(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber ande- re Minister könnten wir haben! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das war eine rechtsphiloso- phische Wolke! – Unruhe)
(Lebhafte Unruhe bei der SPD und den Grünen – Der Redner steht am Rednerpult und wartet. – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Er macht eine Schwei- geminute, um den Skandal zu würdigen! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Der FDP/DVP fällt nichts mehr ein! – Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Herr Präsident, die Uhr läuft!)
Eines steht im Fall Friedl fest: Es wurden Fehler gemacht. Die gravierendsten, folgenschwersten Fehler hat sicherlich Professor Friedl gemacht. An seinen Behandlungsfehlern leiden viele Menschen noch heute. Ihnen und ihren Angehörigen möchte ich im Namen der Fraktion unser Mitgefühl aussprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schwerer ist die Frage zu beantworten, ob im Umgang der Freiburger Universität und des Wissenschaftsministeriums mit dem Fall Friedl Fehler gemacht wurden. Lassen Sie uns einfach einen Blick auf die verschiedenen Stufen des Verfahrens werfen.
Frau Sitzmann, hätten Sie die Akten gelesen, wüssten Sie, dass Professor Friedl am 24. Oktober 2000 vom Dienst suspendiert wurde. Im kommenden Jahr kann er sein zehnjähriges Jubiläum als staatlich bezahlter Spaziergänger feiern.
Ihm wird aber nach zehn Jahren Unsicherheit über sein Schicksal ebenso wenig zum Feiern zumute sein wie uns als Vertretern der Steuerzahler.
Auf die Suspendierung folgte die Aufarbeitung durch die Strafjustiz. Am 18. Februar 2003 verurteilte das Landgericht Freiburg Professor Friedl wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tages
sätzen. Die dagegen gerichtete Berufung verwarf der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20. Januar 2004. Auch das Strafverfahren wurde also vor über fünf Jahren mit der rechtskräftigen Verurteilung endgültig abgeschlossen.
Universitätsklinik und Wissenschaftsministerium kündigten am 4. Februar 2004 die Berufungsvereinbarung zum Chefarzt der Unfallchirurgie. Am 6. Juli 2006 bestätigte das Verwaltungsgericht Freiburg die Kündigung. Mit Blick auf das laufende Disziplinarverfahren wurde dieses Chefarztkündigungsverfahren auf Antrag der Beteiligten zum Ruhen gebracht. Seitdem sind wieder fast drei Jahre ins Land gegangen.
Im Februar dieses Jahres schlossen die Universitätsklinik und Professor Friedl den allseits bekannten Vergleich. Am 24. April entschied der Verwaltungsgerichtshof abschließend über die Chefarzttätigkeit. Damit ist es amtlich: Professor Friedl wird nie wieder als Chefarzt die Universitätsklinik betreten.
Als Vertreter der Steuerzahler können wir froh und dankbar sein, dass der Verwaltungsgerichtshof diesen Beschluss gefasst hat, bevor der Vergleich vollzogen wurde. Ohne Chefarzttätigkeit gibt es keine Privatliquidation und ohne Privatliquidation keinen Ausgleich für entgangene Einnahmen aus dieser Quelle.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zurück zu der Frage, ob Fehler gemacht wurden. Das kommt nach meiner Überzeugung auf die Sichtweise an.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Logisch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das glaube ich!)
Das Handeln des Universitätsklinikums ist geprägt von einer geradezu panischen Angst, Professor Friedl könnte eines Tages wieder einen Fuß in die Freiburger Universität setzen. Wie Kollege Löffler völlig zu Recht darstellte, ist es bei Gerichten so, dass man vorher nicht weiß, wie sie entscheiden.
Wenn man also sicherstellen wollte, dass er dies nie wieder tut, dann ist es sicherlich richtig gewesen, einen Vergleich zu schließen.
Denn mit diesem Vergleich war sichergestellt, dass Friedl nie wieder als Ordinarius und auch nicht als Chefarzt in Freiburg tätig sein kann.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist wirk- lich eine Logik! Das ist wirklich der echte Liberalis- mus! Nie wieder vor Gericht gehen!)
Auf der anderen Seite muss man aber auch die sparsame Verwendung von Steuergeldern sehen. Da ist es nicht hinzunehmen, dass ein Universitätsprofessor seit fast neun Jahren auf Kosten des Steuerzahlers spazieren gehen muss. Im Wissenschaftsausschuss haben wir deshalb parteiübergreifend – da ging das noch – in einem einstimmigen Beschluss eindeutig Position bezogen. Der Vergleich musste aus der Welt, und das Disziplinarverfahren muss jetzt zügig abgeschlossen werden. Wir halten an dieser Position fest.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr wahr! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lächerlich! – Abg. Reinhold Gall SPD: Oje! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Lo- bet und danket! – Abg. Reinhold Gall SPD: Vermut- lich danken Sie dem Friedl auch noch, dass er einmal eine Operation erfolgreich zu Ende gebracht hat!)
Bleibt der zweite Teil des Beschlusses, nämlich die zügige Beendigung des Disziplinarverfahrens. Fast neun Jahre arbeiten Juristen der Universitätsklinik an diesem Fall. Alle anderen Verfahren sind längst abgeschlossen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die Sache auf Arbeitsebene jetzt weiter verschleppt. Deshalb braucht es auch keine konkreten Vorgaben für dieses Verfahren, Frau Kollegin Sitzmann. Sie hätten besser daran getan, bei der einstimmigen Linie des Wissenschaftsausschusses, die konsequent und richtig war, zu bleiben.
Dort, Frau Kollegin Sitzmann, ist es nämlich so, dass Sie nicht wirklich die Mehrheit haben. Es hätte keinen einstimmigen Beschluss des Ausschusses gegeben, wenn wir nicht gemeinsam – da bin ich den Kollegen von der CDU sehr dankbar – klargemacht hätten, wo dieser Fall hingeht.
(Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Rein- hold Gall SPD: Sie hätten doch gar nichts gemacht, wenn es keinen Druck gegeben hätte! Sie haben doch nur wieder auf öffentlichen Druck reagiert!)
Dass Sie jetzt von dieser vernünftigen Aufarbeitung durch die Justiz, von einer normalen Betreibung abweichen wollen, ist schade. Ich glaube allerdings, dass Sie keine Lust haben, die gemeinsame Linie des Parlaments, die wir im Ausschuss erreicht hatten, weiter zu verfolgen.
Da müssen Sie einfach auf Populismus setzen. Wir bleiben bei einer vernünftigen gemeinsamen Haltung.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Helen Heberer SPD: Tosender Applaus! – Abg. Werner Pfisterer CDU: Wo der Kollege recht hat, hat er recht! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Aber gerade heute halt nicht!)