Protocol of the Session on May 24, 2007

Aber trotzdem: Wenn ich den Autofahrer nicht zusätzlich belaste, wo bleibt dann das Geld? Also habe ich es nicht mehr. Sie haben recht mit Ihrer Beschreibung, dass es notwendig ist, das System umzustellen und in ein gerechtes System der Nutzerfinanzierung einzusteigen. Da wären wir bei Ihnen. Aber wenn wir jetzt die Antwort der Landesregierung heranziehen und Sie erklären, Sie seien mit der zweitbesten Lösung zufrieden, dann müssen wir sagen: Die Vignette hat leider gar keine steuernde Wirkung. Doch um die Steuerung geht es ja eigentlich. Das haben Sie ja jetzt auch ausgeführt.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Die ausländischen Fahrer!)

Entschuldigung! Jetzt habe ich das mit den Ausländern vergessen. Richtig. Also: Wir belasten den deutschen Autofahrer nicht stärker, haben aber aufgrund der Vignette, wie Sie ausführen, einen Aufwand in Höhe von 10 % der Einnahmen, weil das System halt so teuer ist. Es bleiben die 4,5 % übrig,

die nicht zu den deutschen Steuerzahlern gehören und dann zahlen müssen. Das rechnet sich nicht.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kluck?

Auf jeden Fall.

Herr Abg. Kluck, bitte sehr.

Herr Kollege Wölfle, ist Ihnen klar, dass es hier nicht um die Diskriminierung von Ausländern geht, sondern um eine Besteuerung des Transitverkehrs für die Benutzung der Straßen in Deutschland?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

Jetzt würde mich interessieren, wie Sie darauf gekommen sind, dass es mir um eine Diskriminierung gehe. Ich habe Ihnen ausgeführt: Wenn man den deutschen Autofahrer nicht stärker belasten will, dann trägt dieser zur Finanzierung nicht bei. Für die 10 % Mehraufwendungen, die das System erfordert, muss ja jemand aufkommen. Sie führen selbst auf: 4,5 % derjenigen, die unsere Straßen benutzen, müssen dann die ausländischen Fahrzeughalter sein. Das war eine Tatsachenbeschreibung und keine Diskriminierung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage.)

Noch Probleme? Sie dürfen gern noch einmal fragen.

Herr Kollege Wölfle, ist Ihnen bekannt, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland auch Menschen ausländischer Staatsangehörigkeit befinden, die hier ihren dauerhaften Wohnsitz haben und die nicht unter diese Vignettenpflicht fallen?

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Die tanken in Deutschland!)

Diese werden genauso behandelt wie die Deutschen.

Ich kenne sogar deutsche Steuerflüchtlinge, die über die Grenze fahren und dort tanken. Stellen Sie sich das vor!

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen – Abg. Mi chael Theurer FDP/DVP: Herr Wölfle, Sie waren vor- her schon dort!)

Er hat einen Versuch gemacht; der ist gescheitert. Das ist okay.

Ich werbe bei Ihnen – auch bei der Landesregierung – dafür, tatsächlich in den Versuch mit der nutzungsabhängigen Gebühr einzusteigen. Ich war über das Wochenende in Helsinki.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Mit dem Flug- zeug?)

Mit dem Flugzeug. Haben Sie noch weitere Fragen?

(Heiterkeit)

Dort war schön zu sehen, wie weit die Technik in dem Bereich der Telematik schon ist. Wir sollten uns nicht mit der sogenannten zweitbesten Lösung zufriedengeben, sondern die paar Jahre, die man für die beste Lösung noch braucht, nutzen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Noch mehr Jahre? – Abg. Winfried Mack CDU: Wofür sind Sie denn eigent- lich?)

Wir machen einen Fehler. Sie reden von der Akzeptanz. Der Bürger hat kein Verständnis für eine Vignette, weil sie nicht gerecht ist. Sie steuert nicht.

Vor Kurzem habe ich mitbekommen: Die Londoner benutzen ihre Maut sogar zur Steuerung von umweltbelastenden Faktoren. Sie sagen beispielsweise: Wer die 120-MilligrammGrenze nicht erfüllt, der zahlt. Wer sie erfüllt, der zahlt keine Maut.

Also: Mit einer Vignette steuern wir nichts. Wir steuern aber mit modernen Formen einer Maut. Diese kann man in der Tat unterschiedlich gestalten. Es wäre unser Wunsch und unsere Forderung, umweltpolitische Forderungen so zu gestalten, dass wir lenken können und nicht nur eine zusätzliche Gebühr erhalten. Seien wir dann doch wenigstens so ehrlich und sagen: Das muss aufwandsneutral sein; dabei haben wir einfach nicht mehr Einnahmen. Unehrlichkeit versteht der Wähler am wenigsten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich habe mir die Große Anfrage der SPD und die Antwort der Landesregierung sehr genau durchgelesen und dabei festgestellt, dass die Fragen wie auch die Antworten umfassend und gut sind. Deshalb habe ich mir zuerst einmal die Frage gestellt, warum wir diese Große Anfrage hier überhaupt noch diskutieren wollen.

Herr Haller hat noch einmal aus dem Landeshaushalt Zahlen vorgelesen. Nur, glaube ich, sollten wir dies mit dem Blick nach vorne diskutieren. Was können wir schnell tun? Vor allem: Welchen Sinn haben diese Dinge, die im Augenblick auch in Berlin diskutiert werden?

Die EU verfolgt die Strategie der Wegekostendeckung. Das ist langfristig auch der richtige Weg.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Die Wegekostendeckung inklusive externer Kosten, also die Deckung der vom Verkehr verursachten Kosten insgesamt einschließlich der durch den Verkehr verursachten Schäden – CO2-Diskussion – und auch der Zeitverluste, muss zum Grundprinzip gemacht werden. Darauf muss das Konzept abgestimmt sein. Wenn man sich die Antwort der Landesregierung zu Abschnitt I der Großen Anfrage durchliest, sieht man, dass die Umstellung auf eine Nutzerfinanzierung für sehr

dringlich gehalten wird und dies auch verfolgt werden soll te.

Dies ist kein neuer Ansatz, sondern wurde nachweislich erstmals von der FDP als erster Partei in Deutschland auf ihrem Bundesparteitag vom 25. bis 27. Oktober 1971 – Freiburger Thesen – schon klar gefordert. Ich zitiere aus dem vierten Teil des Beschlusses die These 4. Dort steht wörtlich:

Die Kosten der Umweltbelastung werden grundsätzlich nach dem Verursacherprinzip aufgebracht.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Nicole Ra- zavi CDU)

Das muss der Grundsatz sein, meine Damen und Herren. So einfach wäre es. Aber man diskutiert und diskutiert und erfreut sich an immer mehr komplizierten Berechnungsverfahren und neuen Modellen. Man beschäftigt Steuerbeamte mit der Frage, wie man es noch komplizierter machen könnte, und beschäftigt Bundesrat und Bundestag – anstatt sich emotionslos zunächst einmal über die wahren Ursachen und über vielleicht einfachere, praktikablere Wege zu unterhalten.

Ich werde versuchen, einmal ein Beispiel zu geben, und zwar zur Verbrennung – das ist für mich immer der erste Punkt. Bei der Verbrennung von einem Liter Benzin oder Diesel werden von den Verbrennungsmotoren rund 2,3 bis 2,5 kg CO2 produziert. Jeder – derjenige, der viel CO2 produziert, weil er ein Fahrzeug mit einem besonders kräftigen Motor hat, genauso wie derjenige, dessen Fahrzeug zwar einen besonders sparsamen Motor hat und vielleicht nur fünf Liter Kraftstoff verbraucht, der aber entsprechend mehr fährt, z. B. 50 000 oder 100 000 km pro Jahr – muss für das aufkommen, was er verursacht. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz.

Bei dem heutigen System zahlt der Fahrzeughalter, der das Auto in der Garage lässt oder nur wenige Kilometer fährt, genauso viel an Kraftfahrzeugsteuer wie derjenige, der sehr viel fährt –

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

aus beruflichen Gründen, aus Freude am Fahren oder aus anderen Gründen.

Ich nenne Ihnen jetzt zwei Rechenbeispiele. Ein kleiner Wagen oder ein Mittelklassewagen, der auf 100 km fünf oder sechs Liter verbraucht, produziert bei einer jährlichen Fahrleistung von 5 000 km – z. B. wenn dessen Fahrer als Rentner wenig unterwegs ist oder er diesen Wagen als Zweitfahrzeug nutzt – rund 500 bis 600 kg CO2. Wer mit dem gleichen Fahrzeug aber 50 000 km fährt, verursacht das Zehnfache, also 5 000 bis 6 000 kg CO2. Beide zahlen im Augenblick KfzSteuern in gleicher Höhe.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber mit der Kfz- Steuer können Sie nicht fahren! – Heiterkeit bei Ab- geordneten der CDU, der SPD und der Grünen)

Sie müssen mich schon zu Ende reden lassen. – Zweites Beispiel: Ein 3,1 t schwerer allradgetriebener Pkw auf Deutschlands asphaltierten Straßen – sicher nicht immer erforderlich –, der 15 Liter Treibstoff pro 100 km braucht, mit dem man aber nur 5 000 km fährt, verursacht weniger Umweltschäden

in Form von CO2 als ein kleines Fahrzeug, mit dem man 50 000 oder 100 000 km fährt. Da gilt das Gleiche: Derjenige, der die zehnfache Strecke fährt, zahlt die gleiche Steuer.

Für mich heißt das aber auch: Bei allen Systemen, die im Augenblick diskutiert werden, wird kraftstoffsparendes Fahren nicht honoriert. Meine Damen und Herren, wollen wir doch endlich zum Verursacherprinzip übergehen! Ich bin der Auffassung, dass es nach wie vor richtig wäre, die Kfz-Steuer abzuschaffen und zu einer höheren Besteuerung des Kraftstoffes überzugehen. Dann hätten wir ein echtes Verursacherprinzip.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das haben wir letztmalig 2004 in Ludwigsburg auf unserem Landesparteitag beschlossen.