Protocol of the Session on May 6, 2010

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

bei dem wir nun seit zwei, drei Jahren in der Schwerpunktbil dung wirklich massiv versuchen, Altbrachen, die entstanden sind, Eisenbahnbrachen, alte Postbrachen, alte Industriebra chen, alte Gewerbebrachen, die wir in zahlreichen Städten ha ben, zu nutzen. Sie haben ja zwei Möglichkeiten, um mit sol chen Brachen umzugehen: Entweder Sie lassen sie liegen – das ist städtebaulich die schlechteste Möglichkeit –, oder Sie verzichten darauf, z. B. für neue Wohneinheiten oder neue Ge bäude neue Flächen außerhalb der Stadtgrenzen auf der grü nen Wiese in Anspruch zu nehmen, beseitigen diese Brachen und sorgen in der Stadt selbst für neue Wohnbebauung und Ähnliches. Wir machen das Zweite konsequent. Damit ist ein wichtiger Beitrag dafür geleistet, dass der Flächenverbrauch zurückgeführt werden kann.

Der zweite Punkt ist das Thema Wohnungsbau. Ich will das nur ganz kurz ansprechen. Wir sind das erste Bundesland, das dazu übergegangen ist, im Rahmen der Wohnungsbauförde rung eben nicht nur den Neubau für Familien zu fördern, son dern auch Bestandsimmobilien in den Gemeinden gleich stark zu fördern wie den Neubau, um auf diese Art und Weise na türlich auch Flächen einsparen zu können.

Das einzige Problem ist übrigens – aber das werden wir auch noch lösen –, dass wir vom Bund in der Frage der Förderung des Altbaubestands in den Städten und Gemeinden im Augen blick noch keine Unterstützung bekommen. Der Bund hat noch nicht begriffen, dass dies eine Möglichkeit ist.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Stadtum bau West! – Gegenruf des Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Von Rot-Grün eingeführt!)

Genau beim Stadtumbau West ist dies ein Thema. Ich bitte herzlich um Unterstützung dafür, dass der Bund endlich be greift, dass man beim Thema Flächenverbrauch nicht nur the oretisieren sollte, sondern dass man konkrete Politik machen muss, um den Flächenverbrauch in der Zukunft zurückzufah ren. Wir im Wirtschaftsministerium machen das jedenfalls.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, im Übrigen ist Flächenpolitik ge wissermaßen ein planerischer Dreisprung – kein leichtathle tischer, sondern ein planerischer Dreisprung. Dies bedeutet nichts anderes, als dass wir zunächst eine Landesplanung, Landesentwicklungspläne haben müssen, dass wir eine Regi onalplanung haben müssen und dass in den Regionalplänen die Festlegungen der Landesplanung auch getroffen werden. In einem dritten – entscheidenden – Schritt müssen die Kom munen dann diese Rahmenplanungen von Land und Regio nen auch tatsächlich umsetzen.

Das ist nicht immer ganz einfach. Dabei gibt es auch Konkur renzdenken; manche nennen es auch Kirchturmdenken. Da ist die Situation, dass viele Gemeinden natürlich noch immer da ran interessiert sind – Herr Dr. Prewo, ich glaube, Sie haben darauf hingewiesen –, dass jungen Familien auch die Mög lichkeit gegeben werden soll, neuen Wohnraum zu schaffen. Wie gesagt, dies kann auch innerhalb der Gemeinde gesche hen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Natürlich ist es auch so, dass Dienstleister oder auch Betrie be, die Interesse bekunden, sich anzusiedeln, umworben wer

den. Das alles ist absolut richtig, und man wird es auch nie verhindern können. Ich jedenfalls bin der Letzte, der will, dass beispielsweise keine neuen Gewerbegebiete ausgewiesen wer den können. Das alles findet statt. Aber ich sage Ihnen: Es ist auch möglich, vieles durch eine Innenentwicklung und durch die Instrumente zur Innenentwicklung wesentlich besser zu tun, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Sie hatten gesagt, die Plausibilitätsprüfungen, die wir vor ei nem Jahr eingeführt haben, seien aus Ihrer Sicht nicht erfolg reich. Das finde ich überhaupt nicht. Herr Dr. Prewo, die Stel lungnahme des Wirtschaftsministeriums zu Ihrem Antrag ist übrigens am 8. April 2009 verfasst worden. Ich habe damals gesagt, dass ich noch kein endgültiges Ergebnis über die Wir kung dieser Plausibilitätsprüfungen nennen kann. Das war am 8. April 2009.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Es geht um die Prü fung bezüglich der Zuständigkeiten! Das prüfen Sie seit zwei Jahren! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Prewo SPD)

Ah ja. Also gut, dann habe ich das falsch verstanden.

Mir geht es jetzt um die Plausibilitätsprüfungen. Diese Plau sibilitätsprüfungen sind ein geeignetes Instrument, gewisser maßen eine Hürde – wenn man so will –, an der jeder vorbei will – beispielsweise als Gemeinde –, der neue Vorhaben be absichtigt. Das ist in der Zwischenzeit gut weiterentwickelt worden. Diese Plausibilitätsprüfung enthält die genannten Hinweise. Diese Hinweise haben nur ein Ziel, nämlich eine landesweit einheitliche, eine stringente Praxis bei der Geneh migung von Flächennutzungsplänen zu erreichen.

In der Zwischenzeit ist es so, dass zwischen dem Land und den Regierungspräsidien, aber auch zwischen den Regierungs präsidien und allen Landkreisen entsprechende Zielvereinba rungen getroffen worden sind mit dem Ziel, dass diese Plau sibilitätsprüfung auch zur Anwendung kommt. Das ist ein völ lig neues Instrument, das wir in der Landespolitik als eines der ersten Bundesländer aufgegriffen haben.

Meine Damen und Herren, an diesem Beispiel sehen Sie, dass wir durchaus in der Lage sind und es auch geschafft und rea lisiert haben, neue Instrumente aufzunehmen, um Flächenver brauch in der Zukunft besser verhindern zu können.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Bitte schön.

Bitte sehr, Herr Ab geordneter.

Herr Minister, Ba den-Württemberg ist ein Flächenstaat. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird sich weiterentwickeln. Welche Be deutung hat hierbei die Umnutzung? Welche Chancen brin gen hier die Umnutzungen landwirtschaftlicher Bausubstan zen, und zwar sowohl im gewerblichen als auch im Wohnbe reich? Welche Fördermöglichkeiten und welchen Beitrag zur Flächeneinsparung sehen Sie?

Selbstverständlich haben wir den Strukturwandel im landwirtschaftlichen Bereich. Er wird auch in der Zukunft weitergehen. Eine der wirklich gro ßen Fragen für die Zukunft lautet: Was machen wir in der Zu kunft mit leer stehenden landwirtschaftlichen Gehöften, also nicht nur mit Flächen, sondern auch mit landwirtschaftlichen Gehöften?

Hier eine intelligente Politik zu machen, die sich nicht darauf beschränkt, dies einfach liegen zu lassen und an anderer Stel le das Notwendige zu tun, sondern die darauf abzielt, diese Flächen und Gebäude intensiv und intelligent zu nutzen, das ist sicherlich das Gebot einer modernen Flächenpolitik, die aber in Baden-Württemberg meines Erachtens zunehmend längst realisiert wird.

Ich möchte noch ganz kurz auf das Baulückenkataster hinwei sen. Sie hatten das angesprochen. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, dass man das auf freiwilliger Basis schon heute in großem Umfang macht.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Gerade diese Zielvereinbarungen, diese Plausibilitätsprüfun gen, die ich angesprochen habe, haben schon heute dazu ge führt, dass diese Baulückenkataster auf freiwilliger Basis ein geführt worden sind.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber in der Minder heit!)

Sie wissen aber, dass das Baugesetzbuch eindeutig und klar von einer Freiwilligkeit spricht, also gewissermaßen einen Zwang ablehnt. Vielleicht interessiert es Sie, dass bei der Bau ministerkonferenz eine gesetzliche Einführung von Bauland katastern von allen Bundesländern mit überragender Mehr heit immer abgelehnt worden ist, übrigens mit dem Hinweis darauf, dass der Regulierungs- und Bürokratieaufwand – ähn lich wie bei der Forderung nach der Einführung von Flächen zertifikaten – so hoch und so groß ist, dass er in keinem Ver hältnis zu möglichen Erfolgen stehen kann.

(Zuruf: Sehr weise! – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, ge statten Sie eine weitere Zwischenfrage, eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Bachmann?

Ja.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gern! – Abg. Tho mas Blenke CDU: Wenn es sein muss!)

Bitte schön, Herr Kollege Bachmann.

Herr Minister, teilen Sie die Einschätzung, dass das Projekt Stuttgart 21 ein Para debeispiel für die optimale Zusammenarbeit von Stadt, Regi on – Kollege Bopp ist ja da – und Land bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs durch das Recycling alter Bahnflächen ist?

Ich beantworte diese Fra ge mit einem eindeutigen Ja.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kom men und Ihnen sagen, dass ich alle Vorwürfe, die hier von der Opposition erhoben worden sind –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ernst nehme!)

wir würden nichts tun, wir würden keine Instrumente entwi ckeln und unnötig Flächenverbrauch produzieren –, als nicht gerecht, als unsachgemäß zurückweise,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Entschieden!)

und zwar entschieden zurückweise. Es gibt kaum ein Land, das in der Vergangenheit so viele neue Instrumente entwickelt hat.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber keine wirksa men!)

Das Ergebnis gibt uns recht. 20 % weniger Flächenverbrauch im Jahr 2008 gegenüber 2007 –

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist gewaltig!)

die Zahlen von 2009 liegen noch nicht vor – sind ein Beweis dafür, dass in Baden-Württemberg die richtige Politik gemacht wird. Dies wird auch in den nächsten zehn Jahren so bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo für die Fraktion der SPD. – Sie haben noch eine Minute und zwölf Sekunden Redezeit, Herr Kolle ge.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Kurzfassen!)

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie machen der Opposition den Vorwurf, dass sie feststellt, dass Sie keine Instrumente gegen den Flächenfraß entwickelt haben. Es ist aber tatsächlich so. Das einzige Regulierungsinstrument, das Sie entwickelt ha ben, sind diese Hinweise. Kaum waren die Hinweise auf dem Markt, sind sie wieder als unverbindlich – Sie schreiben in Ih rer Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/4287, sie sei en nicht rechtsverbindlich – zurückgenommen worden.