Protocol of the Session on November 12, 2014

(Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE: Meine Güte!)

Frau Abgeordnete, Sie sind sicherlich eine er fahrene Abgeordnete, seit drei Jahren in der Opposition tätig. Sie sind auch Sprecherin Ihres Arbeitskreises. Einen Antrag im Wissenschaftsausschuss kann die Wissenschaftsministerin nicht absetzen. Das hat sie auch nicht getan. Das macht schon der Ausschuss selbst. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich mei ne, Sie müssten verfahrenssicher genug sein, um mir so etwas nicht zu unterstellen. So etwas ginge gar nicht, und so etwas würde ich nie im Leben tun.

Jetzt noch einmal zurück zu der Frage: Was haben diese Ver anstaltungen gebracht? Wir haben offensichtlich unterschied liche Rückmeldungen bekommen. Es gehört in einer Demo kratie vielleicht dazu, dass man unterschiedliche Dinge hört oder heraushören will. Es war jedenfalls keine Fortbildungs veranstaltung für das Ministerium. Dafür waren viel zu viele Leute da. Es wäre schön, wenn ich so viele Mitarbeiter im Mi nisterium hätte und sie so oft zu einer Tagesveranstaltung ab stellen könnte.

Es war offenkundig ein großes Interesse an diesen Veranstal tungen vorhanden, sonst wären nicht jeweils zwischen 200 und 400 Personen gekommen, die einen ganzen Tag investiert haben, um verschiedene Fragen zu diskutieren. Solche Fra gen waren z. B., welche Rolle künftig die Pop- und die Welt musik spielen sollen, welche Bedeutung die Amateurmusik hat usw. Sie waren bei den meisten Veranstaltungen anwe send. Ich bin nicht unzufrieden mit dem Verlauf. Es hat ein anhaltend großes Interesse gegeben.

Lassen Sie mich, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, noch etwas zu dem Vorschlag sagen, der zusammen mit den Rektoren – nicht im Konsens, aber zusammen mit den Rek toren – vor einem Jahr als Antwort auf die Empfehlung des Rechnungshofs präsentiert wurde. Lassen Sie mich einfach noch einmal rekapitulieren, was da passiert war.

Wir standen vor der Situation, dass nach einem Jahrzehnt des ungeregelten Wachstums der Musikhochschulen – an den ver schiedenen Standorten unterschiedlich stark –, ohne ihnen zu sätzliche Ressourcen zu geben – das war die Ausgangslage; 1998 hatte die alte Regierung Zahlen festgelegt –, die Studi enqualität nicht besser wurde und übrigens auch die Situati on der Beschäftigten darunter gelitten hat. Wir standen also nach einem Jahrzehnt des ungezügelten, ungeregelten Expan dierens vor der Situation, dass der Rechnungshof gesagt hat: „Das geht so nicht weiter. Wir schlagen vor, den Rasenmäher einzusetzen und bei allen etwas zu kürzen. Wir nehmen die vermeintlich ökonomischsten Musikhochschulen, also die, die pro Student bzw. Studentin am wenigsten Geld zur Verfügung haben, als Maßstab für eine gute Musikhochschule.“ Das war der Weg, den der Rechnungshof vorgeschlagen hat. Das war die Bedrohung, wie es die Musikhochschulen auch selbst for muliert haben. Darauf brauchte es eine Antwort.

Die Antwort, die wir unter dem Slogan „Exzellentes Vollan gebot in Baden-Württemberg bei Profilierung der einzelnen Standorte“ gegeben haben, dieses Konzept ist in diesem Jahr der Debatten in vollem Umfang bestätigt worden. Genau die ses Konzept werden wir anwenden. Wir schauen auf die Qua litätsverbesserung. Wir wollen das Vollangebot im Land Ba den-Württemberg halten. Wir werden nicht an jedem Stand ort alles machen. Wir werden aber jeden Standort besser ma

chen, indem Stärken herausgearbeitet werden, ein Kernange bot garantiert wird und ansonsten arbeitsteiliger und synerge tischer gearbeitet wird – in dem Sinn, dass nicht alles fünfmal im Land vorgehalten werden muss.

Diese Devise ist die Antwort. Sie ist die Alternative zum un geregelten Wachstum und zu der vom Rechnungshof vorge schlagenen Kürzung nach der Rasenmähermethode. Dieses Modell hat sich in vollem Umfang durchgesetzt. Wir werden jetzt im Detail einige andere Facetten, einige andere Verfah ren erleben, die sich im Laufe des Jahres herausgestellt haben und mit denen ich außerordentlich zufrieden bin. Ich halte sie für tragfähig und für sinnvoll. Alle miteinander unterstreichen, dass die Devise, die Qualität in den Vordergrund zu stellen, richtig war. Qualitätssicherung an fünf Standorten ist nicht einfach. Dies geht nur, wenn man Profile, Leuchttürme, Un terschiede herausarbeitet und nicht an allen Standorten alles macht. Nach dieser Devise wird das Konzept nächste Woche auch präsentiert werden.

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Kern das Wort.

Frau Ministerin, teilen Sie die Auffassung, dass es im Nachhinein betrachtet richtig war, sei nerzeit nicht dem Rechnungshofvorschlag zu folgen, diese re lativ gleichmäßige Kürzung bzw. Rückführung durchzufüh ren, sondern stattdessen die Qualität der Lehre und des Ange bots in den Musikhochschulen, den Bedarf und dergleichen abzuprüfen, zu untersuchen und jetzt, zu den Haushaltsbera tungen hin, eine Lösung vorzuschlagen? Würden Sie unter schreiben, dass dies der richtige Weg gewesen ist?

Vielen Dank. – In der Tat glaube ich, wie bereits angedeutet, dass es richtig war, dem Rechnungshof in diesem Punkt eine sehr dezidierte Absage zu erteilen. Denn der Vor schlag des Rechnungshofs war qualitätsgefährdend.

Die Qualität war bereits durch dieses Jahrzehnt des Wachs tums ohne zusätzliche Finanzen bedroht. Wir haben nun in vielen Debatten gemeinsam eine Konzeption erarbeitet, die auf Differenzierung setzt. Diese Differenzierung sieht auch Bestandssicherung vor, sodass keine Debatte darüber auf kommt, welcher Standort überlebensfähig ist. Bestandssiche rung, Differenzierung, das Ausarbeiten der Stärken und eine stärkere Arbeitsteilung, das ist die richtige Antwort. Sie ist notwendig, um die Musikhochschulen in eine gute Zukunft zu führen.

Darüber hinaus haben wir in der Tat noch ein paar Felder ent deckt, bei denen wir sagen: Hier muss in Zukunft wirklich mehr gemacht werden. Wir müssen verstärkt Zukunftsaufga ben in den Blick nehmen. Auch dies muss gestemmt werden.

Für die SPD-Fraktion er teile ich Frau Abg. Heberer das Wort.

Frau Ministerin, ich habe noch ei ne Frage zu dem Prozess. Am Anfang, am Ausgangspunkt der ganzen Unternehmung, gab es recht unterschiedliche Stand punkte aufseiten der fünf Rektoren. Wie bewerten Sie den Pro zess mit Blick auf die fünf Hochschulrektorinnen und -rekto ren? Gibt es hier gemeinsame Nenner? Besteht die Aussicht,

dass sich das Land sicher sein kann, dass man in der musika lischen Ausbildung an einem Strang zieht und sich gegensei tig befruchtet? Wie bewerten Sie dies? Sie haben ja immer wieder sehr eng mit den Rektoren zusammengearbeitet.

In der Tat gab es eine Phase, in der die Bezie hung der Rektoren untereinander sehr strapaziert war.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Ich glaube, dass diese Zeit überwunden ist. Die Rektorinnen und Rektoren sind in einem engen Gespräch miteinander. Da besteht auch heute nicht überall Konsens. Es wäre auch merk würdig, wenn man in allen Punkten übereinstimmen würde. Es ist aber nicht so etwas wie eine Lagerbildung zu erkennen. Man redet vielmehr in der Sache miteinander. Der Bereich der gemeinsamen Einschätzung ist tragfähig, ist weit genug, um miteinander in eine gute Zukunft zu gehen.

Denn dieses Konzept der Differenzierung funktioniert nur dann, wenn man kooperiert. Die Frage, welche Fächer, wel che Spezialisierung man im Land nur noch einmal bzw. zwei mal anbietet, bedeutet, dass man immer miteinander im Ge spräch bleiben muss. Man muss schauen, dass das Vollange bot im Land gewährleistet ist. Es kann also z. B. nicht jeder an derselben Stelle sagen: Wir schenken uns das Fach Harfe. Deswegen muss die Kooperationsfähigkeit notwendigerwei se hinzukommen, wenn wir auf ein Konzept der Differenzie rung und der Arbeitsteilung setzen. Mein Eindruck ist, dass die Rektoren das sehr gut hinbekommen. Der Gesprächskon takt ist eng genug. Auch bei aller Anstrengung, die das in Zu kunft bedeutet, werden wir diesen Prozess miteinander wei ter voranbringen.

Ich kann schon einmal sagen, dass wir nächste Woche nicht am Endpunkt einer Debatte ankommen werden. Wir werden vielmehr definieren, in welchem Rahmen und mit welchen Leitplanken der weitere Entwicklungsprozess stattfinden soll.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Kurtz das Wort.

Frau Ministerin, könnten Sie hier bei der Frage hinsichtlich der Musiklehrer für Klarheit sor gen? Denn in der Presse ist ziemlich uneindeutig darüber spe kuliert worden. Wird es denn jetzt an allen Standorten eine Musiklehrerausbildung geben, oder sprechen Sie nur ein grund sätzliches Angebot aus und behalten sich vor, später zu ent scheiden, welcher Standort den Zuschlag für die Schulmu sikausbildung bekommt, je nachdem, ob dann verschiedene Bedingungen, die Sie noch stellen werden, erfüllt werden?

In der Zeitung war in der Tat nachzulesen, dass Schulmusikausbildung grundsätzlich, so wie heute schon, an jedem Standort angeboten werden kann. Der Studiengang kann überall angeboten werden, sofern eine Konzeption vor liegt, die belegt, dass die Reform der Lehrerbildung, die sich gerade in der Umsetzung befindet, jeweils vor Ort abgebildet und umgesetzt werden kann.

Es ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit, dass diese Vo raussetzungen erfüllt sein müssen. Dafür brauchen wir noch

ein wenig Zeit. Die Reform der Lehrerbildung wird gerade erst ausbuchstabiert. Dies ist auch keine harmlose Ansage. Für Musikhochschulen ist es gar nicht einfach, diese Reform um zusetzen. Deswegen werden sie auch die nötige Zeit bekom men, um diese Konzeption zu erarbeiten. Dann sieht man wei ter.

Herzlichen Dank. – Es liegen keine weiteren Fragen vor. Dieses Thema ist damit be endet.

Ich rufe das zweite Thema auf. Es wurde von der Fraktion GRÜNE angemeldet.

Ö P N V - P a k t f ü r d i e R e g i o n S t u t t g a r t

Ich erteile Herrn Abg. Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir haben das Thema „ÖPNV-Pakt für die Region Stuttgart“ für die Regierungsbefragung ange meldet.

Wir haben vernommen, dass das Kabinett gestern hierzu ei nen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat. Herr Minister, uns würde interessieren, welche Sonderrolle die Region Stutt gart im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs einnimmt und wie Sie sich hier engagieren. Denn wir sehen die Notwendig keit, die Verkehrsprobleme in der Region Stuttgart zu lösen und dabei auf einen starken öffentlichen Nahverkehr zu set zen. Mich würde interessieren, welche konkreten Verbesse rungen für die Fahrgäste zu erwarten sind.

Herzlichen Dank. – Für die Landesregierung darf ich Herrn Minister Hermann an das Rednerpult bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat gestern einen Gesetzentwurf verabschiedet, der nun ins parlamentarische Verfahren geht. Im Wesentlichen beinhaltet er die Absprachen, die Verständi gung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Landeshauptstadt und den Landkreisen in dieser Region.

Wie Sie vielleicht verfolgt haben, haben wir damit einen lang jährigen Streit beendet. Es gab eine Auseinandersetzung dar über, wer eigentlich für bestimmte Verkehrsfragen in dieser Region zuständig ist. Wie Sie wissen, ist der Verband Region Stuttgart – dieser verfügt übrigens über ein Parlament – als besondere Einrichtung im Land gegründet worden, um die Verkehrsprobleme in der Region besser zu lösen. Der Verband Region Stuttgart ist zuständig für die S-Bahn. Für die Busse sind aber nach wie vor die kommunalen Aufgabenträger zu ständig. Im Zuge der rechtlichen Änderungen durch die Eu ropäische Union, die es notwendig machen, eine allgemeine Vorschrift zu erlassen, wenn es Tarife gibt, die angewendet werden sollen und die ausgeglichen werden müssen, kam es zu einem Streit zwischen dem Verband Region Stuttgart, der dies für sich beansprucht hat, und den Landkreisen, die dies als ihr Recht angesehen haben.

Mein Ansatz für diese Gespräche und diesen Kompromiss war, dass es doch eigentlich um die Fahrgäste geht. Es geht doch darum, dass wir Staus in der Region abbauen. Wie muss

eigentlich ein Konzept aussehen, um den Verkehr in dieser Region nachhaltig besser zu gestalten?

Auch die Frage, ob es eine besondere Region ist, ist berech tigt. Ja, es ist eine besondere Region, weil sie natürlich hoch gradig verdichtet ist, weil es sehr viel Verkehr und auch viel Pendlerverkehr in dieser Region gibt, was viele Staus verur sacht.

Aus genau diesen Gründen haben wir an dem alten Gesetz weitergearbeitet und uns gefragt, wie wir den Verband Regi on Stuttgart stärken, ein besseres Angebot in der Region vor halten und gleichzeitig die Kompetenzen der Landkreise be wahren können.

Herausgekommen ist ein Konzept der Verständigung. Die Landkreise bemühen sich, ihre Busverkehre in den nächsten Jahren so mit der S-Bahn zu vertakten, dass es funktioniert. Bisher war es so, dass die Landkreise in Randbereichen nicht angedient haben – jedenfalls nicht in dem Takt, in dem die SBahn etwa am Wochenende oder abends zu späten Stunden angekommen ist. Jetzt haben die Landkreise zugesagt, dies in den kommenden Jahren einzurichten.

Dem Verband wiederum wurde die zusätzliche Kompetenz eingeräumt, sogenannte Expressbuslinien einrichten zu kön nen. Was sind das für Buslinien? Sie dürfen den vorhandenen Busverkehrslinien keine Konkurrenz machen, die im kommu nalen Bereich an jeder Haltestelle halten. Expressbuslinien sind vielmehr eine Art S-Bahn auf der Straße, und zwar dort, wo es keine S-Bahn gibt. Das ist wichtig: Sie verkehren dort, wo es keine S-Bahn gibt.

In Stuttgart läuft das gesamte S-Bahn-System sternförmig auf den Hauptbahnhof zu. Es gibt in der Region allerdings auch viele Verkehre, die tangential ablaufen. Denken Sie beispiels weise an die Relation Leonberg–Vaihingen–Flughafen. Die se Strecke ist mit dem ÖPNV schwer und mit der S-Bahn so gar sehr schwer zu bewältigen. Sie müssten erst in die Stadt hineinfahren und dann aus der Stadt herausfahren. Es gibt vie le solcher Relationen. Für diese tangentialen Linien, die auch Kreisgrenzen überschreiten, hat der Verband nun die Kompe tenz bekommen, Expressbuslinien einzurichten, die nur an großen Umsteigestellen und Mittelzentren halten und schnel ler als ein normaler Stadtbus fahren.

Für die Fahrgäste ist das natürlich ein neues Angebot. Sie kommen direkter z. B. zum Flughafen oder – jetzt nehme ich eine Tangente als Beispiel – von Fellbach nach Ludwigsburg. Es gibt also verschiedene Strecken, die die Fahrgäste damit schneller bewältigen können.

Darüber hinaus wollen wir die in Spitzenzeiten überlasteten S-Bahnen durch die Busse ein Stück weit entlasten.

Letzter Punkt: Es geht nicht nur um den ÖPNV. Der Verband Region Stuttgart hat zusätzlich die Kompetenz bekommen, den Umsteigeverkehr, das Vernetzen der verschiedenen Ver kehrsarten zu organisieren und zu koordinieren, beispielswei se die Park-and-Ride-Plätze in der Region zu bewirtschaften.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Vielen Dank. – Sehr ge ehrter Herr Minister, ich habe eine Frage zum ÖPNV-Pakt. Es ist in der Zielsetzung vorgesehen, dass etwa 20 % mehr Fahr gäste den ÖPNV nutzen sollen. Wir alle wissen allerdings, wie voll schon heute die S-Bahnen und Busse sind. Ist dieses Ziel mit den angedachten Maßnahmen – Stichwort Expressbusse – zu erreichen?

Sie haben auch gesagt, dass Mindeststandards definiert wer den. Das ist eine neue Form. Das heißt, es könnte auch sein, dass das Land die Standards in Zukunft reduziert, sodass man die Kommunen stärker zur Kasse bitten könnte. Was können wir uns unter einer Definition der Standards vorstellen?

Eine Antwort auf diese Frage ist für die Kommunen und Krei se, die derzeit sehr mit den Sozialausgaben zu kämpfen ha ben, sehr wichtig. Schließlich befürchten sie, dass neue Kos ten auf sie zukommen könnten, wenn die Standards jetzt mög licherweise neu definiert werden.