(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Reinhold Gall SPD: So ein dünnes Zeug! So ein Blödsinn! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Ganz schön dünnhäutig! – Ge- genruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein, das war absolut zutreffend!)
Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Die SPD-Fraktion hat überhaupt kein Problem damit, Stärken Baden-Württembergs selbstbewusst und stolz nach außen zu vertreten. Aber bei dem Thema, über das wir heute reden, rate ich dazu, Ihre Arroganz ein bisschen hintanzustellen und nicht immer so zu tun, als ob wir in BadenWürttemberg wirklich alles besser könnten und alles besser machen würden. Hierzu taugt dieses Thema nicht.
Mit solchen Sprüchen, mit solchen Werbetexten, mit denen Sie unterwegs sind, kann man im Zweifel den einen oder anderen Wettbewerb in der Werbebranche gewinnen, die Herzen der Menschen in Deutschland gewinnen wir mit solchen Aussagen aber nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Peter Wetzel FDP/DVP: Die SPD hat in Deutschland 22 %! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Herr Innenminister, wie wäre es, wenn Sie stattdessen einmal anderen Bundesländern in bestimmten Bereichen nacheifern würden, etwa was die Polizeidichte angeht? Beim Verhältnis Einwohner zu Polizei befindet sich Baden-Württemberg nach wie vor an drittletzter Stelle in Deutschland. Damit geht man doch nicht hausieren und verkauft dies als Erfolgrezept.
Wie wäre es, wenn Sie andere Bundesländer bei der Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn, bei Beförderungsmöglichkeiten, bei Weiterbildungsmöglichkeiten als Vorbild nehmen würden? Sie hätten Grund genug, da bei anderen Bundesländern etwas abzuschauen und es dann in Baden-Württemberg entsprechend umzusetzen.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Klasse statt Masse! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP )
Sie haben das Thema Bürgerpolizei angesprochen. Der SPD braucht niemand zu sagen, was das bedeutet. Wir haben sie auf den Weg gebracht.
Das will ich deutlich sagen. Aber Sie sind auf dem besten Weg, den Anspruch, dem die Bürgerpolizei bisher gerecht geworden ist, zu verspielen, und zwar nicht durch die Polizei selbst, sondern durch die Rahmenbedingungen, in die Sie die Polizei in unserem Bundesland zwingen.
Beispiel: Private Sicherheitsdienste sind allenthalben auf dem Vormarsch und untergraben dadurch das Gewaltmonopol des Staates. Ich bin zwar sehr froh, dass sie gelegentlich auch einmal unterwegs sind. Sonst hätte es z. B. für unsere Polizeibeamten in Bopfingen übel ausgesehen. Denn vorwiegend durch den Einsatz privater Sicherheitsdienste ist es gelungen, dort die Polizei zu schützen. Man stelle sich vor, private Sicherheitsdienste in Baden-Württemberg schützen die Polizei! Wo ist da das Erfolgsrezept?
Eines ist uns außerordentlich wichtig: Vor den Erfolgen, die unsere Polizei erzielt, vor den hohen Aufklärungsquoten, für die unsere Polizei zuständig ist, ziehen wir den Hut. Dahinter steckt eine hohe Leistung. Ich sage aber dazu: Sie haben damit nichts zu tun. Das ist nicht Ihre Leistung. Sie wären gefordert, endlich einmal Ihren eigenen Beitrag zum Erfolg der Polizei beizusteuern.
Kollege Zimmermann, bei dieser Debatte wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie den Mund halten würden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist schleimig, was Sie hier machen! Jede Schne- cke kriecht schneller!)
Herr Kollege Zimmermann, ob Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei im eigenen Land damit einen Gefallen tun, wage ich zu bezweifeln.
Den neuen Polizeipräsidenten Dr. Hammann, dem wir zu diesem neuen Amt noch einmal herzlich gratulieren – es ist eine große Aufgabe, die er zu bewältigen hat –, wollen wir von dieser Stelle aus ausdrücklich ermutigen, Probleme bei der Polizei im Land lautstark beim Namen zu nennen, weil es um die Interessen der Polizei geht, aber natürlich auch, weil es den Bürgerinnen und Bürgern im Land nützt, wenn unsere Polizei Rahmenbedingungen vorfindet, unter denen sie ihrem Gesamtauftrag der Strafverfolgung, der Prävention und des Opfer schutzes gerecht werden kann.
Sie, meine Damen und Herren, bleiben aufgefordert, Verbesserungen – deren Notwendigkeit Sie zum Teil selbst sehen, in vielen Bereichen aber einfach nicht sehen wollen – zumindest in den Bereichen, die Herr Kollege Sckerl und ich aufgezählt haben, endlich einmal vorzunehmen. Das sind Sie der Polizei und vor allem auch den Bürgerinnen und Bürgern im Land schuldig. Deshalb, sage ich Ihnen, hätte der Titel der heutigen Aktuellen Debatte nicht lauten sollen: „Innere Sicherheit – Erfolgsmodell Baden-Württemberg“, sondern er hätte lauten müssen: „Innere Sicherheit Baden-Württemberg – es gibt noch jede Menge Handlungsbedarf“. Sie sind aufgefordert, dies endlich umzusetzen.
Herr Kollege Blenke, letzte Bemerkung: Dies gilt im Übrigen auch für die heute von Ihnen noch einmal angesprochene Beförderungssituation im Land. Dazu fällt mir gerade noch ein: Die Polizeigewerkschaften schlagen da im Moment kräftig Alarm. Ihr 1 400-Beförderungen-Programm wird nicht in dieser Form umgesetzt, weil Ihr Finanzminister nicht mitmacht. Am Ende wird stehen, dass Sie diese 1 400 versprochenen Beförderungen nicht umsetzen werden. Das werden wir am Ende des Tages schließlich sehen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Haben Sie mir vorhin zugehört? – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme noch einmal zum Thema „Innere Sicherheit“ auf der einen Seite und dem Spannungsbogen zu den Freiheitsrechten der Bürger auf der anderen Seite. Herr Innenminister, wirklich: Entschuldigung! Wir haben doch im letzten Jahr gemeinsam eine Debatte über das Polizeigesetz und in der zweiten Hälfte des letzten Jahres sowie der ersten Hälfte dieses Jahres eine Debatte über das Versammlungsgesetz geführt.
Zum Polizeigesetz, erster Entwurf: Kfz-Kennzeichen-Screening. Ihre im Gesetzentwurf vorgesehene Ermächtigung, das anlasslose Scannen von Kfz-Kennzeichen ohne konkrete Verdachtsmomente einzuführen, war zum gleichen Zeitpunkt, als Ihr Gesetzentwurf schon vorlag, Gegenstand einer Verfas
sungsbeschwerde gegen das bayerische Gesetz. Die in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung war damit identisch. Das wurde in Karlsruhe gestoppt. Daraufhin mussten Sie Ihren Gesetzentwurf überarbeiten. Das wissen Sie doch.
Sie können doch vor diesem Haus nicht so tun, als ob das quasi die Selbstreinigungskraft dieser Koalition gewesen wäre. Fehlanzeige! Karlsruhe hat Sie an diesem Punkt korrigiert.
Zweites Beispiel – wirklich nur ein weiteres Beispiel von vielen möglichen –: Telekommunikationsverbindungsdaten und die Ermächtigung zu deren Erhebung im Polizeigesetz, der berüchtigte § 23 a. Da schreiben Sie, nachdem das Polizeigesetz im Oktober 2008 hier im Landtag verabschiedet worden war, auf einen Antrag von uns, den wir aufgrund einer wenige Tage später ergangenen einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts eingebracht haben, wörtlich: „Diese weiter gehende Erhebungsbefugnis“ – gleicher Rechtsgrund, gleicher Rechtsfehler in Ihrem Gesetzentwurf wie beim ersten Entwurf mit dem Kfz-Kennzeichen-Screening – „läuft...“ im Hinblick auf die Herausgabe der Daten an die Polizei „bis auf Weiteres ins Leere“. „Bis auf Weiteres“ heißt: bis zur Hauptsacheentscheidung über die Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe. Sie wissen genauso gut, wie ich es weiß, dass Sie vielleicht noch im Lauf dieses Jahres, spätestens aber im ersten Halbjahr 2010 auch an diesem Punkt Ihr Polizeigesetz verfassungskonform werden machen müssen.
Selbstreinigungskraft der Koalition? Fehlanzeige. Auch hier brauchten wir Karlsruhe, um die Landesregierung vom Verfassungsbruch abzuhalten, meine Damen und Herren. So sind die Fakten. Dann sollte man auch dazu stehen. Deshalb sind Sie in diesem Bereich der Gewährung von Bürgerrechten und der inneren Sicherheit von einem Erfolgsmodell weit entfernt.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie haben schon wieder den Präsidenten vergessen! – Zuruf des Abg. Stephan Braun SPD)
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Ich kann es nur noch einmal betonen: Die Menschen in diesem Land können sich nicht nur sicher fühlen, sondern sie sind auch sicher. Sie können sich auch ihrer Bürgerrechte sicher sein, weil diese Regierung ihre Bürgerrechte nicht einschränken wird.
Zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Kollege Gall, will ich noch etwas sagen. Wo sehen Sie eine Einschränkung des Gewaltmonopols des Staates?