Protocol of the Session on July 8, 2009

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das stimmt!)

Aber wenn Sie den internationalen Vergleich dann auf die Kapitaleinkünfte ausdehnen, dann sehen Sie, dass die Kapitaleinkünfte in Deutschland zu gering besteuert werden.

(Abg. Ute Vogt SPD: So ist es!)

Das ist der Zusammenhang. Wenn wir uns darüber einig sind, dass die Arbeitseinkünfte entlastet werden müssen, dann muss man darüber reden, wie man im Gegenzug die Kapitaleinkünfte stärker heranzieht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das ist das Thema, über das wir reden, z. B. bei der Börsenumsatzsteuer. Wenn wir uns da einig sind, dann können wir für die arbeitenden Menschen etwas erreichen, nämlich eine Konzentration der Steuerentlastung auf die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Das muss aber mit einer anständigen Gegenfinanzierung bei jenen erfolgen, die stärkere Schultern haben und deshalb auch einen größeren Beitrag leis ten können.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihr Beitrag, Herr Kollege Rülke, hat mich doch bewogen, noch einmal das Wort zu ergreifen.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Das ist aber nicht gut!)

Man hat Ihrer Rede einfach angemerkt, dass Sie auch in der Krise immer das sagen, was Sie sonst immer sagen.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: So ist es! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Immer das Gleiche! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Darum muss ich Ihnen sagen: Ihre Rede geht völlig an der Wirklichkeit vorbei. Einen Facharbeiter, einen Ingenieur oder einen Banker treibt heute nicht um, ob er morgen in der kalten Progression landet, sondern ob er morgen in der Arbeitslosigkeit landet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das ist das, was die Leute umtreibt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann sagen Sie vielleicht einmal Ihre Vorschläge!)

Betriebe versuchen sich schon mit Kurzarbeit über Wasser zu halten. Bekanntlich landet man mit Kurzarbeit nicht in der kalten Progression. Die Leute befürchten, dass es, wenn wir die Krise nicht bewältigen, so bleibt und sie nach der langen Zeit der Kurzarbeit auch noch entlassen und arbeitslos werden, weil den Betrieben die Aufträge wegbrechen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Und dann von denen ver- unglimpft werden als diejenigen, die in den Betten bleiben!)

Das ist der Grund. Darum liegen Sie mit Ihrer Analyse völlig daneben und gehen auch an den Ängsten, die die Leute haben, völlig vorbei.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das stimmt doch nicht!)

Bei denen, die in den Banken schaffen, ist es genau das Gleiche: Auch sie müssen aufgrund dessen, was durch diese ganze Finanzmarktblase geschehen ist, um ihre Arbeitsplätze fürchten. Das ist der Punkt, um den sich Facharbeiter und Ingenieure in diesem Land Sorgen machen. Das ist eine völlig begründete Furcht. Die Furcht, die Sie haben, ist unbegründet.

(Beifall bei den Grünen)

In einer Situation, in der wir überhaupt keine Inflation haben, in der man eher Angst haben muss, dass sich deflationäre Tendenzen breitmachen, ist doch die kalte Progression überhaupt nicht das Problem der Zukunft. Das kann doch jeder an fünf Fingern abzählen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist das ak- tuelle Problem! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Dann warten Sie einmal ein paar Monate ab! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie wissen doch selbst, dass das Blödsinn ist, was Sie da erzählen! Spüren Sie et- was von Deflation, oder was? Das ist ja völlig dane- ben!)

Doch, so ist es, ganz genau. – Deswegen liegen Sie auch da falsch. Ich habe Ihnen schon in meinem ersten Redebeitrag gesagt: Die Leute, die Sie im Blick haben, werden ab dem Jahr 2010 massiv entlastet, indem sie die Vorsorgeaufwendungen steuerlich anrechnen können.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: 10 Milliarden €!)

Das hat ein Volumen von 40 Milliarden € bis in drei Jahren. Seien Sie einmal so gut!

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das stimmt doch nicht! Quatsch!)

Man kann doch keine Steuersenkung nach der Krise versprechen, wenn man in der Krise so massiv Schuldenberge aufgehäuft hat, wie das jetzt geschehen ist. Das ist doch einfach abenteuerlich.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP: Sie erzählen aber immer das Glei- che!)

Ja, ich erzähle das Gleiche, weil es richtig ist.

Drittens, Herr Kollege Rülke: Wie kommt man aus der Krise? Aus der Krise kommt man durch Innovationen, durch Kreativität und durch gute Bildung.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Und dazu braucht man Geld!)

Es erfordert Haushaltsmittel, um das richtig zu machen. Wenn wir also in Kernbereichen, die aus der Krise führen, etwas tun wollen, können wir in der Situation, in der uns die Steuereinnahmen wegbrechen und wir gar nicht wissen, wie wir die grundlegenden Aufgaben in diesen Bereichen – wie z. B. Kinderbetreuung oder Bildung – finanzieren sollen, die Leute doch nicht mit Steuersenkungen locken. Das ist doch einfach abwegig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Stefan Mappus CDU)

Zum Schluss, Herr Kollege Rülke: Kollege Schlachter sitzt wegen des Alphabets da hinten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bei den fi- nanzpolitischen Debatten sitzt er aber sonst vorn!)

Um Ihnen das klar zu machen, kann ich Ihnen einmal eine Anekdote erzählen. Zum Fraktionsvorsitzenden Wehner kam der Abgeordnete Zühlke und hat gesagt: Es ist doch ungerecht, dass ich, nur weil mein Name mit „Z“ anfängt, ganz hinten sitze. Da hat der Wehner zu ihm gesagt: Lass dich doch in „Arschloch“ umtaufen, dann hockst du vorn.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und Abgeordne- ten der SPD – Unruhe)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Kollege Kretschmann, ich gehe davon aus, dass dieser Vorschlag jetzt nicht als Empfehlung an den Kollegen Schlachter gemeint war.

Ich will deshalb noch etwas sagen, weil ich versprochen habe, dass ich unsere Gegenfinanzierung aufzeige, die nun erneut wieder mehrfach angezweifelt wurde.

Herr Kretschmann, Sie haben deutlich gezeigt, dass Sie nicht blicken, worum es geht.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD)

Der Facharbeiter und der Ingenieur müssen keine Angst vor der kalten Progression haben; sie sind schon lange darin und leiden darunter. Wir wollen genau daran etwas ändern, damit wieder Arbeitsplätze in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland entstehen können. Das ist die richtige Reihenfolge.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich bin sehr dankbar, dass der Ministerpräsident und der Fraktionsvorsitzende Mappus auch deutlich gesagt haben, dass wir einen Reformbedarf im Steuerrecht haben. Die FDP-Steuerreform hat eine Eigenfinanzierungskomponente – ganz klar –, finanziert sich aber nicht komplett selbst. Etwa zwei Drittel müssen gegenfinanziert werden. Dazu haben wir, auch wenn Sie es immer wieder verneinen, stets konkrete Vorschläge gemacht. Dass diese Vorschläge nicht jedem gefallen, heißt nicht, dass sie nicht umsetzbar wären.

Es geht einfach darum, dass man nicht nur die Einnahmeseite betrachtet, sondern sich auch einmal ansieht, wofür dieses Geld ausgegeben wird. Wenn wir es schaffen, die Staatsquote zu senken, dann ist der Schuldenstopp auch erreichbar – wenn nicht, wie gerade im Bund, alles aus dem Ruder läuft.

Herr Schmiedel, Ihr Oberelektroingenieur Steinbrück hat offensichtlich nicht immer erreicht, dass die Sicherungen drinbleiben. Was im Moment an Staatsverschuldung im Bund läuft, das ist aus unserer Sicht unverantwortlich.

Aber Beispiele für die Gegenfinanzierung sind die Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug und effizienterer Personaleinsatz in der Steuerverwaltung. Es gab einen Bericht unseres Rechnungshofs, der darauf hingewiesen hat:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber Sie regieren doch! Das ist lächerlich! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir sind dafür, aber Sie lehnen es ab! – Zuruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)