Protocol of the Session on May 13, 2009

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält der Vorsitzende der Fraktion GRÜNE, Herr Abg. Kretschmann, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Oettinger, Sie haben in Ihrer Rede von einer unverantwortlichen, öffentlich geführten Personaldebatte gesprochen. Damit haben Sie einen unserer Hauptkritikpunkte offen eingestanden.

Natürlich ist klar: Wenn Sie als Ministerpräsident in Ihrer Regierungskoalition noch nicht einmal eine Richtlinienkompetenz haben, um unverantwortliche, öffentlich geführte Debatten zu beenden, wo haben Sie dann überhaupt noch eine Richtlinienkompetenz?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es wäre doch das Mindeste an Richtlinienkompetenz, dass man wenigstens die Macht über wichtige Stilfragen hat – wenn Sie eine solche Richtlinienkompetenz offensichtlich schon in der Sache nicht haben. Wenn Sie noch nicht einmal so etwas verhindern konnten, muss man doch fragen: Was kann man von Ihnen in Zukunft überhaupt noch erwarten, wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, eine unverantwortliche, öffentlich geführte Personaldebatte zu verhindern?

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Ute Vogt SPD)

Das muss man sich doch wirklich einmal fragen.

Wenn Sie allerdings einen Koalitionspartner haben, der diese Debatte an vorderster Front mit führt – das hat er ja gemacht – und der nun diese unverantwortliche, öffentlich geführte Personaldebatte mit einer Sachfrage verbindet – wie es die FDP ja immer wieder macht –,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die nichts damit zu tun hat!)

nämlich mit der Sachfrage: „Stimmt das Parlament dem Risikoschirm für die LBBW in der Größenordnung von 12 Milliarden € zu?“,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat nichts mit der Person zu tun! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

und wenn Sie ein solches Verhalten zulassen, dann muss man sich über den Zustand Ihrer Regierungskoalition doch ernsthaft Gedanken machen. Egal, wer diese Bank führt,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der braucht diesen Schirm!)

er braucht diesen Rettungsschirm von 12 Milliarden €.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Ein solches Junktim herzustellen ist doch völlig unverantwortlich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Man muss doch einmal überlegen, was es bedeutet, wenn wir einen solchen Rettungsschirm aufspannen: ein gigantisches Risiko für den Steuerzahler.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig! Und des- wegen müssen wir auch die Personalentscheidung verantworten!)

Und da sind Sie sich nicht zu schade, eine solch wichtige Sachfrage

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

mit Ihren Ränkespielen zu verbinden, die Sie hier öffentlich aufgeführt haben. Was Sie machen, ist doch völlig unglaubwürdig!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Noll, Ihr Sprecher in diesen Fragen, Herr Theurer, hat ausweislich des Plenarprotokolls noch am 2. April 2008 gesagt, diese Landesbank sei sehr erfolgreich. Zum selben Zeitpunkt hat unser Kollege Schlachter die Größenordnung der Verluste der Landesbank Baden-Württemberg schon ziemlich genau prognostiziert. Dabei sitzen wir weder in der Vertreterversammlung noch im Verwaltungsrat.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Fragen Sie einmal, auf welcher Informationsbasis man solche Aussagen machen kann!)

Sie sitzen dort. Aber nichts hat man von Ihnen gehört.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dann darf man ein- mal fragen, warum!)

Wir haben eine Liste kritischer Anfragen im Ausschuss vorgelegt, und zwar so rechtzeitig, dass diese Fragen seriös zu beantworten gewesen wären. Wo waren denn Ihre Fragen? Fehlanzeige auf der ganzen Linie.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ein Quatsch!)

Ihr Kollege Scheffold, Herr Mappus, hat hier den Jubelperser gespielt und gesagt, die Bank befände sich in einem exzellenten Zustand. Das war im Oktober. Wenn auch Sie jetzt mit daran gedreht haben, dass Herr Jaschinski abgesägt wird, dann frage ich Sie: Haben Sie das nicht gewusst? Wozu sitzen Sie im Verwaltungsrat, Herr Kollege Mappus? Um dort kritische Fragen zu stellen, um dort über das Geschäftsmodell, über die Strategie zu reden. – Fehlanzeige. Stattdessen lassen Sie Ihre Sprecher Jubelarien singen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: So ein Quatsch!)

Wir haben nicht zum Fanclub von Herrn Jaschinski gezählt,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ach!)

wir haben ihn kritisiert.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir wollen einmal sehen, wer sich noch alles outet!)

Seine Informationspolitik, sein Schönreden und die Tatsache, dass er die Sache immer nur Schritt für Schritt dargestellt hat, waren nun wirklich höchst kritikwürdig.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja, hoppla!)

Aber von Ihnen habe ich das alles nicht gehört. Stattdessen führen Sie eine öffentliche Personaldebatte, wobei Sie die Gründe für seine Ablösung überhaupt nicht nennen.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Unru- he)

Das führt nicht nur zu irgendeinem virtuellen Schaden in der Bevölkerung – der Schaden ist natürlich groß, wenn man in der Krise und nicht etwa in guten Zeiten so etwas vorführt –, sondern das führt für die Bank natürlich zu einer Verschlechterung ihres Ratings. Da braucht man nur eins und eins zusammenzuzählen.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Es wirkt sich doch direkt auf das Rating der Bank aus. Das ist ja auch ganz logisch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn die Wirtschaft, wenn die Ratingagenturen, wenn andere Banken, wenn die Fachleute, die davon etwas verstehen, den Eindruck haben – den müssen sie ja gewinnen –, hier würden keine Sachentscheidungen gefällt,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Glauben Sie, dass Stimmungen das Rating machen?)

sondern Machtspielchen gespielt, dann nehmen sie doch zu Recht sachfremde Entscheidungen im Hinblick auf die Bank an. Das muss natürlich das Rating verschlechtern. Das ist doch völlig klar,

(Beifall bei den Grünen)

zumal man schlechte Erfahrungen mit der Führung dieser Banken gemacht hat.

Jetzt komme ich noch einmal zu dem Deckel von 500 000 €, der hier beschlossen worden ist.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Warum nicht 450 000 € oder 550 000 €? Das ist doch eine gegrif- fene Zahl!)

Das ist in der Sache jetzt vielleicht nicht die allerwichtigste Frage, aber wir müssen doch davon ausgehen, dass der allergrößte Teil der Bevölkerung uns bei diesen bankenpolitischen Fragen nicht wirklich folgen kann.