Protocol of the Session on June 4, 2008

Ich danke Ihnen und bitte Sie weiterhin um eine gute Zusammenarbeit mit den neu berufenen Ministern.

An dieser Stelle danke ich dem ausscheidenden Finanzminis ter, Herrn Kollegen Gerhard Stratthaus, für die langjährige, erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich spreche ihm meinen persönlichen Dank und die Anerkennung für die im Land geleisteten erfolgreichen Dienste aus. Für seine künftigen Aufgaben und persönlich wünsche ich ihm alles Gute für viele Jahre.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Kabinettsumbildung zur Mitte der Legislaturperiode, die Schwachstellen beseitigt, die die Regierungsmannschaft stärkt und neue Impulse in die Regierungsarbeit bringt, ist in Ordnung.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sehr gut!)

Aber das, was Sie, Herr Ministerpräsident, heute vorlegen und wofür Sie um Zustimmung bitten, erfüllt keinen dieser Ansprüche. Sie schicken Ihren stärksten Mann in den Ruhestand. Sie schwächen die Interessenvertretung des Landes, und Sie sorgen für einen Wirrwarr bei der Medienzuständigkeit. Diese Kabinettsumbildung ist Murks, und deshalb werden wir ihr nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

In Berlin, liebe Kolleginnen und Kollegen, schüttelt man den Kopf.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Über sich selber, ja!)

Frau Schavan, die Bundesbildungsministerin, bezeichnet Herrn Stratthaus unter heftigem Applaus insbesondere der Mitglieder Ihrer Partei, Herr Ministerpräsident, als den besten Finanzminister der Bundesrepublik.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Während Sie nicht mitgeklatscht haben!)

Sie sagt, der Weggang von Herrn Stratthaus sei nicht nur ein Verlust für Baden-Württemberg, sondern auch ein Verlust für die Politik insgesamt. Sie führt ferner aus, dass sie, seit sie in Berlin arbeitet, richtig erlebe, welch hohes Ansehen Finanzminister Stratthaus in der Bundeshauptstadt habe.

Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident: Weshalb schicken Sie jetzt diesen hoch angesehenen Finanzminister aus dem Kabinett, wo es ernst wird mit der Feudalismusreform, wo es zur Sache geht, wo es darum geht

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Jetzt wird’s wirklich ernst! Das ist aber ein SPD-internes Thema! „Feudalismus in der SPD“ ist Ihr Thema!)

Föderalismusreform; ich komme auf die feudale Gutsherrenart noch zu sprechen; das war jetzt ein kleiner Vorgriff –, wie die Länder und damit auch das Land Baden-Württemberg in den nächsten Jahren gegenüber dem Bund aufgestellt sind? Weshalb ziehen Sie einen Finanzminister aus dem politischen Geschäft, von dem das „Handelsblatt“ schreibt, dass er gerade der Minister aus Baden-Württemberg sei, der Reputation auf Bundesebene habe? Sie schwächen damit die Stellung Baden-Württembergs im Bund.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ausgangspunkt der Fehlentwicklung ist die Koalitionsvereinbarung mit dem an sich guten Versprechen, das Kabinett zu verkleinern. Dabei hat Sie aber der Mut verlassen, die Minis teriumsstrukturen einem verkleinerten Kabinett anzupassen. Deshalb ergab sich die Notwendigkeit, für Herrn Reinhart ein neues Ministeramt zu suchen. Das haben Sie in Ihrem Hause, im Staatsministerium, gefunden. Dadurch ergab sich die Notwendigkeit, für Herrn Stächele eine neue Aufgabe zu suchen. Das führte dann zur Reise nach Jerusalem. Und am Ende hatte der Finanzminister keinen Platz mehr.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Mi chael Theurer FDP/DVP: Haben Sie etwas gegen Je- rusalem?)

Sie haben ihm dann in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass seine Zeit abgelaufen sei. Wir halten das für inhaltlich völlig falsch und in der Sache und im Stil auch für völlig unangemessen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Mappus, hat gesagt, diese Kabinettsumbildung sei Sache des Regierungschefs; dazu sage er nichts. Er spricht wohl auch heute nicht. – Das spricht für sich.

(Heiterkeit – Zurufe der Abg. Dr. Ulrich Noll und Mi- chael Theurer FDP/DVP)

Ich finde es schade, Herr Mappus, dass es bei dieser Distanz, die mit dieser Nichtkommentierung zum Ausdruck kommt,

geblieben ist und dass Sie nicht Ihren Einfluss geltend gemacht haben, um diese Fehlentwicklung zu stoppen;

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU)

denn es ist ein offenes Geheimnis, dass es gerade in Ihrer Fraktion wenig Sympathie für die gefundene Lösung gibt.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Was Sie alles wissen! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wenn das bei Ihnen Sympathie fände, würde es uns stutzig machen!)

Wir haben eine klare Prioritätenfolge, die unsere Verfassung und auch der Amtseid gebieten: Zuerst sind die Interessen des Landes zu berücksichtigen; erst danach kommen Koalitions- und Parteiinteressen. Wir sind Realisten; wir wissen, dass die se Kabinettsumbildung gelaufen ist. Aber wir appellieren an Sie, Herr Ministerpräsident, bei künftigen Regierungsentscheidungen diese Reihenfolge wieder einzuhalten, die angemessen ist:

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU schüttelt den Kopf. – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Zuerst Einbindung der SPD!)

erst die Interessen des Landes, dann die der Koalition und dann die der Partei.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Welches positive Signal geht von dieser Kabinettsumbildung aus? Keines!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ein landes- und bundesweit angesehener Finanzminister wird entlassen, obwohl er gar nicht amtsmüde ist, sondern außerordentlich amtsmunter. Derjenige, der Finanzminister wird, wollte es gar nicht werden – sondern Innenminister.

(Heiterkeit bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Derjenige, der es werden wollte, durfte es nicht werden, weil die Fraktion ihn nicht als Finanzminister wollte.

(Heiterkeit bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Quatsch!)

Das ist eine merkwürdige Kabinettsumbildung, aber man muss sie sich nicht merken.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Fehlen bloß noch Kro- kodilstränen von Herrn Kretschmann! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: 60 Jahre und kein bisschen wei- se!)

Man braucht sich nur in der vorgestrigen Ausgabe der „Stuttgarter Zeitung“ das Interview mit dem – jetzt ehemaligen –

Finanzminister Stratthaus durchzulesen. In diesem Interview werden alle seine positiven Eigenschaften deutlich. Er hat das Amt mit Leidenschaft in der Sache geführt. Besonders habe ich bewundert, dass man das auch in einer ganz ruhigen, unaufgeregten, bescheidenen und humorvollen Weise tun kann. Er war ein ganz ehrlicher Finanzpolitiker.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wird er nach wie vor bleiben!)

Er hat nämlich zugegeben, dass der zukunftstaugliche Etat, auf den wir zugehen, nicht nur wegen seiner eigenen Verdienste so gut dasteht, sondern auch deshalb, weil er Glück hatte. Welcher Politiker gibt schon zu, dass auch Faktoren eine Rolle gespielt haben, die gar nicht an ihm lagen?

Drittens: Er hatte sehr klare ordnungspolitische Vorstellungen. Er hat z. B. über die Steuerpolitik gesagt, die Einnahmen, die der Staat erlange, müssten so gestaltet sein, dass sie nicht wirtschaftsschädlich seien. Das ist eine wirklich ganz wunderbare Leitlinie.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Für Sie!)

Wir haben deswegen auch vorgeschlagen, dass man das Wirtschaftsministerium, das ohnehin nur ein Vierundsechzigstel des Haushalts verwaltet, eigentlich einsparen und als Abteilung in das Finanzministerium eingliedern kann.

(Heiterkeit bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Der Kollege Stratthaus – ich sehe leider nicht, wo er sitzt – war nicht einfach nur ein Kassenwart, sondern wirklich ein Finanzpolitiker.