Protocol of the Session on December 11, 2014

und weil Sie sich in Ihrer Koalition über die einzelnen Punk te nicht einig waren. Deshalb wäre ich an Ihrer Stelle eher ein bisschen leiser, Herr Kollege Hitzler.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Genau! Sehr gut!)

Ein weiteres gutes Beispiel für eine vorbildliche Personalent wicklung ist auch die künftige Umstellung der Gerichtsvoll zieherausbildung auf eine Fachhochschulausbildung. Auch das war sehr lange eine Forderung der Gerichtsvollzieher, der Sie nie nachgekommen sind. Wir haben den Knoten gelöst,

worüber sich die Gerichtsvollzieher freuen. Das bedeutet, dass wir nun den bedeutender werdenden Herausforderungen die ses Berufs durch eine bessere Ausbildung im mittleren Dienst mit dem Ziel einer Übernahme in den gehobenen Dienst Rech nung tragen. Darin kommt die Wertschätzung gegenüber den Gerichtsvollziehern zum Ausdruck, die ihren Beitrag für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg leisten, meine Da men und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Besondere Berücksichtigung findet bei dieser Landesregie rung und bei diesem Justizminister der Aspekt der Vereinbar keit von Familie und Beruf. Die konsequente Umsetzung zeigt Erfolge. So wurde das Justizministerium im Sommer dieses Jahres mit dem Gütesiegel „audit berufundfamilie“ für eine familienbewusste Personalpolitik ausgezeichnet.

Gleichzeitig freue ich mich, dass unser Antrag auf eine An schubfinanzierung von insgesamt 200 000 € für den Aufbau einer Kita für Justizangehörige in Karlsruhe im Finanzaus schuss von allen Fraktionen einstimmig gebilligt wurde. Künf tig profitieren nicht nur die Familien der Bediensteten, son dern auch die in der Residenz des Rechts ansässigen Justiz behörden als Arbeitgeber von der neu zu schaffenden Einrich tung. Hervorzuheben ist dabei, dass damit besonders den An gestellten und den Beamten im mittleren Dienst die schnelle Rückkehr in den Beruf ermöglicht werden kann, meine Da men und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Neben einer zukunftweisenden Personalentwicklung muss sich die Justiz selbstverständlich den Herausforderungen der digitalen Zukunft stellen. Die zunehmende Elektronisierung des Rechts- und Geschäftsverkehrs macht auch vor der Justiz nicht halt. Dieses Justizministerium, dieser Justizminister will mit Volldampf die E-Akte einführen und damit eine Position mit Vorbildcharakter in der ganzen Bundesrepublik Deutsch land einnehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Der baden-württembergische Justizminister setzt aber auch auf Bundesebene wichtige rechtspolitische Impulse. Lassen Sie mich nur zwei Beispiele nennen. Baden-Württemberg hat mit seiner Gesetzesinitiative zur Verbesserung der strafrecht lichen Dopingbekämpfung maßgeblich dazu beigetragen, dass die Große Koalition in Berlin nun einen Gesetzentwurf vor gestellt hat, der es ermöglicht, dass gedopte Sportlerinnen und Sportler künftig strafrechtlich belangt werden können.

Das andere Beispiel ist die notwendige bundesgesetzliche Umsetzung des Prinzips „Wer bestellt, der bezahlt“ bei der Vermittlung von Mietwohnungen. Das geht zurück auf einen gemeinsamen Antrag von Baden-Württemberg, Bremen, Ham burg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Nicht nur im Land, sondern auch im Bund setzt dieser Justiz minister Akzente. Er ist ein Mann, der dafür steht, dass die Justiz nahe beim Bürger ist. Er gibt – darin unterstützen wir, die SPD-Fraktion, ihn – eine Sicherungsgarantie für die klei nen Amtsgerichte, damit die Bürgerinnen und Bürger ein Ge richt vor Ort haben und keine weiten Wege dorthin zurückle gen müssen.

Deshalb: Herzlichen Dank, Herr Justizminister, an Sie und Ihr Ministerium für Ihre hervorragende Arbeit.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort für die FDP/ DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich möchte mich jetzt mit diesem Haus halt sachlich auseinandersetzen. Die vorangegangenen Bei träge waren zu einem großen Teil von Sachlichkeit geprägt. Aber es gab auch krasse Ausnahmen, gerade im Fall meines Vorredners Binder.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Was ich schon gar nicht mag, sind tollkühne Behauptungen, die im Gewand der Seriosität daherkommen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Mit dem einen oder anderen Punkt setze ich mich nachher noch auseinander. Nur eine Kostprobe vorweg: Lieber Herr Binder, die frühere Landesregierung ist jahrelang landauf, landab von den Gerichtsvollziehern gelobt worden, weil sie die einzige war, die die Hochschulausbildung im Y-Modell einführen wollte. Dazu sagen Sie, wir hätten das schleifen las sen.

(Abg. Claus Schmiedel und Abg. Sascha Binder SPD: Warum haben Sie es nicht gemacht?)

Weil wir es im rechtlichen Geleitzug der anderen Länder nicht konnten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann muss man es im Geleitzug ändern!)

Wir konnten nur gemeinsam handeln, und wir haben keine Mehrheit im Bundesrat erzielt, weil die von Ihnen regierten Länder wahrscheinlich nicht zugestimmt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir machen es doch auch! – Abg. Walter Heiler SPD: Legendenbil dung!)

Doch, natürlich! Schauen Sie doch einmal nach!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Das nur vorweg als Beispiel. Das mag nicht der wichtigste Punkt sein, aber es zeigt, wie man Beispiele verzerrt darstel len kann.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Unseriös!)

Dieser Haushalt ist, um zunächst einmal etwas Positives zu sagen, ein ordentlicher Vorschlag. Er ist ordentlich gemacht, und man kann auch sagen, er steht in der Tradition schlanker Haushalte in der Justiz, wogegen auf den allerersten Blick nicht viel einzuwenden wäre.

Ich möchte auch betonen: Die Justiz hat im Moment sehr vie le Probleme, die sich vor allem auf Bruchsal konzentrieren. Darauf möchte ich heute aber nicht weiter eingehen. Das ha ben wir an anderer Stelle getan, und ich fürchte, wir müssen es auch an anderer Stelle noch tun.

Man wäre auch im ersten Moment versucht, zu sagen, diese Probleme hätten nichts mit dem Haushalt zu tun. Aber wenn man einen Moment nachdenkt, fragt man sich: Ist das wirk lich so? Ich habe auch wahrgenommen, dass es in der Justiz teilweise eine schlechte Stimmung gibt, die man nicht drama tisieren, aber auch nicht schönreden darf. Das betrifft nicht nur den Strafvollzug, sondern auch erhebliche Teile der Rich terschaft, der Staatsanwaltschaften.

Man kann sich fragen, woran das liegt. Ich habe gesagt, der Justizhaushalt ist ein schlanker Haushalt geblieben. Aber die anderen Haushalte hingegen sind nicht schlank geblieben. Die anderen Haushalte haben sich völlig anders entwickelt. Denn wir dürfen unwidersprochen darauf hinweisen, dass das Ge samthaushaltsvolumen unter dieser Regierung jährlich um 5 % gestiegen ist. Übrigens wird die Steigerung noch deutli cher, wenn man berücksichtigt, dass das Volumen in manchen Teilen gar nicht gestiegen ist, sodass es in anderen Teilen wahrscheinlich um 7 oder 8 % gestiegen ist. Das merkt all mählich jeder. Insofern fühlt sich die Justiz ein Stück weit von dieser Entwicklung abgehängt. Das erklärt eine schlechte Stimmung nicht nur im Strafvollzug, sondern auch in einigen anderen Teilen der Justiz.

Man muss sich klarmachen, dass heute eine Richterin, ein Richter, eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt, wenn er oder sie im Staatsdienst anfängt, unter dem Strich weniger Geld bekommt, als es noch einige Jahre zuvor der Fall war. Das ist schon eine ziemlich einmalige Entwicklung,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

die nicht gerade als Wertschätzung begriffen wird.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das nennt man dann familienfreundlich!)

Die Folge muss sein: Es kann nicht so bleiben, wie es jetzt ist. Wir erwarten ein Konzept im Vergütungsbereich. Natürlich kann es nur um begrenzte Maßnahmen gehen. Wir fordern keine großen Sprünge mit leerem Beutel, aber wir können durchaus kleine Sprünge mit vollem Beutel erwarten. Ein biss chen was müsste da schon zu machen sein – gerade was das Thema Eingangsbesoldung oder was punktuelle Verbesserun gen im Strafvollzug angeht.

Wenn sich schon Geldbedarf in der Justiz abzeichnet, wäre es umgekehrt kontraproduktiv, sich Dinge einzukaufen, die sehr teuer sind, ohne eine Verbesserung zu bringen. Damit meine ich, lieber Herr Binder, den Gedanken, die Bewährungshilfe zum Staat zurückzuverlagern. Das war mal wieder so ein Punkt, bei dem man, glaube ich, darauf hinweisen kann, dass man sauber in der Argumentation bleiben sollte. Die Übertra gung der Bewährungshilfe ist nie mit finanzpolitischen As pekten begründet worden.

(Abg. Sascha Binder SPD: Doch!)

Dazu werden Sie keinen einzigen Satz finden. Es war nie fi nanzpolitisch, sondern immer so begründet, dass wir mit die

ser Übertragung auf einen gemeinnützigen freien Träger eine Reform mitgeliefert bekommen haben, die sehr teuer wäre. Dies als Privatisierung zu bezeichnen wäre übrigens Blödsinn. Denn wenn das zuträfe, wäre – 80 % der Sozialarbeit im Land finden bei freien Trägern statt – auch die Übertragung der So zialarbeit auf die AWO eine Privatisierung.

Wenn Sie die Bewährungshilfe jetzt zurücknehmen wollten – das müssen Sie berücksichtigen –, bekämen Sie sie in einem völlig anderen Zustand zurück, als wir sie übertragen haben. Wir wussten, warum wir sie übertragen haben. Die fällige Re form wäre eine unglaublich teure Reform geworden, und wir hatten Beispiele, dass freie Träger das besser können. Das heißt, sollten Sie die Übertragung zurücknehmen wollen, ent stünde ein gigantischer Aufwand für das Land – dem muss man ins Auge sehen –: organisatorisch, aber vor allem auch finanziell.

Wie gesagt, verwenden Sie bitte nicht den Begriff „Privatisie rung“. Sie haben z. B. auch Offenburg genannt. Da könnte man diesen Begriff eher verwenden. Übrigens haben Sie ge sagt, in Offenburg sei die Entscheidung richtig gewesen, die Veränderung zurückzunehmen. Dazu sage ich jetzt nichts. Aber Sie haben auch nicht dazugesagt, dass der Rechnungs hof im gleichen Zug betont hat, die damalige Entscheidung sei rechnerisch richtig gewesen. Das lässt man dann wieder weg. Ich würde jedenfalls das Geld in der Justiz für andere Zwecke ausgeben, als es nur irgendwelchen Ideologien zu op fern.

(Zurufe von der SPD: Och!)

Beispielsweise würde ich es für die Kinderbetreuung anlegen. Ich finde es gut, dass sie weiter ausgebaut wird. Natürlich kann man dazusagen – da Sie das nicht getan haben, mache ich es halt –, die familienfreundliche Politik der Betriebskin dergärten fing selbstverständlich unter der früheren Landes regierung an. Das Justizressort war sogar das allererste Res sort in Baden-Württemberg und wahrscheinlich weit darüber hinaus, das sogenannte Betriebskindergärten eingerichtet hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich komme auf den Hauptpunkt zurück. Wenn sich die Stim mung in der Justiz, die teilweise nicht gut ist, verbessern soll, muss künftig Geld in die Hand genommen werden, um Ver besserungen in der Besoldungsstruktur zu ermöglichen. Da zu brauchen wir ein längerfristiges Konzept. Denn das Tem po und die Schärfe – das fällt im Moment auf –, mit der sich auf einmal eine gewisse Krisenstimmung in der Justiz aus breitet, muss allen ein Signal sein, sich auf den Weg zu Ver besserungen zu begeben.

Schließen darf auch ich mit dem Dank an alle Mitarbeiterin nen und Mitarbeiter in der Justiz. Bis heute ist die baden-würt tembergische Justiz im Ländervergleich eine hervorragende Justiz geblieben, und so soll es auch bleiben. Das muss unser aller Ziel sein.