Protocol of the Session on October 16, 2014

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Frau Öney hat im Grunde drei Aufgabenfelder beschrieben: zum Ersten die Aufnahme, zum Zweiten die längerfristige Perspektive der Flüchtlinge und zum Dritten die Lastenverteilung.

Was das erste Aufgabenfeld anbelangt – da kann ich dem Kol legen Mack nur recht geben –, hätten wir uns mehr konkrete Aussagen gewünscht. Es blieb vieles im Ungefähren. Ich darf nur eines zitieren: „... Mannheim, wenn möglich, sogar noch früher.“ Frau Öney, das reicht natürlich nicht als Perspektive einer verantwortlichen Ministerin. Wir würden uns wünschen, dass Sie da relativ rasch zu konkreteren Aussagen gelangen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Zum zweiten Aufgabenfeld, der längerfristigen Perspektive: Ja, es ist gut, dass es zu dieser Dreimonatsregelung kam. Ich will auch von dieser Stelle aus ausdrücklich würdigen, dass Herr Ministerpräsident Kretschmann dieser Dreimonatsrege lung in einem Paket im Bundesrat zugestimmt hat. Frau Öney, dafür wurde er nicht nur vom Ministerpräsidenten von Schles wig-Holstein kritisiert, sondern auch von einigen durchaus be kannten Grünen.

Aber es stellt sich die Frage – und die haben Sie wiederum umgangen –: Wenn wir einerseits – das wollen wir, und dafür sind wir auch der Wirtschaft dankbar – eine möglichst rasche Integration derjenigen, die bleiben können, und auch deren Integration auf dem Arbeitsmarkt wollen, was ist dann ande rerseits mit der Abschiebung? Welche Positionen dazu tragen Sie für das Land Baden-Württemberg an den Bund heran?

Das dritte Aufgabenfeld ist die Lastenverteilung. Sie haben gesagt, das wollen Sie im Konsens, in Verhandlungen mit den Kreisen lösen. Das ist gut und nachvollziehbar. Aber auch da hätten wir gern eine zeitliche Perspektive. Wann setzen Sie sich mit den Kreisen zusammen, und wann ist mit einer Lö sung zu rechnen?

Abschließend, Herr Kollege Schmiedel: Es hat mich wirklich beeindruckt, dass Sie über die Urlaubsplanung von allen ba den-württembergischen Landräten so gut Bescheid wissen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur von einem! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Alles im Blick haben!)

Nur von einem, okay.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was heißt „von allen“?)

Aber, Herr Kollege Schmiedel, wir wollen doch dem Esslin ger Landrat vier Wochen Jahresurlaub gönnen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein bisschen mehr schon!)

Es gibt Kabinettsmitglieder, die noch eine Woche länger in Urlaub gehen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP und der CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Öney.

Vielleicht fange ich einmal mit dem Letzten an, nämlich mit dem Thema Ur laubsplanung. Es war in der Tat so, dass mich der Landrat Eininger um einen Termin gebeten hat. Ich habe ihm auch um gehend einen Termin angeboten. Die Ansage aus seinem Se kretariat lautete dann, dass er diesen Termin nicht nutzen kön ne, sondern erst vier Wochen danach, nach seinem Urlaub, Zeit habe.

Aber ich habe ihn ins Ministerium eingeladen, wir haben auch miteinander gesprochen, und wir haben versucht, uns zu eini gen. Ich habe ihm klargemacht, dass ich gern bereit bin zu hel fen, so gut ich kann. Aber wir müssen das eben in Solidarität und in Zusammenarbeit mit den anderen Landräten tun; denn es kann nicht sein, dass der Landkreis Esslingen keine Flücht linge aufnimmt und die anderen dafür die Lasten tragen müs sen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Richtig!)

Herr Mack, Sie hatten eine Frage zum tragfähigen Konzept bzw. hatten darauf verwiesen, dass Sie im Jahr 2013 ein trag fähiges Konzept angemahnt haben. Sie haben sich dann selbst zitiert und erklärt, dass Sie das Konzept zum Ausgleich der Kosten zwischen Land und Kommunen angemahnt haben. Wir haben ja auch umgehend eine Arbeitsgruppe ins Leben geru fen, um diese Pauschalen auszurechnen. Wir haben die Pau schalenrevision vorgezogen. Also genau das, was Sie gefor dert haben, haben wir gemacht.

Was die Kostensteigerung angeht, ist es so, dass die neuen Standards laut Flüchtlingsaufnahmegesetz erst ab 2016 gel ten sollen. Es ist nicht so, dass diese Standards jetzt in vollem Umfang erfüllt werden müssten; teilweise können wir selbst sie auch nicht erfüllen. Die Veränderung wird aber mit mehr Kosten verbunden sein. Deswegen gehe auch ich davon aus, dass die Pauschalen steigen werden. Die Frage ist nur, ob wir die Anteile erhöhen oder die gesamte Pauschale erhöhen. All das wird zu diskutieren sein.

Jetzt zu den Landeserstaufnahmeeinrichtungen: Ich habe auch gesagt, dass neben Karlsruhe mindestens vier Landeserstauf nahmeeinrichtungen noch einzurichten sind. Wir haben uns vorgenommen, das nicht gegen den Willen der Kommunen zu machen, sondern wir haben gesagt: Wir gehen in die Bürger versammlung, wir machen es in Zusammenarbeit mit den Kommunen, damit es eben keinen Widerstand gibt. Dieser Prozess dauert einfach auch seine Zeit. Deshalb hat das einen langen Vorlauf gebraucht. Aber diese Zeit haben wir uns ge nommen, und sie war nicht umsonst. Das zeigt uns auch das Ergebnis.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie waren ja in Ellwangen auch direkt vor Ort und haben ge sehen, dass die Bürger bereit sind, sich dafür zu engagieren, und auch bereit sind, das mitzutragen. Voraussetzung ist na türlich, dass man Transparenz schafft, dass man erklärt, wor um es geht, wie lange es sein wird, was das Land tun wird und was das Land der Kommune an Ausgleichszahlungen gewäh ren wird.

Dann haben Sie die Bezirksstellen angesprochen. Die Frage ist natürlich: Warum hat die CDU, wenn diese Bezirksstellen so gut waren, sie dann wieder aufgelöst? Die hätten Sie ja auch beibehalten können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜ NE)

Natürlich könnte ich Sie auch fragen: Warum haben Sie uns Ellwangen nicht vorher schon angeboten, Herr Mack? Aber das ist eine andere Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mack?

Sehr gern.

(Abg. Walter Heiler SPD: Herr Mack, Vorsicht! Ei gentor!)

Frau Ministerin, ist Ihnen be kannt, dass die Flüchtlingszahlen nach den Neunzigerjahren zunächst zurückgegangen sind? Es gibt inzwischen jedoch völlig veränderte Flüchtlingszahlen, und deshalb muss man auch das Konzept ändern. Nachdem wir wissen, dass die Flüchtlingszahlen seit mehreren Jahren wieder steigen, ist es doch auch logisch, dass man wieder ein entsprechendes Kon zept anwendet.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist denn das für ein Quatsch? – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Das ist kein Quatsch! Das ist Realität!)

Sind Sie denn nicht bereit, anzuerkennen, dass man jetzt ein fach schnell Antworten finden muss und dass man in dieser Frage nicht abwarten kann?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wir sind doch dabei!)

Sehen Sie nicht die Zweidrittelmehrheit hier im Landtag, die sich für Bezirksstellen für Asyl ausspricht? Kann es sein, dass das Problem nur noch bei den Grünen liegt, die da einfach noch eine gewisse Blockadehaltung einnehmen?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Was wir alles blockieren sollen! So viele Stunden hat der Tag nicht!)

Sie haben natür lich recht: Das hat mit den Zahlen zu tun. Deswegen komme ich zum letzten und allerwichtigsten Punkt: Alle Bundeslän der stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Wir können es nicht allein lösen. Das Allerwichtigste ist, dass die Fluchtur sachen bekämpft werden. Die Fluchtursachen liegen im Ter rorismus, auch im islamistischen Terrorismus, und der gehört bekämpft, genauso wie die Ursachen für Armut,

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Hunger und anderes. Da ist die Frage – ich wiederhole diese Frage noch einmal –: Was ist die Bundesregierung gewillt zu tun, um sich im Kampf gegen Terrorismus und im Kampf ge gen die weiteren Fluchtursachen einzubringen?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Diese Frage muss die Bundesregierung beantworten, weil wir im Land allein wenig Möglichkeiten haben – aber das hat Claus Schmiedel bereits ausgeführt – und keine Boote an die Außengrenzen Europas schicken können. Das ist eine Frage, die auch auf europäischer Ebene geklärt werden muss. Da muss sich auch der Bund ein bisschen stärker engagieren als bisher.

Herzlichen Dank.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage bzw. eine Nachfrage der Kollegin Schütz?

Gern.

Frau Ministerin, Sie haben ge fragt, warum Ellwangen nicht schon früher angeboten wurde. Ist Ihnen bekannt, dass wir bereits im März 2012 im Antrag

Drucksache 15/1414 die Frage aufgeworfen haben, inwieweit man frei werdende Kasernen verwenden könnte?

Ferner haben wir damals auch danach gefragt, wie die Finan zierung ausgestattet werden könnte, die im Moment über die Kreise läuft.

In diesem Antrag wurde also auf die Situation, über die wir heute reden, hingewiesen. Damals hieß es, es sei eine Arbeits gruppe eingerichtet worden; Ergebnisse lägen noch nicht vor.

Die Probleme waren also vorhersehbar. Warum wurde nicht schon damals gehandelt und ein Masterplan für die nächsten fünf Jahre erstellt? Schon damals war eine steigende Zahl von Asylbewerbern zu verzeichnen und die Entwicklung voraus sehbar.

(Beifall bei der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜ NE: Quatsch!)