Was die angeblich billigen Strompreise betrifft, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg, wo der Strom zu 50 % aus Kernenergie kommt, in den letzten Jahren ihre Erfahrungen gemacht.
Letztlich, Herr Kollege Mappus: Sie haben zwar die Bundestagswahl gewonnen, aber nicht wegen Ihrer Forderung nach Laufzeitverlängerung,
sondern trotz dieser Forderung. In der Bevölkerung draußen haben Sie keine Mehrheit für diese Position.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das hätten Sie gern! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: In Deutschland entscheiden aber Wahlen und nicht Ihre Umfragen!)
Die Menschen nehmen in dieser Diskussion eine ganze Reihe von Dingen wahr. Sie nehmen wahr, dass es ein Forschungsbergwerk Asse gibt, wo 100 000 Fässer aus Karlsruhe liegen und wo bereits nach 30 Jahren das Wasser durch die Stollen rauscht.
Das nehmen sie wahr. Sie nehmen wahr, dass die Energieversorgungsunternehmen nicht bereit sind, sich an den bis zu 5 Milliarden € Stilllegungskosten für Asse zu beteiligen. Sie nehmen das ganze Theater um Gorleben wahr, wo sich zunehmend herausstellt, dass da mit falschen Karten gespielt wird.
Sie nehmen wahr, dass Sie in Karlsruhe 2,7 Milliarden € in die Stilllegung einer Versuchsanlage, der WAK, hineinstecken, dass Sie aber auf der anderen Seite schon jetzt die Frage thematisieren, ob man nicht zu viel Geld in die Förderung der erneuerbaren Energien hineinsteckt. Das nehmen die Leute draußen wahr.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie nehmen auch wahr, dass die Energieversorgung ohne Kernkraft- werke nicht ausreichen kann!)
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Deshalb haben wir auch eine Mehrheit bekommen!)
Meine Damen und Herren, ich stelle noch einmal fest: Sie haben keine gesellschaftliche Mehrheit für diesen energiepolitischen Kurs, den Sie fahren.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Haben Sie das Wahlergebnis zur Kenntnis genommen, oder ist das bei den Grünen noch nicht angekommen?)
Schauen Sie sich die Ergebnisse der ganzen Umfragen an. Sie haben – das ist in den letzten Wochen und Monaten deutlich geworden – für Ihren energiepolitischen Kurs keine Mehrheit.
(Abg. Stefan Mappus CDU: Das sehen wir dann! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Der dreht doch nur an seinem Rädchen!)
Eine Laufzeitverlängerung wird letztlich dazu führen, dass die Entwicklung, die während der Regierungszeit von Rot-Grün in Gang gekommen ist und die in den letzten Jahren weitergegangen ist, nämlich dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, dass Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen wurden, dass Energieeffizienz zu einem wirtschaftspolitischen Thema geworden ist – –
schauen Sie doch einmal in die dpa-Meldungen von heute Morgen. In der Meldung von 8:41 Uhr werden Sie Folgendes finden:
In den Koalitionsverhandlungen mit der Union will die FDP eine vorzeitige Abschaltung der ältesten und vermeintlich unsichersten Atomkraftwerke (AKW) durchsetzen.
Nach Informationen der „Rheinischen Post“ ist bei der FDP die Stilllegung der Reaktoren Biblis A und B, Brunsbüttel, Neckarwestheim I und Krümmel schon 2010 im Gespräch. Willkommen im Klub, Herr Kollege Rülke!
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich habe nie etwas anderes gesagt!)
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie- der hohe Sachlichkeit in das Thema! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt kommt Sachpolitik, vorher war Polemik!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Rot-Grün sich durch den Ausgang der Bundestagswahl um die Früchte seiner Arbeit gebracht fühlt,
Für mich ist das Erste, was unverständlich ist, dass Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, diese Debatte unter dem Stichwort: „Risiken der Laufzeitverlängerung für BadenWürttemberg“ führen.
Ich erinnere einmal daran, dass der Vertrag, der sogenannte Atomkonsens zwischen Rot-Grün und den Energieversorgern, seinerzeit ausdrücklich nicht aufgrund von Sicherheitsproblemen geschlossen worden ist, sondern zur Beendigung politischer Streitfragen und deshalb, weil man gesagt hat, man wolle einen ungestörten Betrieb. Der Staat versprach damit also etwas, was er sowieso zu erbringen hat, nämlich dass er nach Recht und Gesetz handelt. Das war das Motiv. Hätte es damals ein Sicherheitsproblem gegeben, dann hätte man nicht Laufzeiten vereinbaren können, sondern dann hätte man abschalten müssen.
Jetzt ist die Situation eine andere. Ich würde Ihnen empfehlen: Instrumentalisieren Sie Sicherheitsfragen nicht, und versuchen Sie nicht, die Bevölkerung wieder mit Angstparolen zu erschrecken.
Denn schon bisher war es so, meine Damen und Herren, dass Sie gerade in zwei zentralen Fragen die Sicherheitsaspekte instrumentalisiert haben, ohne sie zu lösen. Das gilt erstens für die Endlagerfrage. Sie haben sich in dieser Vereinbarung – –
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nichts ge- schafft! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das war in der Zuständigkeit von Schavan! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Zuständigkeit: Annette Scha- van! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Von 1998 bis 2005? Garantiert! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP zu den Grünen: Als Kultusministe- rin von Baden-Württemberg! – Weitere Zurufe – Un- ruhe – Glocke des Präsidenten)
Zur Endlagerfrage: Sie haben sich in diesem sogenannten Atomkonsens eine zehnjährige Auszeit gegönnt. Wahrscheinlich haben Sie ungefähr eingeschätzt, wie die Wahlen 2009/2010 ausgehen.