Ja. – Sie haben Analyse um Analyse vorgetragen, warum es so schlecht in Baden-Württemberg ist. Aber eine Lösungsmöglichkeit haben Sie natürlich nicht aufgezeigt.
Zum Schluss haben Sie wieder in einem typischen Reflex auf den Bund verwiesen, ohne einmal darüber nachzudenken, wie hoch der Anteil Ihrer eigenen Partei an der Verschuldungssituation des Bundes ist. Das wissen Sie ja ganz genau. Sie stellen sich hier hin und werfen der Bundesregierung vor, sie verschulde sich. Sie müssen aber einmal sehen, dass bei der Regierungsübernahme von Kohl 1983 die Pro-Kopf-Verschuldung 2 520 € betragen hat. 2 520 €!
(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Rü- ckert CDU: Ist Ihnen bekannt, dass es eine Wieder- vereinigung gab?)
Die Regierung Kohl hat die Pro-Kopf-Verschuldung um 11 220 € erhöht, die jetzige Bundesregierung hat sie um 2 750 € erhöht.
Im Übrigen, Herr Ministerpräsident: Mich wundert schon, dass Sie jetzt eine völlig andere Meinung zum Thema Studiengebühren haben. „Südkurier“ vom 27. November 2000, Frage an Herrn von Trotha:
Unterschiedliche Meinungen gibt es auch im Landeskabinett. Ärgert Sie es, dass beide für Bildung zuständige Minister für Gebühren sind und der Ministerpräsident eine solche Entscheidung verhindert?
Der Ministerpräsident ist der Chef. Er hat gute Gründe, so zu entscheiden. Wir haben für diese Legislaturperiode eine Aussage gegen Studiengebühren. Der Ministerpräsident hat offenbar auch nicht die Absicht, sie in der nächsten Periode einzuführen.
(Zurufe von der SPD: Aha! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Ja was jetzt? – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Das hat Herr von Trotha gesagt!)
Jetzt sind Sie in dieser Legislaturperiode daran, Studiengebühren einzuführen. Ich wollte das nur erwähnen.
Sie haben Ihre Meinung zu Studiengebühren also drastisch geändert – warum, weiß ich nicht. Ich bin zunächst auch der Auffassung gewesen, dass die Einführung von Studiengebühren, auch nachlaufender Studiengebühren, zur Differenzierung der Hochschullandschaften möglich ist. Als ich mich dann aber erkundigt habe, habe ich kein sozial gerechtes System nachlaufender Studiengebühren entdecken können. Auch das viel gelobte österreichische Modell ist nicht sozial gerecht. In Österreich ist die Zahl der Menschen aus finanziell schwachen Verhältnissen, die sich von den Hochschulen abgemeldet haben bzw. die sich nicht eingeschrieben haben, dramatisch hoch. Kein Bayer geht zum Studieren nach Österreich, weil es in Österreich ein Studiengebührenmodell gibt.
Wenn Sie, wie unsere Hochschulprofessoren vorschlagen, eine Mindeststudiengebühr von 500 € pro Semester einführen – es gibt Hochschulprofessoren bei uns, die schon von 1 500 € pro Semester sprechen –
und einmal auflisten, was Ihr eigener Minister gesagt hat, dann stellen Sie fest, dass von den gesamten Einnahmen aus Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester gerade einmal 112 Millionen € bei den Universitäten ankommen. Das sind weniger als 50 %. Vor dem Hintergrund einer immer geringeren Zahl an Studierenden – das heißt, wir werden um Studierende kämpfen müssen – frage ich mich, ob das der Weisheit letzter Schluss ist. Den gleichen Betrag, wie Sie ihn jetzt durch Studiengebühren hereinholen wol
Nicht umsonst sagen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen: „Jetzt warten wir doch einmal; vielleicht könnten wir BAföG mit einbeziehen.“
Das BAföG zu erhöhen, damit durch die Erhöhung die Studiengebühren in Baden-Württemberg bezahlt werden können – so wird es nicht laufen, Herr Ministerpräsident. Wir warten deshalb auf genaue Vorschläge für das „tolle“ sozial gerechte Modell nachlaufender Studiengebühren. Warten wir es ab!
Ich habe mich erkundigt. Ich bin der Auffassung, dass es ein solches sozial gerechtes Modell auf der ganzen Welt bisher nicht gibt, auch in Australien nicht.
Sie standen ja auch einmal auf der anderen Seite. Warum Sie Ihre Meinung geändert haben, haben Sie nicht dargestellt. Ich wollte das nur erwähnen. So weit weg von meiner Haltung waren Sie einmal überhaupt nicht.
Natürlich investieren wir viel in unsere Hochschulen, Herr Ministerpräsident. Gucken Sie sich aber einmal die Substanz unserer Hochschulen an. Sie haben laufend Sonderprogramme gemacht. Laut Rechnungshof besteht allein an unseren Hochschulen ein Sanierungsbedarf von 2,4 Milliarden €. An der Universität Mannheim kommt die Decke herunter. Woanders sieht es ähnlich aus. 2,4 Milliarden! Wenn Sie jetzt aufhören, brauchen wir 80 Jahre, um den Sanierungsbedarf, den Sie in den Hochschulen haben auflaufen lassen, zu decken. Das kann doch keine richtige Politik sein.
Nun kommt Ihre alte Leier zur Familie. Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, in diesem Haushalt wirklich das MutterKind-Programm streichen und im Grunde genommen die Familienerholung streichen und wenn die Caritas gar öffentlich einen Hilfeschrei macht und fordert: „Macht das nicht, das Mutter-Kind-Programm ist die einzige Chance für ledige Schwangere, sich für das Kind zu entscheiden“, und Sie dann hier behaupten, in Baden-Württemberg werde bei der Familie nichts gekürzt, dann kennen Sie entweder Ihren Haushalt nicht, oder Sie sagen bewusst etwas Unwahres.
(Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Sa- gen Sie doch einmal, wie viel die anderen Bundes- länder für ein Mutter-Kind-Programm geben!)
Wir sind hier in Baden-Württemberg und nicht in einem anderen Bundesland. Wir sind hier in Baden-Württemberg gewählt und nicht in Nordrhein-Westfalen.
Jetzt zur EnBW. Da machen Sie ja die größte Geschichtsklitterung. Ich will einmal feststellen, dass seinerzeit, als das Land das Sagen bei der EnBW hatte, so viele Betriebe und sonstige Dinge eingekauft wurden, dass die EnBW in eine Schieflage kam und ein Sanierungsbedarf in Höhe von 1 Milliarde € entstanden ist. Die Verantwortung dafür kann man nun nicht dem baden-württembergischen Parlament zuweisen
auch nicht den Sozialdemokraten –, sondern die Verantwortung dafür tragen offensichtlich Ihre Aufsichtsräte, die Sie von der CDU und der Landesregierung in dieses Aufsichtsgremium geschickt haben, um das einmal deutlich zu sagen.
Deswegen haben wir immer Angst, wenn wir hören, dass CDU-Mitglieder in irgendwelche Betriebe geschickt werden, weil wir immer denken: Um Gottes willen, EnBW, katastrophale Leistung.
Aber jetzt fragen wir doch einmal, was Sie bei der Regierungserklärung gesagt haben. Das war damals die zentrale Frage. Sie können im Übrigen in den Protokollen nachlesen, was damals Herr Maurer gesagt hat, der vorhergesehen hat, dass die EdF natürlich versuchen wird, die Mehrheit zu bekommen. Sie haben damals in Ihrer Regierungserklärung deutlich gesagt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein Mehrheitserwerb an der EnBW möglich sei, und dass die EdF keine Beteiligung anstrebe, die über die angebotenen 25,01 % hinausgehe. Das war Ihre zentrale Aussage. Das war illusionär.