Jetzt lassen Sie mich doch einmal reden. – Herr Kollege Palmer, wir waren mit dem Ständigen Ausschuss – Kollege Theurer war dabei – in der letzten Legislaturperiode in Zypern und mussten feststellen, dass die Fronten in der Tat sehr verhärtet sind. Aber dazu trägt nicht nur die türkische Seite, sondern auch die griechische Seite einen großen Teil bei. Genau das gilt es aufzulösen.
Zypern ist Teil der EU. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie absurd es dort war: Wir mussten vom türkischen Teil Zyperns kommend in den griechischen Teil fahren, von dort mit dem Flugzeug nach Athen fliegen, um dann in die Türkei zurückfliegen zu können. Das hat nicht die türkische Seite verlangt, sondern das hat die griechische Seite verlangt. Deswegen müssen wir an beide Seiten appellieren: Wenn ihr Teil der EU seid – Zypern ist es ja schon – und wenn die Türkei Teil der EU sein will, dann müssen solche Dinge zukünftig unterlassen werden, denn das passt nicht zur Europäischen Union.
(Beifall bei den Grünen und des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl Zimmer- mann CDU)
Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir uns ein ökologisches Europa wünschen. Vor allem brauchen wir eine umweltfreundliche Energieversorgung. Wir brauchen eine umweltfreundliche Mobilität. Das ist nicht nur ein ökologisches Thema. Sie, Herr Kollege Theurer, haben vor Kurzem einen Antrag eingebracht, der mir etwas sauer aufgestoßen ist, weil er nicht durchdacht war, weil Sie nicht begriffen haben, welche ökonomische Brisanz das Thema Ökologie für Europa hat. Wir laufen gerade Gefahr, in weltweit laufenden Diskussionen den Anschluss zu verlieren. Bei
spielsweise wollen China, Japan, Kalifornien und andere Staaten zukünftig niedrige Grenzwerte für Automobile schaffen, beispielsweise beim CO2-Ausstoß.
Wenn es uns nicht gelingt, die Autos, die die entsprechenden Auflagen erfüllen, zu produzieren, meine Damen und Herren, dann werden wir Gefahr laufen, dass einer unserer zentralen Wirtschaftszweige, nämlich der Automobilbau, im europaweiten und im weltweiten Vergleich ins Hintertreffen gerät.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das wollen wir ja auch nicht! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Dann darf man auch die Atomkraftwerke nicht ab- schalten!)
Wenn Sie von der Politik nicht bereit sind, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen, dann wird Europa in diesen Bereichen die führende Rolle verlieren.
Deswegen, meine Damen und Herren, begreifen Sie endlich: Die Ökologie ist auch die große Chance der Ökonomie in Europa.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir set- zen nicht auf die Atomkraft! Stimmt doch über- haupt nicht!)
Die Atomkraft hat einen Anteil von ungefähr 4 % an der weltweiten Energieproduktion mit derzeit 440 Atomkraftwerken. Jetzt frage ich Sie einmal ernsthaft: Wie viele Atomkraftwerke wollen Sie denn weltweit noch bauen, damit die Atomkraft einen nennenswerten Anteil an der Energiegewinnung und damit auch einen nennenswerten Anteil am Klimaschutz hat? Das ist doch völlig absurd!
Außerdem, meine Damen und Herren, ist Atomkraft kein Exportschlager. Ein Exportschlager sind vielmehr regenerative Energieträger. Deswegen müssen wir zukünftig auch in Europa auf diese Energiequellen setzen.
Lassen Sie mich ganz zum Schluss noch etwas zu einem Thema sagen, das der Kollege Hofelich erfreulicherweise auch angesprochen hat. Es geht um die Ausschreibungen. Wir reden immer von den Regionen in Europa. Es ist aber völlig absurd, wenn kleine Kommunen, die ein größeres Bauprojekt haben, die Gewerke europaweit ausschreiben müssen. Das führt doch zu einer Schwächung der regionalen Wirtschaft. Hierfür werden Leiharbeiter quer durch den ganzen Kontinent gefahren. Das bringt uns nichts.
Das bringt nichts, was die sozialen Standards anbelangt, und das bringt nichts für die regionale Wirtschaft. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten – ich hoffe, da besteht Konsens in diesem Haus –, dass wir da zukünftig eine andere Lösung haben werden, auch zum Wohle unseres regionalen Mittelstands und der regionalen Handwerksbetriebe.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Walter, ich finde es gut, dass Sie der Intention des Antrags von mir und Kollegen der FDP/ DVP-Fraktion, gerade bei Kleinaufträgen die Bürokratie abzubauen, zustimmen.
Wir kommen damit zu einem ganz wichtigen Punkt: Viele Dinge, die von Europa aus geregelt werden, haben direkte Auswirkungen auf unsere Arbeit. Das unsägliche Antidiskriminierungsgesetz
hat auf europäischer Ebene seinen Anfang genommen. Dasselbe gilt für die Dienstleistungsrichtlinie – der Aufschrei hier war groß –, die Transparenzrichtlinie, das Tabakwerbeverbot und was wir sonst noch alles auf europäischer Ebene regeln müssen.
Entscheidend ist doch bei dieser Frage, wie sich der Einzelfall darstellt. Man kann beispielsweise durchaus der Auffassung sein, Herr Kollege Walter – und das sind wir ja; das ist ja auch auf unsere Initiative hin im Umweltausschuss fraktionsübergreifend, also auch mit den Stimmen von CDU und FDP/DVP, beschlossen worden –, dass die Absenkung der CO2-Emissionen ein wichtiges europäisches Ziel ist. Da liegen wir mit Ihnen auf einer Linie. Wir sind dafür, meine Damen und Herren.
Aber etwa beim Bodenschutz sind wir einen anderen Weg gegangen. Da haben wir gesagt: Das brauchen wir nicht auf europäischer Ebene zu regeln, das können wir selbst regeln. Der entscheidende Punkt – deshalb halte ich es auch für wichtig, dass wir einen eigenständigen Europaausschuss haben – ist doch, dass wir uns in jedem Einzelfall klarmachen: Wo muss die EU etwas regeln, und wo ist es besser, wenn die Mitgliedsstaaten es selbst regeln, entweder auf nationaler Ebene oder – im Rahmen unserer föderalen Ordnung – durch Landesgesetze, die dann hier im Landtag beschlossen werden?
Deshalb stimme ich dem Kollegen Dr. Palmer ausdrücklich zu: Wir brauchen – das war immer die Position der FDP – dringend den europäischen Verfassungsvertrag, der das Subsidiaritätsprinzip neu einführt, der das Prinzip der Verhältnismäßigkeit klar regelt und der den deutschen Ländern über den Bundesrat die Möglichkeit der Subsidiaritätsrüge gibt. Deshalb ist es ganz wichtig, dass mit der deutschen Ratspräsidentschaft eine neue Initiative zur Wiederbelebung dieses Verfassungsprozesses auch in Ländern wie Frankreich und den Niederlanden kommt, die dem Vertrag nicht zustimmen konnten, meine Damen und Herren.
Die Europafähigkeit muss im Mittelpunkt stehen, die Europafähigkeit auch im Sinne der Lissabon-Strategie. Andere Staaten in Europa weisen eine dynamischere Wirtschaft auf als Deutschland insgesamt. Wir können uns auch in BadenWürttemberg nicht auf dem ausruhen, was wir erreicht haben.
Ganz wichtig ist die Sprachkompetenz. Es war richtig, in der Rheinschiene Französisch in der Grundschule einzuführen. Es ist richtig, Englisch schon in der Grundschule zu lehren. Es war richtig, meine Damen und Herren, dass wir Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt haben, um damit die internationale Anerkennung der Abschlüsse unseres Hochschulsystems zu erreichen.
Meine Damen und Herren, die Existenzgründungs- und Innovationspolitik, die federführend von unserem Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg gemacht wurde, ist europaweit Spitze. Baden-Württemberg gilt in der Welt als eine der innovativsten Regionen. Aber auch hier gibt es noch Bereiche, bei denen wir feststellen, dass gerade kleine und mittelständische Betriebe noch europafähiger werden müssen. Hier sollten wir gemeinsam den Handlungsauftrag annehmen.