Wir meinen deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das, was Sie von den Grünen fordern, Frau Rastätter, ist dem Grun de nach erfüllt. Die Richtlinien unseres Landes reichen dazu aus.
Weitere Einschränkungen – um das noch einmal zu sagen –, die jede Forschung unmöglich machen würden, würden schluss endlich zum Schaden des Menschen sein. Das will niemand von uns.
Wenn Sie nun beantragen, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen, werden wir dem zustimmen. Wenn Sie den An trag jetzt zur Abstimmung stellen, müssen wir leider dagegen stimmen.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Jawohl! Genau! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Gut, Fritz! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Den Sozialdemokraten spenden wir gern ein mal Applaus!)
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tierschutz hat für uns, für die FDP auf Bundes- und auf Landesebene, seit Jahren eine zentrale Bedeutung und einen hohen politischen Stellenwert. So wurde auf Initiative der FDP der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Die FDP hat über Jahre hinweg beharrlich für dieses zentrale An liegen gekämpft.
Wir in Baden-Württemberg waren mit der Aufnahme des Tier schutzes in die Landesverfassung in den Neunzigerjahren Vor reiter bei der Verbesserung des Tierschutzes in der Bundesre publik. Auch in Zukunft wird die FDP/DVP-Landtagsfrakti on konsequent für eine Verbesserung des Tierschutzes eintre ten. Wir werden dieses sensible Thema natürlich im Auge be halten.
Für mich und für uns ist klar: Versuche mit Tieren dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn die Forschung nachweislich keine andere Möglichkeit hat, Ergebnisse zu erzielen, die ge mäß Tierschutzgesetz – ich zitiere – „für wesentliche Bedürf nisse von Mensch und Tier... von hervorragender Bedeutung“ sind. Konkret – das ist meine Interpretation – soll uns die For schung Ergebnisse liefern, die der Vorbeugung und Heilung von Krankheiten bei uns Menschen dienen sollen, die aber auch einen Fortschritt in der Tiermedizin bringen sollen und somit den Tieren selbst zugutekommen.
Meine Damen und Herren, genauso wichtig ist es mir, festzu stellen, dass der Tierschutz und das Thema Tierversuche nicht auf das Land Baden-Württemberg und den Bund beschränkt werden können. Deshalb haben wir Regelungen, die EU-weit verbindlich sind. Dazu stehen wir und werden sie natürlich – Kollege Rombach hat es gesagt – umsetzen, und zwar 1 : 1. Alleingänge machen insbesondere beim Tierschutz keinen Sinn.
Der Beschluss des Ministerrats ist eindeutig; er ist in der Stel lungnahme zum Antrag Drucksache 14/4342 aufgeführt. Wir meinen, dass die Richtlinie, die unmittelbar vor der Verab schiedung steht – Frau Rastätter, da diese neue EU-Richtlinie sehr bald kommen wird, macht es keinen Sinn, sich hier über weitere Änderungswünsche Gedanken zu machen –, einen Kompromiss darstellt, um EU-weit einen hohen Schutzstan
Wichtig ist uns – das haben wir auch besprochen –, grundsätz lich dafür zu sorgen, dass es keine Parallelforschung gibt, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland – was auch zu prü fen ist –, um zu gewährleisten – das ist unser Wille –, dass so wenige Versuche wie nötig an Tieren durchgeführt werden.
Meine Damen und Herren, Deutschland hat derzeit eines der weltweit strengsten und weitreichendsten Tierschutzgesetze. Um für einen Tierversuch eine Genehmigung zu erhalten, muss der Antragsteller darlegen, weshalb das angestrebte Ziel nur mit einem Tierversuch zu erreichen ist, und nachweisen, dass keinerlei Alternativmethoden zur Verfügung stehen. Nie mand darf einem Tier ohne hinreichenden Grund in einem Tierversuch Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Tier schutzkommissionen, Tierschutzbeauftragte oder Veterinär ämter begleiten und kontrollieren die tierexperimentelle For schung, und zwar umfassend.
Gleichwohl steht für uns als FDP/DVP-Landtagsfraktion die Verringerung der Anzahl von Tierversuchen in Baden-Würt temberg im Mittelpunkt unserer Bemühungen.
Diese Ziele sollen durch den verstärkten Einsatz von Alterna tiv- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen erreicht wer den. Solche Methoden werden vom Land Baden-Württemberg gezielt gefördert. Beispielsweise wurde an der Universität Konstanz die bundesweit erste Professur zur Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen eingerich tet. Dies wird auch in anderen Bundesländern anerkennend zur Kenntnis genommen. So wird von der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag anlässlich einer gleichlau tenden Plenardebatte zu Tierversuchen unter Hinweis auf den vom Land Baden-Württemberg eingesetzten Förderpreis für alternative Forschung an Universitäten ausgeführt – ich zitie re –:
Meine Damen und Herren, das Lob von der anderen Seite freut uns natürlich. Die FDP/DVP-Landtagsfraktion wird wei terhin mit der von ihr mitgetragenen Landesregierung für ei nen umfassenden Tierschutz hier in Baden-Württemberg ein treten. Dies gilt nicht nur für die Reduzierung von Tierversu chen. Wir wollen einen umfassenden Tierschutz als Bestand teil unserer natürlichen Lebensgrundlage.
Alle Tiere genießen den Schutz unserer Verfassung, und da zu zähle ich auch die Haustiere, die Tiere in Käfighaltung bis hin zu den Versuchstieren.
Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Minister für Ländlichen Raum, Ernäh rung und Verbraucherschutz Köberle das Wort.
Minister für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbrau cherschutz Rudolf Köberle: Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Mittelpunkt der Arbeit der Landesregierung und des Landtags steht das Wohl der Men schen in Baden-Württemberg. Wenn wir uns heute – bei üb rigens guter Besetzung des Plenums – der Tierwelt zuwenden, dann steht das überhaupt nicht im Widerspruch zu dieser Ziel setzung, das Beste für die Menschen in unserem Land zu tun. Wir machen Politik in Verantwortung vor Gott und den Men schen.
Wer sich für die göttliche Schöpfung ganzheitlich einsetzt, meine Damen und Herren, der muss sich um Menschen und Tiere und um die Natur in gleicher Weise kümmern, weil wir die Schöpfung ganzheitlich sehen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Zurufe der Abg. Karl Zimmermann CDU und Dieter Kleinmann FDP/ DVP)
Der Tierschutz steht in unserer Landesverfassung. Wir Politi ker müssen uns immer wieder fragen, ob wir dieser Vorgabe gerecht werden. Ich bedauere, dass die Tierwelt unserer Lan desverfassung nicht oder zu wenig nachkommt; denn wenn wir in die Natur schauen, dann erkennen wir, dass es dort Mord und Totschlag, Kannibalismus und alles Mögliche gibt. Wenn wir der Fischwelt die Schäden zufügen würden, wie es die von Ihnen so geliebten Kormorane tun, dann, glaube ich, würden wir das politisch kaum überleben.
Die Landesregierung und auch der Landtag setzen sich frak tionsübergreifend und aus Überzeugung seit Jahren intensiv für den Tierschutz in der Versuchstierhaltung und bei Tierver suchen ein.
Jeder Tierversuch wird nach dem gesetzlich festgelegten Ver fahren von den zuständigen Behörden, von den Regierungs präsidien geprüft. Das ist nicht nur ein Verwaltungsakt, son dern geschieht auch nach intensiver Beratung in den Ethik kommissionen, in denen auch Wertefragen gestellt werden und Abwägungsüberlegungen angestellt werden müssen. Das ist ein ganz wichtiges Instrument.
Wir haben auf Landesebene eine ehrenamtlich arbeitende Tier schutzkommission, und diese leistet wichtige Arbeit. Ich will allen herzlich danken, die in dieser Kommission, in diesem Beirat engagiert sind. Wenn Sie das ganz kontinuierlich tun, dann spricht das für Sie, Frau Kollegin Rastätter, aber auch für alle anderen Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bei rat wertvolle Arbeit leisten.
Aber eines muss auch klar sein, meine Damen und Herren: Ein Beirat, eine Kommission kann Politik nicht ersetzen. Da
gibt es gewaltige Unterschiede. Ein Beirat, eine Kommission kann immer das Beste für die Tiere formulieren. Wir in der Politik müssen das Bestmögliche für die Tiere organisieren und politisch durchsetzen.
Die qualifizierten Beratungen zu jedem einzelnen Tierversuch stellen sicher, dass Versuche nur in unerlässlichem Umfang durchgeführt werden. Genau dies ist unser Ziel: die Beschrän kung der Versuche auf das unerlässliche Maß, wie es uns das Tierschutzgesetz vorgibt. Selbstverständlich gilt dies vor al lem auch für den Einsatz nicht menschlicher Primaten zu For schungszwecken.
Meine Damen und Herren, immer wieder und wesentlich häu figer als das Thema Tierschutz steht das Thema „Forschung, Innovation, Forschungsland Baden-Württemberg“ auf der Ta gesordnung. Bei uns werden viele wissenschaftliche Frage stellungen im Bereich der biomedizinischen Forschung bear beitet. Es ist besser, diese Fragen stellen sich die Universitä ten und Forschungseinrichtungen in unserem Land als die in anderen Ländern. Deshalb werden in Baden-Württemberg lo gischerweise vergleichsweise viele Tiere zu Forschungszwe cken eingesetzt.
Liebe Frau Rastätter, Sie haben die Zahlen genannt; sie ste hen auch in unserer Stellungnahme zu Ihrem Antrag. Sie sa gen, die Zahlen nähmen ständig zu. Sie nehmen zu, sie neh men aber auch ab. Wenn sich diese Abnahme verstetigt und nicht nur ein Zufall ist, dann hätten wir alle nichts dagegen. Wir wollen so wenige Tiere wie möglich für Tierversuche ein setzen, aber so viele wie notwendig. Im Jahr 2008 – für die ses Jahr liegen uns die jüngsten verlässlichen Zahlen vor – hat die Zahl der Versuchstiere deutlich abgenommen,
und zwar in Baden-Württemberg von rund 590 000 Tieren auf rund 520 000 Tiere; in der Bundesrepublik waren es insge samt knapp 2,7 Millionen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den vergange nen Jahren eine ganze Reihe von Initiativen ergriffen, die Tier versuche vermindern und die Belastungen von Versuchstieren verringern – das wird auch rundum anerkannt; das ist in allen Reden hier gesagt worden –, ob das der erwähnte Lehrstuhl an der Universität Konstanz ist oder unser auf drei Jahre an gelegtes Programm mit einem Volumen von 300 000 €, um Möglichkeiten für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tier versuchen herauszufinden, oder unser Forschungspreis in der beachtlichen Höhe von 25 000 €.
Wir wollen Verbesserungen im Tierschutz nicht nur finanzi ell fördern und davon ausgehen, allein dadurch stelle sich al les automatisch ein, sondern wir werten diese Initiativen na türlich aus – da sind wir gerade mittendrin – und werden in absehbarer Zeit auch über die Erfolge berichten und dann ent scheiden, ob wir auf diesem Weg mit entsprechenden Förde rungen weiter verfahren können.
Jetzt, liebe Kollegin Rastätter, noch zu dieser neuen EU-Ver suchstierrichtlinie und der Frage: Welche Haltung hat BadenWürttemberg zu diesem europäischen Vorhaben eingenom
men? Sie ergreifen heute nochmals die Gelegenheit und ver suchen, Nachbesserungen zu erreichen. Aber ich will Ihnen eines sagen: Dieser Zug ist abgefahren. Wer einem abgefah renen Zug hinterherruft und hofft, dass der Zug anhält, auf demselben Gleis nochmals umkehrt und denjenigen, der zu spät kommt, extra abholt, der lebt, glaube ich, nicht in dieser Welt und vor allem nicht in der politischen Konstruktion von Europa.
Wir hatten natürlich von der Kommission am Anfang eine Vorlage, eine Vorgabe. Bis zum Endprodukt ist es aber ein lan ger Weg, und zwar nicht nur für die 16 deutschen Länder und die Bundesebene mit unterschiedlichen Parteien und unter schiedlichen Ausrichtungen sowie unterschiedlichen Interes sen. Das Ganze spielt sich vielmehr in 27 Nationalstaaten ab.
Deshalb war es für Baden-Württemberg nicht entscheidend, zu überlegen – auch entlang von mehr oder weniger, ich wür de sagen, ausreichender Miteinbeziehung unserer Beratungs gremien –: Welchen Weg gehen wir? Gehen wir dann sang- und klanglos unter? Entscheidend war vielmehr die Frage: Was ist das Optimum, das wir herausholen können? Entspre chend waren wir über unsere Möglichkeiten im Bundesrat ak tiv.
Wenn diese EU-Richtlinie jetzt so in Kraft tritt, finden wir da rin auch ein Stück weit das Landesengagement von BadenWürttemberg wieder – aber nicht gegen die Tiere, sondern im Sinn von verbessertem Tierschutz in Europa.