Wir wissen, dass es einen hohen Anteil der Realschulabsolventen gibt, der über die berufliche Bildung die allgemeine Hochschulreife anstrebt. An dieser Schule habe ich festgestellt, dass aufgrund dieses Netzwerks mit den Unternehmen die Übergangsquote nicht 30 %, sondern interessanterweise deutlich über 50 % beträgt.
Ja. Er meldet sich ja schon seit zwei Minuten. Deshalb hat er jetzt die Gelegenheit zu seiner Frage.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Ich bin ganz beeindruckt, was Sie jetzt alles auflis ten und wie erfolgreich das umgesetzt wird. Für mich stellt sich aber die Frage: Wie lässt es sich erklären, dass von den Ausbildungsbetrieben die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen nach wie vor stark in Zweifel gezogen wird und dass
offensichtlich auch, wie die hohen Abbrecherquoten in verschiedenen Ausbildungsberufen zeigen, die Berufsorientierung nicht funktioniert? Oder sagen Sie: „Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, die Probleme liegen in der Wirtschaft“?
Wir hatten in den letzten Jahren zunächst einmal das Phänomen – die Entwicklung ist Gott sei Dank beendet, es zeichnet sich eine Besserung ab –, dass die Zahl freier Ausbildungsstellen in der freien Wirtschaft abgenommen hat. Dies hat sich natürlich auch ausgewirkt auf die Chancen der jungen Menschen, einen Ausbildungsvertrag zu bekommen. Aber wir wissen, die Entwicklung ist jetzt wieder eine bessere. Wir erfahren hier eine wirtschaftliche Belebung.
Darüber hinaus ist es uns aber dennoch gelungen, die jungen Menschen mit hohem Erfolg in den Beruf zu integrieren. Das belegen zum einen die sehr niedrigen Abbrecherquoten – wir haben darüber ja heute Morgen im Zusammenhang mit dem Thema Hauptschule debattiert –, zum anderen die hohen Quoten der Vermittlung direkt in die duale Ausbildung und auch die Weiterqualifizierungsmaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt.
Klar ist, dass wir es natürlich nicht bei den bisherigen Maßnahmen belassen dürfen. Deswegen komme ich auf eine weitere Maßnahme zu sprechen, die jetzt ansteht. So wollen wir den Praxiszug flächendeckend für alle Hauptschulen einführen. Von den etwa 1 200 Hauptschulen in Baden-Württemberg haben bereits 400 den Praxiszug eingerichtet. Wir wissen, dass nach dem Hauptschulabschluss an diesen Schulen die Quote des Übergangs
als im Vergleich zu den Hauptschulen, die solche Kooperationen in dieser Form noch nicht haben. Das belegt, dass wir die Chancen für diese jungen Menschen durchaus auch noch steigern können, wenn wir, wie beabsichtigt, den Praxiszug als ein wesentliches Element zur Stärkung der Hauptschulen flächendeckend einrichten.
Meine Damen und Herren, man muss in diesem Zusammenhang auch das ehrenamtliche Engagement seitens der Wirtschaft erwähnen. Deswegen konzentrieren wir uns im Bereich des Jugendbegleiterprogramms darauf, die Wirtschaft in stärkerem Maß einzubinden. Auch hier haben wir im zweiten Modelljahr im Vergleich zum ersten Modelljahr eine deutlich stärkere Nachfrage zur Kenntnis zu nehmen. Es finden viele Gespräche in Kooperation mit dem Handwerk und mit der Wirtschaft statt, um auch hier eine Steigerung zu erreichen. Ich glaube, dass diese Maßnahmen letztlich auch dazu dienen, den jungen Menschen Leistungsanreize zu vermitteln.
Ich darf noch eine wichtige Erkenntnis vermitteln. In dem Moment, in dem junge Menschen durch die Verzahnung mit der Wirtschaft klare berufliche Perspektiven sehen,
haben sie – das gilt vor allem auch für leistungsschwächere junge Menschen – auch erreichbare Ziele vor Augen. Sie haben klare berufliche Perspektiven vor Augen. Dies führt auch zu einer stärkeren Lernmotivation.
Insofern ist die Behandlung des Themas „Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft“ nicht nur eine Pflichtübung, sondern hat zentralen Stellenwert
Natürlich, Frau Kollegin Rastätter, ist die Lehrerbildung ein ganz wichtiger Faktor. Die Lehrkräfte müssen keine Experten auf den unterschiedlichen Berufsfeldern werden. – Frau Rastätter ist gerade ins Gespräch mit einem Kollegen vertieft, aber sie kann meine Ausführungen ja im Protokoll nachlesen.
Wichtig ist, dass die Lehrkräfte auch Interesse an diesem wichtigen Kooperationsfeld finden, damit sie wissen, wie sie sich der fachlichen Kompetenz dieser Unternehmen konkret bedienen können. Deswegen gibt es an den Pädagogischen Hochschulen für alle Ausbildungsbereiche den Wahlpflichtbereich Wirtschaft für alle angehenden Lehrkräfte.
Was den gymnasialen Bereich betrifft, so befinden wir uns im Moment in konkreten Gesprächen, in denen es auch um die inhaltliche Ausgestaltung des neuen Lehrerbildes für den gymnasialen Schuldienst geht. Wir werden natürlich, was die ökonomische Bildung betrifft, jetzt in verstärktem Maße die Chance nutzen, um hier auch auf die universitäre Ausbildung Einfluss auszuüben.
Meine Damen und Herren, insgesamt haben wir es mit einer Erfolgsgeschichte zu tun. Zum anderen wissen wir, dass wir in unseren Bemühungen nicht nachlassen dürfen. Das Ziel ist es, dass jede Schule verbindliche bzw. intensive Kooperationen mit der Wirtschaft eingeht. Kontakte gibt es, wie ich erwähnt habe, überall vor Ort. Natürlich sehen wir zunächst einmal im Bereich der Hauptschulen einen wichtigen Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung dieses Prozesses. Deswegen ist es für mich ein Anliegen, an dieser Stelle allen Unternehmen, die bereit sind, sich für diese Kooperationen zu engagieren, ganz herzlich zu danken.
Diese Kooperationen liegen nicht nur im unternehmerischen Interesse, sondern auch im bildungspolitischen Interesse unseres Landes. Nicht zuletzt danke ich natürlich auch allen Schulen, allen am Schulleben engagierten Personen, die diesen Prozess ebenfalls unterstützen und begleiten.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass der Antrag Drucksache 14/717 als reiner Berichtsantrag für erledigt erklärt werden kann? – Dem wird nicht widersprochen. Es ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Finanzministeriums – Arbeitsplätze in Baden-Württemberg sichern: Mehr öffentliche Bauaufträge für den heimischen Mittelstand – Drucksache 14/853
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern unter dem Tagesordnungspunkt zu Betriebsübergaben darüber gesprochen und waren uns alle einig, wie wichtig die kleinen und mittleren Betriebe, die Familienbetriebe in Baden-Württemberg für die Wirtschaft, für Arbeitsplätze und für die Unternehmenskultur sind. Heute können wir einen Beitrag dazu leisten – wozu wir uns gestern alle verstanden haben –, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diesen Familienbetrieben, den kleinen und mittleren Unternehmen den Rücken zu stärken.
Das können wir tun, indem wir die Wertgrenzen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge den Notwendigkeiten anpassen. Die öffentlichen Hände sind bei der Vergabe von Aufträgen an die VOB gebunden. Das war gut so; das schafft transparenten Wettbewerb; das schafft Fach- und Teillose, und das stärkte über viele Jahre hinweg dem Handwerk den Rücken.
Inzwischen hat sich die Welt aber verändert, und es gibt zwei Problemkreise, weshalb wir vorschlagen, die Wertgrenzen anzupassen. Mit diesem Vorschlag greifen wir einen eigenen Vorschlag des Handwerks in Baden-Württemberg auf.
Erstens: Die bürokratischen Aufwendungen zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen sind enorm gestiegen, und deshalb gibt es heute kein angemessenes Verhältnis mehr zwischen dem Wert der Ausschreibung und dem erzielbaren Gewinn einerseits sowie den dafür notwendigen Aufwendungen andererseits.
Ich habe Ihnen einmal eine Ausschreibung für eine Heizung mitgebracht, deren Wert garantiert unter 10 000 € liegt. Sie hat einen Umfang von 34 Seiten. Größere Handwerksbetriebe sagen, sie müssten einen Mitarbeiter allein dafür vorhalten, die Bürokratie zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen zu bewältigen. Das steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Wert der Ausschreibung.
Deshalb schlagen wir vor, die Grenze für die freihändige Vergabe von jetzt 8 500 € bis 10 000 € auf 30 000 € anzuheben. Das ist angemessen und entspricht dann auch einem angemessenen Verhältnis von Aufwand und Ertrag.
Der zweite Problemkreis ist: Wenn man diese Aufwendungen der Ausschreibung auf sich nimmt, sollte man auch eine reale Chance haben, den Zuschlag zu bekommen.
Da gibt es das große Problem, dass in der Zwischenzeit die Preisgefälle innerhalb Deutschlands enorm angestiegen sind. Das hängt einfach damit zusammen, dass wir allein innerhalb Deutschlands bereits erhebliche Lohnunterschiede haben und sich die Situation jetzt durch die Osterweiterung der Europäischen Union noch einmal eklatant verschärft. Im Ergebnis – das sagt das Handwerk in Baden-Württemberg – nehmen schon zahlreiche Betriebe Abstand davon, sich überhaupt an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, weil sie sehen, dass sie überhaupt keine Chance gegenüber denjenigen Anbietern haben, die mit billigen Arbeitskolonnen von auswärts kommen. Sie haben nur den Aufwand, und die anderen haben die Aufträge.
Deshalb schlagen wir vor, auch die Grenze für die beschränkte Ausschreibung zu erhöhen, und zwar auf 300 000 € für den Tiefbau, 150 000 € für den Hochbau und 75 000 € für den Ausbau.