Protocol of the Session on November 13, 2014

Man könnte nun einwenden, eine Versorgungsabgabe für be amtete Lehrkräfte sei systematisch gerechtfertigt; schließlich müsse das Land später für die Pension der Lehrkräfte aufkom men. Wenn Grün-Rot allerdings im Werbeblock von einer „fairen Finanzierung“ spricht, dann muss man nach Auffas sung der FDP/DVP auch diejenigen Zuwendungen berück sichtigen, die den freien Schulen nicht zugutekommen. Das gilt beispielsweise für Zuwendungen für Ganztagsschulen oder für Schulsozialarbeit – und perspektivisch auch für die Inklusion.

Als das Bruttokostenmodell zur transparenten und fairen Be rechnung entwickelt wurde, haben die damaligen Regierungs fraktionen von CDU und FDP/DVP in der AG Privatschulfi nanzierung einen Kompromiss geschlossen: Das Land ver zichtete auf die Versorgungsabgabe für beamtete Lehrkräfte, und die freien Schulen verzichteten im Gegenzug auf Zu schüsse für Ganztagsbetreuung und anderes.

Dieser Kompromiss zeigt übrigens, wie sich die damaligen Regierungsfraktionen und die Privatschulverbände auf Au genhöhe begegnet sind. Ohne eine gute Zusammenarbeit hät te man auch das Bruttokostenmodell in dieser Form sicher lich nicht entwickeln können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum mussten die dann klagen?)

Mit dieser guten Tradition der Gespräche auf Augenhöhe hat die grün-rote Landesregierung vollständig gebrochen. Die AG Privatschulfinanzierung tagte fortan nicht mehr, und die frei en Schulen wurden nicht mehr als Partner bei der Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags betrachtet; sie sind für diese Landesregierung offensichtlich nur eine Interessengruppe, die lästige Lobbyarbeit betreibt und der man einfach nur einen Happen Geld hinwerfen muss und ihr ansonsten nach dem Motto „Vogel, friss oder stirb“ die Bedingungen diktieren kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Nach dieser Logik hat Grün-Rot die Gespräche über die Er höhung der Zuschüsse mit dem Ziel eines Deckungsgrads von 80 % der Bruttokosten von vornherein an die Bedingung der Versorgungsabgabe geknüpft. Fair im Sinne des beschriebe nen Kompromisses zwischen Privatschulen und der christlichliberalen Landesregierung wäre es gewesen, sich an einen Tisch zu setzen. Dann hätten beide Seiten ihre Anliegen vor tragen können. Die Souveränität und den Willen zu einem sol chen Vorgehen aber haben Grüne und SPD nicht gehabt.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Um zudem jeden Widerstand zu brechen, ist Grün-Rot nach dem Prinzip „Divide et impera“ verfahren und hat die freien Schulen einfach in Gewinner und Verlierer eingeteilt. Bei der feierlich inszenierten Unterzeichnung der Vereinbarung mit den Privatschulverbänden Ende 2013 hat daher manch einer nur mit der Faust in der Tasche zugestimmt, im Wissen dar um, dass – je nachdem, ob man zu den Gewinnern oder zu den Verlierern gehört – in der Zukunft auch existenzielle Bedro hungen auf die freien Schulen zukommen können.

Wie bei dem eingangs erwähnten Supersparangebot mit Kne belvertrag findet sich im vorliegenden Gesetzentwurf das We sentliche nicht im Vertragstext selbst, sondern quasi in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also außerhalb des Ge setzestextes. Darüber kann man also nicht verhandeln, und man kann darüber nun auch nicht hier im Parlament abstim men.

Da im Gesetzentwurf im Wesentlichen nur die Erhöhung der Zuschüsse mit dem Ziel eines Deckungsgrads von 78,7 % vor gesehen ist, wird die FDP/DVP-Fraktion dem zustimmen. Wir sind aber, wie dargelegt, der Auffassung, dass das gesamte Re gelwerk einseitig die freien Schulen belastet und vor allem mittel- und längerfristig keine tragfähige Basis für die Privat schulfinanzierung darstellt. Deshalb will die FDP/DVP-Frak tion mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der Landes regierung die Gelegenheit geben, das Versäumte nachzuho len.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Herrn Kultusminister Stoch.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst darf ich mich für die kleine Verspätung entschuldigen. Ich war beim Landesschulbeirat und bin in Lichtgeschwindigkeit hier hergeeilt. Ich bitte also vielmals um Verzeihung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, vor gut einem Monat haben wir uns hier in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung des Privatschulgesetzes befasst. Nach er folgter Beratung im Bildungsausschuss möchte ich Ihnen heu te noch einmal darlegen, warum ich dieses Gesetz für richtig und wichtig halte und es gerade für die Schulen in freier Trä gerschaft in Baden-Württemberg auch als großen Fortschritt betrachte.

Es ist der nächste konsequente Schritt zur Erreichung unseres Ziels, die Schulen in freier Trägerschaft mit einem Kostende ckungsgrad von mindestens 80 % der Kosten eines Schülers an einer öffentlichen Schule gemäß dem Bruttokostenmodell zu fördern.

Anders als die Vorgängerregierung haben wir unseren Worten auch Taten folgen lassen und in der laufenden Legislaturperi ode bereits zwei strukturelle Zuschusserhöhungen vorgenom men. Bei der ersten Zuschusserhöhung im Jahr 2012 hatten die zusätzlich bereitgestellten Mittel ein Volumen von 7,5 Mil lionen €. Die zweite Erhöhung im Jahr 2013 hatte ein Volu men von 6,7 Millionen € mit einer Jahreswirkung von rund 16 Millionen €. Bereits damit konnte ein Kostendeckungsgrad von mindestens 75,4 % erreicht werden, bei einzelnen Schul arten lag er sogar deutlich darüber.

Wie Sie sehen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, haben wir uns – das ist Inhalt des heute zu beschließenden Gesetzes – trotz angespannter Haushaltslage nicht gescheut, viel Geld in die Hand zu nehmen und in den dritten Erhöhungsschritt zu stecken, Geld, das in den Augen der Landesregierung und der

sie tragenden Fraktionen für die Finanzierung der Privatschu len sehr gut angelegt ist; denn wir sehen die Bedeutung der Privatschulen für die Schul- und Bildungslandschaft unseres Landes. Sie sind Teil des leistungsfähigen Bildungswesens Baden-Württembergs und bereichern das Bildungsangebot für Schülerinnen und Schüler.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Sie sind wichtige Impulsgeber, von denen auch das öffentli che Schulwesen profitieren kann. Deswegen ist für mich der Bereich der Schulen in freier Trägerschaft ein ganz wichtiger Innovationsmotor in unserer Bildungslandschaft. Deswegen bitte ich Sie, heute der dritten Zuschusserhöhung binnen drei Jahren zuzustimmen, mit der wir einen einheitlichen Kosten deckungsgrad von derzeit 78,7 % erreichen.

Mit der Novellierung des Privatschulgesetzes, über die wir heute abstimmen, sollen den Schulen in freier Trägerschaft rückwirkend zum August 2014 weitere Haushaltsmittel im Umfang von 6,7 Millionen € und in der Jahreswirkung ab 2015 von 16 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. Die se weitere beachtliche Zuschusserhöhung ist Kernstück der vorliegenden Gesetzesnovelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, wer anderes behauptet, der übersieht das Wesentliche. Kern des Gesetzentwurfs ist nicht der Abbau von bestehenden Dop pelfördertatbeständen – das ist aus Ihrer Sicht das Haar in der Suppe, das Sie immer wieder krampfhaft suchen –,

(Abg. Georg Wacker CDU: Aus Sicht der Privatschu len!)

sondern eine bessere finanzielle Ausstattung der Privatschu len. Setzt man die Streichung der kostenlosen Teilnahme an der zentralen Lehrerfortbildung und die weiteren abzubauen den Doppelfördertatbestände in Relation zu den Zuschusser höhungen in dieser Legislaturperiode, wird das deutlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Abschaffung der Doppelfördertatbestände sprechen wir über ein Finanzvo lumen von 150 000 € im Jahr bei einer Zuschusserhöhung in Höhe von 16 Millionen € pro Jahr. Wer diese beiden Zahlen nicht ins richtige Verhältnis setzen kann, der sollte Mathema tik Klassenstufe 1 belegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Es kann deswegen auch nicht überraschen, dass die Privat schulverbände im Rahmen des Anhörungsverfahrens die An hebung der Zuschüsse grundlegend begrüßt haben. Natürlich wurde an der Beseitigung der Doppelfördertatbestände Kritik geübt. Aber die Landesregierung will sich nicht über klare Hinweise des Rechnungshofs hinwegsetzen. Deswegen hal ten wir den Auftrag an dieser Stelle für richtig umgesetzt. Im Saldo werden die Schulen in freier Trägerschaft einen erheb lichen Zugewinn erzielen. Das ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft der freien Schulen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie auch ein mal auf Ihr widersprüchliches Verhalten hinweisen, das Sie schon im Bildungsausschuss und auch heute gezeigt haben.

Sie werfen uns vor, keine fairen Verhandlungen mit den Ver bänden geführt zu haben. Es wurden mehrfach Verhandlun gen geführt, und zwar auf Augenhöhe; die Redner der Koali tionsfraktionen haben das bereits mitgeteilt.

Wir haben einen Kompromiss gesucht, und wir haben die Sor gen der Schulen in freier Trägerschaft aufgenommen. Denn bei einer Umsetzung dessen, was der Rechnungshof im Hin blick auf die Versorgungsabgabe vorgeschlagen und angeregt hat, wäre es notwendig gewesen, sofort für alle Lehrkräfte an den Schulen in freier Trägerschaft die volle Versorgungsab gabe zu erheben. Das hätte aber für Schulen in freier Träger schaft, die sich in ihrem Kollegium überwiegend auf beur laubte Beamte stützen, teilweise sechsstellige Mehrbelastun gen pro Jahr bedeutet. Weil das für einzelne Schulen eine Existenzgefährdung hätte sein können, haben wir uns ent schlossen, hier in einem Stufenplan vorzugehen. Dabei waren wir aus Sicht der Landesregierung großzügig, indem wir ge sagt haben: Nur diejenigen Lehrkräfte, die zukünftig an die se Schulen kommen, werden von der Versorgungsabgabe er fasst, sodass sich die Schulen in den nächsten Jahren sehr gut darauf vorbereiten können, den Anteil der Versorgungsabga be in ihrer finanziellen Planung zu berücksichtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, endgültig absurd wird es, wenn Sie heute darlegen, dass Sie dem Gesetz letzt endlich doch zustimmen wollen. Wenn alles so schlecht wä re, wenn die Schulen in freier Trägerschaft in dieser Weise be lastet würden, wie Sie es heute behauptet haben, dann dürf ten Sie dem Gesetz schlicht und einfach nicht zustimmen. Dann müssen Sie sich auch die Frage gefallen lassen, warum die Schulen in freier Trägerschaft im Dezember vergangenen Jahres die Unterschrift geleistet haben. Die Antwort ist ganz einfach: weil sich die Finanzierungsbasis der Schulen in frei er Trägerschaft deutlich verbessert hat, seit die grün-rote Lan desregierung drei Zuschusserhöhungen vorgenommen hat. Et was anderes zu behaupten ist schlicht die Unwahrheit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie noch eine Frage des Herrn Abg. Wald?

Aber gern.

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Herzlichen Dank, Herr Minister. – Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die vier Zuschussarten ohne Ankündigung und nach geschlossener Vereinbarung mit den Privatschulverbänden am 18. Dezember 2013 einfach oh ne Rücksprache, ohne Dialog gestrichen worden sind? Die Schulen empfinden das als nicht fair. Wie bewerten Sie diese Tatsache?

Des Weiteren: Warum stimmen wir heute zu? Ganz einfach: weil wir wissen, dass wir diese Ungerechtigkeiten 2016 wie der ändern können.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Herr Kollege Wald, zum zweiten Teil Ihres Beitrags – eine Frage war es ja nicht – darf ich Ihnen sagen: Ich glaube, auf grund der in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen mit CDU-geführten Landesregierungen strotzt die Landschaft der Schulen in freier Trägerschaft im Hinblick auf potenzielle CDU-FDP/DVP-Regierungen geradezu vor Freude. Die Iro nie war deutlich, meine ich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was die Frage der Doppelfördertatbestände angeht, muss ich noch einmal erklä ren:

(Abg. Tobias Wald CDU: Nein!)

Die Verhandlungen mit den Schulen in freier Trägerschaft be zogen sich auf den wirklich finanziell relevanten Teil, näm lich auf die Frage einer Beteiligung an den Versorgungslas ten. Dieser Teil bedeutet für die Schulen in freier Trägerschaft tatsächlich eine gewisse Planungsnotwendigkeit und auch ei ne gewisse Belastung. Die Doppelfördertatbestände in Höhe von 150 000 € sind keine Überraschung; denn sie waren Ge genstand der Feststellungen des Rechnungshofs. Deswegen steht es Ihnen frei, aufgrund dieser angeblich nachträglich her vorgezogenen Beseitigung der Doppelfördertatbestände heu te nicht zuzustimmen. Aber ich glaube, in Summe werden Ih nen alle Schulen in freier Trägerschaft von einer unter der grün-roten Landesregierung deutlich verbesserten Finanzie rungsgrundlage berichten können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine wei teren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/5839. Abstimmungs grundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, Drucksache 15/5941. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Zu dem Gesetzentwurf liegen der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/6111-1, und der Ent schließungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/6111-2, vor. Beide Entschließungsanträge werde ich nach der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf zur Abstim mung stellen.