(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der kann ruhig stehen! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Un- sere Minister stehen alle!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Werkrealschulpläne der Landesregierung sind nach Ansicht der SPDFraktion nichts anderes als ein gigantisches Hauptschulvernichtungsprogramm. Das haben Sie soeben ausgeführt. 756 Hauptschulen stehen faktisch vor dem Aus. Es sind die einzügigen Hauptschulen.
Herr Rau, als Aussonderungsfreak schaffen Sie mit der Werk realschule eine zusätzliche Schulart und werten damit die Hauptschule erneut ab.
Statt Kinder gemeinsam lernen zu lassen, schaffen Sie eine Viergliedrigkeit; statt zu fördern, grenzen Sie aus. Meine Damen und Herren, die Hauptschulen im ländlichen Raum sollen letztendlich plattgemacht werden, weil sie Ihnen – der Finanzminister hat es in der Vergangenheit auch deutlich gemacht – zu teuer sind.
Weshalb erkennen Sie nicht den Wert einer Schule im Dorf, im ländlichen Raum? Statt alle Kinder zehn Jahre gemeinsam lernen zu lassen, benachteiligen Sie mit Ihrem Konzept erneut die Hauptschulen und die Hauptschülerinnen und Hauptschüler. Weshalb dürfen nicht alle Kinder zehn Jahre gemeinsam zur Schule gehen?
und ermöglichen ihnen damit einen Hauptschul- bzw. einen Realschulabschluss und auch nach vorliegendem Konzept einen entsprechenden Realschulabschluss? Dass Sie es mit der Gleichwertigkeit des Werkrealschulabschlusses und des Re
alschulabschlusses selbst nicht ganz ernst meinen, bringen Sie mit Ihrer Grundschulempfehlung zum Ausdruck.
Weshalb sind Sie, Herr Rau, denn nicht bereit, die Werkrealschulempfehlung und die Realschulempfehlung tatsächlich gleichzusetzen?
Das machen Sie nämlich in Ihrer Konzeption nicht. Das ist im Übrigen auch eine Forderung, die der Gemeindetag so gestellt hat.
Nebenbei: Am besten wäre es ohnehin, die Grundschulempfehlung abzuschaffen und stattdessen eine qualifizierte Elternberatung herbeizuführen,
Noch Ende des letzten Jahres haben Sie, Herr Rau, von dieser Stelle aus versprochen, dass ein Versetzungszeugnis ausreicht, um die zehnte Klasse zu besuchen.
Weshalb haben Sie jetzt Ihre Meinung geändert, und weshalb wollen Sie damit Werkrealschüler schlechter stellen als Realschüler und Gymnasiasten, bei denen jeweils ein Versetzungszeugnis ausreicht, um einen entsprechenden Hauptschulabschluss bzw. Realschulabschluss zu bekommen?
Herr Kollege Zeller, Sie haben verschiedene Behauptungen aufgestellt und Annahmen formuliert, die, glaube ich, nicht zur Aufklärung in der Sache beitragen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie immer! – Abg. Stefan Mappus CDU: Das sind wir von Herrn Zeller gewohnt! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Alle richtig! Alle!)
Zum einen sprechen Sie davon, dass 756 Hauptschulen, weil sie derzeit einzügig sind, von der Landkarte verschwinden würden. Diese 756 Hauptschulen werden zu einem erheblichen Teil zusammen mit anderen Schulen Werkrealschulen bilden. Sie werden nicht von der Landkarte verschwinden, sondern sie werden in einer anderen qualifizierten Form einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Schulwesens leisten.
Selbst die Standorte können erhalten bleiben; denn es ist eine Entscheidung der Gemeinden, wo sie Standorte für Teile dieser Schulen einrichten. Machen Sie den Leuten doch nichts vor; die glauben Ihnen in diesem Punkt ohnehin nicht viel.
Dann kommen Sie auf Ihr Lieblingsthema, die kleine Gesamtschule im Dorf, zu sprechen. Was für ein Idyll! Die SPD hat über Jahre hinweg großen Schulzentren das Wort geredet,
(Abg. Stefan Mappus CDU zur SPD: Regionalschu- len! Sie drehen sich um 180 Grad! – Unruhe – Glo- cke des Präsidenten)
Jetzt versuchen Sie, den Leuten weiszumachen, dass man in jedem Dorf eine Gesamtschule, die bis zum Abitur führen kann,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wollen Sie sachlich auf die Fragen eingehen, oder wollen Sie Märchen ver- breiten? Wir sind doch nicht in der Märchenstunde! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Ihr woll- tet doch Regionalschulen! Stimmt das nicht mehr? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Warum macht man es nicht so, dass alle Schüler zehn Jahre auf eine Schule gehen können? – Weitere Zurufe – Unruhe)
Was schreit ihr denn hier herum, Leute? Die kleine Gesamtschule im Dorf, die der Kollege Zeller hier gerade als Idyll angeführt hat, ist beim besten Willen nicht in der Lage, ein differenziertes und qualifiziertes Schulwesen mit Realschulen und Werkrealschulen über Gymnasien, die zur Hochschulreife führen, und über berufliche Schulen, die ebenfalls zur Hochschulreife oder aber in die qualifizierte Berufstätigkeit führen können, zu ersetzen. Wer den Eindruck erwecken will, das könnte man alles klein, aber fein in derselben Qualität organisieren, der weckt falsche Erwartungen und Hoffnungen, die am Ende nur enttäuscht werden können.
Sie haben gesagt, dass das Versetzungszeugnis, von dem ich gesprochen habe, offensichtlich durch eine andere Qualifikation abgelöst worden sei. Erstens habe ich im vergangenen Dezember in der Aktuellen Debatte ausdrücklich gesagt, dass es sich um die Formulierung von Eckpunkten für den weiteren Prozess der Entwicklung dieser Schulart handeln wird. In der Zwischenzeit haben wir mit vielen Fachleuten unterschiedlichster Herkunft über dieses Thema beraten,
und zwar gerade zu der Frage, mit welcher Qualifikation man den Eintritt in die zehnte Klasse, die am Ende die mittlere Reife ermöglicht, schaffen kann. Von Leuten, die im Schulwesen zu Hause sind, haben wir zu dieser Frage ausschließlich den Ratschlag erhalten, hier eine Vorqualifikation festzustellen, um die jungen Menschen nicht zu enttäuschen, um ihnen nicht etwas vorzumachen, was für sie bereits ein Jahr später nicht einlösbar ist. Wir müssen den jungen Menschen auch eine realistische Orientierung ermöglichen.
Sie werden uns zugestehen, dass wir in einem solchen Entwicklungsprozess auch in unterschiedlichen Stadien noch zusätzliche Positionen und Erkenntnisse in das Konzept aufnehmen können. Jetzt befinden wir uns am Anfang der Anhörung. Die Anhörung läuft über sechs Wochen. Wir werden viele Stellungnahmen erhalten, und wir werden natürlich schauen, welche Argumente und Impulse aus diesen Stellungnahmen noch hervorgehen, die wir dann in den Gesetzentwurf einarbeiten, bevor wir ihn in die Parlamentsberatungen einbringen können. Das ist ein ganz normales, offenes, demokratisches Verfahren, wie wir es für selbstverständlich halten.
Herr Minister Rau, Sie haben eben von diesen Eckpunkten gesprochen und erwähnt, dass Sie sich nach deren Formulierung auch noch mit Experten unterhalten haben. Aber in der Regel ist es so: Wenn man ein neues Konzept entwickelt, werden zunächst mit den Eckpunkten die zentralen Pflöcke eingesetzt, und dann wird über Details und Fragen der Umsetzung diskutiert.