Protocol of the Session on July 27, 2006

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dann hätten wir zu 100 % Sozialismus! – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Das einzige System, das funktioniert!)

was beispielsweise, lieber Kollege von der letzten Bank, auch der Ministerpräsident dieses Landes gefordert hat. Er hat dies ja in großen Schlagzeilen angekündigt. Aber er konnte sich leider, wie so oft, auf Bundesebene nicht durchsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Die SPD lernt es nie!)

Es wäre auch realistischer gewesen, wenn es zu einer Umschichtung der Finanzierung gekommen wäre, bei der ein erhöhter Anteil der Finanzierung aus Steuermitteln dazu verwendet worden wäre, die lohnbezogenen Krankenversicherungsbeiträge abzusenken.

Diese beiden Ziele, die ich gerade geschildert habe, können mit dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, bedauerlicherweise

nicht realisiert werden, weil die Unionsseite, allen voran die Kanzlerin, auf Druck der CDU-Ministerpräsidenten eingeknickt ist.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: So ist es! Genau so!)

Wir haben es ja alle erfahren.

Aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion überwiegen die Nachteile.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wieso macht ihr es dann?)

Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein bürokratischer Irrsinn – ich sage das ganz klar –,

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Oswald Metzger GRÜNE)

der zu einem massiven Arbeitsplatzabbau im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen führen wird.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ihr tut gerade so, als ob ihr nicht dabei gewesen wärt!)

Allein die AOK Baden-Württemberg spricht von einem Abbau von Arbeitsplätzen für über 1 000 Beschäftigte.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Wenn der Gesundheitsfonds ohne teilweise Umfinanzierung so realisiert wird, wie von der großen Koalition geplant, befürchte nicht nur ich, dass es zu Leistungs- und Honorarkürzungen kommen wird, dass es eine Verschlechterung der Versorgung geben wird.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie sind doch irgendwie Bestandteil dieser Koalition! Wol- len Sie aus dieser Koalition heraus, Frau Kolle- gin?)

Die Ministerin Schmidt, sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Kretschmann, wird sich nächste Woche mit den Krankenkassen treffen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die SPD ist im Bund in der Regierung! Darf man Sie daran erinnern?)

Nachdem heute auch führende CDU-Politiker Bewegung in der Union signalisiert haben – das ist nachzulesen in der „Stuttgarter Zeitung“ –, hoffe ich, dass es eine gute Lösung geben wird, die der Situation in Baden-Württemberg gerecht wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Auf dieses Gespräch vertraue ich. Die Kassen müssen mit an Bord sein, wenn es um die Neuorientierung im Gesundheitswesen geht.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Haußmann, gestatten Sie eine Frage des Kollegen Dr. Wetzel?

Bitte schön, Herr Abg. Dr. Wetzel.

Ihr Bundesparteivorsitzender hat nach dem Beschluss, einen Gesundheitsfonds einzuführen, in der Presse erklärt, es sei erreicht worden, dass die Leistungen aufrechterhalten bleiben.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Richtig!)

Sie haben gerade gesagt, Sie befürchteten, dass sie nicht aufrechterhalten bleiben. Wer sagt jetzt die Unwahrheit, Sie oder Herr Beck?

Wenn der Fonds so kommen würde, wie geplant, ohne Veränderungen – ich hoffe auf Veränderungen in der nächsten Woche –, dann wird es sicher Leistungskürzungen geben.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Dann hat Herr Beck nicht Recht!)

Ich äußere meine Befürchtung. Im Gegensatz zu Ihnen können wir hier als frei gewählte Abgeordnete unsere Meinung sagen. Wir plappern zum Beispiel nicht alles nach, was Herr Westerwelle oder Herr Noll vorgeben.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drex- ler SPD: Im Gegensatz zur FDP! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Fürs Plappern ist die SPD be- kannt! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt hört es aber auf! – Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich die Debatte – so, wie sie gerade läuft – verfolge, denke ich mir, dass Herr Kollege Noll tatsächlich Recht haben könnte mit seiner Äußerung, dass wir hier eine riesengroße Koalition sind, bei der alle gegen diese Eckpunkte der Gesundheitsreform sind.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP – Abg. Ute Vogt SPD: Nicht gegen alle! Nur gegen den Fonds!)

Wenn ich die Sprecher der CDU höre, vernehme ich große Bedenken hinsichtlich der Risiken und Ausführungen darüber, wie schlecht das alles sei. Wenn ich die Redner von der SPD höre, höre ich nur, dass das zentrale Projekt, nämlich der Gesundheitsfonds, ein riesengroßer Murks sei. Da kann ich Ihnen wirklich nur Recht geben. Auch wir finden, dass das ein riesengroßer Murks ist.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP)

Die große Koalition ist ja mit einer ganz hohen Bringschuld angetreten. Sie ist mit der Aussage angetreten: Das ist das zentrale Projekt der großen Koalition in dieser Legislaturperiode; wir wollen eine Gesundheitsreform auf den Weg bringen, die tatsächlich all die Probleme löst, die Rot-Grün anscheinend – wie es immer gesagt worden ist – nicht gelöst hat.

Nun stellen wir fest, dass es zu einer ganz klaren Verschlimmbesserung gekommen ist. Denn mit diesen Eckpunkten wird nicht ein einziges zentrales Problem tatsächlich gelöst. Es wird weder das Problem der chronischen Unterfinanzierung der gesetzlichen Kassen gelöst,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

noch wird die Kostenexplosion im Arzneimittelbereich eingedämmt,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

noch wird ein Wort dazu gesagt, wie die Doppelstrukturen, die die ganze Gesundheitsversorgung so teuer machen, abgebaut werden können. Stattdessen wird ein riesiges neues Verwaltungskonstrukt aufgebaut. Auch wenn heute in der „Stuttgarter Zeitung“ steht, dass man sich vorstellen kann, dass das tatsächlich auch regional geregelt werden soll und dass sich möglicherweise Kassen zusammenschließen und einen Pool bilden und zum Beispiel die Leute aus BadenWürttemberg nicht alle entlassen werden müssen, sondern dann eben in diesem neuen Konstrukt arbeiten, ist völlig klar: Es wird eine neue Verwaltungsstruktur geben müssen, die – auch das ist schon jetzt klar – doppelt so teuer sein wird,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben! Das sagen alle Fachleute!)

wie es jetzt beim Beitragseinzug durch die Kassen der Fall ist. Es kann ja wohl nicht sein, dass mit diesen Eckpunkten insgesamt eine Verteuerung des gesamten Gesundheitssystems einhergehen wird.

Herr Haußmann hat eben – –

(Zurufe: Hoffmann!)

Herr Hoffmann. Entschuldigung. Ich denke, am Anfang ist es für mich noch in Ordnung, wenn ich die Namen nicht alle parat habe.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist nicht schlimm!)