(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann stellt doch in Baden-Württemberg einmal ordentliche Rahmen- bedingungen zur Verfügung! – Zuruf der Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE)
Wir fordern darüber hinaus, dass die medizinische Indikation nicht von einem Einzelnen festgelegt wird, sondern von einem fachkundigen Kollegium,
das sich aus Frauenheilkundlern, Kinderheilkundlern, Psychologen und Vertretern aus dem Bereich der Humangenetik zusammensetzt, und wir wollen eine Bedenkzeit von drei Tagen beim Vorliegen einer medizinischen Indikation, bis dann auch tatsächlich eine Entscheidung getroffen wird, ob ein Leben abgetrieben wird oder nicht.
Wir glauben aber, dass auch eine Klarstellung im Bereich des § 218, wonach eine alleinige Behinderung des Kindes nicht für eine schwere Gefährdung des Lebens der Mutter ausreicht,
Wir müssen wegkommen von einer Defensivmedizin, die sich im Endeffekt nur an Schadenersatzregelungen orientiert und letzten Endes automatisch alle Elternpaare, denen der Befund ausgestellt wird, dass eine entsprechende Krankheit nachgewiesen ist, in eine Abtreibungsberatung hineintreibt.
Wir brauchen vor allem ein Qualitätsmanagement, in dem nachgewiesen wird, ob die gestellten Diagnosen dann, wenn Kinder abgetrieben werden, auch tatsächlich übereinstimmen. Wir haben in vielen Bereichen bei der medizinischen Indikation diese Datenbasis und dieses Qualitätsmanage
ment nicht. Das ist auch ein großes Anliegen der Bundesärztekammer, die ja einen eigenen Gesetzentwurf zu diesem Thema vorgelegt hat. Es ist ja nicht so, dass die CDU jetzt durchgedreht wäre und sagte, wir müssten jetzt alles ändern und auf den Kopf stellen.
Vielmehr gibt es einen hohen gesellschaftlichen Druck, auch bei den Verantwortlichen, die dieses Thema täglich bearbeiten müssen.
Die erste Frage lautet: Ist Ihnen bewusst, dass alles, was mit diesem Thema zusammenhing, nicht fraktionell gebunden entschieden worden ist, sondern im Deutschen Bundestag als Gewissensentscheidung deklariert wurde? Das ging durch alle Fraktionen. Würden Sie mir zustimmen, dass sich dieses Thema auch deshalb nicht zu parteipolitischen Auseinandersetzungen eignet?
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)
Zweitens: Es gab eine Initiative mit dem Ziel, auf den Mutterpass aufdrucken zu lassen: „Sie haben ein Recht, beraten zu werden“, die aber keine Mehrheit fand. Wären Sie bereit, eine solche Initiative, wenn sie erneut ergriffen würde, dort oben bei der Bundesärztekammer und den anderen Gremien, die darüber zu entscheiden haben, zu unterstützen?
Zu Ihrer ersten Frage, Frau Kipfer: Natürlich ist es eine Gewissensentscheidung gewesen. Aber das heißt doch nicht, dass man darüber nicht mehr diskutieren darf.
Das heißt aber auch nicht, dass man wegen eines Koalitionsvertrags oder deshalb, weil sich irgendwelche Arbeitsgruppen nicht auf Ergebnisse einigen können – das ist nämlich Parteipolitik –, letzten Endes eine sinnvolle Weiterentwicklung dieser Regelung nicht vorantreiben kann.
Deswegen fordern wir klar: Es muss Nachbesserungen geben. Das ist im Interesse der Betroffenen, der Ärzte und der Gesellschaft. Damit machen wir deutlich, dass auch behindertes Leben es wert ist, geboren zu werden. Wir wollen die Rahmenbedingungen entsprechend verändern, um Eltern Mut zu machen, sich zu diesem Leben zu bekennen. Deswegen muss die Diskussion auch in diesem Parlament geführt werden. Sie muss in den Parteien und in den Fraktionen geführt werden.
Ich kann Ihnen nichts vorschreiben, Frau Kipfer; das ist doch völlig klar. Das will ich auch nicht. Aber ich habe als demokratisch gewählter Abgeordneter in diesem Land das Recht, kundzutun, dass man zu diesem Punkt eine andere Auffassung hat, und die Argumente hier in einer Aktuellen Debatte auszutauschen.
sondern wir sollten das zu einer Regelleistung machen. Gerade eben habe ich zwei Vorschläge gemacht: eine psychosoziale Pflichtberatung vor der Pränataldiagnostik und bei dem Bekanntwerden von Krankheitsbefunden eine weitere Pflichtberatung – psychosozial plus medizinisch plus Bedenkzeit. Dann kann wirklich eine verantwortungsvolle Entscheidung getroffen werden.
Ich habe Sie gefragt – ich dachte, Sie hätten zugehört –, ob Sie eine Initiative unterstützen würden, die dazu führt, dass auf dem Mutterpass deutlich aufgedruckt wird: „Sie haben das Recht, beraten zu werden.“ Das steht so im Gesetz, aber es wurde von den Gremien, die darüber zu entscheiden haben, bisher abgelehnt.
(Abg. Ursula Haußmann SPD zu Abg. Dr. Bern- hard Lasotta CDU: Ganz einfach: Ja oder Nein? – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Das hat er doch gerade gesagt! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Nein, das hat er nicht beantwor- tet!)
Ich habe gesagt: Ich unterstütze das und bin sogar noch weiter gehend der Meinung, dass nicht nur ein Hinweis aufgedruckt werden muss, sondern dass die Beratung selbstverständlich umgesetzt werden muss.
Ich glaube, dass wir die Zahl der Spätabtreibungen und diese Automatismen in der Handhabung in unserem Bundesland und in der Bundesrepublik Deutschland nur durch ein Maßnahmenbündel verändern können und dadurch Verbesserungen herbeiführen können.
Ich fordere alle Kräfte auf – egal, ob es Parteien oder Fraktionen sind oder Sie selbst als Abgeordnete in diesem Landtag –: Machen Sie sich in Ihrem Wirkungskreis stark für einen verstärkten Lebensschutz im Bereich des Abtreibungsrechts.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Lasotta, ich glaube, es ist kein Zufall, dass während dieser Debatte und vor allem während Ihrer Rede nahezu alle Kolleginnen der CDUFraktion den Saal verlassen haben.
Ich glaube nämlich nicht, dass Sie, wie Sie es gesagt haben, heute hier die Position Ihrer Fraktion vortragen. Dieses Thema taugt – das ist auch bei uns so – überhaupt nicht, um zu versuchen, ideologisch geprägte parteipolitische Schlachten zu schlagen. Dazu taugt es nicht.