Deswegen sage ich: Schluss mit Anti-Aging. Wieso AntiAging? Reden wir doch einmal über Pro-Aging. Was mir übrigens sehr gut gefallen hat – ich konnte neulich leider nicht dabei sein –, war der Titel einer Veranstaltung der Grünen: „Entfalten statt Liften“.
Wir können ja auch machen, was wir wollen, wir werden die Sterberate nicht unter 100 % drücken. Wir brauchen ein positives Bild vom Alter, eines, das der heutigen Realität entspricht. Wir brauchen auch ein Bild von der Jugend, das von Vertrauen geprägt ist.
Als Letztes: Es darf auch nicht ab dem Erreichen des 60. Lebensjahrs eine Inkompetenzvermutung für das Alter geben.
(Heiterkeit – Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Alle über 60- Jährigen!)
Sie wissen das, wir wissen das. Übrigens, der Altersdurchschnitt in der Landesregierung und in diesem Hohen Haus, unter den Abgeordneten des Landtags, ist um einiges höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung, aber ich habe den Eindruck, dass Sie doch noch ganz rüstig sind.
Altersbild – noch ein Beispiel, meine Damen und Herren. In der „Bild“-Zeitung wurde vor einer Woche die Bremer Sozialsenatorin angesprochen. Sie hat in einem Prüfbericht für die Kassenärztlichen Vereinigungen vorgeworfen – Zitat –, das Durchschnittsalter der Beschäftigten sei mit 45 Jahren deutlich zu hoch, weil man mit Arbeitsunfähigkeiten zu rechnen habe. Wer als Sozialsenatorin zuständig ist und so agiert, der hat den Trend der Zeit verfehlt.
Wir wollen die Älteren in die Mitte unserer Gesellschaft holen. Das muss auch die Wirtschaft wissen. Wir haben dazu einen großen Kongress „Wirtschaftskraft Alter“ abgehalten. Die Senioren sind eine hochattraktive Verbraucher-, Kunden- und Käufergruppe, und es ist die einzige Gruppe, die noch wächst.
Es gilt einfach: Der wichtigste Kunde von morgen hat graues Haar. Darauf müssen wir uns als Exportland und auch im Servicebereich, in den Dienstleistungen einstellen.
Letzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Der letzte Bereich der Schwerpunkte der Empfehlungen, die ich ansprechen möchte, ist das Thema „Bürgerschaftliches Engagement“. Meine Damen und Herren, wir können es uns als Gesellschaft überhaupt nicht erlauben, auf den Einsatz der älteren Generation, auf die gewonnenen drei Jahrzehnte zu verzichten. Wir müssen vielmehr auf diese Generation zugehen und die Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Wir brauchen die Älteren. Aber auch das ist – davon bin ich überzeugt – keine Einbahnstraße. Das erkenne ich immer wieder, wenn ich mit vielen im Land rede.
Wer eine Aufgabe hat, ist nicht alt. Wer eine Aufgabe hat, ist attraktiv für die Gemeinschaft. Wer eine Aufgabe hat, ist auch nicht einsam.
Zusammenfassend: Wir alle müssen prüfen, wo wir aktiv etwas für die Älteren tun können. Wir brauchen eine klare Leitidee. Die Leitidee kann eigentlich nur lauten: Alter ist eine Chance.
Ich glaube, wir alle gemeinsam haben mit alldem, was ich jetzt nur kurz ansprechen konnte, einen guten Grundstein gelegt. Wer die Erfolge, die wir seit dem Frühjahr 2004 auf diesem
Weg erreicht haben, negiert, wer sie in Abrede stellt, der handelt einfach unaufrichtig. Baden-Württemberg ist demografisch komfortabel aufgestellt. Ja! Aber wir können natürlich immer noch besser werden. Auch das ist keine Frage. Dafür, dass wir diese Chance auch weiterhin ergreifen, bleiben wir als Landesregierung am Ball, und dafür bin ich persönlich im Land unterwegs.
Ich glaube, es gibt nichts, was weniger für parteipolitisches Gezänk geeignet ist als gerade das Thema Demografie. Ich setze auf Ihre Weitsicht und auf Ihre konstruktive Mitarbeit. Ich lade Sie ein: Arbeiten Sie mit an der Zukunftsfähigkeit von Baden-Württemberg! Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten, damit unsere Kinder in einer Zukunft leben, die sie verdienen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: So, jetzt einmal zur Sache! – Abg. Christine Rudolf SPD: Jetzt einmal et- was Interessantes!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines stimmt, Frau Staatsrätin: Wir haben in Baden-Württemberg die jüngste Bevölkerung und die höchste Lebenserwartung. Die entscheidende Frage aber – darum muss es heute gehen, wenn wir über die Konsequenzen des demografischen Wandels für die Landespolitik diskutieren – ist doch: Was tut die Landespolitik, um die Menschen in unserem Land bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen zu unterstützen?
Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sind für die Menschen in diesem Land sehr konkret. Da wollen sie nichts über einen Demografie-Spiegel oder Ähnliches wissen. Da wollen sie wissen: Wie unterstützt die Landesregierung junge Familien dabei, Beruf und Familie zu vereinbaren?
Sie wollen wissen, wie ältere Menschen dabei unterstützt werden können, ihr Leben selbstbestimmt und in Würde so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu gestalten, ohne dabei zu vereinsamen.
Sie wollen auch wissen – und das immer nötiger –, welche Hilfen und Unterstützungen die Landesregierung Familien gibt, die mit großem Engagement ihre Eltern und ihre Großeltern pflegen.
Den Eltern, die händeringend nach einem Betreuungsplatz für ihre Kinder suchen, hilft es wenig, wenn sich die Landesre
gierung damit rühmt, dass wir die jüngste Bevölkerung aller Bundesländer haben. Die Eltern stellen sich vielmehr die Frage, warum wir beim Betreuungsangebot für Kleinkinder so lange bundesweit Schlusslicht waren und auch heute noch mit Ach und Krach nur einen Mittelfeldplatz belegen.
Den Familien, die versuchen, für ihre pflegebedürftig werdenden Eltern Hilfe zu organisieren, nützt es wenig, wenn sie erfahren, dass in unserem Land die Lebenserwartung hoch ist. Diese Familien fragen sich vielmehr, warum es in anderen Bundesländern eine vom Land mitfinanzierte Beratungsinfrastruktur gibt und in Baden-Württemberg nicht.
(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wo lebt ihr denn? – Gegenruf des Abg. Norbert Zel- ler SPD: In Baden-Württemberg! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie haben die Dimension der Aufgabe nicht verstanden!)
Wenn wir eine Antwort auf all diese Fragen suchen, dann kommen wir schnell zum entscheidenden politischen Problem: Die Landesregierung – das haben wir eben sehr anschaulich gehört – gestaltet nicht die Herausforderungen des demografischen Wandels, sondern sie reagiert bestenfalls; in den meis ten Fällen beschreibt sie sie nur.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie entfaltet Statistik!)
Sie handeln erst dann, wenn Sie durch Dritte dazu gezwungen werden. So war es z. B. beim Ausbau des Kinderbetreuungsangebots, den die SPD auf Bundesebene durch die Einführung eines Rechtsanspruchs ab 2013 maßgeblich vorangebracht hat.
Die Folge dieser Politik des Abwartens, des Zögerns, des Zauderns und des Abschiebens der Verantwortung auf andere ist:
Die Familien, aber auch die Kommunen im Land werden mit der Bewältigung des demografischen Wandels alleingelassen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Jeder Satz ein Treffer!)
Die Sozialministerin selbst hat in der letzten Woche erneut ein anschauliches Beispiel dafür geliefert. In ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder hat sie am 24. Oktober erklärt – ich darf zitieren –:
Derzeit steht bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie die junge Familie mit Kindern im Fokus. „Nicht alle Beschäftigten haben Kinder, aber alle haben Eltern... Wir müssen uns stärker bewusst werden, dass immer mehr Be