Die Privatschulverbände haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens die Anhebung der Zuschüsse auf einen Kostendeckungsgrad von mindestens 70,5 % begrüßt; sie haben aber auch – das möchte ich gar nicht verschweigen – einen Stufenplan zur Erreichung eines einheitlichen Kostendeckungsgrads von 80 % gefordert. Ich habe dafür Verständnis. Aber das Anliegen muss im Kontext der finanziellen Möglichkeiten, insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten Haushaltskonsolidierung sowie des Verzichts auf neue Schulden, gesehen werden. Wir haben mit diesem ersten Schritt, den wir heute tun, deutlich gemacht, dass wir den Vorsatz haben, die Ankündigung auch umzusetzen. Es ist wichtig, dass sich künftig alle Schulen auf einen Zuschuss in Höhe von mindestens 70,5 % nach dem Bruttokostenmodell verlassen können.
Die Anhebung der Zuschüsse nach dem vorliegenden Gesetzentwurf darf auch nicht isoliert gesehen werden. Es ist, glaube ich, wichtig, dass man sich in diesem Zusammenhang verdeutlicht, welche Schritte bereits in den vergangenen Jahren erreicht wurden. Im Jahr 2004 wurden die Zuschüsse pro Schüler angehoben, damals noch nach der alten Berechnungsgrundlage. Wir sind zu diesem Zeitpunkt auf mindestens 70 % gekommen.
Wir haben schon damals daran gearbeitet, das Bruttokostenmodell einzuführen. Das Bruttokostenmodell wurde dann im Jahr 2006 in das Privatschulgesetz übernommen. Damit hatten wir eine andere Berechnungsgrundlage und hatten wieder den Schritt vor Augen, über die 70 % zu kommen. Jetzt sind wir bei 70,5 % angekommen.
Es ist nicht unerheblich, was im Zusammenhang mit den beiden Anhebungen an finanziellen Mitteln aufgewandt wurde. Die einzelnen Schularten haben je nach Ausgangsposition bis
zu 24 % mehr Zuschüsse bekommen. Das hat ihre Situation ganz erheblich stabilisiert, und es zeigt, dass es uns mit der Wertschätzung der privaten Schulen, die wir immer wieder deutlich hervorheben, ernst ist.
Die verlässliche Partnerschaft zwischen dem Land und den Privatschulen ist für die Landesregierung ein hohes Gut. Deswegen sehe ich den Gesetzentwurf heute als einen guten Schritt voran auf dem Weg, den wir zu gehen haben. Ich denke, dass man, da im Zusammenhang mit den Privatschulen heute ansonsten nichts von überragender Bedeutung zur Beratung ansteht, die Redezeit auch nicht unnötig verlängern muss.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Man könnte meinen, die vorgelegte Änderung des Privatschulgesetzes sei eine reine Formsache, im Wesentlichen das notwendige Nachvollziehen der finanziellen Entscheidungen im Nachtragshaushalt. Doch man muss diese Gesetzesänderung in einen Gesamtzusammenhang stellen. Dann ist die finanzielle Verbesserung, die zum überwiegenden Teil den Grund- und Hauptschulen in freier Trägerschaft und damit auch den Waldorfschulen zugutekommt, eine weitere Stufe auf dem Weg bergauf, und diese Stufe ist erreicht.
Zurückblickend muss man sagen, dass einiges hat überwunden werden müssen. Ein besonders großer Schritt war die Einführung des Bruttokostenmodells, die die lang geforderte Transparenz im Vergleich von öffentlichen und privaten Schulen brachte. Jetzt befinden wir uns auf dem Weg zum Ziel eines Kostendeckungsgrads von 80 %. Zum ersten Mal – das hat der Kultusminister eben gesagt – haben die Ersatzschulen die 70-%-Marke überschritten. Das ist nach Zeiten der Haushaltskürzungen und in einer Zeit der Haushaltskonsolidierung nicht kleinzureden und wird von den freien Trägern durchaus anerkannt.
Der nicht genehmigte Betrieb einer Ersatzschule kann von der oberen Schulaufsichtsbehörde untersagt werden.
Um die Formulierung dieses zweiten Teils im Gesetz wurde gerungen. Es waren bei den Privatschulen Ängste vorhanden, dass die – ich zitiere wieder – Verwaltung ermächtigt würde, „gegebenenfalls willkürlich private Schulen zu schließen“. Das war natürlich keineswegs beabsichtigt, aber man ist dem Begehren nachgekommen, und mit der vorgesehenen neuen
Formulierung in § 6 Abs. 3 des Privatschulgesetzes sind die Privatschulverbände jetzt einverstanden.
Sehr geehrte Damen und Herren, noch ein Wort zum SPD-Antrag: Er ist eben ein typischer Oppositionsantrag, aber zur Verwunderung gibt mir Anlass, dass er von zwei Finanzpolitikern mit unterschrieben wurde, die eigentlich die Gepflogenheiten besser kennen müssten. Ein Haushalt wird als Ganzes entworfen, und wir beklagen oft genug – gerade im Finanzausschuss –, wie unbeweglich der Landeshaushalt durch Personalkosten und Solidarpakte geworden ist. Deshalb ist es nur konsequent, nach dem gerade jetzt zu beschließenden und nicht unerheblichen Schritt keine Vorfestlegungen zu treffen. Ein verantwortlicher Haushälter tut dies nämlich nicht gern.
Für die CDU-Fraktion zählt das Wort des Ministerpräsidenten vom 27. April 2005, er strebe an, in den nächsten Haushaltsjahren die Landeszuschüsse in Stufen auf 80 % anzuheben. Das hat er gerade gestern nochmals aktualisiert, indem er gesagt hat: „Wir streben eine Förderung von über 70 %, Tendenz 80 %, an.“ Wir sind jetzt heute dabei, dieses Wort einzulösen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die CDU-Fraktion weiß durchaus, welchen Stellenwert Schulen in freier Trägerschaft in unserer Gesellschaft haben. Bei insgesamt zurückgehenden Schülerzahlen steigt die Zahl der Anmeldungen an Schulen in freier Trägerschaft ziemlich konstant um fast 5 000 jährlich an. Es werden jedes Jahr neue Schulen gegründet.
Während die Zahl der Neugründungen und die Schülerzahlen bei Gymnasien und Waldorfschulen fast stagnieren, wachsen sie bei den Grund- und Hauptschulen – vielleicht gerade deswegen, weil bisher deren prozentualer Anteil mit unter 2 % extrem niedrig war. Im Unterschied zu den Grünen – sie haben ihre widersprüchliche Haltung gerade gestern wieder dokumentiert –,
die nicht wissen, ob sie sich nun über diese Neugründungen freuen sollen oder ob sie sie kritisch sehen sollen, sieht die CDU-Fraktion diese Neugründungen positiv.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wir auch! – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Sehr gut!)
Meine Damen und Herren, Erziehung und Bildung sind im Bewusstsein weit nach vorne gerückt, und wenn sich Eltern für eine Schule in freier Trägerschaft entscheiden, dann sollen sie dies können. Das hat sogar Verfassungsrang. Der Staat hat dafür den finanziellen Rahmen zu schaffen.
Das Land Baden-Württemberg bemüht sich außerordentlich, dies innerhalb der Gesamtverantwortung für unser Land zu leisten.
Aus diesen Gründen wird die CDU-Fraktion der Änderung des Privatschulgesetzes zustimmen, aber den Antrag der Fraktion der SPD ablehnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mit ein paar Zahlen anfangen: Im laufenden Schuljahr 2007/2008 besuchen rund 93 800 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg die allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft, kurz Privatschulen genannt. Die Zahl dieser Schüler ist gegenüber dem Vorjahr um 2,8 % – das entspricht rund 2 600 Schülern – gestiegen. Auch an den privaten beruflichen Schulen sind die Zahlen gestiegen.
(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Das ist doch gut so! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wir wis- sen, dass sie steigen!)
Wir wissen, dass die Zahlen steigen. Ich nenne diese Zahlen deshalb, weil wir auf der anderen Seite sehen müssen, dass die Schülerzahlen an den staatlichen Schulen rückläufig sind. Dies müsste uns zu denken geben.
Moment. – Das hat nicht nur damit zu tun, dass es weniger Geburten gibt. Denn an den privaten Schulen steigen die Schülerzahlen an.
Wenn Sie von den Regierungsfraktionen nicht auf die Idee kommen, darüber nachzudenken, ob vielleicht am öffentlichen Schulsystem etwas nicht in Ordnung ist, dann tun Sie mir in der Seele leid.
(Beifall bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist der Punkt! Darum geht es! – Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP: Das Bessere ist der Feind des Guten, Frau Kollegin! – Glocke der Präsidentin)
Frau Kollegin, sind Sie nicht auch mit mir der Meinung, dass eine Konkurrenz zwischen staatlichen Schulen und privaten Schulen bzw. Schulen in freier Trägerschaft sinnvoll ist und dem System insgesamt sehr nützlich ist?