Es wurden auch die Netze als eine ganz wichtige Vorausset zung angesprochen. Ich will die Ausführungen nur um einen Aspekt ergänzen. Die Versorgung der ländlichen Räume ist ganz wichtig, aber auch in den Städten ist etwas zu tun.
Der Ministerpräsident hat die Bedeutung von Hochleistungs rechnern angesprochen, die ausgebaut werden sollen. Wir sind absolut dafür. Es gibt bei uns aber ein Zugangsproblem für die mittelständische Wirtschaft.
Ich will ein Beispiel nennen: In Stuttgart gibt es ein Unterneh men namens M.A.R.K. 13, das sich mit digitaler Filmbearbei tung befasst; es hat 60 Beschäftigte und ist aus Kanada über gesiedelt. Sie konnten die Produktion von „Biene Maja“ – üb rigens ein 20-Millionen-€-Projekt, also ein ziemlich bedeu tendes Projekt – erst durch die Nutzung des Hochleistungs rechners der Uni Stuttgart fertigstellen. Der Transport der Da tenträger erfolgte aber über die Straßenbahn, im Aktentäsch le, weil es nicht möglich war, über ein Netz zum Hochleis tungsrechner zu kommen. Die großen Konzerne in Stuttgart, die den Hochleistungsrechner nutzen, haben ihre eigene Lei tung, haben das Geld dafür. Ein Mittelständler kann sich das nicht leisten.
Dafür gibt es aber keine geregelte Zuständigkeit. Wer ist da für zuständig? Ist das eine Landesaufgabe? Ist das eine kom munale Aufgabe? Soll sich der Wirtschaftsförderer darum kümmern? Sollen sich die Stadtwerke oder soll sich das Tief bauamt darum kümmern?
Wir müssen also – das deutet darauf hin – das Netzwerk de rer, die sich damit beschäftigen – von „Gesprächskränzle“, Herr Wolf, würde ich da nicht sprechen –, auch die Kommu nen mit einbeziehen. Sie sind vor Ort wichtige Akteure auch bei der Frage: Wie eröffnen wir dem Mittelstand einen Zu gang zum Hochleistungsrechner? Ich würde mir wünschen, dass man beispielsweise auch die Filmakademie, das Film- und Medienzentrum an den Hochleistungsrechner anschließt. Das ist jetzt Zufall, dass es in Ludwigsburg ist.
Das gilt aber auch für Karlsruhe. Dort gibt es ähnliche Prob leme für den Mittelstand, an den Hochleistungsrechner her anzukommen. Das ist auch eine Frage der Standortqualität. Wenn mindestens in bestimmten Regionen gewährleistet ist, dass jemand, der sich niederlässt, garantiert einen Zugang er hält, ist das ein ganz wichtiges Fundament für die Standort qualität für Unternehmen.
Deshalb bitte ich neben der Ausdehnung in die Fläche auch ein Auge darauf zu haben, dass in den Zentren nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch die Unternehmen der mit telständischen Industrie angeschlossen werden.
Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass natürlich gute Rahmenbedingungen notwendig sind. Aber diese Rahmenbe dingungen ersetzen nicht das, was auch Sie, Herr Minister präsident, angesprochen haben: Wir brauchen einen neuen Gründergeist. Wir brauchen ein neues Gefühl dafür, dass gro ße Organisationen, große Wirtschaftseinheiten nicht vom Himmel fallen, sondern, wie viele Beispiele aus den USA zei gen, häufig aus ganz kleinen Einheiten entstehen. Deshalb brauchen wir eine neue Stimmung, und deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass es dieses Wagniskapital gibt und dass wir alles tun, damit auch an den Universitäten bzw. Hochschulen dieses Klima gepflegt wird.
Wenn es darum geht, den Mittelstand, die kleinen und mittle ren Maschinenbaubetriebe dafür zu begeistern, ist einerseits die Sicherheitsfrage relevant, aber andererseits auch die Fra ge, wer es bezahlt, wenn man nicht genau weiß, in welche Richtung es am Ende eigentlich geht.
Deshalb, Frau Ministerin Bauer, unterstützen wir sehr die In itiative der Hochschulen, zusammen mit dem Fraunhofer-In stitut Forschungsplattformen einzurichten, an denen Maschi nenbauer, Elektrotechniker und Informatiker zusammen an Projekten für die mittelständische Wirtschaft arbeiten und dort promovieren können, um so einen leichten Zugang für die mit telständische Wirtschaft zu haben, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Bosch stellt kurzerhand 600 Ingenieure für dieses Thema ein – kein Problem; das gilt auch für die an deren großen Unternehmen –, aber für die kleinen Betriebe müssen wir aufbauend auf der Flächenstärke, die wir mit den Hochschulen im Land haben, Forschungsplattformen schaf fen, bei denen sie wirklich in der Lage sind, mit bescheidenen Mitteln die Schritte zu tun, die getan werden müssen, damit sie am Ball bleiben können, wenn sie weiterhin weltweit er folgreich sein wollen.
Herr Wolf hat noch gesagt, das sei alles noch ein bisschen we nig und sei Stückwerk. Ich habe mir einmal herausgeschrieben, was allein das Wirtschaftsministerium macht: Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg, IT-Sicherheitsagentur, „House of IT“, Forschungsfabrik „Campus Ost“, Strukturstudie „Industrie 4.0 für Baden-Württemberg“, „Virtual Fort Knox“, Forschungs campus ARENA 2036, Web-Kompetenzatlas, Maschinenbau dialog. Die Aufzählung ist sicher nicht vollständig.
Angesichts dessen, Herr Wolf, kann sicherlich nicht von an gezogener Handbremse gesprochen werden. Das ist High speed.
Sie haben den Kollegen Oettinger noch einmal ins Spiel ge bracht. Er kommt übrigens nicht wegen der Digitalisierung nach Stuttgart, sondern er kommt nach Ludwigsburg, um den 1. Tanzclub Ludwigsburg zu prämieren.
Heute habe ich in der „Ludwigsburger Kreiszeitung“ auf der ersten Seite gelesen: „Günther Oettinger fordert einen digita len Masterplan für Europa.“ Wow! Da war ich doch etwas ir ritiert. Denn ich wähnte ihn dann plötzlich in Ihren Oppositi onsreihen, wo man so etwas üblicherweise fordert. Er regiert doch aber.
Er ist doch der zuständige Kommissar. Er braucht es nicht zu fordern, sondern er soll es einfach nur machen.
Deshalb sage ich – wir nehmen ja an, er wird es; also kann er ankündigen, dass er das macht; er soll es machen und soll es nicht fordern –: Diese Regierung hat gezeigt und zeigt wei terhin, dass sie nicht fordert, sondern dass sie macht. Das gilt gerade auf dem Feld der digitalen Herausforderungen.
(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Heiter keit des Abg. Winfried Mack CDU)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben sicher recht, Herr Ministerpräsident, wenn Sie sagen: Die Digitalisierung 4.0 ist eine Schlüsselinnovation. Daten werden – oder können es zu mindest – eine zentrale Rolle im Produktionsprozess einneh men. Daten werden zentraler Produktionsfaktor.
Die Frage, die sich daraus ableitet, lautet: Was heißt das für die Politik? Was heißt das auch für die Landespolitik? Heißt das eine mehr oder weniger unkritische Begrüßung eines Pro zesses? Heißt das eine Begleitung? Oder heißt das eine Be gleitung, die auch die Gefahren sieht? Als ich dem Kollegen Schmiedel zugehört habe, habe ich festgestellt: Er sieht schon auch die Gefahren. Insofern habe ich mich etwas über das Fa zit gewundert, Herr Kollege Schmiedel: Highspeed. Denn wenn man auch die Risiken eines Prozesses sieht, dann kann es nicht unbedingt immer nur um Highspeed gehen, sondern dann braucht man eine nachdenkliche, eine abgewogene Stra tegie.
Wir sind natürlich auch der Meinung, dass wir an diesem Pro zess partizipieren müssen – die Wirtschaft in Baden-Württem berg und die Menschen in Baden-Württemberg. Aber wir se hen auch die Gefahren.
Deshalb sind wir der Auffassung, dass es zunächst notwendig ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass jeder an die sem Prozess teilhaben kann – jedes Unternehmen und jeder Bürger –, der das wünscht.
Insofern gibt es drei zentrale Voraussetzungen. Die erste ist die Breitbandinfrastruktur. Da sind sich, glaube ich, alle in diesem Haus einig. Die zweite ist das Thema Bildung, dass man nämlich die bildungsmäßigen Voraussetzungen dafür schafft, dass jeder, der das wünscht, mit der Digitalisierung umgehen kann und dass auch jeder, der einen Arbeitsplatz oder eine Unternehmensgründung in diesem Bereich wünscht, dazu in die Lage versetzt wird. Die dritte ist ein Ordnungsrah men. Ein Ordnungsrahmen kann nicht heißen, dass ich auf Teufel komm raus fördere. Sie haben ja aufgezählt, was das Wirtschaftsministerium alles macht. Auch den Ministerpräsi denten habe ich so verstanden, dass man jetzt mit Existenz gründerdarlehen, mit Subventionen die Digitalisierung för dern soll.
Herr Ministerpräsident, Sie sprachen von einer Schlüsselin novation. Bei der Erfindung des Buchdrucks war es nicht not wendig, den Buchdruck durch Subventionen zu fördern, da mit er sich durchsetzt. Es war auch im 19. Jahrhundert nicht notwendig, die Dampfmaschine durch Subventionen zu för dern, weil sie sich sonst nicht durchgesetzt hätte. So ist es auch bei der Digitalisierung. Diese Schlüsselinnovation hat eine derartige Kraft, dass sie sich natürlich in der Wirtschaft durch setzt. Das ist ganz klar; das zeichnet sich ab. Da kann es doch nicht Aufgabe des Staates sein, noch Geld hinterherzuschmei ßen und zu sagen: „Da müssen wir noch mehr fördern; das muss noch schneller werden“, sondern es ist notwendig, die sen Prozess auch ordnungspolitisch zu gestalten und eben auch die Gefahren zu sehen.
Vor diesem Hintergrund sage ich: Zu einer Strategie, wie Sie sie vorgestellt haben, sagen wir Ja – wir werden über die Stra tegie noch reden –, aber zu einer unkritischen Begrüßung die ses Prozesses, wie Sie sie in Ihrer Regierungserklärung über weite Strecken geliefert haben, sagen wir Nein.
Herr Kollege, habe ich Sie recht verstanden, dass Sie sowohl die bisherigen Kapitalhil fen der L-Bank für Gründerinnen und Gründer und der Eigen kapitalagentur der L-Bank als Subventionen ablehnen als auch darüber hinaus den neuen Venture-Capital-Fonds, den die Lan desregierung mit ihren Partnern auflegt, ablehnen, weil Sie keinen Bedarf für einen Anschub beim Venture-Capital in Ba den-Württemberg sehen?
Da haben Sie mich falsch verstanden. Frau Kollegin Lindlohr, ich sehe durchaus Bedarf bei der Anschubfinanzierung, durchaus Bedarf beim Venture-Capital, aber ich sehe keinen zielgerichteten Bedarf, um sagen zu können: Wir erkennen die Digitalisierung als Schlüsselinnovation, sodass wir genau dort zielgerichtet för dern und dafür sorgen müssen, dass sich die Digitalisierung auch möglichst schnell und möglichst in allen Bereichen durchsetzt. Da bin ich skeptisch.
Insofern war diese Regierungserklärung zum Thema Digita lisierung aus meiner Sicht für einen grünen Ministerpräsiden ten fast etwas irritierend und wirtschaftsfokussiert. Denn die ser Wandel ist nicht nur ein ökonomischer, sondern ein zu tiefst gesellschaftlicher. Außerdem – so wurde angedeutet, bei spielsweise vom Kollegen Schmiedel – wurden die negativen Auswirkungen geflissentlich übersehen.
Internet 4.0 könnte Millionen einfacher Beschäftigungsver hältnisse vernichten. Das ist die Gefahr. Sie haben das an ei nem anderen Beispiel aufgezeigt. Nur ziehen Sie daraus nicht die richtigen Schlussfolgerungen. Wenn die Gefahr besteht, dass durch die Digitalisierung der Wirtschaft Millionen von einfachen Beschäftigungsverhältnissen verloren gehen, kann man nicht noch mit einem flächendeckenden allgemeinen Mindestlohn weiter daran arbeiten, dass die betroffenen Men schen nie mehr wieder in Lohn und Brot kommen. Das ist das Falsche an Ihrer Politik.
Der Mittelstand in Baden-Württemberg ist Weltspitze, haben Sie erklärt, Herr Ministerpräsident. Da haben Sie sicher recht. In diesem Zusammenhang haben Sie aber von 19,5 Milliar den € FuE-Investitionen gesprochen. Nur leider sind diese FuE-Investitionen im Wesentlichen keine Investitionen, die aus dem Mittelstand kommen, sondern es sind zu rund 80 % Investitionen, die aus der Großindustrie kommen. Genau das ist auch im Zusammenhang mit der Digitalisierung das Prob lem. Die „Wirtschaftswoche“ schrieb am 6. Juni 2014 – ich zitiere –: