Protocol of the Session on October 11, 2007

Lassen Sie uns deshalb die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit wahren. Sicherheitspolitik mit Augenmaß: Ja. Ihre Sicherheitspolitik: Nein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: So etwas Wirres habe ich überhaupt noch nicht ge- hört!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Noch eins draufsetzen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Sckerl, man sollte über Sicherheitspolitik sachlich und nüchtern reden und sich nicht ereifern.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Genau das hat er ge- macht!)

Eifer schadet da mehr, als er nützt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Herr Kollege Gall, die Landesregierung braucht keinen Nachhilfeunterricht in Sachen innere Sicherheit. Wir brauchen von Ihnen jetzt auch keine Unterstellungen, unsere Polizei würde ihre Arbeit nicht gern tun und würde sie nicht richtig machen. Das Gegenteil ist mehrfach heute hier gesagt worden.

Herr Innenminister, ich danke Ihnen dafür, dass Sie dieses Thema hier in sachlicher Weise noch einmal angesprochen haben. Sie haben auch deutlich gemacht, dass die Liberalen nicht die unsicheren Kantonisten sind, als die man uns ab und zu hinzustellen versucht.

Es ist gut, dass Polizei und Verfassungsschutz sich immer wieder neu aufstellen und ihre Arbeit immer wieder optimieren, damit sie den Terrorgefahren begegnen können. Dabei können sich die Sicherheitsorgane auf unsere Unterstützung verlassen. Wir werden – das haben wir hier schon mehrfach gesagt – bei der Neufassung des Polizeigesetzes allen Maßnahmen zustimmen, die notwendig sind und mit der Garantie der Bürgerrechte in diesem Land in Einklang stehen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es freut mich, dass Sie dem Drängen der FDP/DVP und anderer nachgegeben haben und heute hier in einer bisher noch nicht dagewesenen Klarheit zum Ausdruck gebracht haben, dass wir die Stellenausdünnung und den Stellenabbau beim Tarifpersonal der Polizei stoppen müssen und dass wir einen breiteren Einstellungskorridor brauchen, um zu verhindern, dass uns die guten Leute, die heute bereit wären, in den Poli

zeidienst einzutreten, irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sie woanders hingehen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Richtig!)

Dafür danke ich Ihnen. Auch dafür haben Sie unsere Unterstützung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, natürlich ist es immer eine Gratwanderung. Wir müssen immer schauen: Wie können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern möglichst optimale Sicherheit bieten, ohne sie gleichzeitig in ihren Freiheitsrechten einzuschränken? Das ist immer wieder zu beachten. Das wird auch jetzt bei der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht deutlich. Herr Kollege Blenke, wir können gern dieses Urteil abwarten. Es freut mich, dass Sie dazu bereit sind. Sie werden sehen: Unsere liberale Auffassung wird durch das höchste Gericht bestätigt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Bitte gut protokollieren!)

Sie haben hier einen etwas unpassenden Vergleich gezogen. Sie haben gesagt, die Privatsphäre von zwölf Terroristen sei Ihnen nicht so wichtig wie die Gefährdung von Leib und Leben von Hunderten oder gar von Tausenden.

(Abg. Thomas Blenke CDU: 11 Millionen, habe ich gesagt!)

Da haben Sie recht. Aber es geht ja nicht darum, die Privatsphäre von zwölf Terroristen zu schützen, sondern es geht darum, dass Sie nicht, um zwölf Terroristen zu finden, 11 Mil lionen Bürger unter Generalverdacht stellen. Das will ich hier noch einmal ganz klar sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Nur im Ver- dachtsfalle! Sie wissen genau, das betrifft nur einzel- ne Fälle! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU – Abg. Hans Heinz CDU: So ein Schwachsinn!)

Wir tragen alles mit, was notwendig ist. Wir tragen aber nur das mit, was in Einklang mit Recht und Gesetz und mit unserer Verfassung steht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist ja echt Blödsinn!)

Meine Damen und Herren, Sie wissen ja, Herr Kollege Mappus, dass wir immer gerne singen: „Freiheit, die ich meine, die mein Herze kennt“.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sie sollen nicht singen, Sie sollen in diesem Fall lesen!)

Wir wollen nicht, dass sie nur immer oben unterm Himmelszelt schwebt. Deswegen sage ich Ihnen eine alte Erkenntnis, die heute so neu und aktuell ist wie nie zuvor: Man kann die Freiheit nicht verteidigen, indem man sie abschafft oder einschränkt.

(Beifall bei der FDP/DVP und den Grünen sowie Ab- geordneten der SPD – Abg. Dietmar Bachmann FDP/ DVP: Bravo!)

Das Wort erteile ich Herrn Justizminister Dr. Goll.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: An seiner Stelle woll te ich jetzt auch nicht sein!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin vorhin von Herrn Abgeordnetenkollegen Blenke angesprochen worden. Darum habe ich mich zu Wort gemeldet.

Ich möchte zunächst betonen, dass ich es für richtig und wichtig halte, dass wir hier über das Thema Terrorismusbekämpfung diskutieren. Ich finde es allerdings – in Richtung des Abgeordnetenkollegen Blenke gesagt – ein bisschen schade, dass wir auf ein Thema, das meines Erachtens nichts Positives dazu beiträgt – das werde ich Ihnen gleich darzulegen versuchen –, nämlich das Thema der Onlinedurchsuchung, abzielen und dass vielleicht ein bisschen zu wenig zutage getreten ist, dass die Landesregierung in dieser Zusammensetzung alles tut und auch zu tun bereit ist, dass Baden-Württemberg weiterhin seine Position als sicherstes Bundesland unter allen Bundesländern behält.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deswegen sage ich im Anschluss an den Kollegen Kluck noch einmal in aller Klarheit: Wir sind bei allem dabei – ich kann da sicher auch für die Fraktion reden –, was in Bezug auf die so verstandene Sicherheit einen Fortschritt bedeutet, und zwar in der Weise, dass man darlegen kann, was es nützt und was die Risiken und Nebenwirkungen sind, und dass man zu dem Schluss kommt, dass der Nutzen eindeutig größer ist als die Risiken und Nebenwirkungen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Nach meinem Verständnis – in aller Bescheidenheit – ist bei dieser Maßnahme nicht einmal der Nutzen klar – vielleicht macht mir hier noch jemand den Nutzen klar.

Jetzt muss ich halt auch einmal ein paar Worte zu diesem Thema sagen. Ich stelle in den Diskussionen in der Öffentlichkeit immer fest: Die Bevölkerung weiß bestenfalls die Hälfte. Es wird der Eindruck erweckt, als könnten wir das Internet nicht oder nur mangelhaft überwachen. Dieser Eindruck ist nach meiner Meinung falsch. Wir können alles überwachen, was mit Kommunikation zu tun hat.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: E-Mails, SMS etc.! – Ge- genruf des Abg. Stefan Mappus CDU: SMS ja, E- Mail nein!)

Übrigens bin ich natürlich bereit, das in manchen Bereichen der Quellen-TKÜ klarzustellen. Ich will jetzt nicht in das Expertendeutsch verfallen; der Kollege Rech versteht das natürlich. Aber klar ist: Alles, was mit Kommunikation zu tun hat, ist überwachbar.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Also auch E-Mail- Verkehr!)

Jedes Internetcafe, jeder Callshop ist lückenlos überwachbar. Wir haben es bei uns im Haus auch abgeklopft. Alles, was über ein Netz und einen Äther schwirrt, ist abgreifbar und kann schon jetzt abgegriffen werden.

Da frage ich mich: Was bleibt eigentlich noch übrig? Wenn jemand auf seinem eigenen Computer einen Plan für ein Verbrechen macht und mit diesem Computer nie ans Netz geht, haben Sie bei der Ermittlung Pech.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So blöd ist doch niemand!)

Dann kommen Sie auch mit keiner E-Mail heran und können auf diesem Rechner keine Software installieren. Sie wissen doch genau, mit wem wir es zu tun haben und wie weit diese Leute sind. Wenn die auf ihrem Computer einen Plan machen, der nicht kommuniziert wird, dann kommen wir gar nicht heran; denn dann ist der Computer nicht am Netz. Wenn die den Plan kommunizieren wollen, dann – das ist die billigste Methode; sie ist aber auch schon wieder veraltet – spielen sie die Daten zunächst auf einen USB-Stick und übertragen diese dann über einen zweiten Computer, mit dem sie ans Netz gehen. An den ersten Computer kommt man dann immer noch nicht heran, und auf dem zweiten ist nichts zu finden. In Wirklichkeit ist aber auch diese Maßnahme schon wieder veraltet. Um zu kommunizieren, klinken sie sich in andere Systeme ein, loggen sich über Wireless LAN in fremde Computer ein, und dann ist überhaupt nichts auf der Festplatte zu finden.

Übrigens: In dem Fall, in dem jemand im stillen Kämmerlein auf seinem Computer solche Pläne macht und mit diesem Computer nicht ans Netz geht, hilft Ihnen nur die Beschlagnahme, und die Beschlagnahme ist schon heute möglich. Deswegen muss ich heute hier sagen: Es hat mir bis heute leider noch niemand den Nutzen der Onlinedurchsuchung dargetan. Nach meiner eigenen Überzeugung ist das eine komplette Symboldiskussion.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grü nen sowie des Abg. Hans Georg Junginger SPD)

Deswegen wundert mich auch nicht der Brief des Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft – ich habe ihn jetzt leider nicht dabei; er wird vornehm gar nie erwähnt –, in dem die Polizeigewerkschaft – des Landes wie des Bundes – klipp und klar fordert: „Lasst den Quatsch! Gebt uns lieber mehr Personal.“

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Diese Aufforderung haben wir als Liberale in dieser Regierung aufgegriffen.