Protocol of the Session on December 15, 2004

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Weil vorher bezweifelt wurde, dass unser Entschließungsantrag weit genug geht, will ich die Anregung des Kollegen Hauk aufgreifen und schlage im Namen der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE folgende Änderung in Abschnitt I Ziffer 2 des Entschließungsantrags vor:

... durch die sichergestellt wird, dass alle Wahlkreise möglichst der Durchschnittsgröße entsprechen, keines

falls jedoch mehr als 15 % nach oben oder unten vom Durchschnitt der Wahlkreise abweichen;

Ich denke, damit könnten Sie unseren Antrag annehmen.

(Abg. Herrmann CDU: Nein! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das haben wir doch schon be- schlossen! Das haben wir im Ständigen Ausschuss schon beschlossen!)

Meine Damen und Herren, ich stelle den Entschließungsantrag mit der von Abg. Birzele vorgetragenen Änderung in Abschnitt I Ziffer 2 zur Abstimmung. Wer stimmt dafür?

(Abg. Hauk CDU: Den Entschließungsantrag der SPD?)

Den Entschließungsantrag. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

(Abg. Drexler SPD: Also, dann passiert nichts!)

Ich lasse nunmehr über die Abschnitte II, III und IV der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 13/3825, abstimmen. Wer diesen Abschnitten zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Den Abschnitten II bis IV der Beschlussempfehlung ist mehrheitlich zugestimmt.

Ich erteile nun Herrn Abg. Dr. Lasotta das Wort für eine Erklärung zur Abstimmung.

(Abg. Wacker CDU: Redezeit! – Abg. Dr. Birk CDU: Redezeit! Kurz!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Politikverdrossenheit hat Ursachen. Deswegen möchte ich eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben.

Ich habe dem Gesetz nicht zugestimmt, weil ich der Meinung bin, dass insbesondere im Bereich Heilbronn ein nicht richtiger Wahlkreisausgleich gefunden wurde.

Was ist hier passiert? Es wurde keine sachgerechte Lösung gefunden. Vielmehr wurde hier ein durchsichtiges Spiel vonseiten der FDP/DVP zum Schutz des Mandats des Abg. Drautz durchgedrückt

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Durchsichti- ges Spiel der CDU!)

und damit letztendlich eine Lösung erreicht, die man nur als „Lex Drautz“ bezeichnen kann.

Ich möchte es kurz erläutern: Die Größe des Wahlkreises Heilbronn liegt unter dem Landesdurchschnitt und muss dringend angeglichen werden; da sind wir uns alle einig. Der Wahlkreis Eppingen ist überdurchschnittlich groß. Die Größe des Wahlkreises Neckarsulm, der im Norden angrenzt, liegt genau im Durchschnitt.

Was wäre die logischste Variante gewesen? Man hätte Gemeinden vom Wahlkreis Eppingen in den Wahlkreis Heilbronn gebracht, und damit wäre die Sache gegessen gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie bei der SPD und den Grünen – Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Es hätte eine sinnvolle Lösung gegeben. Zum Beispiel hätte man die Gemeinden Flein und Talheim – diese Gemeinden haben auch eine enge Bindung zu Heilbronn – gut in den Wahlkreis Heilbronn eingliedern können. Stattdessen hat man durchgedrückt, dass die Gemeinde Erlenbach aus dem Wahlkreis Neckarsulm, die dafür nicht geeignet ist, in den Wahlkreis Heilbronn kommt.

Was ist die Problemstellung? Das baden-württembergische Wahlrecht sieht vor, dass die absolute und nicht die prozentuale Zahl der Stimmen zählt. Der Abgeordnete Drautz hatte bei der letzten Landtagswahl gerade einmal 40 Stimmen Vorsprung. Die FDP/DVP hat ihm durch die Neugliederung seinen Wahlkreis gesichert,

(Abg. Alfred Haas CDU: Wer weiß, wer weiß?)

ohne dass da letzten Endes irgendwelche Einschnitte gekommen sind, damit der Vorsprung gehalten werden kann.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wer weiß? – Abg. Walter GRÜNE: Aber die CDU doch auch! Ihr stimmt doch mit! – Unruhe)

Die FDP/DVP hat letzten Endes diese Lösung als einzige Lösung akzeptiert. Deswegen haben auch viele Kollegen der CDU-Fraktion, weil sie eine verfassungsgemäße Wahl stattfinden lassen wollen, mit geballter Faust in der Hosentasche zugestimmt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das stimmt!)

Warum ist Erlenbach aus dem Wahlkreis Neckarsulm für eine Zuordnung zum Wahlkreis Heilbronn ungeeignet? Zum einen bildet Erlenbach eine Verwaltungsgemeinschaft mit Neckarsulm. Die wirtschaftlichen Bindungen gehen eben mehr nach Neckarsulm als nach Heilbronn. Der öffentliche Personennahverkehr ist an Neckarsulm und den Landkreis angebunden. Die Bindung der Bürger an die Schulen gehen Richtung Neckarsulm. Deswegen ist eine Änderung der Wahlkreise in diesem Bereich nicht geeignet, zumal dieser Vorschlag den Wahlkreis Heilbronn auch langfristig nicht sichert, sondern im Endeffekt eine Minimallösung darstellt.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, sich kurz zu fassen.

Ja. Bisher war es ja relativ kurz.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich bin gleich fertig. Ich wollte das nur deutlich machen.

Die Sicherung der Macht und der Position des Abg. Drautz erfolgt auf Kosten anderer. Ich empfinde dies ein Stück weit als Erpressung. Ich stehe auch zu dem, was ich gegenüber der Presse geäußert habe, auch wenn Frau Berroth meint, ich hätte dazu nichts zu sagen. Aber ich glaube, ich

bin da wirklich unbefangen, weil sie in der Tat ja auch bestätigt hat, dass das Ergebnis für den CDU-Abgeordneten im Wahlkreis Neckarsulm völlig unabhängig davon ist. Aber mir geht es eben um sachgerechte Lösungen und um Lösungen, die gerecht sind, die die Bürger auch als gerecht empfinden.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Sehr gut!)

Deswegen reiht sich dieses Verhalten der FDP/DVP eigentlich nahtlos in eine Reihe sachfremder Entscheidungen ein.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Das fing an mit dem zusätzlich geschaffenen Amt der dritten stellvertretenden Landtagspräsidentin,

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das geht jetzt zu weit!)

setzte sich damit fort, dass die ehemalige Justizministerin Eigentümerin ihrer Kanzlei geblieben ist,...

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die Wahrheit tut weh! – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Glocke der Präsi- dentin)

Herr Abgeordneter, Sie dürfen nur eine Erklärung zur Abstimmung abgeben.

... und reichte bis hin zur Änderung des Kreistagswahlrechts, die letztlich auch eine einzige Lösung für die FDP/DVP gewesen ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wal- ter GRÜNE: Jawohl, auch noch! – Abg. Blenke CDU: Beifall von der falschen Seite!)

Deswegen ist das nicht hinnehmbar.

Mein letzter Satz, Frau Präsidentin: Nach dem heutigen Tag kann im Unterland und in Baden-Württemberg eigentlich niemand mehr guten Gewissens Richard Drautz und die FDP/DVP wählen. Ich rufe die Wähler im Unterland dazu auf, die FDP/DVP bei der nächsten Landtagswahl abzustrafen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den Grünen so- wie Beifall des Abg. Alfred Haas CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das geht zu weit! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Da können sich viele Kollegen ei- ne Scheibe abschneiden! Das war Klasse, Herr La- sotta!)

Das Wort zu einer Erklärung zur Abstimmung erteile ich Herrn Abg. Theurer. Ich bitte Sie, Herr Abgeordneter, sich kurz zu fassen.

(Abg. Drexler SPD: Ich glaube, ich gebe auch noch eine Erklärung zur Abstimmung ab! – Abg. Dr. Birk CDU: Kollege, bitte besonnen! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)