Das heißt ganz einfach: Die Regenerativen sind neben der Kernkraft nicht ohne Chance, sondern sie wären ohne Kernkraft ohne Nutzen
ja –, einfach deswegen, weil wir damit eine Verschlechterung der CO2-Bilanz vermeiden. Die Kombination aus Kernkraft und Regenerativen gegen die Fossilen, das ist die richtige Strategie.
Meine Damen und Herren, wir machen nach der Wahl die Politik, die wir vor der Wahl versprochen haben. Unser Land wird sich dabei in besonderem Maß in die Debatte einbringen. Wir werden Probleme lösen, statt sie nur zu instrumentalisieren und ein politisches Spiel mit ihnen zu betreiben. Wir wollen eine sichere, umweltverträgliche und bezahlbare Stromproduktion, und wir werden für die Umwelt mehr tun, als in den letzten zehn Jahren geschehen ist.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Stefan Mappus CDU: Super! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Laufzeit dieses Politikers sollte auch verlängert werden! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das lässt sich jederzeit einrichten!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wirklich gut, dass das, was heute gesprochen wird, auch protokolliert wird. Denn wir werden Sie, Kollege Rülke und Kollege Mappus, an den Aussagen, die Sie vorhin gemacht haben, noch messen können.
Ich halte es für gut, Herr Kollege Müller, dass Sie zu diesem Thema gesprochen haben. Denn Sie haben damals als Umweltminister die Entwicklung des Atomkonsenses mitgestaltet. Jetzt möchte ich einmal aus einer anderen Sicht beleuchten, wie das Ganze damals zustande kam. Wir haben heute das Thema „Risiken der geplanten Laufzeitverlängerung“ auf der Tagesordnung. Heute geht es im Wesentlichen um Risiken. Man muss einmal aufzeigen, was da dahintersteht.
Am 14. Juni 2000 wurde zwischen den Kernkraftwerksbetreibern und der damaligen Bundesregierung vereinbart, dass man den Atomkonsens beschließt. Am 27. April 2002 trat eine entsprechende Änderung des Atomgesetzes in Kraft. Sie haben es richtig ausgeführt: Es ging um einen ungestörten Weiterbetrieb der Kernkraftanlagen. Man hat damals auch vereinbart – ich komme gleich darauf; auch wir im Umweltausschuss haben das in nicht öffentlicher Sitzung getan, mit Ihnen als Umweltminister in Baden-Württemberg –, in der Bevölkerung keine Ängste mehr in Richtung Risiken zu schüren und dafür zu sorgen, weil etwas vereinbart worden ist, weil etwas Gesetz geworden ist, dass dieses Gesetz ganz normal in Kraft treten kann. Sie hingegen kippen jetzt diesen Konsens, diese Vereinbarung, dieses Gesetz der Vorgängerregierungen – denn auch Schwarz-Rot hat es nicht aufgehoben. Herr Minister, wir alle können es nachlesen.
(Zuruf von der SPD: Exminister! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die haben ihn selbst abgesägt! – Gegen- ruf von der CDU: So wie eure in Berlin!)
Es ist gut, sich das anzusehen. Wir alle können in der Drucksache 13/955 nachlesen, was wir am 11. April 2002 im Umweltausschuss besprochen haben. Dort haben wir über das Thema „Sicherheitskonzept der baden-württembergischen Atomkraftwerke“ diskutiert. Zwischen dem Abschluss der Vereinbarung und dem Inkrafttreten des Gesetzes gab es nämlich den 11. September 2001. Sie, Herr Müller, haben damals als Minister für Umwelt und Verkehr klipp und klar dargelegt:
... kein Kernkraftwerk sei darauf ausgelegt, einem aktiv auf das Kernkraftwerk zufliegenden großen Passagierflugzeug standzuhalten.
Dann führten Sie weiter aus, dass dies damals nicht in der Planung war. Wir müssen aber beim Thema Risiko zur Kenntnis nehmen, dass es nach dem Abschluss der Vereinbarung den 11. September gab. Wir haben alle stillgehalten, weil wir gesagt haben: Es gibt eine Vereinbarung; man will einen gezielten Ausstieg. Neckarwestheim I ist hinsichtlich Flugzeugabstürzen völlig ungeschützt. Wir haben gesagt: Wir halten still, weil die Anlage 2009 vom Netz geht. Das haben wir vereinbart. Sie kündigen aber jetzt diese Vereinbarung auf, die wir auch im Land getroffen haben. Das geht so nicht. Deshalb
wünsche ich Ihnen sehr viel Spaß bei der Umsetzung dessen, was Sie heute so locker gesagt haben. Sie sagten: „Wir werden das schon machen; wir haben die politische Legitimation.“ Wir werden sehen, wie dies geht.
(Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Klaus Herr- mann CDU: Wir haben es vor der Wahl versprochen und halten uns daran! Das unterscheidet uns von an- deren!)
Sie ist trotz dieser Ankündigung so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist. Wir werden sehen, wie Sie das machen. Sie stehen gegen 70 % der Bevölkerung.
Sie müssen mit Ihren Fensterreden einmal aufhören. Sie richten sich vor allem gegen die Stadtwerke. Gestern hat Kollege Nemeth noch groß erzählt, man wolle die Stadtwerke stärken. Kraft-Wärme-Kopplung, Ausbau der erneuerbaren Energien und solche Maßnahmen gehen nur mit den Stadtwerken. Der Verband kommunaler Unternehmen spricht sich ganz klar gegen eine Laufzeitverlängerung aus; er will eine dezentrale Energieversorgung. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Stadtwerke gestärkt werden, dass mehr dezentral geschieht. Dies geht nur mit den Akteuren vor Ort. Wenn diese mit ihren Investitionen gegen abgeschriebene alte Kisten „anstinken“ müssen, denen Sie den Gewinn zuschanzen, dann – das muss ich sagen – funktioniert das nicht. Was Sie hier machen, ist wirklich stadtwerkefeindlich.
Sie richten sich genauso gegen eine gute Wirtschaftspolitik. Wir alle wissen, dass wir im Bereich der erneuerbaren Energien enorm viele Arbeitsplätze geschaffen haben. Allein bei der Erzeugung erneuerbarer Energien haben wir die doppelte Menge an Arbeitsplätzen wie bei der herkömmlichen Energieerzeugung, also bei der fossilen und der atomaren Energieerzeugung.
Allein in Baden-Württemberg bedeutet der Einstieg in die erneuerbaren Energien über 3 000 Arbeitsplätze.
Sie sind gegen eine sinnvolle Energiepolitik. Ich wünsche Ihnen hier im Land viel Spaß bei der Umsetzung des Projekts „Ausstieg aus dem Ausstieg“.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Dieser Zim- mermann soll doch einmal eine Rede halten, statt im- mer zu blöken! – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn er es mir erlaubt, Herr Kollege, stelle ich die Frage! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Herr Zimmermann, wenn Sie ruhig sind, kann der Kollege fragen!)
Herr Knapp, zu Ihrer Bemerkung zu den Stadtwerken und den Kernkraftwerken und deren Gegenüberstellung: Ist Ihnen bekannt, dass die ganz große Mehrzahl der Stadtwerke überhaupt keinen Strom produziert, sondern nur damit handelt?
Herr Kollege Nemeth, ist Ihnen bekannt, dass so gut wie alle Stadtwerke sagen, sie wollten in die Produktion?
Ist Ihnen bekannt, dass in der Energiewirtschaft im Vertrieb so gut wie nichts mehr verdient wird, dass in den Netzen, weil sie für die Bürgerinnen und Bürger reguliert sind, so gut wie nichts mehr verdient wird?
Jetzt kann man sich fragen: Wie erzeugt man? Man kann mit dem Ausstieg zementieren, dass vier große Konzerne weiterhin 80 % des Strombedarfs decken, oder man kann dafür sorgen, dass viele Stadtwerke in die Stromerzeugung einsteigen und man damit eine Dezentralisation bekommt,
dass man auch in Baden-Württemberg Arbeitsplätze vor Ort bekommt. Das ist eine gute Frage, Herr Kollege Nemeth.