Protocol of the Session on July 23, 2008

Über die Forderungen, mehr Geld in die Hand zu nehmen, haben wir vor vier Wochen schon einmal diskutiert. Bei aller

Mäkelei und bei allen Zahlenspielereien, die jetzt vonseiten der Opposition kommen, glaube ich: Wer zusätzlich zu allen beschlossenen Maßnahmen in den nächsten Jahren über eine halbe Milliarde Euro in die Hand nimmt, der nimmt das wirklich ernst, was uns alle sagen: Wenn ihr mehr Individualität, mehr Qualität, mehr Möglichkeiten der Entwicklung unseres Bildungswesens wollt,

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

dann müsst ihr auch Ressourcen zur Verfügung stellen. Ich glaube, das ist die wichtigste Botschaft des heutigen Tages. Das zunächst einmal vorweg.

Eines zu sagen ist mir auch wichtig: Sie wissen aus anderen Diskussionen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass Kinder auf Schuldenbergen nicht spielen können. Deswegen bin ich froh und dankbar, dass wir gemeinsam den Weg gefunden haben, wie wir diese Mehrausgaben solide, seriös und nachhaltig aus Steuermehreinnahmen finanzieren können. Sie haben gesagt, wenn die Konjunktur zurückgehe, sei die Finanzierung nicht mehr gewährleistet. Das stimmt nicht. Die Mittel werden schon jetzt aus den diesjährigen Steuermehreinnahmen für den ganzen Zeitablauf des genannten Programms reserviert. Das Programm ist also sicher, seriös und nachhaltig finanziert.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Weil es die Ehrlichkeit gebietet, muss ich sagen, dass wir Liberalen immer wieder einzelne Steuerbeschlüsse überhaupt nicht mitgetragen haben und z. B. die Mehrwertsteuererhöhung von uns abgelehnt worden ist.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Aber die Gelder aus den Mehreinnahmen nehmen Sie!)

Die Gelder fließen aber auch durch die kalte Progression, die inzwischen auch Sie beklagen, deutlich stärker.

Wir wollen ein Stück dieser Mehreinnahmen an die Menschen in diesem Land zurückgeben, und zwar nicht durch Geld und nicht durch konsumtive Ausgaben, sondern durch investive Ausgaben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir eine Investition in Bildung nicht als konsumtive Ausgaben für irgendwelche schönen Dinge sehen, sondern als die zentrale investive Ausgabe in die Chancen unserer jungen Menschen, unserer Familien. Das ist die beste Investition, mit der wir diese Steuermehreinnahmen an die Menschen in unserem Land Baden-Württemberg zurückgeben können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sehr gut!)

Um mehr Geld in die Hand zu nehmen, müssen wir auch schauen, wofür wir es ausgeben und wie wir es ausgeben. Sie, Herr Schmiedel, haben genau den richtigen Satz gesagt: Wir geben das Geld so aus, dass diejenigen vor Ort mehr Freiheit haben, um mehr Modelle, mehr Möglichkeiten, z. B. auch des gemeinsamen Lernens, verwirklichen zu können und in auto

nomer Entscheidung weitgehend nicht nur über Stellen, sondern auch über diese Mittel verfügen zu können. Wir haben damit eine langjährige Forderung verwirklicht, damit die Träger vor Ort mehr Möglichkeiten für individuelle Lösungen haben. Das ist eine Grundvoraussetzung für eine individuelle Förderung nicht nur der Leistungsschwächeren, sondern natürlich auch der Leistungsstarken; das ist keine Frage.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist ganz wichtig!)

Eine differenzierte Förderung kann ich nicht mit übergroßen Klassen machen. Deswegen ist die Absenkung des Klassenteilers in der Tat eine wichtige Voraussetzung für mehr individuelle Förderungen in den einzelnen Klassen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das fängt aber nicht in der Grundschule an! – Abg. Alfred Winkler SPD: Seit zehn Jahren!)

Ich weise noch einmal darauf hin, dass diese Absenkung des Klassenteilers in unserem gemeinsamen Papier steht. Da steht ein Satz, der so unscheinbar daher kommt: Die Schulen bewirtschaften die gemäß Organisationserlass zugewiesenen Stunden eigenständig. Ich glaube, die Menschen auf der Zuhörertribüne verstehen das nicht. Das heißt, die Schule vor Ort entscheidet, wie sie die zusätzlichen Lehrerstellen, die für die Senkung des Klassenteilers an die Schulen kommen, einsetzt. Man kann nämlich durchaus auch in größeren Klassen, wenn man individuelle Lern-, Arbeits- und Modellgruppen bildet, eine individuelle Förderung besser ermöglichen, als dies bisher möglich war.

Selbstverständlich wird man diesen Weg bei den Eingangsklassen nicht gehen. Aber es gibt auch bestehende Klassen, bei denen man durchaus lieber mehr individuelle Arbeits- und Lerngruppen machen wird, als sie in zwei Klassen zu teilen.

Für uns ist auch wichtig gewesen – auch zum Thema „Bremsen lösen“ –, dass wir für all diese Möglichkeiten der eigenständigen, selbstverantwortlichen Entwicklung der Schulen vor Ort zwischen Schulträger, Schulkonferenz, Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern ein politisches Signal gesetzt haben – ich bin dem Kultusminister sehr dankbar, dass er dies spontan gesagt hat –: Ja, das siedeln wir beim Landesinstitut für Schulentwicklung an. Das ist sozusagen ein Kompetenzzentrum, ein Beratungszentrum, damit alle diejenigen, die sich vor Ort auf den Weg zu mehr individuellen Lösungen machen, nicht gebremst, sondern befördert werden. An dieser Stelle danke ich sehr dafür, dass man diese Anregung aufgenommen hat.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich glaube, der Schlüssel zu mehr Qualität ist mit diesem Möglichmachen von mehr Individualität im Sinne von Lösungen vor Ort, aber auch Individualität in der Förderung von Kindern gegeben.

Lange hatten wir das Recht zur Budgetierung von Personalmitteln und die Umwandlung von Stellen in Mittel in unserer Programmatik immer wieder angesprochen. Ich danke auch Frau Abg. Birgit Arnold, die immer wieder auf dieses Thema hingewiesen hat. Bei aller Vergangenheitsbewältigung: Da ist

im Stillen viel Vorarbeit – Gott sei Dank im Konsens, was nicht so nach außen gedrungen ist – geleistet worden.

Übrigens: Wenn solche neuen Modelle tatsächlich vor Ort gemacht werden sollen – ich bin auch sehr zufrieden, dass wir das hinbekommen haben –, wird gesagt: Denjenigen, die in den Schulleitungen all dies managen sollen, wollen wir mehr Möglichkeiten geben. Bei beidem wird mit der angemessenen Leitungsstruktur und Leitungszeit und übrigens auch mit der Frage, wie wir geeignete Formen der Personalentwicklung hinbekommen, glaube ich, ein großer Sprung nach vorn gemacht.

Letzte Bemerkung zu diesem Kapitel: Der Ministerpräsident hat bei einer Veranstaltung von Südwestmetall über diese Möglichkeit der regionalen Bildungsnetzwerke, die wir vorhaben und die auch Teil unserer Qualitätsoffensive sind, referiert.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja und?)

Dahinter steht die Öffnung von Schule für die Gesellschaft, für wichtige Gruppen und für die Wirtschaft.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben, Herr Ministerpräsident, von den Vertretern der Wirtschaft ein klares Signal und viel Lob für diese Entwicklung der Bildungslandschaft bekommen. Wir werden diese Angebote, die an Sie ad personam gegangen sind – übrigens auch mit finanziellem Hintergrund –, selbstverständlich gern aufnehmen.

Lassen Sie mich vielleicht beiläufig noch darauf hinweisen – der Herr Ministerpräsident hat es an einer Stelle erwähnt, wo es um die Qualifikation von mehr Erzieherinnen, auch im frühpädagogischen Bereich, ging –, dass wir bei allen Verbesserungen, die mit dieser Qualitätsoffensive verbunden sind, selbstverständlich auch die Privatschulen von den Verbesserungen profitieren lassen werden, und zwar nicht nur die beruflichen, sondern auch die allgemeinbildenden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir werden heute an dieser Stelle noch das Privatschulgesetz beraten.

Lassen Sie mich auch hier nicht noch einmal rückwärtsgewandt diskutieren. Im Vorfeld dieser Bildungsoffensivediskussion haben sich viele bewegt. Ich will Ihnen jetzt einfach einmal sagen, was bei der Hauptschule in puncto längeres gemeinsames Lernen künftig möglich sein wird. Jetzt mag man über die Begrifflichkeiten streiten, solange man will. Ich weiß, hier gibt es immer viele, die bei jedem Wort sofort auf die Barrikaden gehen. Aber eines können Sie nicht leugnen, nämlich dass wir deutlich verstärkt ein längeres gemeinsames Lernen mit dieser Qualitätsoffensive Bildung möglich machen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was?)

Der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen. Kindergarten: klar. Grundschule: klar. Aber was ist denn anderes mit diesem Begriff „Zweizügige Hauptschule mit Werkrealschule“ gedacht, als dass durch teilweise gemeinsamen Unterricht und durch Kooperationen in den Eingangsklassen, wenn ich mei

ne Kinder in die fünfte Klasse schicke, noch nicht der Stempel drauf ist, welchen Abschluss mein Kind haben wird? Das ist doch das, was die Eltern in diesem Land interessiert.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie sagen immer, wir würden zu früh aussortieren.

Ich will auf noch etwas hinweisen. Wir haben das noch einmal bewusst in diese Punkte mit aufgenommen. Wir haben dankenswerterweise vieles, was schon an Programmen gemacht worden ist, noch einmal in der Zusammenschau gemacht, wobei man immer sagen kann: „Das ist mir noch zu wenig“, was ich als Opposition auch sagen würde. Ich sage: Es steckt so viel an Möglichkeiten drin. Statt immer zu mäkeln, würde ich gern haben, dass wir die Menschen vor Ort darüber informieren, was künftig möglich ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Da will ich auf einen Punkt hinweisen, wenn es um die Stärkung der Hauptschulen und um die Zweizügigkeit mit mehr Möglichkeiten des gemeinsamen Lernens geht. Falls damit wieder jemand Probleme haben sollte, weise ich darauf hin, dass ich aus einem Papier des Kultusministeriums zitiere. Darin wird genau dargestellt, wie längeres gemeinsames Lernen funktionieren kann. Es ist wirklich ein Appell an alle, dieses Modell, das auch in unserer Bildungsoffensive beinhaltet ist, obwohl wir es schon länger beschlossen haben – – Ich sage Ihnen, wer das Ganze letztlich zu machen hat:

Modalitäten der Teilnahme

Nach Zustimmung der Gesamtlehrerkonferenz

wir wollen also, dass die Lehrer dies selbst wollen –

sowie der Schulkonferenz...

Damit wissen Sie: Es sind die Eltern und die Schüler mit dabei.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Nein, jetzt nicht.