In diesem Sinne, im Sinne eines echten Bildungsföderalismus, hat Baden-Württemberg in den letzten Jahren in der Tat Beachtliches geleistet.
Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten Dr. Ulrich Trautwein vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin zitieren:
Das Bildungssystem in Baden-Württemberg ist aus wissenschaftlicher Sicht ausgesprochen spannend, da sich hier eine besondere Verbindung zwischen der Wahrung traditioneller Elemente, die als schützenswert wahrgenommen werden, und einer Vorreiterrolle bei der Modernisierung des Bildungssystems findet. Zu den modernen – und von manchen anderen Ländern kopierten – Elementen gehören die beruflichen Gymnasien ebenso wie die Berufsakademien, und auch mit der Anfang des Jahrzehnts beschlossenen Reform der gymnasialen Oberstufe … übernahm Baden-Württemberg die Vorreiterrolle in einer schnell einsetzenden Welle von Reformen in anderen Bundesländern.
Besser kann man es nicht ausdrücken. Baden-Württemberg hat einen großen Beitrag zur Fortentwicklung der Bildungslandschaft in der Bundesrepublik insgesamt geleistet.
Diesen Weg gehen wir weiter. Wir sind auf einem guten Weg, denn wir sind wieder in der Vorreiterrolle. Mit unseren Projekten „Schulreifes Kind“, „Bildungshäuser“, „Jugendbegleiter“, „Pädagogischer Assistent“, „Islamischer Religionsunterricht in der Grundschule“ sind wir erneut bundesweit die Ers ten und setzen wiederum Maßstäbe für die ganze Bundesrepublik.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie sagen es, Frau Kollegin! – Zuruf: Projekte, nichts als Projekte!)
Wir beweisen aufs Neue, dass wir eines der modernsten und erfolgreichsten Bildungssysteme in Europa haben, und ich für meine Person stehe dazu und werde weiter für diese Bildungslandschaft in ihrer Differenziertheit kämpfen.
Ich werde weiter kämpfen, dass sie in ihren Grundzügen erhalten bleibt, aber dass dort, wo Entwicklung und ein weiterer Ausbau nötig sind, dies auch vonstatten gehen kann. Wir stehen vor großen Herausforderungen, und dazu möchte ich in der zweiten Runde noch ausführlich Stellung nehmen.
(Zurufe von der SPD: Noch! Noch! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist und bleibt unser Kultusminister, meine Damen und Herren, da- mit da Klarheit herrscht! – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Ute Vogt SPD: Es ist noch jeder gegangen, wenn wir es beantragt haben!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über Bildung sprechen, dann sprechen wir über die Zukunftschancen der jungen Generation. Da muss ich der Kollegin Rastätter bei dem, was sie einleitend gesagt hat, recht geben: Egal, wie gut die Ergebnisse sind, es gibt nie einen Grund, sich zurückzulehnen, und es gibt auch keinen Grund, nur Jubelarien zu singen.
Aber wenn wir kritisch unsere Aufgaben für die Zukunft definieren, dürfen wir auch sagen, wo wir stehen und was wir erreicht haben. Da das in diesem Haus nur partiell zur Kenntnis genommen wird und man es vielleicht auch nicht hören will, will ich das jetzt ganz bewusst an den Anfang meiner Rede stellen. Auf die anderen Punkte komme ich auch noch zu sprechen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Noch einmal ganz deutlich sa- gen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die gleiche Leier wie immer!)
Am 13. Juni – vor nicht einmal zwei Wochen – hat hier im Haus eine Pressekonferenz mit Professor Baumert vom MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung und mit Professor Traut wein vom gleichen Institut stattgefunden. Da ging es u. a. darum, welche Chancen sich für Jugendliche aus dem Bildungswesen in Baden-Württemberg ergeben. Professor Baumert, der ja in der Szene der Bildungsforschung in Deutschland einen ganz herausragenden Ruf genießt, hat beispielsweise gesagt, dass in Baden-Württemberg der Anteil derer, die drei Jahre nach dem Schulabschluss noch keine vollwertige Berufsausbildung haben, „sehr, sehr deutlich niedriger“ liege als im Bundesdurchschnitt. Er nannte dann als Fragestellung für eine Studie: „Woran genau liegt dieses bemerkenswert positive Ergebnis in Baden-Württemberg“,
das konkrete Chancen junger Menschen in ihrer weiteren Entwicklung über die Schule hinaus beschreibt? Darum muss es in jeder Phase gehen: die Schule nicht nur als abgeschlossenen Raum zu sehen, sondern den Zusammenhang zwischen Schule und den konkreten Chancen für den Einstieg in ein selbstverantwortetes Leben zu sehen und im Auge zu behalten. Das ist für mich eine der Hauptüberschriften über meine Bildungspolitik.
Wir haben in einigen Studien erfahren, wo wir stehen. Uns liegen Daten vor, die uns in den Vergleich zu anderen Ländern setzen. Wir können eine Reihe von Aussagen zitieren, mit denen unser Bildungswesen beurteilt wird – kompetenter, als es hier bisher vonseiten derer geschehen konnte,
Bei den bisher vorliegenden Ländervergleichen im Rahmen der PISA-Studien liegen wir innerhalb Deutschlands in der Spitzengruppe. Wir liegen in einer Spitzengruppe, deren Leistungen sich deutlich vom Durchschnittswert Deutschlands abheben und die damit auch international eine ganz andere Platzierung einnimmt als Deutschland insgesamt.
Nun hat sich Deutschland aber schon deutlich nach vorn entwickelt: Die Ergebnisse der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 waren wirklich problematisch. Da lag Deutschland bei den drei Leistungsparametern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften auf den Plätzen 21, 20 und 20 unter 30 teilnehmenden Ländern.
Inzwischen nehmen fast 60 Länder an der PISA-Studie teil. Deutschland liegt jetzt auf den Plätzen 14, 14 und 8. Da wir deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegen, befinden wir uns mittlerweile in der internationalen Spitzengruppe. Die se Daten werden im November dieses Jahres veröffentlicht. Sie belegen, dass wir durch unsere Arbeit in den letzten Jahren ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt haben.
Es wird immer wieder kritisch hinterfragt, wie viele Schülerinnen und Schüler das Ziel einer Schulausbildung erreichen, wie viele ein Jahr wiederholen müssen. Die Wiederholerquote wird als ein Signal dafür, dass es mit der individuellen Förderung in den Schulen nicht klappt, sehr problematisiert. Wir haben die niedrigste Wiederholerquote in ganz Deutschland.
Kein anderes Land kommt da an uns heran. Sie liegt bei 1,8 %. In der Bundesrepublik liegt sie im Durchschnitt bei 2,7 %.
Das sind nicht viele Prozentpunkte Unterschied, aber die Quote im Bundesdurchschnitt ist gegenüber dem baden-württembergischen Wert immerhin um die Hälfte höher.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat im letzten Jahr bei der Betrachtung von 13 unterschiedlichen Feldern der Bildungspolitik in der Summe festgestellt:
Die berufliche Bildung und Akademisierung gehören ebenso wie die Internationalisierung des Bildungswesens zu den Stärken des Landes. … Baden-Württemberg ist es gelungen, das hohe Bildungsniveau auszubauen.
Ich lege großen Wert auf den Hinweis, dass alle diese Elemente einen Beitrag dazu zu leisten haben, die Chancen der jungen Menschen auszubauen.
Die Wirtschaft in Baden-Württemberg hat im letzten Jahr wieder deutlich mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt, nämlich 81 000. Das ist ein Plus von 7 %. In diesem Jahr setzt sich dieser Trend fort. Das geht nur, wenn die Schulen ihrer
Aufgabe nachkommen, die Jugendlichen so zur Ausbildungsreife zu bringen, dass diese mit diesem Angebot etwas anfangen können.
Wir haben in Baden-Württemberg die höchste Berufsabschlussquote aller Länder in Deutschland. 93 % schließen eine Ausbildung ab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das funktioniert nur, weil wir ein Bildungssystem haben, in dem die Durchlässigkeit oberste Priorität genießt. Das heißt nicht, dass wir alle in eine Schule stecken und sagen: „Jetzt seid ihr beieinander, dann werdet ihr auch das Gleiche erreichen.“ Das ist schon immer ein Trugschluss gewesen. Ich werde das nachher noch an Beispielen deutlich machen. Es ist entscheidend, dass ein differenziertes Schulsystem gewährleistet, dass die Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichen Wegen zu einem bestmöglichen Erfolg kommen können.
Bei uns in Baden-Württemberg machen heute 45 % der Hauptschüler einen mittleren Bildungsabschluss, erwerben die mittlere Reife.
50 % eines Altersjahrgangs – das ist der höchste Wert in Deutschland – erreichen mittlerweile in unseren Schulen auf unterschiedlichen Wegen eine Studienberechtigung. Die Hälfte davon erreichen sie nicht im allgemeinbildenden Gymnasium. Das ist eine sensationelle Erfolgsquote für die beruflichen Schulen in unserem Land. Auch hier liegen wir im Bundesvergleich mit großem Abstand auf Platz 1.