvollzugsbe auftragten, die ich zu diesem Termin und zur Mitarbeit in die ser Kommission eingeladen habe.
Die Vorgänge in Bruchsal und danach geben natürlich Veran lassung für viele Diskussionen. Diesen Diskussionen stellen wir uns. Aber es hat keinen Sinn, Schnellschüsse zu tätigen oder mit der Gießkanne irgendwelche finanzwirtschaftlichen Initiativen zu ergreifen, die nicht organisiert sind und auch nicht von einem Konzept getragen sind.
Deshalb werden wir mit dieser Kommission speziell die psy chisch auffälligen Straftäter erfassen, aber wir werden natür lich auch stark in den Blick nehmen, wie das Gesamtgefüge in der Besoldung und Struktur unseres Vollzugswesens aus sieht. Dazu gehört das Arbeitswesen, dazu gehört natürlich auch der klassische Vollzug mit seinen Beamtinnen und Be amten, dazu gehört aber auch die medizinische, psychiatrische und psychologische Versorgung. All das ist jetzt auf dem Prüf stand und wird einmünden in ein Gesamtkonzept, das zusam
men mit dem Bund der Strafvollzugsbeamtinnen und -beam ten erarbeitet wird, die uns zur Seite stehen und uns mit Rat und Tat unterstützen.
Deshalb macht es jetzt wenig Sinn, punktuell einige Anträge, die Sie eingebracht haben, im Schnellverfahren zu verabschie den. Wir setzen auf ein Gesamtkonzept, wie es in dem Ent schließungsantrag der beiden Regierungsfraktionen seinen Niederschlag findet. Das ist der richtige Weg, und den wer den wir gehen, um die entsprechenden Maßnahmen dann auch zeitnah und haushalterisch, gegebenenfalls dann in einem Nachtrag, umzusetzen.
Was Ihnen auch entgangen ist, Herr Kollege Hitzler, sind die vielfältigen Veränderungen. Sie sollten vielleicht auch Fol gendes zur Kenntnis nehmen: Wir haben im Jugendstrafvoll zug neue Akzente gesetzt. Wir haben das Jugendarrestgesetz auf den Weg gebracht. Wir haben die Häuser des Jugendrechts verstärkt im Blick. Das in Bad Cannstatt wird erweitert. Zum Haus des Jugendrechts in Pforzheim empfehle ich jedem, der die Gelegenheit hat, es einmal zu besuchen. Anfang des Jah res 2015 werden wir das Haus des Jugendrechts in Mannheim einweihen.
Häuser des Jugendrechts sind Stellen, wo jugendliche Straf täter sehr schnell erfasst werden, wo man nicht lange auf ei nen Termin beim Staatsanwalt warten muss, wo es nicht lan ge dauert, bis eine Gerichtsverhandlung zustande kommt, son dern wo das schnell geht. Und was ganz wichtig ist: Wir wol len mit diesen Häusern des Jugendrechts sehr früh in krimi nelle Strukturen hineinkommen und erfassen, was Jugendli che bewegt, wo sie sich aufhalten, und arbeiten deshalb in die sen Häusern des Jugendrechts intensiv mit den Jugendbehör den, mit den Schulen, der Staatsanwaltschaft und den Gerich ten zusammen. Was wir darüber hinaus natürlich ganz drin gend brauchen – und was dort stattfindet –, sind Mithilfe und Beteiligung der Kommunen.
Immer gern. Nachdem ich von Herrn Zimmermann als Strafvollzugsbeauftragtem in den letzten drei Monaten nichts gehört habe, bin ich froh, dass er seinen Maulkorb ablegen durfte.
Herr Präsident, Herr Minis ter! Herzlichen Dank. Ich habe drei Monate nichts gesagt. Dann habe ich einen Satz gesagt, und der hat Sie zu arg ge troffen.
Ich habe drei Fragen an Sie. Nachdem der Kollege der Grü nen uns recht gegeben hat, aber Sie, Herr Kollege Binder, al les gelobt haben, hätte ich zunächst folgende Frage. Ich fan ge beim Ende an, weil Sie sagen, überall, wo Sie hinkommen, werden Sie bzw. Ihr Ressort gelobt. Ich kann mich an eine Veranstaltung erinnern,