Eines aber ist klar, meine Damen und Herren: Die Stiftungslösung, wie sie vor einem Jahr angedacht war, ist mit diesem Gutachten endgültig vom Tisch, und das ist auch gut so.
Jetzt gilt es, Lösungen zu suchen, und zwar erstens für Salem. Wir müssen Salem unbedingt für die Öffentlichkeit erhalten. Wir sind uns alle darüber einig, welchen hohen Wert dieses Kulturdenkmal in Baden-Württemberg hat. Wir haben vorgeschlagen, Schloss Salem aus dem Grundstock des Landes zu bezahlen. Die Landesregierung hat uns geantwortet, das könne man machen. Wir gehen auch davon aus, dass es gar keinen anderen Weg geben wird, aber, meine Damen und Herren, nicht zu den Bedingungen des Prinzen. Jetzt bietet er uns die Pförtnerloge von Schloss Salem mit den Buchsbäumen für 42 Millionen € an, und das Schloss und das Münster nimmt er noch außen vor. Meine Damen und Herren, das ist ein dreistes Stück, und dieses dreiste Stück sollten wir nicht mitspielen.
Wir sollten zu diesem Vorschlag eine ähnliche Haltung einnehmen wie gestern die Kommission zum Rechtsgutachten, das das Haus Baden vorgelegt hat.
Zweitens, meine Damen und Herren, erwirbt das Land die im Gutachten genannten Kunstgegenstände, die noch nicht im Besitz des Landes sind. Das entsprechende Geld ist bei der Landesstiftung reserviert. Aber – das ist mein Appell an die Landesregierung – kommen Sie dem Haus Baden nicht zu sehr entgegen. Wir sind lange genug an der Nase herumgeführt worden.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich freue mich über den Antrag, den Sie heute vorgelegt haben. Er ist noch etwas weich formuliert. Wir werden trotzdem zu
stimmen. Es ist schön, wenn Sie nach einem Jahr auf dem Weg ankommen, den wir schon damals vorgeschlagen hatten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern war ein guter Tag für Kunst und Kultur in Baden-Württemberg, ein schlechter Tag für die Landesregierung.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Einer der vielen Tage!)
Nachdem Sie noch vor einem Jahr sich selbst und das ganze Land Baden-Württemberg dem Gespött der nationalen und internationalen Öffentlichkeit preisgegeben haben,
nachdem der Ministerpräsident damals gesagt hat, es interessiere ihn nicht, was in den Kulturteilen der Zeitungen stehe, sondern nur was im Wirtschaftsteil stehe, ist jetzt klar geworden: Die Regierung hat sich bis auf die Knochen blamiert. Die Regierung hat fahrlässig Landesinteressen preisgegeben.
Wir haben schon vor mehr als einem Jahr in einer Pressekonferenz mit Professor Mußgnug darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl, der Großteil der angeblich streitigen Kulturgüter seit der Revolution Eigentum der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sind. Wir waren in einem Punkt unsicher, und zwar beim Beutegut mit Migrationshintergrund.
Ich meine die Trophäen des Türkenlouis, die Türkenbeute. Da konnte man noch der Auffassung sein, das sei ehrbar im Kampf errungen worden und deshalb Privateigentum geworden,
aber wohlgemerkt nicht ehrbar im Kampf errungen von Bernhard Prinz von Baden, sondern von einem seiner Vorgänger aus der Nebenlinie. Aber auch diese Türkenbeute ist eindeutig staatliches Repräsentationsgut und gehört uns, gehört den Bürgerinnen und Bürgern des Landes.
Damit ist auch klar, dass die Landesregierung mit dem sogenannten Würtenberger-Wax-Gutachten ein Gutachten bestellt hat, das nur den Kompromiss absegnen sollte, und nicht befleißigt war, wahrhaftig und ernsthaft danach zu suchen, wie die Eigentumsverhältnisse wirklich sind. Dies ist erst jetzt mit der Expertenkommission gelungen – aufgrund unseres Drucks und aufgrund des internationalen Drucks.
Gestern war auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein guter Tag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Land Baden-Württemberg.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Weil wir Ihre Anträ- ge abgelehnt haben! – Heiterkeit und Beifall bei Ab- geordneten der CDU)
Inzwischen ist klar: Allenfalls Kulturgüter im Wert von 5,6 Millionen € stehen dem Haus Baden zu. Das Land wäre bereit gewesen, im vorauseilenden Gehorsam Gegenstände aufzukaufen, die uns schon lange zustehen. Sie haben nicht Landesinteressen selbstbewusst vertreten. Sie haben vor Fürs tenthronen gekuscht.
Und die Schwächephase der Landesregierung dauert ja an. Es ist noch völlig unklar, wie Sie mit der jetzigen Situation umgehen wollen. Sie sagen, Sie träten in Verhandlungen ein. Ich sage Ihnen: Wenn Sie so verhandeln, wie Sie damals den Deal ausgehandelt haben, dann wird dabei für Baden-Württemberg, für das Land etwas Schlechtes herauskommen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Gute Nacht, Baden- Württemberg! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guten Morgen, Frau Haußmann! – Hei- terkeit)
Sie haben außerdem mit dem Expertengutachten bescheinigt bekommen, dass Sie in der Vergangenheit nicht nur die Eigentumsverhältnisse zum Nachteil des Landes ausgelegt haben,
(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Untreue nennt man das im Strafrecht! – Gegenruf des Abg. Christoph Palm CDU: Das war nicht einmal der Versuch! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sind gemein, Herr Sti- ckelberger!)
sondern dass Sie auch schuldhaft Ansprüche des Landes bei der Zähringer-Stiftung und bei dem Vorkaufsrecht nicht beachtet haben. Damit wirft das Expertengutachten ganz neue Fragen auf. Zum einen die Frage nach dem Verhalten der Landesvertreter im Verwaltungsrat der Zähringer-Stiftung: Warum haben sie nicht darauf gedrungen, dass die Zähringer-Stiftung vollzogen wird, bzw. warum wurden die Ansprüche auf Schadenersatz, die im Jahr 2003 mit der Bekanntgabe des Dolzer-Gutachtens entstanden sind, nicht umgesetzt? Was ist bei der Stiftungsaufsicht des Landes schiefgelaufen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war von Anfang an falsch, die Zukunft des wichtigen Kulturguts Salem mit dem Kulturgüterdeal zu verknüpfen. Wir standen und stehen
dazu und werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Salem für die Öffentlichkeit erhalten bleibt.
Auch der Nachweis über das Entstehen der Altschulden wirft mehr Fragen auf, als beantwortet werden, z. B.: Was ist mit den ganzen Zinskosten, die da eingerechnet werden? Was ist mit der Immobilienbewertung, die vom Haus Baden vorgenommen worden ist? Ich bin der Auffassung, die Immobilie wird dann bewertet, wenn tatsächlich das Kaufangebot vorliegt. Dann haben wir immer noch die Absicherung über das Vorkaufsrecht. Wir sollten sehr gelassen in die Verhandlungen gehen. Die Rechtsposition des Landes ist gestärkt.
Das Haus Baden müsste einzeln Tausende von Kulturgegenständen, Münzen, Gemälden aus den staatlichen Sammlungen herausklagen. Das Haus Baden müsste einen Investor finden für die Immobilie Salem zu einem Kaufpreis, der noch offen ist, und wir hätten das Vorkaufsrecht.
Meine Damen und Herren, wir haben allen Grund, selbstbewusst und standesbewusst als überzeugte Republikaner und Demokraten in diese Verhandlungen zu gehen.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmer- mann CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Wis- sen Sie, was eine Republik überhaupt bedeutet, Herr Schmid?)
Es ist bezeichnend, dass ein Ergebnis der Expertenkommission ist, dass ein Thronsessel, der dem Land Baden-Württemberg gehört, immer noch in Salem steht.
(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm: Sie kriegen einen neuen Sessel für den SPD- Fraktionsvorsitzenden!)
Früher sprach man davon, dass man Ehrfurcht vor Fürstenthronen haben müsse. Ich sage Ihnen: Wir müssen Ehrfurcht vor dem Souverän des Landes haben, vor den Bürgerinnen und Bürgern des Landes, die Anspruch darauf haben, dass ihre Vermögensinteressen selbstbewusst durchgesetzt werden.