Bereits vor einem Jahr, am 21. April 2009, haben wir hier ei nen Gesetzentwurf zum Landesbankgesetz eingebracht. Dar in haben wir darauf hingewiesen, dass man auch einen „neu tralen Sachverstand“ für die Überwachung der Landesbank einsetzen müsste. Das haben Sie damals belächelt, und jetzt setzen Sie auf Druck der Europäischen Kommission genau das um.
Es gibt aber noch einen anderen Knackpunkt. Da haben sich alle von den Regierungsfraktionen nicht mit Ruhm bekleckert; denn das, was Sie da vorgelegt haben, ist wirklich nicht toll.
Es gibt noch eine Passage, die wir auch heftigst kritisieren: Bisher war es Tradition und wurde als richtig angesehen, dass die Sparkassenorganisation die Spitze dieses Überwachungs gremiums stellt. In dem neuen Gesetzgebungsvorschlag las sen Sie es aber zu, dass die Sparkassenorganisation nicht mehr den Vorsitz im Aufsichtsrat oder im Verwaltungsrat hat. Das halten wir für eine Schwächung der Sparkassen. Die Grünen werden das nicht mitmachen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Bisher haben Sie die Landesbank doch immer kriti siert! Woher kommt denn jetzt die neue Haltung?)
(Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt halten Sie dort plötz lich alles für richtig! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)
Auch in dieser Frage lassen Sie sich von Dritten schieben und greifen erst ein, wenn Sie von anderen gezwungen werden. Wir haben Ihnen, wie gesagt, vor einem Jahr einen Gesetzent wurf vorgelegt, der einige Teile Ihres neuen Entwurfs auch schon beinhaltet hat. Sie werden immer erst dann aktiv, wenn Sie geschoben werden oder wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Ich wiederhole: Was Sie vorlegen, ist nicht nur schlecht ver handelt und schlecht kommuniziert, sondern auch gesetzge berisch schlampig gemacht. Deshalb werden wir Ihnen im Fi nanzausschuss noch einige Vorschläge hierzu machen.
Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Schlachter, ich wundere mich schon außerordentlich, dass Sie sich jetzt hier als den Schutz patron der öffentlich-rechtlichen Sparkassen und der Landes bank aufspielen. Es ist natürlich schon klasse, was Sie als Chef einer Raiffeisenbank, das heißt einer privaten Bank, tun.
Das muss man auch erst einmal verstehen. Man könnte auch mit anderen Worten ausdrücken, was Sie da vorhaben.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Er sitzt ja hier als Abgeordneter! Das verstehen Sie vielleicht nicht!)
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wir alle sit zen als Abgeordnete hier, nicht als Vertreter des Be rufs, den wir ausüben! Ein Lettengeschwätz! Das ist an Dummheit nicht zu übertreffen!)
Meine Damen und Herren, der Landesbank Baden-Württem berg mussten im Jahr 2009 von ihren Trägern insgesamt 5 Mil liarden € zugeführt und außerdem weitere Garantien über ins gesamt 12 Milliarden € gewährt werden. Die Europäische Union sieht Probleme im Hinblick auf das EU-Beihilferecht und hat die Maßnahmen, die vorgenommen worden sind, nur unter Auflagen genehmigt. Wenn dem nicht so wäre, bräuch ten wir das Gesetz nicht. Das sollten Sie einfach zur Kennt nis nehmen, auch wenn Sie jetzt als Schutzpatron der Öffent lich-Rechtlichen auftreten.
Unsere Landesbank befindet sich seit dieser Zeit in einem fort laufenden Prozess der Umstrukturierung. Dieser kann mit den Stichworten „Anpassung des Geschäftsmodells“ – da sind wir bei der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Auftrags; da kön nen Sie Krokodilstränen vergießen, wie Sie wollen, aber Sie müssen sich eben an die EU-Vorgaben halten –, „Veräußerung von Beteiligungen“, „Reduzierung der Bilanzsumme“ und „Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft“ – in Klammern: wahrscheinlich AG – grob skizziert werden.
Deutlich vor der rechtsformwechselnden Umwandlung der Landesbank in eine Kapitalgesellschaft des privaten Rechts, die bis spätestens 2013 zu vollziehen ist, müssen bereits jetzt wesentliche Aspekte des Deutschen Corporate Governance Kodex eingeführt werden. Das hat dann auch zur Folge, dass die bisherigen Aufsichtsorgane der LBBW umgewandelt wer den und auch ihre Struktur an das deutsche Kapitalgesell schaftsrecht angepasst wird.
Ziele des Gesetzentwurfs sind: Die LBBW bleibt vorerst noch Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Gremienstruktur wird aber bereits jetzt weitestgehend an die einer Kapitalgesell schaft angepasst. Ein Aufsichtsrat wird zentrales Kontrollor gan der LBBW. Die Trägerversammlung wird in eine Haupt versammlung umgewandelt. Die Befugnisse orientieren sich an den Regelungen des Deutschen Corporate Governance Ko dex. Damit wird z. B. auch die Höhe und Struktur der Vergü tung des Vorstands geregelt. Entschieden werden muss im ge samten Aufsichtsrat; eine Verlagerung der Zuständigkeit in ei nen Ausschuss des Aufsichtsrats ist nicht mehr möglich. Der Aufsichtsrat hat also künftig mehr Kompetenzen und insbe sondere auch mehr Verantwortung.
Der Aufsichtsrat wird im Vergleich zur jetzigen Situation ver kleinert; er umfasst künftig 21 Mitglieder, davon sieben un abhängige Externe, sieben Vertreter der Beschäftigten und sie ben Vertreter der Träger der Bank.
Für den ersten Aufsichtsrat gilt, soweit es sich nicht um die Beschäftigtenvertreter handelt, ein Entsendungsrecht durch
die Träger: Das Land und der Sparkassenverband entsenden je fünf und die Stadt Stuttgart entsendet drei Mitglieder. Das 14. Mitglied, der oder die Vorsitzende, wird vom Land, dem Sparkassenverband und der Stadt gemeinsam entsandt.
Natürlich muss auch bei diesem Entsendungsvorgang sicher gestellt werden, dass die sieben Mitglieder des Aufsichtsrats unabhängig sind, also in keiner Weise persönlich oder ge schäftlich in Beziehungen zur Bank oder zum Vorstand ste hen. Selbstverständlich sind das, wie Sie gesagt haben, Herr Rust, möglicherweise nicht bessere Aufsichtsräte. Aber dann liegt es vielleicht auch an uns, dafür zu sorgen und darauf zu achten, dass es gute Aufsichtsräte sind.
Durch das Erfordernis der Unabhängigkeit kann meines Er achtens gewährleistet sein, dass die Aufsichtsräte in keiner In teressenkollision und in keinem Interessenwiderstreit zur Bank oder zu der Position, aus der sie kommen, stehen. Das müss te Ihnen, Herr Kretschmann, doch zupasskommen – ganz nach der Bibel: Du kannst nicht gleichzeitig zwei Herren dienen. Das haben wir damit gewährleistet.
Die gesamten Vorgaben zu gewährleisten wird sicherlich kein leichtes Unterfangen. Gleichwohl stellt die heutige Gesetzes novelle den leichtesten Teil des gesamten noch vor uns ste henden Umstrukturierungsprozesses der Landesbank dar.
Wir sind auch aufgrund der ausführlichen Unterrichtung durch den Vorstandsvorsitzenden und der Beratung mit dem Vor standsvorsitzenden der LBBW, Dr. Vetter, im Finanzausschuss sehr zuversichtlich, dass die LBBW diesen Prozess gut beste hen wird und 2013 gestärkt aus dieser jetzigen Situation und aus der Krise herauskommen wird. Ich bin mir nicht ganz si cher, ob dies unter dem alten Vorsitzenden in dieser Form so gut gegangen wäre.
Die Bank wird – nehmen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, das zur Kenntnis, wenn Sie die mangelnde öffent lich-rechtliche Aufgabe kritisieren – schlankere und moder nere Strukturen haben, die zeitgemäß sind und die Bank dar an erinnern werden, dass Baden-Württemberg und die Träger erneut in einem Riesenumfang zur Kasse gebeten werden. Durch die neuen Strukturen wird sicherlich auch die Fungibi lität der einzelnen Anteile erhöht werden, was für die Zukunft sicherlich von Vorteil sein kann.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich möchte nur ganz kurz einige Ausführun gen zur Richtigstellung machen.
Das, was wir jetzt tun, tun wir gerade im Bekenntnis zu unse rer Landesbank Baden-Württemberg. Da darf man nicht beim Zeitpunkt vor zwei Jahren stehen bleiben, lieber Herr Schlach ter.
Was sich da abgespielt hat, kann man nicht verdrängen und ungeschehen machen. Wir haben eingreifen müssen. Dieser Eingriff war schmerzlich und schwer.
Er geschieht nicht im luftleeren Raum. Er muss beihilferecht lich sauber erfolgen. Deswegen waren wir in Brüssel. Sie stel len es sich mit dem Verhandeln so einfach vor. Wir brauchen das Testat aus Brüssel, um das tun zu können, was wir tun mussten, um die LBBW, die Wirtschaft in Baden-Württem berg und die Arbeitsplätze zu sichern.
Herr Schlachter, das nächste Mal, wenn so etwas ist, werde ich bei jeder Gelegenheit sagen: „Entweder ihr spurt, oder wir nehmen den Kollegen Schlachter mit nach Brüssel.“
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Da werden sie tief beein druckt sein, glaube ich! – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Wenn das richtig übersetzt wird, kriegen die Angst! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die wer den sich fürchten!)
Es geht mir darum, Herr Schlachter, Folgendes klarzustellen, damit wir uns da einig sind oder zumindest die Fakten auf dem Tisch bleiben: In § 2 bleibt nach wie vor der öffentlich-recht liche Auftrag enthalten. Damit kein Missverständnis entsteht, sage ich: Er bleibt enthalten, solange die LBBW eine öffent lich-rechtliche Anstalt ist.