Protocol of the Session on May 14, 2009

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und Frankenberg! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Der Leitgedanke unseres Ministeriums und des Klinikums in der Behandlung von Professor Friedl war, mit größtmöglicher Sicherheit auszuschließen, dass Professor Friedl je wieder als behandelnder Arzt, als Professor, als Lehrer an das Universitätsklinikum Freiburg zurückkehrt, und sicherzustellen, dass er dort auch nicht mehr seine Lehr- und Forschungstätigkeit aufnimmt.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut!)

In diesem Punkt sind wir uns, denke ich, alle einig, nämlich in dem Ziel der Behandlung der Disziplinarsache Friedl. Was uns zum Teil trennt, ist die Frage: Welcher Weg führt mit größter Wahrscheinlichkeit zu diesem Ziel?

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Es ist so, liebe Frau Sitzmann, dass Professor Friedl seit neun Jahren vom Dienst suspendiert ist. Dies soll zu einer endgültigen Entfernung aus dem Dienst führen. Das ist unser Ziel.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Mit goldenem Hand- schlag!)

Deshalb sind wir auch alle Wege des Disziplinarverfahrens gegangen. Wir haben Professor Friedl nicht schonen wollen.

Darin liegen zum Teil auch die Zeiträume begründet. Wir haben das Disziplinarverfahren dreimal erweitert, um mehr Gründe – auch solche, die im Strafverfahren keine Rolle gespielt haben – zur Hand zu haben, um es erfolgreich zu Ende zu bringen. Wir haben das nicht getan, weil wir ihn schonen wollten, sondern deshalb getan, weil wir zunächst einmal davon überzeugt waren, den Weg des Disziplinarverfahrens gehen zu müssen. Wir haben einen einmaligen Fall in Deutschland. Dazu zählt auch das Urteil, das vom VGH ergangen ist, die Bestätigung.

Wir haben die Berufungsvereinbarung gekündigt, um sozusagen eine zweite disziplinarrechtliche Front gegen Professor Friedl zu eröffnen. Dass wir den Weg in den Vergleich gegangen sind, hat nichts damit zu tun, dass wir ihn schonen wollten,

sondern damit, dass die Indizien – wir haben da ja kein Schwarzweißgemälde, sondern ein Bild, bei dem man eine Entscheidung fällen musste – eher dafür sprachen, dass der Weg, ihn über das Disziplinarverfahren aus dem Dienst zu entfernen, nicht mit der genügenden Sicherheit zum Erfolg führen würde. Nichts wäre schädlicher gewesen als ein in unserem Sinn negativer Ausgang eines solchen Disziplinarverfahrens.

Natürlich gelten auch für einen Chefarzt, der Kunstfehler begangen hat, die Grundsätze des Rechtsstaats und unseres Disziplinarrechts. Dreh- und Angelpunkt dieses Gesetzes ist § 66 Abs. 1 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes. Danach endet das Beamtenverhältnis ohne die Durchführung eines Disziplinarverfahrens kraft Gesetzes, wenn ein Beamter in einem ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts im Bundesgebiet wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,

(Zuruf von der SPD)

mit der Rechtskraft dieses Urteils. Bleibt das Strafmaß unter einem Jahr, bleibt nur der Weg über § 11 der Landesdisziplinarordnung. Danach kann ein Beamter aus dem Dienst entfernt werden, wenn das Disziplinargericht zu dem Urteil kommt, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen seines Dienstherrn oder der Allgemeinheit in seine pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und warum haben Sie das nicht herbeigeführt? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Gab es irgendwelche Zweifel?)

Hören Sie einfach weiter zu.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU zur SPD: Zuhören!)

Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme orientiert sich das Disziplinargericht aber auch am Strafmaß, das im vorangegangenen Strafverfahren verhängt worden ist. Damit ist das Disziplinarverfahren sehr eng mit dem Strafverfahren gekoppelt. Hätte in unserem Fall der VGH-Beschluss vom 24. April 2009

(Abg. Rainer Stickelberger SPD meldet sich.)

am Anfang der Rechtsprechung gestanden, hätten wir keinen Vergleich geschlossen, nicht einmal Vergleichsverhandlungen aufgenommen. Das Strafurteil wurde allerdings am 18. Februar 2003 gefällt und dieses Urteil erst am 24. April 2009.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Nein. Ich halte sozusagen ein Plädoyer in meinem Sinn.

(Zuruf von der CDU: Jawohl, das finde ich in Ord- nung! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sie vertei- digen sich doch selbst!)

Warten Sie doch einmal ab.

(Zuruf von der SPD: Das ist der Angeklagte! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das letzte Wort! – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das haben wir heute!)

Es ist doch so, dass man vor Gericht zunächst einmal den Plädoyers der Anwälte und der Verteidigung zuhört und ihre Argumentationskette auf sich wirken lässt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Genau so ist es! – Unruhe bei der SPD – Abg. Franz Unter- steller GRÜNE: Wir sind hier nicht vor Gericht! – Abg. Werner Pfisterer CDU zur Opposition: Sie ha- ben eine vorgefasste Meinung, die Sie nicht ändern wollen! Das ist das Problem bei der Gegenseite!)

Das Strafurteil des Landgerichts Freiburg blieb in seinem Strafmaß so deutlich unter der Jahresgrenze, dass wir uns infolgedessen am Disziplinarverfahren zu orientieren hatten und das Disziplinarverfahren durchführen mussten. Die Höhe des Strafmaßes blieb allerdings so erheblich unter der notwendigen Höhe einer automatischen Entfernung, dass das strafrechtliche Urteil im Disziplinarverfahren, um es vorsichtig zu sagen, nicht hilfreich war.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum?)

Die 24 Fälle, die die Staatsanwaltschaft Freiburg zur Anklage gebracht hat, sind regelrecht zusammengeschmolzen. Das Landgericht hat am 11. September 2002 in sechs Anklagepunkten die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Verurteilt hat es Professor Friedl am 18. Februar 2003 nur noch in vier Fällen, davon nur in einem Fall für eine vorsätzliche Straftat.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das langt doch!)

Für diese einzige nachgewiesene vorsätzliche Straftat hat das Landgericht Freiburg eine Einzelgeldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verhängt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das Landgericht!)

Sowohl diese Einzelstrafe in dem disziplinarrechtlich maßgebendsten Teil des Urteils als auch die Gesamtstrafe sind so deutlich unter dem Richtwert geblieben, dass das Disziplinarverfahren zunächst die einzige Möglichkeit war, das Ziel der Entfernung aus dem Dienst zu erreichen.

Hinzu kommt die Bewertung des Urteils. Das Landgericht sah – ich zitiere –

keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten die Gefahr erkennen lässt, dass der Angeklagte bei weiterer Ausübung seines Berufs erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird.

Die Revision der Staatsanwaltschaft Freiburg und des anwaltschaftlichen Vertreters von Professor Friedl gegen dieses Urteil verwarf der Bundesgerichtshof am 20. Januar 2004. Damit war das Urteil rechtskräftig.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Danach haben Sie nichts mehr gemacht! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Bereits am 5. Juli 2002 hat die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Freiburg beschlossen, die hälftige Einbehaltung der Besoldungsbezüge, die wir beantragt hatten, die wir verfügt hatten, aufzuheben. Auch dieser Beschluss ist in der nächsten Instanz bestätigt worden. Der Verwaltungsgerichtshof wies mit dem Beschluss vom 10. September 2002 die Beschwerde des Ministeriums gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg zurück.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Die haben Sie nicht einmal begründet!)

Wir sind bei unserer in der ersten Instanz gegebenen logischen Begründung geblieben. Wir wechseln unsere Meinung nicht zwischen erster und zweiter Instanz.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Auch der VGH betonte dabei – Zitat –,

dass derzeit nicht festgestellt werden kann, es werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Entfernung des Beamten aus dem Dienst erkannt werden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da gab es noch kein Urteil! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist Verschleierungstak- tik, was Sie machen! Das alles sind altbekannte Sach- verhalte!)

Es ist bereits fraglich

so die Ausführungen des VGH –,

ob das insoweit zur Last gelegte Verhalten für sich genommen überhaupt die Höchstmaßnahme rechtfertigen könnte.

Das sind lauter Sachverhalte.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Altbekannte!)