Protocol of the Session on November 26, 2014

Nicht von ungefähr sind Denkmalschutz und Denkmalpflege seit Langem in unserer Landesverfassung verankert. Der Denk malschutz stellt uns vor viele Herausforderungen. Wir sollen und wir wollen energiesparend bauen, gerade auch bei Sanie rungsmaßnahmen. Wir sollen und wir wollen – ich komme darauf später noch einmal genau zurück – dort, wo es geht, Barrierefreiheit herstellen, und das alles unter dem Gesichts punkt der Denkmalverträglichkeit. Das sind wesentliche Auf gaben, denen sich Landesbehörden, Historiker, Investoren, Architekten und Handwerker immer wieder aufs Neue stellen müssen.

Zum einen sollen Baudenkmäler als kulturelles Erbe erhalten bleiben, zum anderen bedarf es gerade privater Investoren, Menschen und Unternehmen, die bereit sind, das Abenteuer Sanierung auf sich zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Umso wichtiger ist es, dass in unseren Verwaltungen Fachleu te arbeiten, die beraten, einschätzen, richtig abwägen. Genau so wichtig ist es aber auch, dass die Verwaltungen nicht nur personell, sondern auch organisatorisch so aufgebaut sind, dass sie ihren Aufgaben möglichst effizient nachkommen kön nen. Aus diesem Grund ist es absolut richtig, die Landesdenk malpflege neu zu strukturieren. Mit dem nun vorliegenden Ge setzentwurf zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes wird die Verwaltung schlanker und effizienter aufgestellt und da mit insgesamt gestärkt.

Wir begrüßen es, dass nun die fachliche Denkmalpflege auf das Landesamt für Denkmalpflege in einem Vor-Ort-Präsidi um Stuttgart konzentriert wird. An den Standorten Karlsruhe, Freiburg und Tübingen werden Außenstellen die notwendige Ortsnähe sicherstellen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn es um die Sicherung von Bodendenkmälern geht, wo zeitlicher Verzug für alle Beteiligten teuer werden kann.

Im Gesetzentwurf ist zudem vorgesehen, beim Finanz- und Wirtschaftsministerium als oberster Denkmalschutzbehörde

einen landesweit zuständigen Denkmalrat einzurichten. Die derzeit noch bei den Regierungspräsidien bestehenden regio nalen Denkmalräte sollen in diesem landesweiten Gremium aufgehen.

Als dritte wichtige Neuerung sieht die Gesetzesänderung vor, den veralteten Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen den Denk malschutz zu aktualisieren. Hier ist vorgesehen, künftig Geld bußen in Höhe von bis zu 250 000 €, in besonders schweren Fällen sogar Geldbußen von bis zu 500 000 € verhängen zu können.

(Beifall bei den Grünen)

Jawohl.

Aus all diesen Gründen stehen wir hinter dem Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich möchte an dieser Stelle aber auch den der Beschlussempfehlung zugrunde liegenden Antrag der beiden Regierungsfraktionen ausdrücklich unterstützen, der dafür plädiert, im Rahmen der Denkmalpflege die Rechte der Menschen mit Behinderung zu beachten. Unsere behinderten Mitmenschen haben – das ist in Artikel 30 des Übereinkom mens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen schriftlich festgehalten – genauso das Recht auf Zugang zu Theatern, Museen, Kinos und anderen Orten, an denen Kultur dargeboten wird, wie Menschen ohne Behinderung. Häufig wird ihnen dieser Zugang nicht gewährt, da befürchtet wird, dass durch erforderliche bauliche Verän derungen zu stark in ein Baudenkmal eingegriffen würde. Das ist aus denkmalpolitischer Sicht verständlich.

Aber wir sollten die andere Sicht, die der Betroffenen, nicht vergessen. Es gibt eine hinreichende Zahl guter Praxisbeispie le, die zeigen, wie man unter Ausnutzung gegebener Ermes sensspielräume Konflikte im Einzelfall lösen kann. Hier be darf es eines fachlichen Austauschs zwischen den Denkmal schutzbehörden auf allen Ebenen unter Einbeziehung der Be troffenen, z. B. durch Konsultation der Behindertenbeauftrag ten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Maier das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In Baden-Württemberg gibt es zahlreiche Kunst- und Kulturdenkmale, die unsere Kultur be reichern, die wir erhalten und, wenn nötig, auch sanieren wol len. Wir wollen sie der jetzigen Generation und nachfolgen den Generationen zugänglich machen und damit ein Stück Ge schichte unseres Landes zeigen.

Deshalb werden wir, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, die Denkmalpflege stärken. Diese Stärkung erreichen wir hauptsächlich durch eine Neuorganisation. Das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart wird ein Vor-Ort-Präsidium. Mit Vor-Ort-Präsidien hat man sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Aufgaben der Denkmalpflege kön nen damit effektiv wahrgenommen werden.

Als zweiter Schritt werden Außenstellen erhalten. Bei der Denkmalpflege ist es wichtig, dass man schlagkräftig ist, dass

man sehr schnell handeln kann. Deswegen gibt es künftig Au ßenstellen an den bisherigen Standorten Karlsruhe, Freiburg und Tübingen.

Schließlich wird e i n Denkmalrat aus 30 ehrenamtlich tä tigen Personen eingerichtet und wird der Bußgeldrahmen an gepasst.

Das Ganze hat in einer umfangreichen Anhörung große Zu stimmung erfahren.

Bei der Beratung des Gesetzentwurfs haben wir erwogen, ei nen Passus zur Barrierefreiheit in das Gesetz aufzunehmen. Einige Bundesländer haben das schon gemacht. Wir haben uns aber nicht dafür entschieden. Wir wollten das Gesetz nicht überfrachten und Unmögliches – bei einem Denkmal ist es manchmal ganz schwierig, Barrierefreiheit herzustellen – for dern. Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention gilt oh nehin an dieser Stelle als Rechtsnorm.

Wir sind allerdings der Meinung, dass der Zusammenhang zwischen Denkmalschutz und den Interessen der Menschen mit Behinderungen noch deutlicher als bisher hervorgehoben werden kann.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Deshalb haben wir den der Beschlussempfehlung zugrunde liegenden Antrag eingebracht. Ich glaube, dieser Appell wür de dem Landtag gut zu Gesicht stehen. Wir bitten Sie deshalb, der Beschlussempfehlung zuzustimmen und das Herz für die Menschen mit Behinderungen zu öffnen.

(Abg. Tobias Wald CDU: Das tun wir immer!)

Dies kann einen Teil der Umsetzung der UN-Behinderten rechtskonvention in Baden-Württemberg darstellen.

Dem Landtag ist über die Aktivitäten zu berichten, sodass wir dann die Aufmerksamkeit auch auf die behinderten Menschen richten.

Für die qualitativ gute Arbeit danke ich Herrn Staatssekretär Ingo Rust und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ganz herzlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Die SPD stimmt diesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Um es vorweg zu sagen: Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Allerdings wäre mit Blick auf die Beteiligung hier im Haus sicherlich einmal darzustellen, dass auch von den Regierungs fraktionen nicht einmal ein Viertel der Abgeordneten anwe send ist. Das hat, glaube ich, der Denkmalschutz nicht ver dient, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Ziel dieses Gesetzentwurfs ist eine gewisse Konzentration der fachlichen Denkmalpflege. Es ist eine Bündelung vorgesehen, vor allem bei den derzeit regionalisierten Strukturen. Ich glau be, das ist der richtige Weg, um auch in der Verwaltung Effi zienz zu erzeugen und vielleicht auch das eine oder andere in der Entscheidung etwas schneller voranzubringen.

Wenn man sich die Stellungnahmen der Verbände anschaut, erkennt man, dass sich auch die Wirtschaft – dies zeigt ein Blick in die Anlage ab Seite 16 der Drucksache 15/5870 – er hofft, dass durch die Konzentration der Aufgaben eine schnel lere, effektivere, verlässliche Arbeit geleistet werden kann. Auch dies ist, glaube ich, ein Grund, so vorzugehen.

Wir haben damals unter der schwarz-gelben Regierung mit Esslingen einen hervorragenden Standort gefunden.

Ja, wirklich.

Dem amtierenden Präsidenten des Landtags als „altem Esslinger“ muss das na türlich gefallen.

Aber auch das Gebäude, in dem die wirklich hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind, ist toll.

Ich möchte an dieser Stelle nicht nur dem ehemaligen Leiter und Präsidenten Professor Dr. Planck, sondern auch dem jet zigen Präsidenten, Herrn Professor Dr. Wolf, mit seiner ge samten Mannschaft für diese tolle Leistung für das Kultur- und Denkmalland Baden-Württemberg Dank sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, trotz dieser Konzentration bleiben die Anlaufstellen vor Ort, die Ansprechpartner in den Regie rungspräsidien und damit die Nähe erhalten.

Noch ein ganz kleiner Rückblick, damit man weiß, wie sich diese Behörde und diese Aufgabe im Land Baden-Württem berg entwickelt haben. Ich nenne nur einmal ein paar Zahlen zur Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 1962 hatte die da malige CDU-FDP/DVP-Landesregierung einen Entwurf ei nes Landesdenkmalgesetzes vorgelegt. Leider scheiterte die ser an den Kirchen. Später, 1970, machte die FDP/DVP-Frak tion aus der Opposition heraus – damals gab es eine Große Koalition – einen neuen Anlauf. Dieser wurde wie üblich ab gelehnt. Aber ein Gesetz kam dann zwei Jahre später durch die regierende CDU-SPD-Koalition doch. Seither ist die Or ganisation, glaube ich, gut.

Bei der letzten Verwaltungsreform – diese konnte ich von der anderen Seite aus, der Exekutive, begleiten – war vielleicht das eine oder andere nicht ganz so gelungen. Man hat jetzt die Konsequenzen daraus gezogen.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch etwas zu dem in der Beschlussempfehlung enthaltenen Handlungser suchen sagen. Ich bin ebenso wie Kollege Wald der Auffas sung, dass die Umsetzung des Übereinkommens der Verein ten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderun gen eine Selbstverständlichkeit sein muss. Trotzdem findet vor allem die Ziffer 2 von Abschnitt II, mit der ein Bericht da rüber begehrt wird, wie sich das entwickelt hat, unsere Zu

stimmung. Ich halte es immer für wichtig, nicht nur Gesetze und Absichtserklärungen zu beschließen, sondern auch nach gewisser Zeit zu evaluieren, ob das, was der Gesetzgeber be schlossen und die Regierung versprochen hat, umgesetzt wur de. Deshalb werden wir dem zustimmen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Berichtspflicht umfänglich ist.

An dieser Stelle möchte ich allerdings noch etwas anderes sa gen. Ich bedaure sehr, meine Damen und Herren, dass der Staatssekretär künftig in seiner neuen Funktion voraussicht lich dem Denkmalschutz nicht mehr so dienen kann, wie es bisher der Fall war.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)