Protocol of the Session on November 5, 2014

vor Journalisten und vor Kommissionsmitgliedern, dass der Vorsitzende anschließend zurücktreten muss und sich der Ab geordnete ebenfalls aus dem Gremium zurückzieht.

So weit, so gut. Man könnte meinen, so weit reicht das ge meinsame Gefühl für Recht und Anstand noch, wenn nicht al les nur taktisch bestimmt war.

Dann aber stellt sich heraus, dass hinter den beiden ein Draht zieher stand, dass hinter den Lügen ein Drahtzieher stand, dass es eine Anleitung – –

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

Sie können die Aufforderung, eine Lügengeschichte zu er zählen, in der Zeitung lesen. Da geht es auch nicht um Halb wahrheiten, sondern das war schlicht und einfach die Auffor derung, eine Lügengeschichte zu erzählen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Dieser Drahtzieher – bisher ohne Sitz in einschlägigen Gre mien – soll jetzt in den neuen Untersuchungsausschuss. Mei ne Damen und Herren, das ist eine Provokation.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf von der CDU: Genau!)

Jetzt kann man sich fragen: Welche Einstellung steckt hinter einer solchen Provokation? Die Antwort ist ganz einfach: Es ist die gleiche Einstellung, die die ganze Gutachtenaffäre prägt

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Es gibt keine Gut achtenaffäre!)

und die jetzt in gewisser Weise in dieser letzten Aktion gip felt. Ich möchte sie so umschreiben: „Was beliebt, ist auch er laubt.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Wir sind das Gesetz.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wenn andere schlimme Dinge tun, dann sind das schlimme Dinge. Wenn wir sie tun, ist das alles erklärbar und entschuld bar.“

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

„Wir legen hohe Maßstäbe an“ – so Frau Sitzmann gestern. „Wir legen hohe Maßstäbe an“ – aber eben nur an die ande ren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Joa chim Kößler CDU: An die anderen!)

An die Adresse der Grünen gerichtet: Wenn Sie mit dieser Ein stellung durchkommen, dann könnte man den Glauben an die Politik verlieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bravo! – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Aber es bleibt ein Rest Optimismus, auch weil Ihnen jetzt zum ersten Mal ein bisschen der Wind der öffentlichen Meinung ins Gesicht bläst. Deswegen habe ich noch Hoffnung. Ich ha be die Hoffnung, dass schließlich klar wird: Auch für die grü nen Freunde der doppelten Moral darf nicht alles erlaubt sein, was beliebt, meine Damen und Herren.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bravo!)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kom men deshalb zur Abstimmung über den interfraktionellen An trag Drucksache 15/6049.

Ein Geschäftsordnungsantrag, bitte schön, Herr Kollege Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt über die Ein setzung des Untersuchungsausschusses abzustimmen. Es ist deutlich geworden: In allen vier Fraktionen herrscht großer Konsens, dass der Untersuchungsausschuss eingesetzt wer den soll und dass der Einsetzungsauftrag im Sinne aller Frak tionen gefasst sein soll.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Was aber nicht im Sinne aller Fraktionen ist, das sind die Per sonalvorschläge.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Geschäftsordnung, Herr Kollege!)

Es ist, glaube ich, auch deutlich geworden, dass die vier Frak tionen unterschiedliche Auffassungen zu diesen Personalvor schlägen haben.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Deshalb lehnen wir es ab, in einem gemeinsamen Vorschlag nun die Personalvorschläge der Grünen durchzuwinken.

Wir beantragen daher eine geheime Abstimmung über die Per sonalvorschläge.

(Zuruf: Sehr gut!)

Wir beantragen auch, dass über jeden einzeln geheim abge stimmt wird. Denn wir wollen wissen, was die wahre Mei nung der Abgeordneten zu diesen Personen ist.

Wir haben von der Landtagsverwaltung die Auskunft bekom men, dass § 97 a der Geschäftsordnung keine ausdrückliche Regelung hierfür vorsehe und man daher vorschlage, hilfs weise § 96 der Geschäftsordnung heranzuziehen. § 96 der Ge schäftsordnung regelt aber die Abstimmung über Sachanträ ge. Aus Sicht unserer Fraktion besagen die Bestimmungen der Geschäftsordnung und des Untersuchungsausschussgesetzes keineswegs, dass das Verfahren bei der Abstimmung über Sachanträge bzw. über Teile von Sachanträgen auf das Ver fahren bei der Wahl von Mitgliedern eines Untersuchungsaus schusses zu übertragen sei.

§ 33 der Geschäftsordnung verweist hinsichtlich der Einset zung des Untersuchungsausschusses auf die Regelungen des Untersuchungsausschussgesetzes. Wenn dort nichts geregelt ist, greift wiederum die Geschäftsordnung. § 4 Absatz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes schreibt nur vor, dass die Mitglieder aufgrund der Vorschläge der Fraktionen gewählt werden und jede Fraktion entsprechend ihrer Stärke mit min destens einem Mitglied vertreten sein muss.

Hinsichtlich des Wahlverfahrens muss § 97 a der Geschäfts ordnung Anwendung finden, wo bestimmt wird, dass bei Wah len geheime Abstimmung stattfindet. Durch Handzeichen kann nur abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter wider spricht – was hier nicht der Fall ist. Hieraus geht nur hervor, dass eine Fraktion ein Vorschlagsrecht bezüglich einer be stimmten Zahl von Mitgliedern im Untersuchungsausschuss hat, aber kein Recht, dass der Vorschlag in genau dieser Zu sammensetzung gewählt wird.

Unabhängig davon ist die FDP/DVP-Fraktion der Auffassung, dass eine Übertragung des Verfahrens bei der Abstimmung über Sachanträge bzw. über Teile von Sachanträgen auf das Verfahren bei der Wahl von Mitgliedern eines Untersuchungs ausschusses nicht gerechtfertigt ist.

Da wir aufgrund der geschilderten Rechtslage der Ansicht sind, dass es sich bei der Einzelwahl um ein Abgeordneten recht des Landtags von Baden-Württemberg handelt und die ses Recht den im Landtag vertretenen Fraktionen zusteht, be halten wir uns für den Fall, dass unserer Rechtsauffassung nicht gefolgt wird, eine Klärung vor dem Staatsgerichtshof vor.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort zur Geschäfts ordnung darf ich Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei erteilen.

Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion bezieht sich auf die dargestellte Position der Verwaltung. Ich will an dieser Stelle aber insbesondere auch grundsätzliche politische Erwägungen hervorheben, wa rum wir den Vorschlag auf Einzelabstimmung ablehnen.

(Oh-Rufe von der CDU)

Es handelt sich um die autonome Entscheidung einer Frakti on. Dies steht für uns ganz oben. Hier hat jede Fraktion ihre Verantwortung, die sie auch wahrnimmt. Daher kann es un seres Erachtens nur um eine Abstimmung im Sinne einer An nahme oder einer Ablehnung eines Gesamtvorschlags gehen. Die SPD lehnt daher diesen Teil des Antrags der FDP/DVP ab.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort zur Geschäfts ordnung erteile ich Herrn Abg. Schwarz für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Fraktionen sind – abgeleitet aus Artikel 21 des Grundgesetzes – eigenständige verfassungsju ristische Personen. Sie haben das Recht, ihre Angelegenhei

ten selbst zu regeln. Dazu gehört auch, dass die Fraktionen selbst darüber entscheiden, welche Personen sie in Gremien entsenden.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Diese Befugnis der Fraktionen ist verfassungsrechtlich ganz klar abgesichert. Sie können das auch gern nachlesen. Ähn lich hatte auch schon Professor Kirchhof in einem Gutachten aus dem Jahr 2001 argumentiert.