Protocol of the Session on July 8, 2009

Da erzählen Sie uns nun, die Steuerpolitik hätte nichts mit der Krise zu tun

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist ja eine Arroganz! – Abg. Alfred Winkler SPD: Wir wollen unseren al- ten Noll wieder haben! – Heiterkeit – Unruhe)

und die Krise sei nicht aufgrund der Steuerpolitik entstanden.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wir wollen unseren alten Noll wieder haben!)

Herr Kretschmann, herzlichen Dank für Ihren Hinweis. Das ist aber überhaupt nicht der Punkt. Wir diskutieren doch überhaupt nicht über die Ursachen der Krise, sondern wir diskutieren über eine vernünftige Steuerpolitik nach der Krise.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Es nutzt doch überhaupt nichts, wenn die Grünen hier über die Krise jammern und über mögliche Ursachen spekulieren, aber für die Zukunft kein Konzept haben. Wir brauchen doch Zukunftskonzepte; das ist der Punkt. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie geht es nach dieser Krise weiter? Da muss man sehr wohl über die Steuerpolitik reden, darüber, wie man es schafft, dass die Menschen aufstehen, um zu arbeiten, darüber, wie man es schafft, die Leute aus der Schwarzarbeit zu kriegen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dubioses Zeug! Das sind alte Kamellen, was Sie da erzählen! Alte Kamel- len!)

Über eine vernünftige Steuerpolitik kriegen Sie die Leute auch aus der Schwarzarbeit, und das wiederum führt zu einer Verbesserung der Steuereinnahmen.

(Zurufe von der SPD)

Zu euch komme ich gleich, Herr Schmiedel. – Sie erzählen immer etwas von der Reichensteuer.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die haben wir mit der CDU eingeführt!)

Das ist ja prima, freut mich. – Einerseits erzählen Sie immer: Man muss die Millionäre heranziehen; wir brauchen die Reichensteuer, da muss man zupacken. Sie haben sich auch immer eingebildet, das wäre bei Wahlen der große Renner. Bei der Europawahl haben Sie plötzlich gemerkt: Das ist nicht der große Renner.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da ging es aber nicht um die Reichensteuer, da ging es um Europa!)

Ja, ich komme gleich darauf. Da ging es um die Europawahl. Vorher haben Sie gepredigt, man müsse Reichen, wie z. B. den Familien Porsche und Piëch, mit Bürgschaften und Krediten unter die Arme greifen.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP – Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Da haben Sie plötzlich keine Berührungsängste, was die Millionäre betrifft.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So sieht es aus! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir wollen die Kredite an Firmen geben, nicht an Familien!)

Herr Schmiedel, so sieht es aus. Offensichtlich verfängt diese Politik gar nicht besonders. Deswegen müssen Sie auch die Ergebnisse der entsprechenden Umfragen verheimlichen.

Sie erzählen uns, hinterher käme die Rückzahlung. Der alte Satz von Keynes – in schlechten Zeiten muss der Staat aktiv werden, dann wird die Situation besser, die Steuereinnahmen sprudeln, und hinterher zahlen wir das zurück – hat noch nie funktioniert, bestenfalls der erste Teil. Herr Schmiedel, ich sage ganz eindeutig, Sie wären der erste Sozialdemokrat in der Geschichte, der das macht. Noch nie hat einer etwas zurückgezahlt.

(Heiterkeit des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Alfred Winkler SPD: Dummes Zeug!)

Herr Schmiedel, ich sage Ihnen: Bevor Claus Schmiedel Schul den zurückzahlt, legt sich der Hund von Ute Vogt einen Wurstvorrat zu.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Heiterkeit bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Schon wieder!)

Wir kennen den Trick, sich hinter mich zu schleichen, um ein paar Behauptungen aufzustellen, auf die ich dann nicht mehr antworten kann. Aber dieses Mal habe ich noch Redezeit.

Herr Rülke, wenn man sich darüber mokiert, dass jetzt jemand in der letzten Reihe sitzt,

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

will ich daran erinnern, dass Sie den Weg aus der letzten Reihe ganz nach vorn nur durch einen Putsch erreicht haben. Sie haben sich doch nach vorn geputscht.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wie war das bei euch? – Unruhe)

Sie müssen sich einmal entscheiden, wofür die von Ihnen geplanten Steuersenkungen sein sollen. Einmal sagen Sie: Nur durch Steuersenkungen kommen wir aus der Krise – das war Ihre erste Einlassung –; denn ohne Steuersenkungen strengen sich die Leute nicht an, und dann gibt es auch keinen Weg aus der Krise. Das war Ihre erste Behauptung.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Die zweite Behauptung war: Wir machen Pläne für die Zeit nach der Krise,

(Abg. Ingo Rust SPD: Was jetzt?)

wir senken also die Steuern, wenn wir aus der Krise herausgekommen sind. All das, was Sie machen, ist Voodoo. Da ist nichts berechnet, und deshalb funktioniert es auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Steuersenkungen auf Pump, Herr Rülke, sind wie Rücklagen auf Pump – unehrlich, versteckte Verschuldung – und sind Gott sei Dank aufgrund der Schuldenbremse künftig nicht mehr möglich.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das geht nicht, Leu- te! Das ist unglaublich!)

Deshalb muss man sich klar dafür entscheiden, dass, wenn es wieder zu Steuermehreinnahmen kommt, die Rückzahlung der jetzt notwendigerweise aufgenommenen Schulden Priorität hat und kein Raum für allgemeine Steuersenkungen besteht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ihre Aussage, wenn Porsche einen Kredit bekomme, müsse man sich Sorgen um die Rückzahlung dieses Kredits machen, ist so abstrus, dass Sie in die Abteilung Rufschädiger gehören, die in dieser Diskussion leider eine schlimmer Rolle gespielt hat.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Lesen Sie einmal das Protokoll!)

Sie haben in der Öffentlichkeit so getan, als wäre Porsche ein Not leidendes Unternehmen, dem man unter die Arme grei

fen müsse, damit es überhaupt über die Runden komme. Sie werden, wenn am Ende dieses Monats die Bilanz von Porsche veröffentlicht wird, sehen, dass das überhaupt nicht der Fall ist, sondern dass das Unternehmen floriert, dass dieses Industrieunternehmen aber – wie andere große Industrieunternehmen auch – zurzeit ein enormes Problem hat, wenn es um große Kredite geht, um die Liquidität, die Betriebsmittel sicherzustellen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Warum denn?)

Da sind die Banken nicht in der Lage, die ausfallenden ausländischen Kredite zu ersetzen. Da bedarf es eines Engagements einer Kreditanstalt. Sie können beobachten, dass schon heute darüber diskutiert wird, dass wegen dieser ausfallenden Kredite möglicherweise die Bundesbank künftig direkt in große Industriekredite einsteigen muss. Daran sehen Sie, wo das Problem liegt: Es liegt nicht daran, dass es Porsche schlecht ginge, sondern daran, dass nicht mehr die Liquidität zur Verfügung steht, die vor der Finanzkrise in Deutschland zur Verfügung gestanden hat.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Herr Mappus, es ist richtig: Im internationalen Vergleich sind die Arbeitseinkommen in Deutschland zu stark belastet. Das liegt nicht nur an den Steuern, sondern das liegt überwiegend an den Sozialabgaben.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Auch die Steuerlast bei den Arbeitseinkommen ist im internationalen Vergleich zu hoch.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das stimmt!)