Protocol of the Session on December 4, 2008

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das ist eine bemerkenswerte Differenzierung. Fragen wir doch einmal, was das für unsere Hochschulen bedeutet. Objektiv gesehen, auch bundesweit, existiert ein Riesengap – Kollege Stober hat es vorhin angedeutet – zwischen den seit Jahren wachsenden Schülerzahlen bzw. der Zahl der jungen Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung auf der einen Seite – junge Menschen also, die das Recht auf ein Studium haben; diese Zahlen gehen seit Jahren kontinuierlich in die Höhe, sie sind seit 2003 bundesweit um 18 % gestiegen – und den im gleichen Zeitraum kontinuierlich sinkenden Studienanfängerzahlen auf der anderen Seite. Diese Schere geht also immer weiter auseinander. Wir stehen in Deutschland insgesamt objektiv nicht gut da; wir stehen schlecht da.

In Baden-Württemberg hatten wir die gleiche Entwicklung. In diesem Wintersemester wird in allen Bundesländern die gute Nachricht verkündet: So viele Studienanfänger gab es noch nie. Das ist in Mecklenburg-Vorpommern so, wie es auch in Baden-Württemberg ist. Alle sagen jetzt: Wunderbar, wir haben mehr Studienanfänger denn je! Im Wesentlichen ist dieses Wachstum jedoch einfach auf die demografische Entwicklung zurückzuführen. Wir haben sehr geburtenstarke Abiturientenjahrgänge, die jetzt an die Hochschulen strömen. Das ist der eine Teil der Erklärung.

Der andere Teil ist: Wir haben verbesserte Raten des Übergangs auf weiterführende Schulen, sodass größere Jahrgangskohorten an die Hochschulen kommen. Zum Glück schlägt sich das jetzt endlich auch in einem Studierendenhoch nieder, und zwar über alle Bundesländer hinweg.

Wenn wir jedoch zwischen den Bundesländern vergleichen und fragen, wie Baden-Württemberg relativ abgeschnitten hat, dann bekommen wir als Ergebnis – ich addiere die Wachstumsrate von 8 % in diesem Jahr mit der Rate von 0,3 % im letzten Jahr –

(Abg. Alfred Winkler SPD: So ist es!)

eine Wachstumsrate von 8,3 %. Wenn Sie sich die entsprechenden Zahlen bundesweit einmal anschauen, dann sehen Sie, auf welchem Platz Baden-Württemberg landet.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Erst einmal die duale Hochschule einführen! Erst einmal die richtigen Prozentzahlen nehmen!)

Welcher Platz ist das?

(Zuruf von der SPD: Platz 14!)

Es ist Platz 16. Bundesweit Schlusslicht beim Schaffen neuer Studienplätze ist Baden-Württemberg. Schlusslicht!

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Zahlen können Sie nachlesen, ich habe sie oben auch schon an die Presse weitergegeben. Sie stammen vom Statis tischen Bundesamt; ganz richtig.

(Zurufe von der SPD: Es ist nicht zu fassen! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Nur weil Sie gestern nicht mitgestimmt haben!)

Wir sind bundesweit Schlusslicht, was das Wachstum bei der Zahl der Studienplätze angeht; das galt für das letzte Jahr, und

in diesem Jahr trifft das immer noch zu. Das bedeutet: Ein Wachstum bei der Zahl der Studienplätze muss her, es muss schneller kommen, und es muss nachhaltig sein. Wir haben keinen Grund, hier in Selbstlob auszubrechen.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Aber auch nicht in Selbstmitleid! Das passt zu Ihnen: Selbstmit- leid!)

Wir haben vielmehr allen Grund, schneller zu wachsen und mehr zu tun als bisher.

Kollege Schüle, Sie haben so schön mit einem Lob auf den Wissenschaftsminister geendet. Wissen Sie: Wenn ein Fußballverein

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wir sind Hoffen- heim!)

mit einem solchen Tabellenplatz abschließt, dann ist der Trainer schneller ausgewechselt, als Sie gucken können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Abwe- gig! So eine dumme Rede!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Bachmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine alte chinesische Weisheit besagt: „Wissen schafft Zukunft.“

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Was in China gilt, gilt erst recht in Baden-Württemberg. Der einzige Rohstoff, über den unser Land verfügt, ist das Wissen in den Köpfen der Menschen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Man wusste es: Es konn- te nicht besser werden!)

Der Wohlstand unseres Landes gründet sich genau auf diesen Umstand.

Baden-Württemberg ist das Land der Tüftler und Bastler, aber auch das Land der Dichter und Denker. Was wäre die Dichtkunst ohne Schiller, was wäre die Physik ohne Einstein, und was wäre die Ingenieurskunst ohne Daimler, Benz und Bosch?

(Abg. Ingo Rust SPD: Wo kommen Sie her?)

Was den Anteil der Forschungsausgaben am Bruttosozialprodukt betrifft und was die Zahl der Patentanmeldungen betrifft, so liegen wir ganz vorn, und bei der Arbeitslosigkeit liegen wir ganz hinten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Unsere Zahlen geben den Chinesen recht: Wissen schafft Zukunft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wissen schafft die Wissenschaft. Bei der Exzellenzinitiative haben unsere Universitäten bewiesen, dass wir bundesweit ganz vorn liegen. Um beim

Beispiel Fußball zu bleiben, liebe Kollegin Bauer: Wir spielen nicht nur in der ersten Liga, wir sind nicht nur beim Fußball Tabellenführer, sondern wir sind auch bei der Exzellenz der Universitäten mit Abstand Tabellenführer.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Sind Sie Hoffenheim?)

Kollege Schüle hat schon darauf hingewiesen: Unsere bewährte duale Ausbildung haben wir gestern, als wir das Sys tem „duale Hochschule“ aus der Taufe gehoben haben, auch dem Namen nach auf den wissenschaftlichen Bereich übertragen. Das ist ein Erfolgsmodell, um das uns die halbe Welt beneidet. Immer wieder wird gefragt, wie wir unsere Betriebe mit so hervorragenden Fachleuten ausstatten können. Das ist ganz einfach: durch die duale Ausbildung, die jetzt auch im Hochschulbereich – mit dem richtigen Namen – zu neuen Ufern aufbricht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Unsere Hochschulen, unsere Fachhochschulen genießen internationale Anerkennung. Zu Recht führen sie im Amerikanischen den Titel Universität. Die Partneruniversitäten, die sie in anderen Staaten der Welt, in den USA haben – ich muss gar nicht alle aufzählen; Sie kennen sie selbst –,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch! Das wäre einmal nett! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Das geht auf seine Redezeit!)

haben in ihren Ländern ein hervorragendes Renommee und kooperieren mit unseren Hochschulen. Wir sind im Hochschulbereich ganz vorn.

Die Qualität unserer Wissenschaft allein wird unsere Zukunft aber nicht sichern. Wir können unser Wohlstandsniveau nur halten, wenn auch die Quantität stimmt. Unsere hoch spezialisierten Betriebe benötigen eine hinreichende Zahl exzellenter Fachleute. Deshalb haben wir uns in Baden-Württemberg mit dem Hochschulpakt 2020 der Bundesregierung nicht zufriedengegeben. Wir haben schon oft darauf hingewiesen, dass unser Programm „Hochschule 2012“ im Vergleich zu dem, was der Bund gibt, ein Vielfaches an Mitteln für neue Studienplätze bereitstellt.

Wir wollen und dürfen uns hier im Land nicht mit Billigstudienplätzen an Massenuniversitäten zufriedengeben.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Wir setzen hier ganz bewusst auf Qualität, auf die teuren Studienplätze im Bereich der Ingenieur- und Naturwissenschaften. Denn das sind die Studiengänge, aus denen die Ingenieure kommen, die unsere Wirtschaft auch in den nächsten Jahrzehnten an der Spitze halten werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Norbert Beck CDU)

Selbstverständlich vernachlässigen wir dabei nicht die Geis teswissenschaften. Auch dort gibt es viele Zukunftsthemen. Das ist im Land der Dichter und Denker selbstverständlich.

Wenn ein Land an der Spitze bleiben will, wenn die Universitäten ganz vorn dabei sein sollen, müssen wir ihnen auch die Möglichkeiten geben, die notwendigen Anpassungsprozesse durchzuführen. Solche Anpassungsprozesse können dazu führen – wir haben das schon vor der Sommerpause hier debattiert –, dass vorübergehend auch einmal Einbrüche bei den Studierendenzahlen vorkommen. Auch wir haben damals gesagt, dass so etwas auf längere Zeit nicht hinnehmbar ist.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Naturgesetz!)

Mit sanfter Überzeugung hat Herr Professor Dr. Frankenberg mit seinem Ministerium dafür gesorgt, dass die Hochschulen im Wintersemester 2008/2009 Rekordzahlen abliefern: Baden-Württemberg hat die höchste Studienanfängerzahl seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen.