Die Gaspreise sind zu hoch. Da ist es auch ein schwacher Trost, wenn wir in der Zwischenzeit feststellen, dass innerhalb der alten Bundesländer in Deutschland die Gaspreise in Baden-Württemberg auf dem zweitniedrigsten Stand sind.
Warum ist das so? Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass es kaum eine Landeskartellrechtsbehörde in einem Wirtschaftsministerium in Deutschland gibt, die die Aufgabe
Einer der Kollegen, nämlich Dr. Rülke, hat schon darauf hingewiesen, dass in den letzten vier Jahren immerhin in mehr als 40 Fällen Missbrauchsaufsichtsverfahren eingeleitet worden sind. Das ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass wir in Baden-Württemberg trotz der insgesamt hohen Gaspreise in Deutschland, wie gesagt, noch auf dem zweitniedrigsten Stand sind.
Jetzt haben wir die Situation, dass das Kartellrecht noch einmal zusätzlich verschärft worden ist. Da gab es immer einen großen Konsens. Ich glaube, alle Fraktionen im Deutschen Bundestag und auch hier im Landtag haben sich im letzten Jahr dafür ausgesprochen, dass es aufgrund dieser mangelnden Wettbewerbssituation im Gasbereich notwendig ist – das gehört zur Marktwirtschaft –, das Kartellrecht zu verschärfen.
Was ist jetzt das Besondere an diesem novellierten Kartellrecht? Das Besondere daran ist, dass die Beweislastumkehr eingeführt worden ist. Das heißt, in der Vergangenheit war es so, dass die Kartellbehörde dem Unternehmen, in diesem Fall dem Gasunternehmen, nachweisen musste, dass es zu hohe Gaspreise hat. Das hat sich jetzt umgekehrt. Jetzt ist es so, dass ich auf die Unternehmen zugehe und die Unternehmen dann mir als Kartellbehörde nachweisen müssen, dass ihre Gaspreise in Ordnung sind. Das ist ein ganz großer Unterschied.
Das führt in der Konsequenz übrigens dazu: Wenn die Unternehmen nicht nachweisen können, dass ihre Preise in Ordnung sind, dann habe ich wiederum von mir aus die Möglichkeit, die Gaspreise herunterzusetzen. Das hat dazu geführt, dass Baden-Württemberg – die Kartellrechtsbehörde im Wirtschaftsministerium – das erste Bundesland war, das dieses Verfahren konsequent angewendet hat.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Her- vorragend!)
Im Frühjahr habe ich damit begonnen. Seit dem 1. Januar gibt es dieses Gesetz. Ich habe sofort damit begonnen und habe, wie ich das ja schon seit Jahren mache, eine Liste der Gaspreisanbieter mit ihren Preisen veröffentlicht und habe mir genau die herausgepickt, die auf den ersten Blick erkennbar besonders hohe Gaspreise hatten. Gegen die habe ich im Frühjahr zum ersten Mal ein Missbrauchsaufsichtsverfahren eingeleitet,
das zu dem Ergebnis führte, dass es gar nicht zu einem förmlichen Verfahren gekommen ist. Ich hätte das durchgezogen. Aber es ist deshalb nicht zu einem förmlichen Verfahren gekommen, weil allein diese Drohkulisse, die ich aufgebaut habe, dazu geführt hat, dass in all diesen Fällen die Gaspreiserhöhungen zurückgenommen worden sind – entweder vollständig oder teilweise.
Das ist das Instrument, das wir haben, meine Damen und Herren. Herr Kollege Pix, wenn Sie sagen, in Baden-Würt temberg würde die Landeskartellrechtsbehörde nicht funktionieren, dann muss ich meine Kollegen in Schutz nehmen. In der Zwischenzeit sind es zehn Personen, die da tätig sind. Das ist eine starke Truppe, die exzellente Arbeit leistet. Ich sage noch einmal: Baden-Württemberg war das erste Bundesland, das dieses Kartellrechtsverfahren, dieses Missbrauchsaufsichtsverfahren konsequent auf den Weg gebracht hat,
Jetzt zum zweiten Punkt. Diese Verfahren führe ich zweimal im Jahr durch, jetzt wieder im Oktober. Das war exakt zu dem Zeitpunkt, Herr Kollege Schmiedel, als Sie zur „Bild“-Zeitung gegangen sind und mich beschimpft haben. Ich habe dann aber auch zurückgeschimpft; insofern steht es unentschieden 1 : 1. Just zu diesem Zeitpunkt im Oktober habe ich neue Missbrauchsaufsichtsverfahren gegen diejenigen eingeleitet, die auf dieser Liste besonders weit oben standen. Das läuft im Augenblick.
Eines sage ich Ihnen schon heute voraus: dass nicht nur in diesen Verfahren, sondern auch in anderen, die hinzukommen werden, die Gaspreise purzeln werden, ohne dass es zu einem öffentlichen Verfahren kommt. Den ersten Erfolg haben wir schon darin gesehen – Sie haben das angedeutet –, dass die EnBW und andere – weitere werden hinzukommen – begonnen haben, jetzt ihre Gaspreise zu senken. Ich sage Ihnen voraus – das ist so sicher wie das Auftauchen des Ungeheuers von Loch Ness im Sommer –, dass die Gaspreisentwicklung nach unten gehen wird.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber wenn sie im Som- mer nach unten geht, ist es zu spät! – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)
Sie muss übrigens auch deshalb nach unten gehen, weil die Gaspreiserhöhungen bisher mit den Beschaffungskosten begründet worden sind. Mit der Ölpreisbindung stiegen die Beschaffungskosten natürlich an. Einige Zeit später wird es so sein, dass die Beschaffungskosten deutlich niedriger sind. Deshalb wird es in diesen Kartellrechtsverfahren auf jeden Fall dazu kommen, dass die Gaspreise fallen müssen.
Was ich sagen will, meine Damen und Herren: Die Politik muss sich da einmischen. Da sind wir uns ja völlig einig. Wir dürfen das nicht einfach laufen lassen.
Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, zu appellieren. Wenn Herr Kollege Glos das macht, ist das absolut richtig. Ich bin jede Woche mit den Gasanbietern zusammen, und ich appelliere selbstverständlich auch an sie, aber Appellieren reicht nicht aus. Sie müssen da eine Druckkulisse aufbauen, und diese Druckkulisse gibt der Gesetzgeber, gibt das Kartellrecht, ein verschärftes Kartellrecht.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Gibt die Politik! Deshalb sind wir ja aktiv! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Er wendet es doch an!)
Dieses Recht wende ich konsequent an, und ich habe großen Erfolg damit gehabt. Die Gaspreise sind jedenfalls im Frühjahr gefallen, und sie werden auch jetzt, in den nächsten Monaten, wieder sinken. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt: Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben – das muss man an dieser Stelle zur Abrundung einfach auch noch sagen –, dass allein das Instrument des Kartellrechts zu vernünftigen Gaspreisen oder Energiepreisen führen könnte. Es kann eine dämpfende Wirkung haben – ich habe den Mechanismus beschrieben –, aber natürlich müssen andere Faktoren hinzukommen. Solange das nicht geregelt ist, werden wir noch viele Debatten führen.
Der wichtigste Punkt ist: Im Gasbereich haben wir im Gegensatz zum Strombereich noch viel zu wenig Wettbewerb. Das ist unser Problem. Das sind oligopolistische Strukturen, die nur geändert werden können, wenn wir es schaffen, noch mehr Gasanbieter auf die Märkte zu bringen – und zwar landesweit –, damit die Menschen dann auch eine realistische Möglichkeit haben, umzusteigen.
Auch hier gibt es in der Zwischenzeit Bewegung. Allein in diesem Jahr sind fünf neue landesweite Gasanbieter auf den Markt gekommen. Konstanz hat begonnen, Friedrichshafen hat nachgezogen, andere sind dazugekommen. Das heißt, wir haben Bewegung im Markt, und wir stellen fest, dass die Menschen jetzt auch die Möglichkeit haben, umzusteigen oder sich Sondertarife gewähren zu lassen. Noch besser ist es aber, umzusteigen, wenn es die Situation gebietet.
Ich rufe die Menschen auf, dies auch zu praktizieren und umzusteigen, denn das ist die einzige Chance, in diesen Markt endlich Wettbewerb hineinzubekommen. Ich rufe die Menschen auf, das zu tun – übrigens auch deshalb, weil es ein Kinderspiel ist, den Energieanbieter zu wechseln. Das gilt für Strom genauso wie auch für Gas. Eine Postkarte genügt im Grunde. Das ist der erste Punkt, auf den man hinweisen muss.
Ein weiterer Punkt: Würde eine Entkopplung des Ölpreises und des Gaspreises etwas nutzen? Schwer zu sagen. Eines ist sicher: Es war nicht die Politik, die diese Öl-Gas-Preiskopplung vorgenommen hat. Es ist ja nicht so, dass dazu in den Fünfzigerjahren ein Gesetz durch den Deutschen Bundestag verabschiedet worden wäre, sondern das war eine Maßnahme, die die Energiewirtschaft aus bestimmten Gründen vorgenommen hat. Aber selbst unter der Voraussetzung, dass man das ändern könnte, diese Entkopplung vornehmen könnte, teile ich die Meinung einer Staatssekretärsrunde aus Bund und Ländern, bei der übrigens auch SPD-Staatssekretäre dabei waren, die alle unisono zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keine positiven Wirkungen auf den Gaspreis hätte, wenn diese Entkopplung tatsächlich käme. Ich bin auch dieser Meinung, und deshalb ist dies nicht der richtige Ansatzpunkt.
Der wichtigste Ansatzpunkt und gewissermaßen der Königsweg ist der, dass jeder Bürger dieses Landes – ich habe es
praktiziert und kann es Ihnen auf Heller und Pfennig nachweisen – heute die technischen Möglichkeiten hat, seinen Gas- oder seinen Ölpreis zu halbieren. Die technischen Möglichkeiten, die Anwendung von Brennwerttechniken etwa im Wärmebereich oder Sonnenkollektoren auf dem Dach, aber auch andere Möglichkeiten, z. B. Wärmedämmung und vieles andere, führen nachweisbar dazu, dass jeder Bürger nach einer gewissen Investition seinen Gaspreis oder seinen Ölpreis halbieren kann, meine Damen und Herren. Diese Möglichkeiten sollte man nennen. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass die verstärkte Förderung der energetischen Sanierung, die ges tern von der Bundesregierung beschlossen wurde, wirklich zu den positiven Maßnahmen gehört. Darüber haben wir gestern schon gesprochen.
Meine Damen und Herren, was kann die Politik also tun, wenn sie erreichen will, dass die Entwicklung der Gaspreise wieder nach unten geht? Die Einsparmöglichkeiten habe ich genannt, auch die Möglichkeit, zu neuen Anbietern zu wechseln. Aber natürlich muss ich auch die konsequente Nutzung des neuen Kartellrechts nennen. Das ist ein Weg, den man nicht von heute auf morgen umsetzen kann; es ist aber ein rechtsstaatlicher Weg. Es ist der einzige Weg, der innerhalb des Kartellrechts möglich ist.
Ich möchte um Verständnis und um Ihre Fairness bitten. Sie können mir alles Mögliche vorwerfen – meinetwegen dürfen Sie das auch –, aber eines können Sie mir nicht vorwerfen. Ich behaupte mit gutem Gewissen, dass es kein Land gibt, in dem die kartellrechtlichen Möglichkeiten so konsequent genutzt werden wie im Land Baden-Württemberg.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz zum Kollegen Rülke sagen: Im Grunde haben Sie bestätigt, dass wir etwas erreicht haben, indem Sie gesagt haben, es hätte uns die Debatte verhagelt. Unsere Ankündigung „Wir wollen eine Debatte über Gaspreise führen“ muss Sie schon tief getroffen haben; der Kollege Nemeth ist da mit Ihnen genauso im Boot. Wir setzen uns bei einer Infoveranstaltung der EnBW zusammen und reden darüber, und da habe ich von Ihnen, Herr Kollege Nemeth, nicht gehört – –
(Abg. Paul Nemeth CDU: Sie kamen ja zu spät! Da war das Gespräch schon beendet! Sie müssen pünkt- lich kommen!)
Ja, ja. Wir haben aber noch in meinem Beisein über die Gaspreise gesprochen. Ich habe von Ihnen nicht gehört, dass man mit ihnen heruntergehen soll.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Als Sie ka- men, war es schon beschlossen! – Heiterkeit bei der FDP/DVP)
Es ist ein Unterschied, ob man solche Infoveranstaltungen annimmt und mit den Infos, die man dort bekommt, etwas macht oder ob man solche Infoveranstaltungen annimmt und sagt: Jawohl, das ist meine Linie, die muss ich weiterverfolgen. Dazu habe ich eine andere Einstellung. Aber es muss Sie schon tief getroffen haben, wenn Sie jetzt sagen, es hätte uns die Debatte verhagelt. Das hat uns die Debatte in keinster Weise verhagelt.
Wir können wirklich deutlich machen: Der Kollege Schmiedel hat mit seinen Schreiben, mit seinen Initiativen in der Öffentlichkeit etwas erreicht, ganz eindeutig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass der Wirtschaftsminister gesagt hat, er bestätige, dass wir wissen, wovon wir reden. Übrigens weiß auch der Kollege Schmiedel, wovon er redet.