Protocol of the Session on April 2, 2008

Meine Damen und Herren, unsere Landesbank ist die bedeutendste Landesbank. In der Zwischenzeit – das hat heute schon einmal jemand erwähnt – ist Stuttgart der zweitwichtigste Finanzplatz in Deutschland. Der wichtigste Finanzplatz ist natürlich Frankfurt; das ist eine ganz andere Liga; das ist überhaupt keine Frage. Aber dann kommt bereits der Finanzplatz Stuttgart. Stuttgart hat hier Städte wie Düsseldorf und München überholt. Das hängt auch ganz eng mit der Landesbank und auch mit der Landespolitik, die ja mit dem Entstehen der Landesbank zu tun hat, zusammen.

Meine Damen und Herren, noch einige allgemeine Ausführungen. Dass es so gekommen ist, dass viele Landesbanken heute kein Geschäftsmodell mehr haben, hängt natürlich damit zusammen – dies ist heute auch schon einmal gesagt worden –, dass die Gewährträgerhaftung mit Wirkung zum Juli 2005 weggefallen ist. Vorher hatten die Landesbanken eine leichtere Refinanzierungsmöglichkeit. Sie hatten am internationalen Markt relativ preiswert Geld bekommen, weil das Risiko wegen der Bürgschaft der Länder als minimal eingeschätzt worden ist. Dadurch konnten sie international große Kredite vergeben – mit ganz kleinen Margen, die aber letzten Endes doch viel Gewinn abgeworfen haben. Nachdem die Gewährträgerhaftung weggefallen ist, war dies insgesamt hinfällig. Die meisten Landesbanken standen dann vor der Frage: Wie sollen wir neues Geschäft finden?

Heute ist von Herrn Schmid gesagt worden, diese Landesbanken sollten sich ein anderes Geschäftsmodell wählen. So

leicht ist es aber nicht mit dem Wählen. Es ist nicht so, dass die Geschäftsmodelle einfach herumliegen. Sie haben vorhin schon gehört: Wenn eine Landesbank anfängt, mehr Unternehmensgeschäft zu machen, bekommt sie mit den Sparkassen, möglicherweise auch mit den Volksbanken Schwierigkeiten.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Die Kannibalisierung, vor der Sie gewarnt haben, bezieht sich ja nicht nur auf eine Sparte, sondern auch auf andere. Da kennen Sie sich ja aus.

Übrigens haben die Volksbanken kein Zentralinstitut mehr in Baden-Württemberg. Sie haben einmal zwei Zentralinstitute hier gehabt. In der Zwischenzeit – ich möchte nur darauf hinweisen – läuft alles über Frankfurt, während die Sparkassen über die Landesbank noch eines bei uns haben.

Auf eines habe ich schon hingewiesen: Die Konzentration allein auf das Sparkassengeschäft, auf die Funktion als Sparkassenzentralbank, trägt nicht, denn sie bringt höchstens 10 bis 20 % des gesamten Geschäfts.

Man wird deswegen die Landesbanken ohne Frage im NichtSparkassengeschäft weiterentwickeln müssen. Da ist die Frage: Wie kann das gemacht werden? Die LBBW hat das geleis tet, wobei – ich gebe das offen zu – natürlich auch Glück im Spiel war. Aber Glück hat halt auf die Dauer nur der Tüchtige.

Die Landesbank Baden-Württemberg wurde am 1. Januar 1999 gegründet. Sie galt damals schon als bärenstarke Bank und nimmt inzwischen ungefähr Platz 5 unter den Banken in der Bundesrepublik Deutschland ein. Dies liegt daran, dass sie ein stimmiges Geschäftsmodell hat: Sie hat Unternehmenskunden, sie hat Kommunalfinanzierung, sie hat natürlich auch das Kapitalmarktgeschäft. Aber ganz wichtig ist, dass sie eben auch auf den anderen Gebieten – bei Unternehmenskunden und Privatkunden, bei der Kommunalfinanzierung – sehr eng mit dem Markt verzahnt ist.

Ich glaube, die Veränderungen in der europäischen Bankenstruktur verlangen, dass auch unsere Bank noch weiter wächst. Warum? Es gibt ganz bestimmte Teile der Bank, es gibt ganz bestimmte technische Einrichtungen der Bank, die tatsächlich von Größenvorteilen profitieren würden, z. B. die IT-Systeme. Das muss man mit aller Deutlichkeit sagen. Gleiches gilt auch für die Umsetzungen bestimmter rechtlicher Rahmenbedingungen, aber auch für die Übernahme großer Finanzierungen.

Was ich ebenfalls für ganz wichtig halte, ist die Begleitung unserer größeren Mittelständler ins Ausland. Wir sind ja alle sehr froh, dass wir eine mittelständische Wirtschaftsstruktur haben. Aber ein großer Teil unserer mittleren Mittelständler ist in der Zwischenzeit international aufgestellt. Da kann die Sparkasse allein oft nicht mehr helfen. Deswegen, glaube ich, ist es gut, wenn wir eine starke Landesbank haben, die überall international tätig ist – nicht in erster Linie, um in Asien oder Amerika originäres Geschäft zu machen, sondern um unsere Mittelständler ins Ausland zu begleiten. Die BASF oder Daimler brauchen diese Begleitung nicht, aber das mittelständische Unternehmen braucht sie, wenn es plötzlich in Asien oder auch in Amerika in einem fremden Markt auftritt.

Wir haben auf diesem Gebiet, glaube ich, noch eine gute Wachstumsperspektive, gerade auch als Mittelstandsbank. Dazu passt auch, dass die Sachsen LB übernommen worden ist und dass die bisherige Tochter Landesbank Rheinland-Pfalz, die ja im Augenblick noch eine hundertprozentige Tochter ist, wohl in den nächsten Wochen und Monaten voll in die LBBW integriert wird und im Grunde genommen den gleichen Status bekommt, wie ihn heute schon die BW-Bank hat.

Hier stehen auch große Unternehmen im Fokus, aber in erster Linie große Unternehmen mit Mittelstands- und mittelstands ähnlichen Strukturen. Ich glaube, das ist das, was wir auf jeden Fall leisten müssen. Ich muss es immer wieder sagen: Wir nehmen auch nicht unbedingt als Konsortialführer teil, sondern als Teilkreditgeber eines größeren Kredits bei ganz gro ßen Finanzierungen. Aber in erster Linie sollten wir uns um unsere großen Mittelständler kümmern.

Nun ist heute einige Male die Finanzmarktkrise angesprochen worden. Meine Damen und Herren, auch da ist viel Richtiges gesagt worden. Ich kann mich ganz kurzfassen.

Es wird immer von den Subprime-Krediten gesprochen. Ich sage Ihnen: Alle Probleme, die z. B. auch unsere LBBW hat, hängen nicht damit zusammen, dass sie unmittelbar an Subprime-Krediten beteiligt wäre, sondern kommen von den indirekten Auswirkungen auf den gesamten Finanzmarkt. Es war doch so, dass hier Papiere, von denen niemand wusste, was wirklich dahinter stand, kurzfristig refinanziert worden sind. Als sich dann plötzlich herausgestellt hat, dass ein Teil dieser Papiere weniger wert ist oder gar nichts mehr wert ist, hat der Markt nicht mehr funktioniert. Plötzlich sind die Kurse dieser Papiere ganz gewaltig in den Keller gesunken – was nicht heißt, dass sie wirklich so viel an Wert verlieren. Ich bin überzeugt, dass die meisten Papiere, wenn jemand stark genug ist, sie bis zur Endfälligkeit zu halten, wieder ihren Wert bekommen.

Ich will das einmal kurz erläutern. Wenn Sie ein Papier des Landes Baden-Württemberg kaufen, und wenn dann der Marktzinssatz höher steigt als der nominale Zinssatz auf diesem Papier, dann sinkt der aktuelle Wert dieses Papiers unter 100 %. Aber jeder weiß doch ganz genau: Wenn er das Papier fünf oder zehn Jahre hält, dann bekommt er vom Land BadenWürttemberg

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Hundert!)

100 % zurück. Darum geht es letzten Endes. Ich behaupte: Bei dem, was die Sachsen gemacht haben, war es nicht so sehr ausschlaggebend, dass sie die falschen Papiere gekauft hätten, sondern sie haben, gemessen an der Größe ihrer Bank,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Zu viele!)

zu viele Papiere gekauft. Das war das Problem. Sie haben im Grunde genommen diese langfristig laufenden Papiere monatlich refinanziert. Das ist natürlich gefährlich; jeder, der irgendwann einmal eine Handelsschule besucht hat, weiß, dass man langfristige Verpflichtungen nicht kurzfristig refinanzieren sollte. Offensichtlich haben das einige Banken

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Alle!)

und vor allem auch die Amerikaner nicht gewusst.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Die haben keine Handelsschule besucht!)

Die haben möglicherweise auch die Handelsschule besucht, aber ich könnte Ihnen da einige Geschichten erzählen. Es ist richtig, wie vorhin gesagt worden ist: Der Hauptgrund war, dass die amerikanische Zentralbank zu großzügig mit dem Geld umgegangen ist und dadurch die Zinsen weiter heruntergedrückt hat, und dass dadurch – ich glaube, es war Herr Theurer, der das eben gesagt hat – eine spekulative Blase entstanden ist. Deswegen können wir froh sein, dass unsere Bundesbank mit ihrem Einfluss in der EZB so etwas nicht zulässt und dass die Inflationsbekämpfung bei uns eine ganz wichtige Aufgabe ist.

Auch die LBBW hat gewisse Probleme, aber diese stammen, wie gesagt, nicht direkt aus den Subprime-Krediten, sondern sie stammen nur indirekt daraus; das muss man zugeben. Die Refinanzierung ist wesentlich teurer geworden. Die Bankiers sprechen immer von den Spreads, die höher geworden sind. Weil die Refinanzierung teurer geworden ist, kann man eben nicht mehr den gleichen Gewinn erzielen wie bisher, und darunter leidet natürlich auch unsere LBBW.

Sie hat nun einen kleineren Teil in die Gewinn- und Verlustrechnung einbuchen müssen und den größeren Teil in die sogenannte Neubewertungsrücklage, was bedeutet, dass das nicht als Verlust ausgewiesen wird. Man muss aber sagen: Dies wird natürlich das Eigenkapital schmälern und damit eventuell auch die Kreditvergabemöglichkeit verringern, was auch wieder dazu führt, dass die Gewinne tendenziell belastet werden. Das muss man ganz offen sagen. Ich lege deswegen Wert auf die Feststellung, dass die LBBW keine Direktbeteiligung an diesen Subprime-Krediten hat, dass sie aber über den Markt indirekt natürlich von den Folgen betroffen ist.

Ich habe heute gerade noch einmal mit Vorständen gesprochen. Diese sind alle der festen Überzeugung, dass fast alles – wenn man in der Lage ist, die Endfälligkeit abzuwarten – nicht zu endgültigen Verlusten führen wird.

Meine Damen und Herren, vielleicht sollte man noch auf eines hinweisen: Die LBBW hat Wertpapiere in Höhe von 130 Milliarden €. Man muss sich diese Zahl einmal vorstellen: 130 Milliarden €! Da sind die Kursverluste von 1,1 Milliarden €, die, wie gesagt, keine endgültigen Verluste sind, doch relativ zu sehen.

Die letzte Frage ist: Wie geht es mit den Landesbanken weiter? Es ist keine Frage, dass dies eine große Diskussion ist. Vorhin ist gesagt worden, eine Landesbank würde auf Dauer reichen. Ich glaube, man muss dabei verschiedene Aspekte auseinanderhalten. Wenn es um die Funktion als Sparkassenzentralbank geht, glaube ich tatsächlich, dass eine reichen würde; übrigens sagt das auch Herr Haasis in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands.

(Abg. Ingo Rust SPD: Das ist klar!)

Er hat vielleicht auch schon Ideen, welche das sein könnte. Auch er sagt: Eine einzige würde für diesen Zweck reichen.

Aber ich glaube, die Landesbanken haben zusammen mit den Sparkassen auf vielen Gebieten durchaus eine wichtige Aufgabe, indem sie auf der einen Seite die Bodenständigkeit –

durch die Sparkassen, aber auch durch sich selbst – ausnutzen, auf der anderen Seite jedoch gleichzeitig die Möglichkeit geben, international aktiv zu werden.

Eines ist klar: Die LBBW in Baden-Württemberg hat in den nächsten Monaten genug mit der Integration der Sachsen LB und der LRP zu tun. Ich glaube, sie wird sich nicht mehr aktiv bemühen, hier weiter bei der Konsolidierung mitzuarbeiten.

Im Übrigen sind zwei Banken zunächst auch noch nicht besser als eine allein, sondern wichtig ist, ob die andere Bank, die dazukäme oder mit der man zusammenginge, das richtige Geschäftsmodell hat und ob sie ihre Probleme gelöst hat. Es ist ja vorhin richtigerweise gesagt worden, dass die Westdeutsche Landesbank ähnlich wie die Sachsen LB auch einen Teil ihrer Probleme in eine Zweckgesellschaft ausgegliedert hat und diese Zweckgesellschaft letzten Endes mit einer Bürgschaft stützt.

Ich habe heute gerade gelesen – das ist eben über den Ticker gelaufen –, dass z. B. die WestLB auch noch damit rechnet, aufgrund einer Neuordnung ungefähr 1 400 Stellen abbauen zu müssen. Man muss sich das überlegen. Deswegen bin ich der Meinung: Wenn unsere Landesbank noch weiter bei der Konsolidierung der Landesbanken mitarbeitet, dann nur dann, wenn die Partner vorher ihre Probleme gelöst haben. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, die Probleme anderer Banken zu lösen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schlachter.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Präsident hat mir gerade lächelnd eine starke Minute Überziehungskredit gewährt. Aber erstens lache ich nie, wenn ich Überziehungskredite gewähre, und zweitens werde ich mit einer Minute nicht ganz auskommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich danke Ihnen für die Sachlichkeit, die bei dieser Debatte an den Tag gelegt worden ist. Das war mir auch ein Anliegen.

Ich muss Ihnen, Herr Schmid, widersprechen. Die Bankenaufsicht hätte genügend Mittel gehabt, um etwa bei der IKB oder auch bei der Sachsen LB einzugreifen. Es gibt klare Vorgaben nach den Grundsätzen der internationalen Rechnungslegung, dass die Zweckgesellschaften konsolidierungspflichtig sind.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja!)

Die Sachsen LB und auch die IKB haben das nicht gemacht. Die Bankenaufsicht hat ihre Mittel nicht richtig eingesetzt. Wir brauchen nicht noch mehr Aufsicht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das hat er doch gesagt! – Abg. Ingo Rust SPD: Das hat er gesagt!)

Ja, aber so habe ich es verstanden. Entschuldigung.

Die Kernbotschaft von Ihnen, Herr Stratthaus, war Ihre Aussage: Es reicht eine Sparkassenzentralbank. Darauf wollte ich hinaus. Ich glaube, wenn wir heute von Stuttgart aus das Signal setzen, dass wir mit der Stärke von Baden-Württemberg möglicherweise für den Finanzplatz Baden-Württemberg eine Sparkassenzentralbank als d i e Landesbank in Stuttgart – ich sage es einmal so – „angestoßen“ haben, dann haben wir dem Finanzmarkt insgesamt, insbesondere unserem Land, einen guten Dienst erwiesen.

(Beifall bei den Grünen)