Protocol of the Session on January 30, 2008

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Sperrsystem, das dieser Gesetzentwurf enthält, der genau ausführt, wann jemand vom Spiel ausgeschlossen werden oder sich auch selbst ausschließen kann und wann eine Spielersperre verhängt wird. Diese Regelungen sind sinnvoll und richtig.

Zusammenfassend: Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Punkte, die landesrechtlich geregelt werden können, in vernünftiger, sinnvoller Weise landesrechtlich regelt. Wir gehen auch davon aus, dass die Juristen in den Ministerien diesen Gesetzentwurf so gründlich geprüft haben, dass er allen verfassungsrechtlichen Vorgaben standhält, dass er auch einer Überprüfung durch die EU-Kommission standhält.

Ein Notifizierungsverfahren ist, wie der Innenminister ausgeführt hat, ja nicht erforderlich. Wir können Details noch im

Ausschuss beraten, aber die grundsätzliche Zustimmung unserer Fraktion kann ich bereits heute in Aussicht stellen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rust.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir heute bereits zum vierten Mal über das Thema Glücksspielstaatsvertrag in diesem Hohen Hause diskutieren, möchte ich mich auf einige wenige Punkte beschränken, wenige Punkte, die im Glücksspielstaatsvertrag sehr gut geregelt sind, wenige Punkte, die noch ergänzt werden müssen.

Zunächst: Was gut und ausreichend in diesem Glücksspielstaatsvertrag geregelt ist – wir haben es in der ersten und zweiten Lesung des eigentlichen Vertrags schon erwähnt –, ist der Bereich Spielbanken. Da sind wir jetzt sehr gut aufgestellt, was das Thema Jugendschutz, das Thema „Spielerschutz und Suchtprävention“ angeht. Wir führen Eingangskontrollen ein, beispielsweise beim Automatenspiel. Auch dort wird zukünftig die Einhaltung des Jugendschutzes aktiv kontrolliert, und es wird auch ein Spielerschutz, eine Spielersperre möglich sein.

Wir regeln die Lotterien. Wir bekennen uns im Lotteriewesen zum staatlichen Monopol. Ich bin sehr froh, dass wir uns in diesem Hause weitgehend einig sind, was das Thema Monopol im Bereich der Lotterien und Sportwetten angeht; denn gerade in diesem Bereich wurde in den vergangenen Monaten und im vergangenen Jahr eine ganze Menge Lobbyarbeit gemacht, mit der uns weisgemacht werden sollte, wir würden mit diesen Regelungen die Verfassung oder EU-Recht brechen.

Wir sind mit diesem Staatsvertrag in den Bereichen, die er regelt, zufrieden. Wir als SPD-Fraktion stehen zum staatlichen Monopol, weil es die einzige Möglichkeit ist, das Glücksspiel ordnungsrechtlich zu regeln. Wir stehen zu Eingangskontrollen, zu Zugangskontrollen bei Automatenspielen.

Wir stehen zu einer Einschränkung aggressiver Werbung, auch wenn es landeseigene Betriebe wie z. B. die Staatliche TotoLotto GmbH betrifft. Dazu stehen wir, weil wir glauben, dass aggressive Werbung in einem so sensiblen Bereich nicht angebracht ist.

Wir sind noch nicht damit zufrieden, dass in diesem Staatsvertrag und diesem Ausführungsgesetz noch nicht der gesamte Bereich des Glücksspiels geregelt ist. Im Land grassieren die sogenannten Spielhallen – ich würde eher sagen: Spielhöllen. Wir haben ein Problem mit dem Wildwuchs dieser Spielhöllen im ganzen Land, vor allem in Autobahnnähe und an Autobahnraststätten. Dort schießen diese Spielhöllen wie Pilze aus dem Boden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Dort ist es möglich, rund um die Uhr, 24 Stunden lang zu spielen, was auch massiv ausgenutzt wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Es gibt dort keine Eingangskontrollen. Demgegenüber gibt es beim Automatenspiel an der Spielbank eine Eingangskontrol

le, mit der Jugendschutz gewährleistet und eine Sperrung von Spielern ermöglicht wird. Dies gibt es in Spielhallen nicht. Es gibt dort keinen Spielerschutz und keine Suchtpräventionskonzepte. Da gelten offensichtlich – und da muss man heran, Herr Innenminister – die Grundsätze bezüglich der Gefährlichkeit des Spiels auf einmal nicht mehr. Da weichen Sie von Ihrem Grundsatz ab.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Das ist Gewerbe- recht! Das muss der Bund regeln!)

Um eine solche Spielhalle zu eröffnen, sind lediglich eine Gewerbegenehmigung und eine Baugenehmigung notwendig. Das reicht. Man braucht kein Suchtpräventionskonzept vorzulegen und nicht für eine Eingangskontrolle zu sorgen. In diesem Bereich braucht man leider nichts zu tun.

Nach der Föderalismusreform ist die Regelungskompetenz für diesen Bereich auf die Länder übergegangen. Wir könnten das also tatsächlich aktiv regeln. Im Finanzausschuss wurde dies zwar – vor allem von einem sehr engagierten Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums – bestritten. Ich zitiere aber sehr gern aus einer Drucksache des Deutschen Bundestags, in der die Bundesregierung bezüglich der Spielhallen – bislang in § 33 i der Gewerbeordnung geregelt – schreibt:

… auf die Länder übergegangen ist, die diese Kompetenz jedoch noch nicht in Anspruch genommen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Länder nach der Föderalismusreform jetzt tatsächlich neue Kompetenzen haben – wie uns sogar die Bundesregierung in einer Drucksache bestätigt –, dann müssen wir diese Kompetenzen auch wahrnehmen, sonst sind wir keine glaubwürdigen Föderalisten.

(Beifall bei der SPD)

Vom Kollegen Staatssekretär Fleischer wurde das in der Plenarsitzung vom 26. Juli 2007 auch angekündigt. Dort sagte er:

Sehr geehrter Herr Kollege Rust, wir wissen auch, dass da noch einiges vor uns liegt und dass wir dem, nachdem die Föderalismuskommission das Recht der Spielhallen auf die Länder übertragen hat – nicht das gewerbliche Spielrecht, sondern das Recht der Spielhallen –, in dem Ausführungsgesetz, das sich anschließen wird, in angemessener Weise Rechnung tragen wollen.

Leider ist in diesem Ausführungsgesetz entgegen Ihrer Ankündigung, Herr Kollege Fleischer, keine Aussage zum Thema „Spielhallen und gewerbliche Spieleordnung“ enthalten. Wir warten auf Weiteres. Ihre Zusage wurde leider nicht eingehalten.

Wir fordern deshalb ein Landesglücksspielgesetz, in dem der komplette Bereich des Glücksspiels inklusive Spielhallen und inklusive der TV-Gewinnspiele, die ebenfalls immer weiter um sich greifen, umfassend geregelt wird, sodass wir, was das Glücksspiel angeht, ein Gesamtkonzept für das Land verabschieden können.

Der große Bereich der Spielhallen ist völlig unzureichend geregelt. Das müssen wir dringend noch angehen. Wir werden

keine Ruhe geben, bis auch in diesem Bereich Spielerschutz, Jugendschutz und Suchtprävention gewährleistet werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Siegfried Leh- mann und Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Klaus Herr- mann CDU: Das ist doch Bundesrecht, Herr Kolle- ge!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Neuenhaus.

Guten Morgen, meine Damen und Herren, guten Morgen, Herr Präsident! Es ist noch ziemlich früh am Morgen, um sich hier mit einem doch eher nachtschwärmerischen Thema zu befassen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie sehen auch noch so dunkel aus!)

Ich hoffe, es sind trotzdem alle recht aufmerksam.

Das Bundesverfassungsgericht hat das staatliche Monopol des Glücksspielwesens, wie wir alle wissen, nicht deshalb bekräftigt, weil es finden würde, dass Glücksspiel so eine tolle Sache sei und es doch prima wäre, wenn der Staat auf diese Weise eine kräftig sprudelnde zusätzliche Einnahmequelle bekäme. Nein, meine Damen und Herren, das war sicherlich nicht der Grund, um dieses Staatsmonopol zu bekräftigen.

Auf der Grundlage der Einsicht, dass die Erwartung unrealistisch wäre, man könne das Glücksspielwesen, das sich schon immer und in allen Kulturen seine Bahnen gesucht hat, völlig unterbinden, sagt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sinngemäß: Es ist besser, der Staat kanalisiert den Hang der Menschen zum Glücksspiel durch ein überwachtes und verantwortungsvolles Monopolsystem, als es den Gesetzen eines freien Marktes von Einzelinteressen zu überlassen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Gericht sagt weiterhin, dass ein staatliches Monopol gerechtfertigt ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Es soll also – um es ein bisschen zu vereinfachen – ein größeres Übel durch ein kleineres ersetzt werden. Daher also auch der Auftrag, mit den Erlösen aus dem staatlichen Glücksspielangebot die Erforschung und Prävention von pathologischem Glücksspiel zu finanzieren.

Die Eindämmung des Glücksspiels ist demnach die entscheidende Begründung für das Staatsmonopol.

Nun kann es ja passieren, dass man alles denkbar Mögliche getan hat, um Prävention zu betreiben und die bereits vom Glücksspielvirus Befallenen durch geeignete Beratungsstellen und Therapieangebote aufzufangen, und dennoch einen hübschen Batzen Geld übrig hat. Nach § 10 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags ist deshalb ferner von den Ländern zu gewährleisten, „dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder gemeinnütziger, kirchlicher oder mildtätiger Zwecke“ zu verwenden ist. Diese Forderung ist im Ausführungsgesetz hier und jetzt zu konkretisieren.

Das, meine Damen und Herren, sind die Prioritäten, um die es in diesem Staatsvertrag geht: konsequente Bekämpfung der mit dem Glücksspiel verbundenen Suchtgefahren zum einen und, damit man sich für das überschüssige eingenommene Geld nicht allzu sehr schämen muss, Einsatz der Gelder für gemeinnützige Zwecke wie Sport- und Kulturförderung, karitative und soziale Belange.

An dieser Stelle möchten wir Ihnen gern noch einmal mitteilen, was uns an diesem Ausführungsgesetz im Moment nicht gefällt. Sie wollen aus den Reinerträgen einen Fonds bilden, der nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans festlegt, wie viel das Land in derlei gemeinnützige und soziale Projekte steckt. Den Rest – so sagen Sie in § 5 Abs. 3 des Gesetzentwurfs – werden Sie zur „allgemeinen Deckung des Haushalts“ verwenden.

Hierzu sagen wir Ihnen ganz deutlich: Wir halten es nicht für im Geiste des Bundesverfassungsgerichtsurteils, dass die Haushaltsinteressen des Landes den Primat bezüglich der Verwendung der Gelder aus diesem Glücksspiel haben sollen. Mit dem Buchstaben des Gesetzes haben Sie an dieser Stelle zugegebenermaßen sicherlich kein ernsthaftes Problem, weil es nämlich lediglich einen erheblichen Teil der Einnahmen für gemeinnützige und soziale Zwecke einfordert. Natürlich dürfen Sie auch der Meinung sein, dass es erheblich ist, wenn wir, wie beispielsweise im Jahr 2006, von 414 Millionen € Glücksspieleinnahmen des Landes knapp 130 Millionen € über den Wettmittelfonds in die Sport-, Kunst- und Kulturförderung, in die Denkmalpflege und in den Sozialbereich haben fließen lassen. Das ist immerhin ein Drittel.

Dennoch möchten wir hierzu bemerken: Es verleiht den Bemühungen des Landes Baden-Württemberg zur Eindämmung des Glücksspiels und zur Prävention von Spielsucht keine große Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit, wenn Sie zwei Drittel der durch Glücksspiel eingenommenen Gelder einfach dankbar in den Staatssäckel überfließen lassen,

(Beifall bei den Grünen)

die dann letztendlich, meine Damen und Herren, in Projekte investiert werden, die jetzt nicht unbedingt alle im Einzelnen benannt werden müssen. Nennen wir beispielhaft Stuttgart 21, eines unserer Lieblingsthemen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Was?)

Wir wüssten deshalb schon gern, nach welchen Kriterien die Landesregierung die Ausgaben für besagte gemeinnützige und soziale Projekte festzulegen gedenkt. Wir können Ihnen schon jetzt versprechen, dass wir, wenn das Gesetz so vage beschlossen wird, sehr genau darauf achten werden, wie umfassend denn die Maßnahmen des Landes zur Sport-, Kunst- und Kulturförderung sowie für soziale Projekte sein werden. Wir glauben nämlich, dass der Bedarf und die Defizite in all diesen Bereichen die Glücksspielerlöse bei Weitem übersteigen.

Wenn dies so ist, dann möchte ich den Bürgern nicht erklären müssen, warum das Land das Geld, das die Bürger an Automaten, bei Sportwetten und an Spieltischen verlieren, nicht in entsprechende Projekte investiert,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Manche gewinnen ja!)