Protocol of the Session on June 10, 2010

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt Sach lichkeit in die Diskussion!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach heutigem Wissensstand sind Tierversuche in der Entwicklung, insbesondere was die Arz nei- und Medikamentenproduktion sowie andere Bereiche an belangt, für die Grundlagenforschung unverzichtbar.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Darum geht es doch gar nicht!)

Frau Rastätter, immer wieder höre ich Verbotsforderungen entweder allgemeiner oder spezieller Art, etwa im Hinblick auf die Verwendung von Affen. Diese werden einer notwen digen differenzierten Betrachtung der fachlichen Gegebenhei ten und insbesondere der Rechtslage nicht gerecht.

Ich meine, das geltende Tierschutzgesetz hat mit seinem Be kenntnis zum ethischen Tierschutz insbesondere für die Ver wendung von Versuchstieren einen hohen Standard gesetzt. Ich glaube, hier sind wir uns einig. Es stellt bereits heute si cher, dass kein Tier vermeidbaren Belastungen ausgesetzt wer den darf. Das ist eine klare Aussage.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Tierarten wie Affen, Hunde und Katzen dürfen nur dann ein gesetzt werden – in Ihren Ausführungen hatten Sie ansatzwei se darauf Bezug genommen –, wenn dies unverzichtbar ist und insbesondere keine weniger hoch entwickelten Arten verwen det werden können. Dies muss im Antrag besonders dargelegt und wissenschaftlich begründet werden.

Weil in Baden-Württemberg alles so sauber läuft und vorbe reitet wird und eine gewissenhafte Arbeit die Grundlage ist, sind keine Anträge abgelehnt worden. Das haben Sie selbst bestätigt.

Auch wenn meiner Meinung nach nicht alles grundsätzlich auf EU-Ebene geregelt werden sollte und geregelt werden müsste, lehnen wir eine Verschärfung der nationalen Tier schutzbestimmungen hier in diesem Land klar ab. Änderun gen der Tierschutzbestimmungen müssen mit einem tatsäch lichen Tierschutz verbunden sein und dürfen nicht lediglich zur Aufblähung von Verwaltung und Bürokratie führen, wie Sie es in Ihrem Fraktionsantrag formuliert haben.

Wir halten die bestehenden Regelungen für ausreichend und insbesondere auch für sachgerecht.

Durch die Neufassung der EU-Tierversuchsrichtlinie sind wei tere Kontrollinstrumente installiert worden. Dazu gehören ins besondere rückwirkende Bewertungen von Tierversuchen und die weiter gehende Information der Öffentlichkeit. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, auf den wir als CDU-Fraktion größtes Augenmerk legen.

Eines muss ich dazu anmerken – das gilt auch für andere Be reiche –: Die Umsetzung von EU-Richtlinien darf grundsätz lich nur 1 : 1 erfolgen. Voraussetzung dafür ist natürlich die rechtliche und politische Notwendigkeit. Eine Verschärfung darf nicht erfolgen. Das gilt auch in diesem Bereich.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Sie haben die EU- Richtlinie verschlechtert!)

Ich sage das in aller Deutlichkeit.

Das Land Baden-Württemberg hat in den vergangenen Jahren bereits viel getan, um die Verwendung von Versuchstieren ein zuschränken und tierversuchsfreie Verfahren zu fördern. Ich nehme auf den Tierschutzbeirat Bezug, den Sie verschiedent lich erwähnten. Ich bin in der glücklichen Lage, dessen Ar beit im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten über Jahre hinweg miterlebt zu haben. Zunächst geschah dies auf der Ba sis meiner beruflichen Tätigkeit, und jetzt verfolge ich das Thema aus der Sicht eines Abgeordneten im Landtag.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Ich auch!)

Aber eines muss ich Ihnen schon sagen: Wenn die Diskussi on aus dem Tierschutzbeirat in den Landtag verlagert wird – Sie haben dieses Thema hier, wie Sie selbst bestätigt haben, in mehreren Sitzungen angesprochen – und Sie jetzt den An schein erwecken, dass diese Themen im Tierschutzbeirat nicht ausführlich oder genügend angesprochen oder besprochen worden seien, dann stelle ich fest, dass wir in unterschiedli chen Gremien tätig sind.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Ich möchte Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Ich sehe die Ge fahr eines Missbrauchs dieser Tätigkeit oder einer zeitlichen Überbeanspruchung. Deshalb hatten Sie vorhin vielleicht das Problem, dass Sie so hektisch in den Plenarsaal kommen mussten. Sie müssen sich aber auf das Wesentliche konzent rieren und dürfen nicht auf allen Hochzeiten tanzen wollen; denn dann erreichen Sie nichts. Der Tierschutzbeirat ist das entscheidende Gremium, das beratend tätig ist und die Zuar beit macht. Dort können diese Punkte behandelt werden. Je denfalls halte ich es für Zeitverschwendung, wenn uns immer und überall wieder das Gleiche erläutert wird. Das ist nicht angemessen. Ich sage das in aller Deutlichkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Renate Rastät ter GRÜNE meldet sich.)

Herr Abg. Rombach, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Rastätter?

Wenn es nicht von meiner Rede zeit abgeht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Und wenn es nicht so hektisch ist!)

Bitte, Frau Abg. Rastät ter.

Sind Sie bereit, zur Kennt nis zu nehmen, dass ich – das muss ich in aller Bescheiden heit sagen – die einzige Abgeordnete bin, die im Tierschutz beirat immer anwesend ist, während die anderen Mitglieder des Landtags in der Regel nicht da sind?

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Das nehme ich nicht nur nicht zur Kenntnis, sondern das entspricht nicht den Tatsachen – um es in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Bri gitte Lösch GRÜNE: Sie sagen die Unwahrheit! Un verschämt!)

Meine Damen und Herren, ich möchte fortfahren. Bei diesem sensiblen Thema sind wir alle natürlich dazu aufgerufen, uns Gedanken zu machen. Besonders gefragt ist allerdings auch die Forschung selbst, um geeignete tierversuchsfreie Metho den zu entwickeln. Ich denke, wir haben hier im Land BadenWürttemberg, im Land der Dichter und der Denker, der For scher und der Naturwissenschaftler beste Voraussetzungen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das braucht man manchmal!)

Pauschale Verbotsforderungen und das gebetsmühlenartige Vorbringen ideologischer Grundsätze bringen uns nicht wei ter. Gefragt sind Sachverstand und zukunftsorientierte Lösun gen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Buschle das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Tier versuche sind ein emotionales Thema – wir bemerken es hier auch wieder –, und sie sind umstritten, seit es sie gibt. Das ist auch gut so. Wir Menschen tun uns Gott sei Dank schwer da mit, Mitgeschöpfe dafür einzusetzen, dass es uns selbst oder unserer Umwelt besser geht.

Wenn wir einige Jahre zurückblicken, dann haben wir bei die sem Thema alle schnell die Bilder vor Augen, als Kaninchen noch Substanzen in die Augen gerieben wurden, um damit die Verträglichkeit von Lippenstiften oder Gesichtscremes zu prü fen. Doch seitdem – Frau Rastätter, Sie haben es gesagt – ist viel passiert. Danken wir allen Tierschützern seit Franz von Assisi bis heute. Sie haben viel dafür getan, dass solches Tun der Vergangenheit angehört.

Heute bestehen vonseiten der EU wie auch auf Bundesebene – auch das haben Sie ausgeführt – viele Richtlinien und Maß stäbe, die anzulegen sind, wenn man Versuche an Tieren ein setzen will. Auch dies ist ein Fortschritt.

Zudem gibt es – das wurde gesagt – viele Alternativen. Die sehr ausführliche Stellungnahme der Landesregierung und auch frühere Drucksachen bringen dies sehr deutlich zum Aus druck. Ob Zellkulturen oder Hühnereier, vieles ist heute ganz ohne Inanspruchnahme von Versuchstieren untersuchbar. Vie le dieser Alternativverfahren wurden gerade bei uns in BadenWürttemberg auf höchstem Niveau entwickelt. Wir begrüßen es daher, dass auch weiterhin Mittel für die Entwicklung von Methoden zur Verfügung stehen, die wir als Alternativen zu den leider noch heute nötigen Tierversuchen im Land brau chen.

Dies alles zeigt, dass man es sich in Deutschland und in Ba den-Württemberg mit der Genehmigung und Durchführung von Tierversuchen nicht leicht macht. Dies darf man auch den Wissenschaftlern in den Universitäten und den betreffenden Instituten unterstellen. Die weitaus meisten Wirbeltiere, mit denen Tierversuche durchgeführt werden, sind Mäuse, Ratten und Fische. Zudem muss gesagt werden, dass alle diese Tie

re in der Regel vorbildlich gehalten werden. Dies ist auch ei ne Voraussetzung dafür, dass die Tiere von den Versuchen, die an ihnen vorgenommen werden, zuallermeist nichts bemer ken und auch nicht leiden. Auch dies muss man im Hinterkopf haben, wenn man die reinen Zahlen der Statistik betrachtet.

Besonders bedenklich und auch umstritten sind natürlich Ver suche mit Tieren, die besonders hoch entwickelt sind und de nen wir ein hoch entwickeltes Bewusstsein zusprechen. Wir sprechen von nicht menschlichen Primaten.

(Abg. Walter Heiler SPD: Genau!)

So sind Affen natürlich empfindsamer gegen Leid, können stärker Angst empfinden und ihre Situation auch registrieren als beispielsweise Fische. Weiter wird sicherlich zu Recht auch zwischen den besonders hoch entwickelten Menschen affen und anderen Affenarten unterschieden.

Mit besonderer Aufmerksamkeit muss man jetzt die Zahl der nicht menschlichen Primaten betrachten, die tatsächlich für Tierversuche eingesetzt werden. Es ist erfreulich, dass die Zahl der tatsächlich eingesetzten Affen weit unter der Zahl der vorhandenen Haltungsplätze liegt. Im Jahr 2007 standen 321 Haltungsplätzen nur 52 gehaltene Tiere gegenüber. Dies zeigt, dass vorhandene Kapazitäten offenbar bei Weitem nicht aus genutzt werden und die Zahl der Versuchstiere gegenüber frü her deutlich zurückgegangen ist. Auch das ist gut so.

Die Zahl der gehaltenen Tiere ist tatsächlich markant zurück gegangen. Im Jahr 2004 waren es noch 92 Affen, im Jahr 2005 noch 89 und im Jahr 2007 nur noch die bereits erwähnten 52 Affen. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass sich auch die Wis senschaftler bewusst sind, dass sie nur das Minimum an Ver suchstieren dieser Tiergruppe einsetzen dürfen. Dass man sich auch ständig um eine weitere Reduzierung bemüht, zeigen diese Zahlen deutlich.

Ganz offenbar wirkt auch hier – das wurde ebenfalls gesagt – die stärkere staatliche Reglementierung. Dies alles führt zu den gewünschten Reduzierungen, die in unser aller Sinn sind.

Die Europäische Kommission – Frau Rastätter und Kollege Rombach, Sie haben das angesprochen – hat im November 2008 den Entwurf für eine neue Richtlinie vorgelegt. Frau Rastätter, soviel ich weiß, hat der Landestierschutzbeirat die se diskutiert, sie beraten und ihr zugestimmt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja!)

Also auch bei dieser Richtlinie hat der Landestierschutzbei rat, der hierfür zuständig ist – da Sie ja in allen Sitzungen an wesend sind, müssten Sie das wissen –, interveniert.

(Beifall der Abg. Dr. Klaus Schüle und Karl Rom bach CDU)

Wir meinen deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das, was Sie von den Grünen fordern, Frau Rastätter, ist dem Grun de nach erfüllt. Die Richtlinien unseres Landes reichen dazu aus.