Protocol of the Session on April 2, 2008

Ich will zum Schluss eine Anmerkung machen, und zwar weniger als Mitglied der Landesregierung als vielmehr als Landtagsabgeordneter. Auch der Landtag und seine Abgeordneten beschaffen der Verwaltung häufig sehr kleine Karos. Mit außerordentlich viel bürokratischem Aufwand, meine Damen und Herren, müssen Fragen beantwortet werden, die weniger den Kenntnisstand des Parlaments und der Öffentlichkeit bereichern als die Papierindustrie und unsere Papierkörbe. Wenn wir diesen Schwerpunkt ernsthaft angehen wollen, wenn wir die Verwaltung von Zeit- und Bürokratiekosten – vorhin ist von einem Raub von Zeit gesprochen worden – entlasten wol

len, dann haben wir in diesem Feld Anstrengungsperspektiven, zu denen wir alle beitragen können.

Ich will mich schon im Voraus bei Ihnen herzlich für die vielen Anregungen bedanken, die in den kommenden Tagen bei uns eingehen werden.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß dem in Frankfurt am Main ansässigen Generalkonsul der Niederlande, Herrn Jan Hesseling, der dem Landtag heute seinen ersten offiziellen Besuch abstattet.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Generalkonsul, ich darf Sie recht herzlich hier im Landtag von Baden-Württemberg begrüßen und wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserer Landeshauptstadt. Sie werden sicherlich feststellen, dass Baden-Württemberg nach der Erweiterung der EU mitten im Herzen der EU liegt. Meis tens ist es am besten, ein Generalkonsulat liegt mitten im Herzen eines Landes. Herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der Frau Abg. Sitzmann von der Fraktion GRÜNE. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eingangs hatte ich gesagt: Wir warten auf den Bürokratieabbau. Nach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs hat sich nichts geändert. Wir warten weiterhin auf den Bürokratieabbau. Wir hoffen natürlich, dass Sie die Zusammenarbeit mit der sogenannten High Level Group und dem ehemaligen Ministerpräsidenten Stoiber tatsächlich weiterbringt. Allein uns fehlt der Glaube.

Wir werden Ihr Angebot selbstverständlich gern annehmen und Ihnen Vorschläge für Bürokratieabbau unterbreiten. Ich fange mit einem Vorschlag an. Die Landesregierung hat für die Breitbandförderung im ländlichen Raum 20 Millionen € zur Verfügung gestellt. Wenn die Informationen, die ich habe, zutreffen, dann gibt es derzeit einen Formularentwurf. Ich glaube, es wäre in Anbetracht der umfangreichen Fragen und des großen Aufwands, den dieses Verfahren verursachen würde, gut, wenn Sie sich den Entwurf einmal ansehen, bevor das Formular tatsächlich herausgeht.

Es hat uns natürlich gefreut, dass Sie die Begründung unseres Antrags teilen. Wir können jedoch Ihre Aussage, dass gerade unter der rot-grünen Bundesregierung die Bürokratie Hochkonjunktur gehabt hätte, nicht teilen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch Propagan- da! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP)

Das belegt auch die Umfrage des Bundes der Selbstständigen. Im Jahre 2005 war Bürokratieabbau noch nicht das große Problem. Erst seitdem in Berlin Union und SPD regieren, ist es als Problem auf Platz 1 gerutscht. Das einmal zur Klarstellung.

(Beifall bei den Grünen)

Kollege Prewo hat einen recht amüsanten Beitrag gebracht. Allerdings haben wir, nachdem Sie so groß gestartet sind, des Pudels Kern, was jetzt im Land im Bezug auf Bürokratieabbau tatsächlich zu tun ist, und etwas Konkretes vermisst.

Kollegin Fauser, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie ja Mitglied einer der diese Landesregierung tragenden Fraktionen sind und insofern viel Einfluss darauf haben, wie bürokratisch oder wie wenig bürokratisch Gesetze, die in den Landtag eingebracht oder hier verabschiedet werden, tatsächlich sind.

Beim Entwurf des Landeswohnraumförderungsgesetzes gab es massive Kritik und Proteste, weil da der Bürokratiehengst heftig gewiehert hat. Dann sind Gott sei Dank die schlimms ten Hämmer aus diesem Gesetzentwurf ausgebessert worden. Die Auffassung, dass das nun als Erfolg einer Gesetzesfolgenabschätzung verkauft werden soll, können wir aber nun gar nicht teilen, eher im Gegenteil.

Sie erinnern sich: Wir haben heute Morgen eine Parlamentsreform beschlossen, die das Parlament stärken soll. Im Grunde genommen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Gesetzentwürfe durch Aussprachen und durch Anhörungen verändert und verbessert werden. Ich hoffe, dass wir uns alle einig sind, dass das mit der heute beschlossenen Parlamentsreform in Zukunft tatsächlich umgesetzt wird. Ansonsten warten wir weiter auf den Bürokratieabbau. Mit unserem Antrag geben wir Ihnen die Möglichkeit, endlich für die Einsetzung des Normenkontrollrats zu stimmen …

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete!

… – ich bin sofort fertig –, wie Sie es auch in Ihrer Koalitionsvereinbarung vor zwei Jahren schon vorgesehen haben. Wir stellen in unserem Antrag Drucksache 14/1668 unter Abschnitt II die Ziffern 2 und 3 zur Abstimmung. Wenn Sie Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung folgen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Peter Wet- zel FDP/DVP: Brauchen wir den?)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 14/1668. Abschnitt I ist ein Berichtsteil und mit der Aussprache erledigt.

Abschnitt II des Antrags wird zur Abstimmung gestellt.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Außer Ziffer 1! Zif- fer 1 hat sich erledigt!)

Abschnitt II Ziffer 1 ist erledigt. Über Abschnitt II Ziffer 2 und 3 soll abgestimmt werden.

Wer diesem Teil des Antrags der Fraktion GRÜNE zustimmt, der möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Teil des Antrags abgelehnt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD zu Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Wer ist jetzt für Bürokratie? – Gegenruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Damit ist Tagesordnungspunkt 6 erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Bundesratsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland unterstützen – Drucksache 14/1713

b) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme

des Wirtschaftsministeriums – Mindestlohn – Abschied von der sozialen Marktwirtschaft? – Drucksache 14/2129

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung der Anträge unter den Buchstaben a und b jeweils fünf Minuten, für die Aussprache über beide Anträge fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Ich darf Herrn Abg. Hausmann für die Fraktion der SPD das Wort geben.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

(Der Redner verstellt die Mikrofone. – Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP: Nein! Das muss nach vorne!)

Der Lohn muss der Leistung entsprechen und den ange messenen Lebensbedarf des Arbeitenden und seiner Fa milie decken.

So steht es in der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen.

Jede ehrliche Arbeit hat den gleichen sittlichen Wert und Anspruch auf angemessenes Entgelt. … Für jeden Berufs zweig können Mindestlöhne festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen kulturellen Verhältnis sen entsprechende Mindestlebenshaltung für sich und sei ne Familie ermöglichen.

So steht es in der Verfassung von Bayern. Das ist nicht gerade verdächtig,

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

politisch zu stark auf unserer Seite zu stehen; es ist auch his torisch sehr konsistent.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Wir setzen heute eine Debatte fort, die wir im Dezember des letzten Jahres begonnen haben. Damals ging es um

(Zuruf von der CDU: Post!)

die Mindestlöhne für Postzusteller. Heute geht es um etwas mehr. Heute geht es darum, einen gesetzlichen Mindestlohn unabhängig von der Branche zu unterstützen. Deswegen haben wir den Antrag, die entsprechende Bundesratsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz zu unterstützen, eingebracht. Es geht um den gesetzlichen Mindestlohn, der unabdingbar ist,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sozialis- mus!)

der unmittelbar zwingend wirkt,