Die jeweilige Verlängerung für das integrative Schulentwicklungsprojekt, das seit über einem Jahrzehnt stattfindet, war immer verknüpft mit der Evaluation, mit der Bewertung, und in keiner einzigen dieser Unterlagen – ich habe sie dabei, falls jemand das nachlesen möchte – wurde eine kritische Aussage getroffen. Vielmehr enthält die Bewertung sehr viel Anerkennendes, Würdigendes. Es steht immer drin, dass die Arbeit in dieser Form fortzuführen sei.
Aber nachdem das Kultusministerium das letzte Mal im Jahr 2004 mitgeteilt hatte, dass dieses Modell zunächst bis zum Schuljahr 2007/2008 als integratives Schulentwicklungsprojekt genehmigt werde, gab es ein langes Ringen darum, in welcher Form dies geschehen soll. Immer wurde gesagt, an der inhaltlichen Arbeit solle sich nichts ändern. Aber die Formen, die vom Kultusministerium vorgeschlagen wurden – nämlich einen Schulverbund mit einer noch zu gründenden Schule für
geistig Behinderte, sozusagen zwei Schulen unter einem Dach, zu machen –, wie auch die Vorschläge, die dann in der Folge gemacht wurden, mit Kooperationsmodellen, mit Außenklassenmodellen – immer wieder wurde als Vorschlag das Modell der Gebhardschule in Konstanz genannt –, stoßen immer auf die gleichen Hindernisse, die die Schulgemeinschaft auch immer wieder vorgetragen hat und die sowohl wir drei Wahlkreisabgeordneten als auch die beiden Fraktionen – die Fraktion GRÜNE mit ihrer schulpolitischen Sprecherin Renate Rastätter, die sich jeweils auch vor Ort kundig gemacht hat, und die SPD-Fraktion – gesehen haben.
Für uns war immer nachvollziehbar, dass all diese Modelle aus zwei Gründen nicht gehen. Der eine Grund ist: Die Eltern haben sich bewusst für diese integrative Schulform entschieden. Sie wollten eben nicht, auch nicht im Schulverbund, sozusagen Teil einer Schule für geistig Behinderte sein, sondern sie wollten das integrative Modell. Alle Beteiligten, die sich vor Ort informiert haben, wissen, dass Eltern von weither nach Emmendingen gezogen sind, sich für die Region entschieden haben, weil sie genau dieses schulische Angebot für ihre Kinder haben wollten. Das eine ist also das inhaltliche Argument: Die integrative Arbeit darf nicht behindert werden.
Das Zweite ist ein finanzielles Argument. Auch das ist legitim. Das unterscheidet – das haben wir aber wirklich in den Gesprächen gebetsmühlenartig vorgetragen – das Modell in Konstanz von dem Modell in Emmendingen. Hier sind ein Stadtkreis und mehrere Landkreise betroffen. Wir hätten mit einer Entscheidung, sozusagen einen Schulverbund einzurichten, der Schule das Alleinstellungsmerkmal genommen, das bei den Stadt- und Landkreisen ausschlaggebend dafür war, bisher auch für Schüler aus ihren Kreisen Assistenzdienste und Fahrdienste an dieser Schule zu erstatten. Dieses Alleinstellungsmerkmal wäre der Schule genommen worden, mit existenziellen Folgen.
Im letzten Jahr ist es zumindest gelungen, eine Verlängerung des ISEP zu erreichen – allerdings mit einem ganz schwerwiegenden Wermutstropfen: Die Schüler der Klasse 1 wurden nicht mit einbezogen. Ich muss Ihnen, glaube ich, gar nicht schildern, was das für die Familien bedeutet hat, was das für eine unerträgliche Hängepartie war, was das für einen Druck erzeugt hat.
Die Schule hat sich dann entschlossen, diese Kinder zu dulden. Aber das ist natürlich nicht die Lösung, die wir uns vorstellen.
Es gibt Petitionen. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses hat in seiner Stellungnahme im Petitionsausschuss noch einmal ausdrücklich auf die UN-Konvention abgehoben, die auch von Deutschland unterschrieben wurde und die uns das integrative Bildungssystem auf allen Ebenen als Hausaufgabe mitgibt. Wir sollten jetzt aber nicht drei Jahre warten, bis die Arbeitsgruppe der Kultusminister zu Ergebnissen kommt, sondern – so gibt es uns auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg auf – jetzt handeln. Ich hoffe, dass die Buschtrommeln in Form der „Badischen Zeitung“ stimmen. Sie sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Staatssekretär im Kultusministerium, liebe Kolleginnen und Kollegen aus
den Regierungsfraktionen, dem Antrag hier Folge leisten und die unerträgliche Hängepartie, in der sich Eltern in der integrativen Waldorfschule in Emmendingen schon wieder befinden, heute beenden. Sie sollten für Klarheit sorgen, nicht in Berufung gehen und der Schule endlich die Genehmigung erteilen. Sie sollten mit der Umsetzung der UN-Konvention in Emmendingen heute beginnen, aber Sie sollten dabei nicht aufhören.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es dem Grunde nach um zwei Fragen: zum einen um die Ankündigung eines neuen Schulkonzepts für behinderte Kinder in Baden-Württemberg und zum anderen natürlich auch um die Situation der Waldorfschule in Emmendingen.
Frau Wonnay, Sie haben die Gebhardschule angesprochen. Ich glaube, ich bin unverdächtig, an alten Strukturen festhalten zu wollen. In meinem Wahlkreis befindet sich die von Ihnen genannte Gebhardschule, sie ist in meiner MdL-Zeit als Integrationsmodell geschaffen worden, und die Integrationsklasse der Gebhardschule ist heute die Blaupause für die Vorlage des Kultusministeriums für die Neuorganisation.
Ich bin Staatssekretär Wacker, der das Modell damals begleitet hat, sehr dankbar. 29 % der behinderten Kinder in BadenWürttemberg werden schon heute an Regelschulen beschult. Das zeigt, dass es weder ideologische Scheuklappen gibt noch dass es an Überlegungen gemangelt hat, wie wir unser System für behinderte Kinder im Land weiterentwickeln können. Wir hätten nicht schon heute 29 % behinderte Kinder an Regelschulen, wenn man solchen neuen Ideen gegenüber verschlossen wäre. Aber bei behinderten Kindern – und ganz besonders bei behinderten Kindern – geht Qualität vor Schnelligkeit.
Ich will aufgrund der Kürze der Redezeit – die Anträge sind leider so gestaffelt, dass die CDU heute mit einigen Ausnahmen nur wenig Redezeit zur Verfügung hat –
(Heiterkeit des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Es gibt noch den Herrn Wacker, der kann ja reden! – Abg. Ute Vogt SPD: Das scha- det nichts! – Unruhe)
Ja, wir wollen ein echtes Wahlrecht der Eltern, ob ihr Kind eine Regel- oder eine Sonderschule besuchen soll. Ich sage deutlich: Ja, wir wollen das! Ja, wir wollen auch, dass für die Kinder in Emmendingen in diesem Zusammenhang eine tragfähige Lösung gefunden wird. Ich sage aber auch: Nein, wir wollen nicht unsere Sonderschulen auflösen, sondern wir wol
len das sonderpädagogische Konzept der Sonderschulen erhalten und in die neue Angebotspalette einbeziehen.
In unseren Sonderschulen – es sind immerhin 579 in BadenWürttemberg – wird eine hervorragende Arbeit geleistet und wird mit herausragender Kompetenz gearbeitet. Die meisten anderen Bundesländer wären froh und dankbar, wenn sie ein solches System hätten, wie wir es in Baden-Württemberg haben. Viele andere Länder werben aus unseren Sonderschulen Lehrer ab, weil es eine vergleichbare Ausbildung wie bei uns dort gar nicht gibt.
Was wir überhaupt nicht wollen, ist, der Opposition bei ihrem Versuch nachzurennen, wieder eine politische Baustelle im Schulsystem aufzumachen. Hier geht es jetzt wirklich um das Eingemachte, es geht um die hohe Verantwortung, die wir für Kinder mit Behinderungen haben. Ich sage ganz deutlich: Ich wüsste nicht, wo wir im Schulsystem eine höhere Verantwortung hätten als für den Personenkreis der behinderten Kinder.
Alle anderen Bereiche in den Schulen haben sicherlich keine so hohe Sensibilität nötig wie die Beschulung von behinderten Kindern.
Lieber Herr Zeller, ich will auch Ihnen antworten. Die UNKonvention sagt – da hat sie auch recht –: Kein Mensch darf aufgrund seiner Behinderung vom allgemeinen öffentlichen Bildungswesen ausgeschlossen werden. Richtig! Nennen Sie mir bitte ein einziges Bundesland in Deutschland, das diese UN-Konvention nicht schon heute erfüllt. Baden-Württemberg erfüllt sie. Es geht nicht mehr darum, die Konvention zu erfüllen. Sie wird in Baden-Württemberg schon seit 60 Jahren erfüllt.
Es geht eher darum, ob die Form der Ausgestaltung Veränderungen braucht. Vorhin habe ich gesagt: Wir wollen Veränderungen. Wir wollen ein echtes Wahlrecht für die Eltern dieser Kinder. Wir wollen uns aber nicht in eine Situation begeben, bei der wir das Kind mit dem Bad ausschütten.
Frau Arnold hat nach ihrem FDP-Werbeblock am Anfang ihrer Rede und nach ihrer Bemerkung, dass wir immer Sonntagsreden halten würden – ich halte keine, Frau Arnold, vielleicht halten Sie welche –, ausgeführt, worum es uns geht.
Wir wollen, dass für behinderte Kinder die Regelbeschulung in Zukunft dann möglich ist, wenn dadurch das Wohl des Kindes nicht beeinträchtigt wird. Qualität geht auch hier vor den Forderungen der Opposition.
Sie wissen sehr genau, wovon ich rede. Ich will durchaus ein Problem ansprechen, das uns an der Gebhardschule in Kons tanz begegnet ist. Dort gibt es inzwischen neun Klassen. Die Klassen 1 bis 9 sind für behinderte Kinder aus dem Landkreis Konstanz zugänglich. Dort ist immer mit fünf bis sechs Kin
dern je Klasse begonnen worden. Dabei hat sich gezeigt, dass manche Kinder die jeweiligen Klassenziele gut erreicht haben, aber bei einzelnen Kindern irgendwann auch Schluss war und es mit Integration nicht mehr ging. Es muss deshalb eine Lösung für die Kinder geben, die aus dem Regelunterricht wieder ausscheiden.
Was machen wir mit denen? Wenn es nach Frau Rastätter geht, lösen wir die Sonderschulen auf. Dies ist aber keine Lösung, sondern das ist eine Nichtlösung. Ich sage es einmal ganz scharf: Das wäre verantwortungslos gegenüber all denen, die eine Regelbeschulung nicht schaffen. Das wäre verantwortungslos!
(Beifall bei der CDU – Abg. Christine Rudolf SPD: Das ist doch einfach nicht wahr! Wenn sie bei Ihnen nicht reinpassen, sollen sie rausgehen!)
Ich will noch ein paar Worte zu Emmendingen sagen. Das Jubellied – der Staatssekretär wird nachher etwas dazu sagen –, dass für diese Schule in Emmendingen heute möglicherweise eine Lösung gefunden ist, singe ich gern mit. Ob die Lösung tragfähig ist, ob die Schule mit dieser Lösung überhaupt klarkommen kann, ist noch eine ganz andere Frage. Wir haben die ganze Zeit gesagt: Wir wollen für Emmendingen eine tragfähige Lösung. Wenn wir jetzt das machen, was im Gerichtsurteil steht, nämlich die Schule als Ersatzschule anerkennen und nicht in Berufung gehen, dann haben wir möglicherweise eine Lösung für den Bereich der Sonderschullehrer. Wir haben aber noch keine Lösung – darüber sollten wir sprechen – für die Assistenzkräfte. Dies ist Sache der Eingliederungshilfe der beteiligten Landkreise. Wir haben keine Lösung für die Frage, wie die Kinder in diese Schule kommen. Da sind sehr hohe Fahrtkosten zu zahlen.
Ich habe Ihnen zugehört. Frau Wonnay, Sie haben mir in der letzten Schulausschusssitzung nicht zugehört.
Es ist nicht allein ein Problem des Landes, der Waldorfschule in Emmendingen zu helfen, sondern im Bereich der Eingliederungshilfe können die Landkreise – –
(Zuruf von der SPD: Sie haben es doch gerade ge- sagt! – Abg. Christine Rudolf SPD: Jetzt sind die an- deren schuld!)
Für die Landkreise ist damit noch nicht die Verpflichtung verbunden, diese Schule aus der Eingliederungshilfe zu unterstützen. Sie haben im Moment nicht diese Verpflichtung. Dies ist eine Satzungsfrage der beteiligten Landkreise. Ich wüsste nicht, wie das Land Baden-Württemberg per Schulgesetz in