Protocol of the Session on June 17, 2009

Dieser einstimmige Beschluss war ein durchdachtes Konzept zur Regelung der Gehälter in dieser Landesbank mit dem Kernpunkt: Es werden maximal 500 000 € bezahlt, wenn ein negatives IFRS-Ergebnis anfällt. Das ist also keine platte Gehaltsdeckelung, sondern eine konditionierte Deckelung, die klar an den unternehmerischen Erfolg angeknüpft war. Wir haben in dem Beschluss ausdrücklich formuliert: Wir wollen als Landtag von Baden-Württemberg, dass sich die zukünftige Gehaltsstruktur bei der Landesbank am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert. Wo ist da das Problem? Warum haben Sie das nicht umgesetzt, Herr Oettinger, als es zur Nagelprobe kam?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das heißt einmal mehr: Sie haben es in den Monaten, in denen es um die Konstruktion einer Landeslösung für die Landesbank ging, an inhaltlicher Stringenz, aber auch an strategischer Kompetenz fehlen lassen. Dies hat der Landesbank nicht gutgetan, und dies hat auch die Stellung des Eigentümers Land in Brüssel geschwächt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Zweite Nachtrag ist, wie der Erste auch schon, im verkürzten Verfahren eingebracht worden. Dies will ich ausdrücklich parlamentarisch rügen. Es erspart zwar dem Herrn Finanzminister die läs tige Pflicht einer Einbringungsrede, was ihm vielleicht ganz recht ist, aber es enthebt auch den Landtag der Möglichkeit, ausführlich über die Milliardensummen und über die komplexen Konstrukte zu diskutieren, die wir zur Landesbank gefunden haben.

Wir werden auch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Sie zwar eine unserer Forderungen im Nachtragshaushalt erfüllt haben – nämlich das Einarbeiten der Ergebnisse der Steuerschätzung –, dass Sie aber nur deshalb im Jahr 2009 ohne neue Schulden auskommen, weil Sie aus dem Jahr 2007 einen Überschuss haben, der kreditfinanziert wurde. Sie haben also unnötig Schulden gemacht, obwohl Sie schon damals die Nullneuverschuldung hätten erreichen können. Sie zehren von schlechten Schuldengeldern aus der Vergangenheit, die Sie in Rücklagen gebunkert haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: „Schulden-Herrmann“! – Abg. Reinhold Gall SPD: „Verschleierungs-Herrmann“!)

Sie weiten den Bürgschaftsrahmen aus. Auch dies ist eine Forderung von uns, und deswegen werden wir dem zustimmen. Wir brauchen jetzt einen handlungsfähigen Staat, der den Mittelständlern im Land hilft, wenn ein Sanierungskonzept vorliegt und wenn Gelder über eine Landesbürgschaft angefragt werden. Deshalb ist es richtig, diesen Bürgschaftsrahmen auszuweiten. Mich wundert bloß, dass Herr Oettinger von 2 Milliarden € notwendigem Bürgschaftsrahmen gesprochen hatte. Jetzt sind wir doch ein bisschen bescheidener. Wir werden sehen, ob es reicht. Wir werden dieser Erhöhung aber auf alle Fälle zustimmen.

Wir freuen uns auch, dass es gelungen ist, in diesen Nachtrag eine Regelung für die Privatschulen und ihre Beteiligung am Investitionsprogramm des Landes und des Bundes zu finden. Auch deshalb werden wir zustimmen.

Unterm Strich tragen wir den Zweiten Nachtragshaushalt mit.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schlachter.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tagesordnung des Landtags steht heute das Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan 2009. Auf der politischen Tagesordnung steht aber die Frage: Wie geht Baden-Württemberg als Exportland mit der globalen Krise um, der gravierendsten, die wir in den letzten 50 Jahren hatten? Wie tun wir dies vor allem vor dem Hintergrund wegbrechender Steuereinnahmen?

Dieser Zweite Nachtrag ist eigentlich nur das Präludium einer Schicksalssymphonie der nächsten Jahre. Deswegen brauchen wir nach unserer Ansicht mindestens einen mittelfris tigen Politikansatz. Wir brauchen eine parlamentarische und auch eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir diesen Weg in die Zukunft beschreiten wollen.

Es würde eine gute Regierung, eine gute Regierungsfraktion auszeichnen, wenn sie da vorangehen würde, wenn sie Vorschläge für zukünftige Finanzierungen, für Lösungen machen würde, wenn sie sagen würde, wie man sich das vorstellen kann.

Aber Sie tun eigentlich das glatte Gegenteil. Unseren Antrag auf Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2013 lehnen Sie ganz einfach ab, und dies vor dem Hintergrund, dass wir in zehn Jahren eine grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse einführen wollen. Sie möchten eigentlich nicht darüber diskutieren, was uns diese Schuldenbremse schon heute aufzwingt, nämlich über die Ausgabepolitik des Landes nachzudenken.

Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern schon heute sagen, wo wir zukünftig staatliche Aufgaben möglicherweise anders oder nicht als solche sehen, wohin wir mit dem Geld des Steuerzahlers marschieren.

Stuttgart ist schon die Hauptstadt der Kurzarbeit. Stuttgart sollte nicht auch noch die Hauptstadt der Kurzsichtigkeit werden.

(Beifall bei den Grünen)

Ungewöhnliche Zeiten, wie wir sie jetzt haben, erfordern auch außergewöhnliche Maßnahmen. Das sehen wir als GrünenLandtagsfraktion auch so. Wir können die exportorientierten Mittelständler und Handwerker in dieser Krise nicht im Regen stehen lassen. Deshalb haben wir im Frühjahr auch der Erhöhung des Bürgschaftsrahmens von 150 Millionen € auf 500 Millionen € zugestimmt.

Sie wollen den Bürgschaftsrahmen jetzt auf 1,2 Milliarden € erhöhen. Das halten wir für das falsche Signal. Seit März hat sich nämlich einiges verändert. Die schwarz-rote Bundesregierung hat einen Wirtschaftsfonds Deutschland mit einem Volumen von insgesamt 115 Milliarden € zur Rettung der Wirtschaft aufgelegt. Die Bundesregierung – die SPD im Besonderen, muss ich sagen – will Arbeitsplätze retten, die wir auch mit Bürgschaften eigentlich nicht retten können. Ich glaube, dass der Bund hier ein Garantievolumen auflegt, bei dem die Kraft, wenn es einmal notwendig würde, überhaupt nicht reicht, um nachfolgende, mögliche Lasten zu tragen.

Aber das ist es nicht allein. In diesen Vereinbarungen werden die Länder noch mit unter das Dach geholt. Bei Großbürgschaften mit einem Volumen von über 50 Millionen € sollen die Länder zur Hälfte mithaften. Nach den bestehenden Bedingungen sollen 90 % der Kredite durch die öffentliche Hand abgesichert werden. Alle Experten der Landesregierung sagen bisher: Maximal 50 %, alles andere können wir nicht machen.

Das sollen wir jetzt aber in diesem Fall bei den Großbürgschaften mitmachen, obwohl unser Landeshaushalt gegenüber dem Bundeshaushalt im Grunde ein „Winzling“ ist. Wir haben kein eigenes Steuererhebungsrecht. Wir können uns also die Einnahmen nicht selbst sichern. Außerdem sind Bedingungen vorgegeben, von denen ich glaube, dass sie insgesamt falsch sind.

(Beifall bei den Grünen)

Da wollen wir ein anderes Signal setzen. Wir meinen, dass bei den ganzen Verhandlungen auch unsere Landesregierung nicht ganz glücklich ausgesehen hat.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Herr Pfister und Herr Ministerpräsident – falls er noch da ist –: Ich glaube, Sie haben sich da ein Stück weit über den Tisch ziehen lassen.

(Beifall bei den Grünen)

Weil wir das so sehen, sagen wir heute ganz einfach: Stopp! Wir setzen uns statt einer Erhöhung des Bürgschaftsrahmens auf 1,2 Milliarden € nur für eine maßvolle Erhöhung ein. Wir müssen hier einmal Stopp zur pausenlosen milliardenschweren Vergabe von Bürgschaften sagen. Der Staat ist schlicht und ergreifend nicht in der Lage, alles aufzufangen, was in der Wirtschaftskrise gegenwärtig passiert.

Wenn es diese Angebote der Staatsbürgschaften gibt, laden wir geradezu dazu ein, dass Banken und Unternehmer ganz einfach zum Staat rennen und etwas nehmen, was es sozusagen auf dem Silbertablett gibt. Für ihre eigenen Risiken wollen sie dann nicht mehr einstehen.

Wir bitten Sie deshalb, unserem Änderungsantrag zu diesem Nachtragshaushalt zuzustimmen. Wir sind dafür, dass wir nur ein Volumen von 800 Millionen € als Bürgschaftsrahmen zur Verfügung stellen. Wir sehen das als Signal.

(Beifall bei den Grünen)

Der größte Brocken, über den wir heute debattieren, ist die Abschirmung von Risiken in einem Umfang von 12,7 Milli

arden €. Es geht um die Landesbank. Unser Ministerpräsident hat hierzu in den letzten Tagen und Wochen einige Debatten mit dem Bundesfinanzminister geführt. Eigentlich müsste er sich an dieses Pult stellen, müsste für die Landesregierung sagen: Der vorliegende Gesetzentwurf der Grünen ist genau das, was wir brauchen, um für Verhandlungen das Richtige an der Hand zu haben, wenn es um die Neustrukturierung der Landesbanken geht. Denn es ist doch klar: Wenn wir mit den anderen sieben Landesbanken jetzt Gespräche über Fusionen und Kooperationen führen sollen und wollen

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer führt denn die? Um Gottes wil- len! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

das haben wir doch zugesagt, das haben wir doch verabredet –, dann kann es nicht sein, dass wir in anderen Geschäftsgebieten herumwildern, dass wir dort Märkte aufreißen, während wir andererseits wieder wie Freunde kooperieren und fusionieren sollen. So etwas kann nicht vorangehen. Wir haben schon vor einem Jahr zu dem, was heute bei der Debatte über die Landesbanken Stand der Dinge ist, Vorschläge gemacht. Wir haben vorgeschlagen, wie wir eine neue Struktur erreichen können. Ich glaube, der Herr Ministerpräsident und andere könnten diese Vorschläge nehmen, nach Berlin reisen, und sie würden bei allen Verhandlungen nur die richtigen Trümpfe ausspielen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das wäre eine Katastro phe! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der würde sich bedanken!)

Wir dürfen jetzt natürlich keine Schnellschüsse machen; erst einmal müssen wir alle Landesbanken in Ordnung bringen. Darüber sind wir uns in diesem Haus einig. Wir dürfen auch keine „schnell vernagelten“ Kompromisse im Stil von Herrn Seehofer und Herrn Rüttgers machen. Wir sollten daraus ein finanzwirtschaftlich kluges, föderalistisches Konzept machen und auf mittlere Sicht anlegen, dass wir eine Neustruktur der Landesbanken bekommen. Eine Neuordnung bis 2010, wie es jetzt abgesprochen ist, ist wohl zu schnell. Deshalb müssen wir schon sagen, dass Herr Steinbrück in Baden-Württemberg nicht hineinreden sollte.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was jetzt? – Abg. Reinhold Gall SPD: Das wi- derspricht sich doch jetzt!)

Wir haben für diesen Rettungsschirm, ähnlich wie auch die Landesregierung, ein eigenes Konzept vorgelegt. Wir wollen den Steuerzahler schonen. Wir wollen die Bank wieder auf gesunde Beine stellen, und wir wollen natürlich auch erreichen, dass sie das aus eigener Kraft schaffen kann. Auf lange Sicht angelegt – wir haben sogar einen Zeitraum von 20 Jahren vorgesehen –, macht das Sinn. Weil auch eine Gebühr fällig wird, glaube ich, dass die EU-Kommission unserer Konzeption zustimmen wird und es da keine Probleme geben sollte.

Dass unser Vorschlag Sinn macht, zeigt auch die Vorlage der Landesregierung. Denn Sie übernehmen über viele Punkte hinweg unsere Vorschläge. Das heißt, die Denkweise ist deckungsgleich.

Allerdings gibt es zwei entscheidende Unterschiede: Zum einen meinen wir, dass es einfacher, unbürokratischer und fle

xibler ist, das Ganze über eine Ausgleichsforderung bei der EZB zu refinanzieren, als eine Anlage aufzulegen. Das enthält unser Vorschlag.

Wir meinen aber auch, dass jetzt alle Träger in der Haftung stehen müssen: das Land, die Stadt Stuttgart und die Sparkassen. Kollege Schneider, ich habe null Verständnis für das, was der Städtetag und die Sparkassen in den letzten Tagen von sich gegeben haben. Denn wer Ausschüttungen nimmt, muss auch irgendwie zu seiner Verantwortung stehen, und Verantwortung heißt für mich, vorn an der Front zu sein: mit Leib und Seele und natürlich auch mit dem Geldbeutel.

(Beifall bei den Grünen)

Ich ziehe das Fazit: Unser Modell ist schlanker und flotter. Aber das, was wir in den letzten Wochen über die Landesbank Baden-Württemberg vernommen haben, hatte eigentlich nichts mit Verantwortlichkeit gegenüber dem großen Institut zu tun, sondern es war erst eine Hengst- und Stutenbeißerei unter Teenies – so würde ich es bezeichnen –, wie man vor allem die Personalfrage geklärt hat. An die Adresse der FDP muss ich sagen: Es war ein Schaden für die Bank und ein Schaden für dieses Land. Wir Grünen machen ein solches Gezänk nicht mit.

(Beifall bei den Grünen)

Wir treten in dieser Frage dafür ein, auch aktiv hinter dieser Bank zu stehen und diese Wirtschaftskrise aktiv für das Land zu bewältigen. Ich sage noch einmal: Steuerzahler schonen, möglichst lange Hand, und das Bankhaus soll sich selbst wieder auf gesunde Beine stellen. Es soll so gesund dastehen, dass es auch ohne Staatsbürgschaften in Anspruch nehmen zu müssen, wenn irgendein Unternehmer einmal einen Furz lässt, trotzdem seine Risikoausgleichsposition wahrnehmen kann.

Deshalb sagen wir heute trotz gewisser Bedenken Ja zum Konzept der Landesregierung und werden in dieser Frage dem Nachtragshaushalt zustimmen. Allerdings erwarten wir dann von unserem Ministerpräsidenten, dass er in der Frage der Landesbankenkonsolidierung nach vorn geht. Denn eines ist wichtig: Wenn wir nach vorn gehen, wenn wir in die Offensive gehen, erreichen wir auch, dass der Standort Stuttgart für das Zentralinstitut der Sparkassen gesichert wird. Das ist eines unserer obersten Ziele, das auch Ihres sein sollte.

Wenn wir trotz gewisser Bedenken heute diesem Nachtragshaushalt zustimmen, heißt das natürlich nicht, dass wir den Landeshaushalt 2009 im Ganzen billigen. Ich möchte bitten, das auseinanderzuhalten.

Außerdem schlagen bis 2012 rund 10 Milliarden € Deckungslücken zu Buche, und ich habe von den Vorrednern noch kein Wort dazu gehört, wie wir diese Deckungslücken schließen sollen. Einen ersten Vorschlag möchte ich Ihnen gern machen. Ich folge dabei dem, was viele vernünftige Leute in den letzten Tagen zum Ausdruck gebracht haben: Lassen Sie endlich die Finger vom Milliardenloch Stuttgart 21!