Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie das heute zugeben und sagen: Da habe ich mich geirrt, es war falsch, das zu machen. Im Übrigen gab es noch andere. Ich schaue da nur den designierten Ministerpräsidenten an, der auch anderer Auffassung war, aber dann doch wider besseres Wissen die Mehrheit für diese Sache im Parlament organisiert hat, in der Zwischenzeit aber auf gleiche Augenhöhe geht. Ich bestreite das doch gar nicht. Unsere Kreistagsfraktionen sind ja auch der Auffassung, dass es vernünftig ist, und stimmen dafür, weil wir schon damals gesagt haben, Baden-Württemberg müsse einen Einfluss behalten. Nur jetzt, Herr Oettinger, muss ich sagen, dass uns auch die Konzeption fehlt. Ein solches Engagement hat nur einen Sinn, wenn man sich dessen bewusst ist, dass das bei jeder Kapitalerhöhung natürlich weitergehen muss. Jetzt möchte ich einmal wissen, wie es aussieht. Wer gibt jetzt das Sagen vor? Das können doch nicht die neun oberschwäbischen Landräte tun.
Schön, wenn sie das machen wollen. Bisher habe ich bei den Vermittlungen in den Kreistagen immer nur gehört, dass es sich um eine Kapitalanlage handle und nicht darum, dass die Landräte jetzt die wirtschaftspolitische Zielrichtung der EnBW vorgeben sollen.
Das ist ja ganz interessant. Darüber müsste man sich noch einmal unterhalten. Vor allem würde uns interessieren, welche Industriepolitik Sie betreiben wollen. Wie wollen Sie die Stadtwerke einbringen? Das alles wäre interessant. Das müssen wir auch noch diskutieren. Dazu hat der Herr Ministerpräsident heute nichts gesagt.
Also noch einmal: Die Rolle der Regierung bei der EnBW war, als wir noch gebündelt mit der kommunalen Seite die Mehrheit hatten, katastrophal. Deshalb lief auch ein Sanierungsbedarf auf. Jetzt wird versucht, die Augenhöhe herzustellen. Wir begrüßen das. Jetzt muss man im Landtag darüber diskutieren, wie das mit der Industriepolitik weitergeht.
Ich sage noch einmal: Dass die FDP/DVP sich ihre Zustimmung mit irgendwelchen Privatisierungsgeschichten abkaufen ließ, ist eigentlich eine Katastrophe, und dass Sie auf der anderen Seite, obwohl Sie ordnungspolitisch offensichtlich der Auffassung sind, man solle alles in Staatshand halten – wobei wir nicht dieser Auffassung sind –, dann andere Dinge einfach hergeben, ist – das sage ich noch einmal – keine Industriepolitik, sondern ein Kuhhandel. Das zeigt mir deutlich, dass es da auch keine Grundsätze für die Frage, wie Industriepolitik in Baden-Württemberg aussehen soll, gibt.
Lassen Sie mich etwas zum Wohnungsbau sagen. Herr Ministerpräsident, Sie tun immer so, als ob Ihr Haushalt in Ordnung wäre und als ob Sie nicht Geld verschwendet hätten. Ich will einmal NSI erwähnen. Was haben Sie denn bei NSI gemacht? Sie rufen immer nach Geld. 500 Millionen € sind laut Rechnungshof hier in den Sand gesetzt worden, weil Sie keine maßgeschneiderte Regelung für die einzelnen Bereiche wollten, sondern das Überstülpen eines Konzepts. 500 Millionen € haben Sie in den Orkus geschrieben – vor allen Dingen bei den Einrichtungen, die Sie jetzt den Landräten gegeben haben, weil die die neuen Steuerungsinstrumente nicht übernommen haben. Die Computer standen überall noch herum. Davon sagen Sie kein Wort. Das Land hat hier eine halbe Milliarde Euro in den Sand gesetzt.
Wenn Sie einmal nach Geld suchen, könnten Sie an dieser Stelle suchen, wenn Sie Ihre Fehler zugeben würden – um das einmal deutlich zu sagen.
Wenn ich jetzt noch einmal zur Bildungspolitik kommen darf: Von uns hat kein Mensch behauptet, dass BadenWürttemberg nicht sehr viel Geld in die Bildungspolitik stecken würde. Das habe ich überhaupt nicht gesagt, Herr Ministerpräsident. Ich habe im Übrigen auch keine Aufrechnung der Kosten dieser – ich sage es noch einmal – un
sinnigen Werbung gemacht. Aber wenn man kein Geld hat, kann man nicht 50 Millionen €, kann man nicht einmal jährlich 7 Millionen € für Werbung ausgeben. Sie behaupten, Sie hätten kein Geld für die frühkindliche Sprachförderung.
Sie würden gar kein neues Konzept brauchen. Es gibt ein Konzept für die frühkindliche Sprachförderung. Es ist vom Sozialministerium ausgearbeitet worden. Das liegt vor. Die Realisierung kostet 6 Millionen €. Wenn Sie kein Geld haben, dann – habe ich gesagt – schlagen wir Ihnen vor: Lassen Sie ein Jahr lang die Werbung bleiben, dann haben Sie die 6 Millionen €. Für uns ist Sprachförderung wichtiger als Zeitungsanzeigen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir brauchen es aber dauerhaft, nicht nur für ein Jahr!)
Ach, hören Sie doch auf. Wir brauchen die gesamte Werbung nicht mehr, sage ich Ihnen, und könnten dieses Geld für Sprachförderung verwenden. Das war der Vergleich.
Jetzt muss ich Ihnen etwas sagen. Sie sprechen immer von den tollen Erfolgen der Schulen. Ich will ja gar nicht alles herunterreden. Aber wenn auch Herr Hundt sagt – Herr Oettinger hat das ähnlich ausgeführt –, auch die badenwürttembergische Wirtschaft leide unter dem Rückgang der schulischen Kenntnisse – vorsichtig formuliert –, müsste man doch einmal darüber nachdenken, ob das viele Geld richtig eingesetzt ist und ob man, wie wir meinen, speziell für bestimmte Dinge möglicherweise noch mehr braucht. Das Ergebnis kann Sie doch nicht zufrieden stellen. Sie stellen sich hier hin und loben das alles. Ich sage es noch einmal: 20 % der 15- bis 16-Jährigen können nicht richtig Deutsch, wenn sie von der Schule kommen, oder verstehen nicht, was sie auf Deutsch lesen – PISA. Das sagen uns auch die Betriebe.
Das kann doch nicht der tolle Erfolg sein. Da können Sie sich doch nicht hier hinstellen und uns Vergleiche mit anderen Ländern vorlesen. Das Ergebnis ist nicht in Ordnung! Wenn Sie nicht einmal das einsehen, kann man mit Ihnen über Bildungspolitik auch nicht diskutieren. Dann nehmen Sie nämlich die Realität nicht wahr.
Sie müssen doch die Realität wahrnehmen. Das Wichtigste ist, dass die Leute die deutsche Sprache können. Das ist das Allerwichtigste. Sprache ist nicht alles, aber ohne Sprache ist alles nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.
Ja, das gilt auch für einen oberschwäbischen Landrat; das ist mir schon klar. – Wenn wir das also wollen, dann stimmen Sie in der jetzigen Haushaltsberatung doch unserem Antrag zu, diese 6 Millionen € mit einzusetzen und als erstes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend in allen Kindergärten verpflichtend Deutsch zu lehren. Dann haben wir in zwei oder drei Jahren den Erfolg, dass alle Sechsjährigen, die in die Grundschule kommen, Deutsch können. Damit gelänge uns eine große Integrationsleistung – wie Sie sie ja immer wollen –, und gleichzeitig täten wir etwas für die Chancengleichheit. Machen Sie mit! Der Antrag kommt. Im Grunde genommen ist es ein Antrag, den Sie selbst stellen müssten, weil Ihre eigene Sozialministerin das Konzept ausgearbeitet hat. Um etwas anderes geht es überhaupt nicht.
Da nützt es uns doch nichts, wenn Sie Vergleiche mit anderen Ländern bringen. Im Übrigen haben Sie vorhin von wegfallenden Arbeitsplätzen gesprochen. Wir wissen, dass allein in der Metallindustrie seit 1994 jedes Jahr 10 000 Arbeitsplätze für gering Qualifizierte wegfallen. Das ist bekannt. Das heißt, wir müssen im schulischen Bereich besser sein, wir müssen bessere Schüler aus den Schulen bekommen, um qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu erhalten. Wer das nicht macht, wird zukünftig auch keine vernünftigen Arbeitsplätze mehr haben. Das eine ist die Voraussetzung für das andere, und darum geht es bei diesen Haushaltsberatungen.
Da nutzt es uns nichts, wenn Sie uns versprechen, in sechs Wochen ein Konzept vorzulegen. Das Konzept liegt ja vor. Deswegen hat uns dieser Auftritt im Grunde genommen sehr enttäuscht. Es geht nicht darum, dass wir sagen würden, wir täten viel zu wenig gegenüber anderen. Wir sagen: In der Bildung wird viel getan. Aber die Ergebnisse sind nicht die, die wir uns versprechen. Das ist der große Unterschied zwischen Ihrer und unserer Aussage. Deswegen wollen wir, dass auf diesem Gebiet mehr getan wird, und wir wollen auch, dass anderes getan wird. Möglicherweise muss man darüber nachdenken, ob die einen oder anderen Mittel richtig eingesetzt werden, denn wir stecken viel Geld in die Bildung. Das ist der Streitpunkt; da müssen Sie gar nichts mit dem Thema Baden-Württemberg-Line verwischen, sondern es geht um diesen Punkt.
Solange Sie das nicht machen, können Sie in der Öffentlichkeit nicht von Parallelgesellschaften reden, kann Frau Schavan nicht verlangen, dass der Imam Deutsch spricht, wenn Sie Ihre eigenen Hausaufgaben nicht machen und dafür sorgen, dass man in baden-württembergischen Kindergärten Deutsch lernt, und zwar verpflichtend und nicht freiwillig über die Landesstiftung, wo gerade einmal 11 000 Kinder weitergeschult werden.
Im Übrigen würde mich einmal interessieren, wie Sie darauf kommen, dass in Baden-Württemberg flächendeckend Sprachtests in jedem Kindergarten gemacht würden.
Diese Behauptung finde ich ganz toll. Für uns ist das völlig neu, das gibt es überhaupt nicht. Das haben wir letztes Jahr verlangt. Es kann ja sein, dass Sie endlich einmal ein Papier der SPD gelesen haben und jetzt einen guten Vorschlag machen. Aber gemacht wird es bei uns nicht.
(Abg. Schneider CDU: Freilich haben wir sie! – Abg. Capezzuto SPD: In Biberach! – Zuruf von der CDU: Jeder Träger kann das machen!)
Jeder Träger kann es machen, das ist schon klar. Aber es wird nicht gemacht. Sehr schön, wie Sie das gesagt haben.
(Abg. Zeller SPD: Man muss bei der Wahrheit bleiben! – Abg. Alfred Haas CDU: Manche brau- chen es vielleicht auch nicht!)
Zum Schluss noch Folgendes: Ich glaube, wir haben in den letzten eineinhalb Jahren eine Landesregierung erlebt, die nicht nur inhaltlich, sondern auch personell katastrophal aufgestellt war. Eigentlich hätten Sie dazu heute auch etwas sagen können. Wer 2001 mit einer Mannschaft von elf antritt und zur Halbzeit seiner Amtsperiode sechs davon austauschen muss, der hat eine einmalige Quote. Damit liegen wir wirklich an der Spitze aller Bundesländer.
Zwei werden von der Staatsanwaltschaft verfolgt, der dritte hat auch einen Strafbefehl bekommen. Einer hat sich aus dem Amt geohrfeigt, einer ist entlassen worden, weil er angeblich zu alt war, er ist jetzt aber wiederum in der Regierung.
Die anderen beiden hat man weggelobt, den einen zum Bierbrauer, obwohl er vom Brauereigeschäft keine Ahnung hatte, und der andere macht jetzt Toto-Lotto. Die einzige Voraussetzung für die Besetzung der beiden Positionen war: keine Sachkenntnis und CDU-Mitglied. Genau so regieren Sie dieses Land.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Nach diesem Motto sind Sie auch Fraktionsvorsitzender geworden!)