Protocol of the Session on October 11, 2007

Das sage nicht nur ich, sondern das steht auch in dem sehr guten Portal der Landesregierung „www.service-bw.de“. Ganz abgesehen von der Frage, wer dieses Portal überhaupt kennt: Es ist gut. Bezeichnenderweise unter dem Stichwort „Lebenslagen“ kommt man dann auch zu der Verbraucherzentrale, der ersten Adresse, wie wir eben gehört haben. Man klickt sich zu den Leistungen durch, informiert sich darüber und stößt auf eine Preisliste der Verbraucherzentrale mit teilweise ganz schön satten Beträgen für die Einzelberatung. Das reicht bis hin zu mehreren Hundert Euro.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wir müssen feststellen, dass gerade die Einzelberatungen im Verbraucherschutz notwendig sind. Allgemein kann man Verbraucherschutz überall gut proklamieren. Aber wenn es ins Detail geht, fragen die Verbraucher nach, und dann müssen sie erhebliche Kosten auf sich nehmen, wenn sie beraten werden wollen. Das hat die Verbraucherzentrale in Zeiten, als die Mittel von der Landesregierung drastisch zurückgeführt wurden, so einführen müssen.

Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird dann den Kontakt suchen und wird telefonieren, telefonieren, telefonieren. Die Hälfte der Ratsuchenden gibt auf, und wer nicht aufgibt, muss eine Bearbeitungszeit von mehreren Wochen in Kauf nehmen.

Ratsuchende z. B. im Bereich Versicherungen kommen in diesem Jahr überhaupt nicht mehr in den Genuss der Beratung. Davon steht im Portal der Landesregierung überhaupt nichts. Sieht so, frage ich mich, ein qualitativ hochwertiger Verbraucherschutz aus?

so sagt die Landesregierung in ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag –

informierten und selbstbewusst handelnden Verbrauchern kann sich ein fairer … Markt entwickeln. Eine Vorausset

zung für eine starke Verbraucherpolitik in Baden-Würt temberg … ist eine professionelle und unabhängige Verbraucherorganisation …

Das sagt die Landesregierung sehr zu Recht. Ich stelle zufrieden fest, Herr Minister, dass Sie eine gewisse Sensibilität gegenüber diesem Thema entwickelt haben, seitdem der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder infolge der BSE-Krise Verbraucherschutz als Staatsziel proklamiert hat.

(Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Das war der Punkt, wo zum ersten Mal plötzlich auch in konservativen Köpfen Verbraucherschutz stattfand.

Es geht nicht allein um Informationsvermittlung, um schöne Texte und Broschüren, sondern es geht um die Rechte der Verbraucher in einem zunehmend deregulierten Markt bei Gesundheitsdienstleistungen, in der Versicherungsbranche, bei Finanzdienstleistungen, im Internethandel und im Energiesektor. Die Einnahmeseite der Verbraucherzentrale kann nicht mehr gesteigert werden. Schon diese Gebühren, von denen ich gesprochen habe, sind eine kaum hinnehmbare Entwicklung gerade für diejenigen Verbraucher, die wenig Geld haben.

Nun reicht es nicht aus, Herr Minister, sich zu rühmen, dass die Mittel für die institutionelle Förderung auf niedrigem Niveau stabil geblieben sind. Jedes Festhalten am Status quo ist ein Rückschritt – das weiß jeder – angesichts der ohnehin niedrigen Gehälter des qualifizierten Personals und angesichts der ständig steigenden Nachfrage, die überhaupt nicht mehr befriedigt werden kann.

Geradezu rührend ist die Bitte der Verbraucherschutzministerkonferenz, der Sie vorstehen, an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die Mittel für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz nicht zu kürzen. Zum Glück werden diese nun nicht gekürzt, aber sie sind eine freiwillige Leistung der Bundesregierung. Ich denke, es ist eine Blamage, dass unser wirtschaftsstarkes Land die Mittel für Verbraucherberatung des Bundes in Anspruch nehmen muss, weil hier die Mittel auf Sparflamme gehalten werden.

Nun erlauben Sie wenigstens, dass der Stellenplan der Verbraucherzentrale flexibel gehandhabt werden kann. Vielen Dank dafür. Aber das ist eine Mindestvoraussetzung, damit diese kompetente Organisation überhaupt arbeiten kann. Sorgen Sie dafür, dass die Verbraucherzentrale ihre Aufgaben noch besser wahrnehmen kann und dass tatsächlich die Rat suchenden Bürger, die z. B. über dieses Internetportal Kontakt aufnehmen, nicht abgeschreckt werden, dass sie ohne lange Wartezeit beraten werden können und dass das Personal tatsächlich besser bezahlt werden kann. Dieses Problem wird sich angesichts der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, die wir beobachten, zunehmend verschärfen.

Nun frage ich Sie auch, ob es nicht Möglichkeiten gibt, einen stabilen Finanzierungsmodus zu finden, und welche Anstrengungen Sie hierzu unternehmen. Insgesamt werden schon seit Jahren in der Republik Modelle diskutiert, mit denen man die anbietende Wirtschaft selbst zur Finanzierung mit ins Boot nehmen kann. Das hat die Verbraucherschutzministerkonferenz aus meiner Sicht auf die lange Bank geschoben. Es ist

vieles im Gespräch. Freiwillige Zuwendungen bestimmter Branchen, die Einführung einer Verbraucherabgabe der Wirtschaft, durch die Spitzenverbände der Wirtschaft finanzierte Zuwendungen, die in eine Stiftung einfließen könnten, oder die Abschöpfung von Unrechtsgewinnen – all diese Vorschläge sind nicht neu.

Wir erwarten hier allmählich Aktivitäten seitens der Verbraucherschutzminister. Was tun Sie dafür? Denn erst dann könnte die Verbraucherzentrale unabhängig von haushalterischen Überlegungen ihre Arbeit steuern und sinnvoll gestalten.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ökosteu- er!)

Wenn Sie schon Verbraucherschutz auf Ihre Fahnen schreiben und – wie Sie schreiben – die Rahmenbedingungen festigen wollen, müssen Sie mehr für die Verbraucherzentrale investieren.

So weit in der ersten Runde. Zu dem FDP/DVP-Antrag nehme ich gleich noch Stellung.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Brunnemer für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach den vielen Schlagzeilen in den letzten Wochen über Gammelfleisch und Spielzeugrückrufaktionen ist es wichtig, dass wir hier das Thema Verbraucherschutz diskutieren und uns klarmachen, wo wir stehen. Neben Fragen der Lebensmittelsicherheit und Produktsicherheit haben vor allem rechtliche und wirtschaftliche Verbraucherbelange an Bedeutung zugenommen. Ich nenne unlautere Telefonwerbung, hohe Energiepreise, das Fahrgastrecht im ÖPNV, Altersvorsorge. Das sind einige Beispiele.

Die zunehmende Globalisierung und der technische Fortschritt stellen die Verbraucherpolitik gerade in diesen Bereichen vor immer neue Herausforderungen. Wir von der CDU-Fraktion wollen den hohen Stellenwert des Verbraucherschutzes erhalten, und wir wollen das hohe Niveau sichern und ausbauen.

Dabei sind Organisation und Durchführung bei unserem Verbraucherschutzminister Peter Hauk in guten Händen. Mit ihm als Vorsitzendem der Verbraucherschutzministerkonferenz von Bund und Ländern sind wir hervorragend aufgestellt. Mehr noch: Peter Hauk hat das Land Baden-Württemberg bundesweit als Land des Verbraucherschutzes profiliert. Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle ein Wort des Dankes und der Anerkennung aussprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Platz 6!)

Meine Damen und Herren, wenn wir uns zu Recht aufregen, wenn hin und wieder ein Lebensmittelskandal aufgedeckt wird, dann müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, warum er aufgedeckt wird: Dies geschieht, weil wir so gute Kontrollen haben. Frau Chef, Sie haben das vorhin genauso gesagt. Gerade wir in Baden-Württemberg waren Vorreiter, was risikoorientierte Probenentnahmen und die Auswahl der Betriebe angeht. Das System ist gut. Klar ist aber, dass aufgrund

von Bestimmungen der EU und auch bundesrechtlicher Vorgaben darüber nachgedacht werden muss, ob wir unter Umständen personell reagieren müssen, damit wir weiterhin erfolgreich sind.

Wir begrüßen außerordentlich das Maßnahmenpaket, das die Verbraucherschutzministerkonferenz im September in BadenBaden beschlossen hat. Auch hier erwähne ich nur beispielhaft die Einfärbung von Schlachtabfällen, um den Handel mit ungenießbarem Fleisch zu unterbinden, und auch die transparente Kennzeichnung von Spielzeug, um eine Verschärfung der Sicherheitsanforderungen zu erreichen und Kinder vor unsicherem Spielzeug zu schützen.

Meine Damen und Herren, überhaupt geht es wesentlich um Kennzeichnung. Sie ist wichtiger denn je. Denn gerade Transparenz schafft Vertrauen und gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Auch bei Gentechnik?)

Wir von der CDU-Fraktion und auch die Landesregierung wollen mündige Verbraucher.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr gut!)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen gut informiert sein, damit sie selbstständig entscheiden können. Denn klar ist: Nur derjenige, der gut informiert ist, kann kluge Kaufentscheidungen treffen.

Gerade in diesem Zusammenhang kommt der Verbraucherzentrale eine herausragende Rolle zu. Sie nimmt in BadenWürttemberg seit beinahe 50 Jahren die Aufgabenfelder Verbraucherinformation, Verbraucherberatung und Verbraucherbildung wahr. Das kommt nicht von ungefähr. Wir unterstützen die Arbeit der Verbraucherzentrale mit 1,6 Millionen € jährlich. Dieser Betrag konnte trotz der hohen Sparauflagen für das Jahr 2007 fortgeschrieben werden. Auch für das Jahr 2008 sind keine Kürzungen zu erwarten.

Wir setzen uns auch dafür ein, dass die Projektmittel des Bundes für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz erhalten bleiben. Denn eine gut funktionierende Verbraucherberatung braucht eine dauerhafte, verlässliche und unabhängige Finanzierung. Das muss unser aller Ziel sein.

Lassen Sie mich abschließend zusammenfassen: Verbraucherschutz ist weit mehr als Lebensmittelsicherheit. Verbraucherschutz ist überall dort nötig, wo man als Konsument einer Übermacht an undurchschaubaren Angeboten gegenübersteht. Auf all diesen Gebieten hat Baden-Württemberg die Initiative ergriffen und bundesweit Zeichen gesetzt – dank eines kompetenten, engagierten Ministers und seiner Mitarbeiter, dank einer kompetenten Verbraucherzentrale, um die man uns in anderen Ländern beneidet und die auch weiterhin unsere finanzielle Unterstützung verdient hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pix für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die typisch weibliche Eigenschaft, Dinge, die noch so sehr im Argen liegen, schönzureden, kenne ich auch von meiner Frau. Das haben Sie, meine Vorrednerinnen, hier bestens bewiesen.

(Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er hat nichts gelernt aus dem Frauenplenartag! – Minister Peter Hauk: Frau Mielich, lassen Sie ihm das durch- gehen? Das ist ja Chauvinismus pur bei den Grünen! Das ist ja unglaublich! – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU – Weitere Zurufe und Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte keine Diskriminierung!

Die von der Regierung eingesetzte Verbraucherkommission sagt nämlich genau das Gegenteil.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Protokoll geht an Ihre Frau! – Gegenruf des Ministers Peter Hauk: Das Protokoll bekommt der nächste Landespartei- tag!)

Frau Präsidentin, könnten Sie einmal den Minister beruhigen?

Ich wundere mich, dass Sie das so schönreden, obwohl die von Ihnen eingesetzte Verbraucherkommission – die da überhaupt nichts zu beschönigen hat – feststellt, dass Baden-Würt temberg hier höchstens Mittelklasse ist, auf Platz 6 liegt, dass in der Lebensmittelkontrolle hier sehr viel im Argen liegt und dass sehr viel Nachholbedarf besteht. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, wie Sie die Dinge so schönreden können.

Verbraucherpolitik hat gleichermaßen den Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken und die Bildung und Information mündiger Konsumenten zum Ziel.

Herr Hauk, diese wohltönenden Worte haben Sie in Ihrer Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der FDP/DVP gebraucht. Aber leider zeigt die Praxis der baden-württembergischen Verbraucherschutzpolitik ein völlig anderes Bild.