Protocol of the Session on April 3, 2008

Dazu müssen wir die Frage stellen: Wer bietet an? Anbieter ist nicht die Landesregierung

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hoffentlich nicht!)

und in der Regel auch nicht der Flughafen, sondern sind die Flugunternehmen. Sie lassen Marktanalysen erstellen und gehen dorthin, wo sie Kundschaft vermuten. Das ist nahe liegend.

Auch dafür, wer welchen Flug bucht, ist nicht die Landesregierung zuständig. Das unterliegt der Entscheidung jedes Einzelnen, der das Flugzeug als Verkehrsmittel wählt. Ich denke, sowohl aufseiten der Anbieter als auch aufseiten der Nachfrager gibt es nicht nur Erfahrungswerte, sondern auch Analysen. Der Markt versucht natürlich – so ist das in der Marktwirtschaft –, sich darauf einzustellen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Demnach gibt es keine Nachfrage!)

Zusatzfrage des Herrn Abg. Bachmann.

Herr Staatssekretär, Sie haben uns gerade erläutert, dass der Flughafen Stuttgart ein steiles Wachstum hatte. Kollege Bullinger hat in seiner Mündlichen Anfrage zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses steile Wachstum gerade einen Knick bekommt. Auf der anderen Seite haben wir eine Fusion von Fluglinien – egal, ob man sie nun „Billigfluglinien“ nennt oder nicht –, die in Konkurrenz zur Lufthansa stehen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Frage!)

Sehen Sie einen Zusammenhang, und wie sehen Sie die weitere Entwicklung? Kann die Fusionswelle, die dort stattfindet, und die damit verbundene Verteuerung – die auch auf andere Faktoren zurückgeht – nicht vielleicht ebenfalls für den Knick beim Angebot mit verantwortlich sein?

Sind Sie schon jetzt sicher – ohne weitere Jahre abzuwarten –, dass die Entwicklung weiterhin steil nach oben geht, obwohl sie genau jetzt einen Knick bekommt? Was bringt Sie zu der Erwartung, dass es nach dem Knick wieder aufwärts geht und es keine Stagnation gibt?

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Lieber Kollege Bachmann, jetzt begeben wir uns ans Kaffeesatzlesen. Wenn wir ziemlich verlässliche Daten für die Zukunft auf dem Tisch hätten, dann müssten wir jetzt nicht ein breit angelegtes Gutachten zu der Frage „Was tun wir bezüglich einer weiteren Start- und Landebahn am Stuttgarter Flughafen?“ in Auftrag geben, ein Gutachten, das eben genau dieser Frage nachgehen soll, wie das Verkehrsaufkommen am Stuttgarter Flughafen und an anderen Flughäfen im Land in den nächsten Jahren und vielleicht auch Jahrzehnten aussehen wird. Das ist genau das Thema, das jetzt angegangen wird.

Zweite Zusatzfrage des Herrn Abg. Bachmann.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir sind ja der Überzeugung, das das Ganze möglicherweise Kaffeesatzleserei ist. Aber nachdem nun doch schon ein Gutachter aus Kaffeesätzen gelesen hat und zu einem anderen Wachstumsprognoseergebnis gekommen ist, als die Wirklichkeit jetzt ausweist,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wo ist die Frage?)

ist die Frage: Ist das Ganze nicht – egal, wer aus Kaffeesätzen liest – immer Kaffeesatzleserei? Wäre es nicht sicherer, wenn wir – anstatt dass Sie sich und wir uns der Kaffeesatzleserei schuldig machen – einfach abwarten, wie es im nächs ten und übernächsten Jahr aussehen wird, und nur dann, wenn Steigerungen eintreten, in eine landes- und bundesweite Planung eintreten, aber nicht vorher, und das an Standorten, an denen es erforderlich und verantwortbar wäre?

Lieber Kollege Bachmann, in Ihrer letzten Frage haben Sie schon von einem Einknicken gesprochen. Das war die Ausgangslage der Mündlichen Anfrage des Kollegen Dr. Bullinger: Sind die Erwartungen, die der Stuttgarter Flughafen aufgrund der Prognose einer exter

nen Untersuchung angegeben hat, nicht zu hoch gegriffen? Das war seine Frage.

Das ist ja inzwischen schon nach unten korrigiert. Dass man jetzt aber sagen könnte, es gäbe einen generellen Einbruch im Flugverkehr, wäre eine völlig falsche Schlussfolgerung aus einem einjährigen Ausreißer nach unten. Deshalb habe ich ja gesagt, wir sollten nicht die kurzfristigen Schwankungen, die Jahresschwankungen, die einmal über und einmal unter einer durchschnittlichen Entwicklung liegen können, zum Anlass nehmen, zu prognostizieren, dass sich der Luftverkehr künftig mit sinkender Tendenz entwickle. Wir sollten vielmehr die Zahlen abwarten, die uns die Gutachten auf den Tisch bringen.

Keine weiteren Fragen mehr zur Kaffeesatzleserei? – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen jetzt zur Mündlichen Anfrage unter Ziffer 3:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v A d o l f H a a s S P D – Ä n d e r u n g d e r H o n o r a r o r d n u n g f ü r A r c h i t e k t e n u n d I n g e n i e u r e ( H O A I ) d u r c h d i e g e p l a n t e S t r e i c h u n g d e r L e i s t u n g s p h a s e n 6 b i s 9 n a c h d e n V o r s t e l l u n g e n d e s B u n d e s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r i u m s

Bitte, Herr Abgeordneter.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Endlich einmal wieder! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In eigener Sache! Er will mehr Geld!)

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Aussichten hat der Vorstoß des Wirtschaftsminis

ters von Baden-Württemberg, der sich wegen der vom Bundeswirtschaftsministerium geplanten Streichung der Leis tungsphasen 6 bis 9 in der HOAI in einem offenen Brief an seinen CSU-Ministerkollegen in Berlin gewandt hat, um diese Korrektur der HOAI mit allen sich für den Mittelstand daraus ergebenden Nachteilen abzuwenden?

b) Teilt die Landesregierung meine Befürchtung, dass die

Preisverhandlungen über die Honorarsätze für Architekten nach der geplanten Änderung der HOAI willkürlich werden, weil dann z. B. die Leistungserschwernisse für Umbau sowie für Planen und Bauen im Bestand prinzipiell nicht mehr anders honoriert werden sollen als die Planung einer einfachen Garage ohne Beachtung der Planungsgrundsätze von Nachhaltigkeit, der Erhaltung der Baukultur oder der Umsetzung kreativer Techniken im Altbaubestand?

(Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt sind wir aber auf die Antwort gespannt!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Wer antwortet für die Landesregierung? – Herr Wirtschaftsminister, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beantworte die Anfrage des Herrn Abg. Haas namens der Landesregierung wie folgt:

Zu a: Selbstverständlich, Herr Kollege Haas, haben alle Vorstöße des Wirtschaftsministers von Baden-Württemberg in Berlin große Aussicht auf Erfolg.

(Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da sind aber schon etliche im Bundesrat versandet! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Beispiele bitte! – Beifall des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! Wir gratulieren, Herr Minis ter!)

Es ist richtig, dass ich mich auf Bitten der Architektenkammer in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos dafür eingesetzt habe, andere Verbindlichkeiten der HOAI, also der Honorarordnung für Architekten und Inge nieure, für alle Leistungsphasen einzusetzen. Ich habe diesen Brief der Architektenkammer zur Kenntnis gegeben, betrachte ihn aber deshalb noch nicht als einen offenen Brief. Ich hielte es für besser, wenn ich mich mit den Kammern und im Interesse der Kammern mit Dritten, die hier am Rechtsetzungsverfahren beteiligt sind, in einem sehr frühen Stadium der Diskussion austauschen könnte, ohne dass dies zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung gemacht wird.

Ich betrachte es als einen Erfolg, dass der Bundeswirtschaftsminister von seinen ursprünglichen Überlegungen, die HOAI gänzlich abzuschaffen, abgerückt ist. Er hat bislang nur einen innerhalb der Bundesregierung nicht abgestimmten Entwurf einer Novelle der HOAI vorgelegt. Damit beginnt ein langwieriger Diskussionsprozess, dessen Ausgang heute noch nicht abzusehen ist.

Zu Ihrer zweiten Frage, der Frage unter Buchstabe b: Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Bauherren durchaus darüber im Klaren sind, welche Anforderungen an die Qualität der Architektenleistungen zu stellen und wie diese zu honorieren sind. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist die freie Vereinbarkeit von Leistung und Gegenleistung üblich. Im Übrigen werden nach dem Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums Planungsleistungen gerade nicht aus Honorarordnungen herausgenommen, sondern sogar strukturell höher bewertet als bislang. Deshalb bestünde auch dann, wenn der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers unverändert umgesetzt würde, nicht die Gefahr, dass die Planungsgrundsätze von Nachhaltigkeit, der Erhaltung der Baukultur oder der Umsetzung kreativer Techniken im Altbaubestand nicht mehr hinreichend beachtet werden könnten.

Im Übrigen will ich Ihnen, Herr Kollege Haas, sagen, dass wir uns als Landesregierung auch weiterhin dafür einsetzen werden, dass die Verbindlichkeit der HOAI für alle Leistungsphasen beibehalten wird.

Zusatzfrage des Herrn Abg. Haas.

(Abg. Thomas Blenke CDU: „Was ist mit den Zif- fern 10 bis 13?“)

Herr Minister, können Sie die Meinung der Ingenieurverbände und der Architektenkammer

wirkungsvoll entkräften und den Verbänden z. B. bestätigen, dass zukünftig, wenn die Honorare für die Leistungsphasen 6 bis 9 frei verhandelt werden können, kein Kahlschlag vor allem bei kleinen Architektur- und Ingenieurbüros eintritt, wie von den Verbänden befürchtet wird?

Am 8. April findet in Berlin eine Anhörung durch das Bundesministerium für Wirtschaft statt. Meine Frage ist: Wird das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg dort vertreten sein, um im Originalton zu hören, was angedacht wird, um gegebenenfalls zusammen mit den Verbänden und gegebenenfalls auch mit mir eine wirkungsvolle Initiative zu starten, damit der Kahlschlag bei den kleineren Büros abgewandt wird?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Gustav, das wird schriftlich beantwortet!)

Herr Minister, bitte.

Nach meiner Kenntnis ist das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg bei der Anhörung am 8. April in Berlin nicht direkt vertreten. Aber entscheidend ist, dass sich das Wirtschaftsministerium und die Landesregierung von Baden-Württemberg in den weiteren Gesprächen im Gesetzgebungsverfahren – ich will das ausdrücklich wiederholen; ich erkläre hier, dass wir dazu bereit sind – dafür einsetzen, dass die Verbindlichkeit der HOAI für alle Leistungsphasen in der Zukunft beibehalten wird. Das ist jedenfalls das Ziel, das wir haben.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Auch 6 bis 9?)

Ich habe gesagt: alle.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Alle, gut!)

Keine weiteren Fragen. – Vielen Dank, Herr Minister.